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BFH-Urteil vom 12.11.1980 (II R 100/77) BStBl. 1981 II S. 442

Durch Leistung der Einlage auf das von einer GmbH & Co. KG beschlossene erhöhte Haftkapital kann der Verlust an Kapital nicht im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 KVStG 1972 gedeckt werden. Die durch eine solche Maßnahme objektiv erreichte Verringerung bzw. Beseitigung einer Überschuldung ist nur dann und insoweit begünstigt, als sie dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Herabsetzung des gesamten Kommanditkapitals dient.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 9 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist. Einziger Kommanditist war bis zum Jahreswechsel 1971 /1972 A Z mit einer Einlage von 40.000 DM. Durch Vertrag vom 28. Dezember 1971 traten B und C Z als Kommanditisten mit Einlagen von je 26.630 DM mit Wirkung vom 1. Januar 1972 in die Gesellschaft ein. Gleichzeitig wurde die Einlage des A Z von 40.000 DM auf 26.640 DM herabgesetzt. Die Einlageverpflichtungen sind erfüllt. Eine Neufestsetzung der Kommanditeinlagen zur Beseitigung eines Rechenfehlers erfolgte am 27 Januar 1972. Danach beliefen sich die Einlagen der Kommanditisten A und B Z auf je 26.670 DM, die Einlage des C Z 26.660 DM.

Am 12. Februar 1975 vereinbarten die Gesellschafter aufgrund einer Gesellschafterversammlung vom 14. September 1974 die Erhöhung der Einlagen der Kommanditisten A und B Z um insgesamt 170.000 DM. Die Einlageverpflichtung wurde durch Umwandlung bestehender Darlehenskonten erfüllt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte mit vorläufigem Bescheid vom 13. März 1975 wegen des Erhöhungsvorganges gegen die Klägerin Gesellschaftsteuer in Höhe von 1.700 DM fest. Das Einspruchsverfahren führte zur unveränderten Endgültigkeitserklärung des angefochtenen Bescheides. Mit der Klage beantragt die Klägerin, die Gesellschaftsteuer gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 um 50 v H. niedriger festzusetzen. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Sie rügt Verletzung von § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1972.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 ist dadurch verwirklicht worden, daß die bereits an der Klägerin beteiligten Kommanditisten aufgrund Erhöhung der Kommanditeinlagen die entsprechenden Verpflichtungen erfüllt haben. Darüber besteht kein Streit.

Zutreffend hat das FG die Anwendbarkeit des begünstigten Steuersatzes aus § 9 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1972 verneint. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer um 50 v. H. bei Rechtsvorgängen im Sinne des § 2 Nrn. 1 bis 4 KVStG 1972, soweit sie zur Deckung einer Überschuldung oder zur Deckung eines Verlustes an dem durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung festgesetzten Kapital erforderlich sind. Für den Fall, daß die Rechtsvorgänge auf einer Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft beruhen, ist nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 KVStG 1972 ferner Voraussetzung, daß diese Erhöhung dem Ausgleich einer nicht mehr als vier Jahre zurückliegenden Herabsetzung des Kapitals dient.

Voraussetzung für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes ist stets, daß der Verlust durch die Einlage beseitigt wird. Dieses Ergebnis kann durch eine auf die beschlossene Erhöhung der Hafteinlage geleistete Einlage nicht erreicht werden. Die Leistung der Gesellschafter auf das erhöhte Haftkapital führt zum Ausschluß der unmittelbaren Haftung der Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftern (§ 171 Abs. 1 HGB) und ist damit nicht geeignet, einen Verlust am Kapital der Gesellschaft zu beseitigen. Die Verminderung des ursprünglichen Kapitalanteils durch Verluste bleibt mit der Folge aus § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB dadurch unberührt.

Wie der Senat bereits mit Urteil vom 22. Oktober 1980 II R 104/79 (BFHE 131, 538) ausgeführt hat, ist die objektiv mögliche Beseitigung einer über den Verlust des Kapitals hinausgehenden Überschuldung durch Kapitalaufstockung nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht begünstigungsfähig; die Ermäßigung des Steuersatzes bei Vorgängen, die auf einer Erhöhung des Kapitals beruhen, ist vielmehr stets nur und insoweit zu gewähren, als diese dem Ausgleich einer Kapitalherabsetzung in den Fristen des § 9 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 KVStG 1972 dienen. Dies gilt nicht nur für die Kapitalgesellschaften des Handelsrechts, sondern in gleicher Weise für die GmbH & Co. KG, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 als Kapitalgesellschaft im Sinne des Gesetzes gilt. Eine Kapitalherabsetzung in diesem Sinne liegt jedoch nicht vor. Zutreffend ist das FG bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß in diesem Zusammenhang nicht auf den Kapitalanteil des einzelnen Kommanditisten abzustellen ist, sondern auf das zusammengerechnete Kommanditkapital aller Kommanditisten. Etwaige Veränderungen hinsichtlich der Beteiligung des persönlich haftenden Gesellschafters haben ohnehin außer Betracht zu bleiben.