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BFH-Urteil vom 19.2.1981 (IV R 141/77) BStBl. 1981 II S. 433

Zu den Voraussetzungen einer Anwendung des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG, wenn eine KG mietweise ein Grundstück nutzt, das einer anderen teilweise gesellschafteridentischen Personengesellschaft gehört.

EStG § 15 (Abs. 1) Nr. 2, GewStG § 7.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft, betreibt einen Einzelhandel mit optischen Erzeugnissen. Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren 1970 bis 1972 A als Komplementär und B, C und D als Kommanditisten mit einer Beteiligung von je 25 v.H.

Die Klägerin betrieb ihr gewerbliches Unternehmen in gemieteten Räumen des Anwesens B-Straße. Dieses Grundstück gehörte einer Kommanditgesellschaft (im folgenden A-KG), deren Gesellschafter zu je 1/3 A, B und D waren. Die Geschäftsräume, die die A-KG an die Klägerin vermietet hatte, machten etwa 1/3 der gesamten Fläche des Gebäudes aus.

Bei der Ermittlung ihrer Gewinn- und Gewerbeerträge für die Streitjahre 1970 bis 1972 behandelte die Klägerin die an die A-KG gezahlten Mietzinsen gewinnmindernd als Betriebsausgaben.

Demgegenüber vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Auffassung, daß die Vermietung des dem Betrieb der Klägerin dienenden Grundstücksteils steuerlich "als Einbringung zur Nutzung" zu werten sei. Demgemäß seien der vermietete Grundstücksteil notwendiges (Sonder-)Betriebsvermögen eines Teiles der Gesellschafter der Klägerin und die Mietzinsen keine Betriebsausgaben, sondern gemäß § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Vorweggewinnanteile der an der A-KG beteiligten Gesellschafter der Klägerin, also von A, B und D, und zwar in Höhe der gezahlten Mietzinsen abzüglich der anteiligen Gebäudeunkosten.

Auf dieser Grundlage erließ das FA Gewerbesteuermeßbescheide für 1970 bis 1972.

Die Klägerin erhob Sprungklage.

Das Finanzgericht (FG) wies die Sprungklage ab, weil es keinen wesentlichen Unterschied mache, "ob ein Wirtschaftsgut einer Personengesellschaft von einem einzelnen Mitunternehmer oder von mehreren - in einer weiteren Mitunternehmerschaft zusammengeschlossenen -Gesellschaften zur Nutzung überlassen ist"; demgemäß sei § 15 Nr. 2 EStG auch in diesem Falle anzuwenden, und zwar auch bei der Ermittlung des dem Gewerbeertrag zugrunde zu legenden Gewinns. Dabei sei auch gleichgültig, ob in der das Wirtschaftsgut überlassenden und in der es nutzenden Gesellschaft die gleichen Beteiligungsverhältnisse bestünden oder nicht (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. September 1951 I 11/45 U, BFHE 56, 35, BStBl III 1952, 15; vom 18. März 1958 I 147/57 U, BFHE 66, 683, BStBl III 1958, 262; vom 12. Februar 1965 VI 306/63, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965 S. 404 - HFR 1965, 404 -). Nicht zu entscheiden sei, ob die Mieterträge bei der A-KG gewerbesteuerpflichtig seien.

Mit der Revision, die das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuließ, beantragt die Klägerin, die Gewerbesteuermeßbeträge für 1970 um 700 DM, für 1971 um 750 DM und für 1972 um 950 DM herabzusetzen. Die Klägerin rügt unrichtige Anwendung des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und des § 15 Nr. 2 EStG.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision muß zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG führen, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ausreichen.

1. Gemäß § 7 GewStG ist der Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge. Nach § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG gehören zu den einkommensteuerpflichtigen Einkünften aus Gewerbebetrieb neben den Gewinnanteilen der Gesellschafter einer KG "die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft ... für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat".

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß zu den für die Bestimmung des Gewerbeertrags im Sinne des Gewerbesteuergesetzes maßgeblichen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes auch § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG zu rechnen ist und daß demgemäß auch Sondervergütungen im Sinne dieser Vorschrift zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft gehören, die derartige Sondervergütungen an einen Gesellschafter leistet (z.B. Urteile vom 14. Dezember 1978 IV R 98/74, BFHE 127, 45, BStBl II 1979, 284, mit weiteren Nachweisen; vom 6. November 1980 IV R 182/77, BFHE 132, 93).

2. Die Anwendbarkeit des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG entfällt nicht schon deshalb, weil die von einer KG für die Nutzung von Wirtschaftsgütern geleisteten Vergütungen (z.B. Mietzinsen) bei demjenigen, der diese Vergütungen bezieht, nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften einkommensteuerrechtlich zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören würden und gewerbesteuerrechtlich Bestandteil eines gewerbesteuerpflichtigen Gewerbeertrags wären, wenn die Vergütungen nicht bereits gemäß § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG bei der die Vergütung gewährenden KG zu erfassen wären (z.B. BFH-Urteil vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750).

3. Der erkennende Senat hat jedoch mit Urteil vom 6. November 1980 IV R 5/77 (BFHE 132, 241, BStBl II 1981, 307) entschieden, daß § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG nicht anwendbar ist, wenn eine KG Vergütungen für Tätigkeiten im Rahmen eines Schuldverhältnisses gewährt, das zivilrechtlich nicht mit einem (oder allen) ihrer Gesellschafter besteht, sondern mit einer anderen (gewerblich tätigen) Personengesellschaft, an der die Gesellschafter der die Vergütung gewährenden KG ebenfalls beteiligt sind, es sei denn, daß der Gesellschafter der KG (zusätzlich) eine eigene Leistungspflicht gegenüber ihrer KG obliegt, zu deren Erfüllung sie sich der anderen Personengesellschaft bedienen.

Diese Erkenntnis muß sinngemäß gelten, wenn, wie im Streitfall, eine KG Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung gewährt.

a) Die genannten Rechtsgrundsätze erfordern allerdings, wie bereits angedeutet, daß diejenige Personengesellschaft, die tätig ist oder Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt und dafür Vergütungen erhält, mit diesen Vergütungen einkommensteuerrechtliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht und gewerbesteuerpflichtig ist. Hingegen wird § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG bei der Gewinnermittlung für die die Vergütung gewährende KG nicht ausgeschlossen, wenn die KG die Vergütungen einer Personengesellschaft gewährt, zu der sich alle oder ein Teil der Gesellschafter der KG zum Beispiel zur Erbringung freiberuflicher Leistungen gegenüber der KG zusammengeschlossen haben (BFH-Urteile vom 30. November 1978 IV R 15/73, BFHE 126, 461, BStBl II 1979, 236; vom 23. Mai 1979 I R 56/77, BFHE 128, 505/510, BStBl II 1979, 763). Entsprechendes muß gelten, wenn die KG die Vergütungen einer (ganz oder teilweise gesellschafteridentischen) Personengesellschaft gewährt, die nur vermögensverwaltend tätig ist und zum Beispiel nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezieht (vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 56, 35, BStBl III 1952, 15; dazu auch Littmann, Die Information 1974 S. 529).

b) Die genannten Rechtsgrundsätze erfordern des weiteren, daß diejenige Personengesellschaft, die tätig ist oder Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt, von den Gesellschaftern der die Vergütung gewährenden KG (oder einem Teil ihrer Gesellschafter) nicht nur vorgeschoben ist, um eine Anwendung des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG bei der die Vergütung gewährenden KG zu umgehen (z.B. das BFH-Urteil vom 15. Januar 1981 IV R 76/77, BFHE 132, 289, BStBl II 1981, 314).

4. Für den Streitfall folgt hieraus, daß die Vorentscheidung aufzuheben ist, da sie noch von anderen Rechtsgrundsätzen ausgeht, nämlich einer uneingeschränkten einkommen- und gewerbesteuerrechtlichen Gleichwertigkeit unmittelbarer und mittelbarer Nutzungsüberlassung jedenfalls in den Fällen, in denen alle Gesellschafter der die Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassenden Personengesellschaft (hier der A-KG) auch an der nutzenden und dafür Vergütung zahlenden KG (hier der Klägerin) beteiligt sind.

Der Senat kann nicht selbst entscheiden, da nicht festgestellt ist,

a) ob die A-KG in den Streitjahren aus der Vermietung der Geschäftsräume an die Klägerin einkommensteuerrechtliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hat und mit diesen Einkünften gewerbesteuerpflichtig war. Dies ist auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung - Besitzunternehmen im Verhältnis zur Klägerin - zu prüfen;

b) ob den Gesellschaftern A, B und D der Klägerin, also den alleinigen Gesellschaftern der A-KG, hinsichtlich der der Klägerin überlassenen Geschäftsräume eine eigene Leistungspflicht gegenüber der Klägerin oblegen hat, zu deren Erfüllung sie sich der A-KG bedienten und

c) ob die Gesellschafter A, B und D der Klägerin, die zugleich die alleinigen Gesellschafter der A-KG sind, diese bei der Vermietung der Geschäftsräume an die Klägerin nur vorgeschoben haben, um eine Anwendung des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG bei der Klägerin zu umgehen.

Sollten die Frage zu a) zu bejahen und die Fragen zu b) und c) zu verneinen sein, so ist der Klage stattzugeben. Das FA wird sodann zu prüfen haben, ob die Gewerbesteuermeßbetragsfestsetzung für die A-KG gemäß § 174 der Abgabenordnung zu ändern ist.