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BFH-Urteil vom 18.2.1981 (II R 6/78) BStBl. 1981 II S. 446

Die Fünf-Jahres-Frist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Schleswig-Holsteinischen GrESWG läuft für den nachträglichen Erwerb einer Garage nicht länger als diejenige für den vorangegangenen Erwerb der Eigentumswohnung, zu welcher die Garage gehört.

Schleswig-Holsteinisches GrESWG § 2 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 4.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 5. Dezember 1969 kauften der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine damalige Ehefrau eine Eigentumswohnung in A. Durch einen weiteren Vertrag vom 20. Juli 1971 erwarben sie von demselben Verkäufer das Teileigentum an einer Garage.

Nachdem die Ehe geschieden worden war, zogen die Eheleute aus der Wohnung aus. Der Kläger begründete im Jahre 1973 in B einen neuen Wohnsitz mit seiner jetzigen Ehefrau. Am 18. Januar 1975 wurde die Eigentumswohnung und am 5. Juli 1976 die Garage weiterverkauft.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte zunächst den Erwerb der Eigentumswohnung und des Garagenteileigentums gemäß § 2 Nr. 2 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes (GrESWG) von der Grunderwerbsteuer freigestellt. Nachdem die Eigentumswohnung verkauft worden war, setzte es für beide Verträge Grunderwerbsteuer fest mit der Begründung, "die eigenwohnliche Nutzung (sei) vorzeitig aufgegeben" worden.

Im vorliegenden Fall geht es um die Steuer, welche das FA für den Erwerb des Hälfteanteils an dem Garagenteileigentum durch den Kläger festgesetzt hat. Sie war im Steuerbescheid - einschließlich Zuschlag nach § 7 Abs. 3 GrESWG - auf X DM festgesetzt worden. Auf den Einspruch setzte das FA die Steuer auf Y DM herab, indem es den Zuschlag auf 5 % ermäßigte. Im übrigen wies es den Einspruch zurück.

Mit seiner Klage machte der Kläger - ebenso wie im Einspruchsverfahren - geltend, er habe die eigenwohnliche Nutzung bis zum Verkauf der Wohnung nicht aufgegeben. Auch nach seiner Wiederverheiratung und Begründung des Wohnsitzes in S habe er die Eigentumswohnung in A weiter genutzt. Auch die Garage sei weiterhin benutzt worden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Der Erwerb der Garage als Zubehör der Eigentumswohnung sei in die Steuerbefreiung für den Erwerb der Wohnung einzubeziehen. Für die Wahrung der Fünf-Jahres-Frist des § 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESWG bzw. GrESBWG, die maßgeblich an das Tatbestandsmerkmal des Erwerbs geknüpft sei, bedeute das, daß eine endgültige Befreiung nur eintrete, wenn die Fünf-Jahres-Frist sowohl hinsichtlich des Erwerbes der Hauptsache als auch hinsichtlich des Garagenerwerbes gewahrt sei: Daran fehle es hier. Sowohl die Veräußerung der Eigentumswohnung als auch diejenigen der Garage sei vor dem Ablauf von fünf Jahren nach dem Garagenerwerb und damit vorzeitig erfolgt.

Mit seiner Revision beantragt der Kläger den Steuerbescheid, die Einspruchsentscheidung und das FG-Urteil aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die vom FG zugelassene Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der bisher festgestellte Sachverhalt erlaubt keine Entscheidung der Sache.

Der Senat stimmt dem FG darin zu, daß der Erwerb der Garage gemäß § 2 Nr. 2 GrESWG (vorläufig) steuerfrei war; denn die Garage war Zubehör der Eigentumswohnung (Urteil vom 14. Dezember 1977 II R 141/76, BFHE 124, 379, BStBl II 1978, 317). Einerseits sind - wie dem FG zuzugeben ist - grundsätzlich die Kaufverträge über die Eigentumswohnung und die Garage selbständige grunderwerbsteuerrechtliche Vorgänge. Andererseits ist nicht zu übersehen, daß zwischen ihnen - soweit es um die Steuerbefreiung nach dem Gesetz über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaues und bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes geht - eine Verknüpfung besteht; denn die Steuerbefreiung des Erwerbes des Zubehörs (der Garage) leitet sich nur aus der Steuerbefreiung des Erwerbes der Hauptsache (der Wohnung) ab. Demzufolge kann die Frist des § 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESWG für die Garage nicht länger laufen als für die Eigentumswohnung, wenn die Garage erst später als die Eigentumswohnung erworben wurde. Das Zubehör tritt hinsichtlich der Steuerbefreiung in seiner Eigenständigkeit gegenüber der Hauptsache zurück. Dementsprechend ist beispielsweise ein Gebäude auch dann im Sinne der grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften bezugsfertig, wenn die Garage noch nicht benutzbar ist (vgl. das Urteil vom 14. August 1974 II R 12/68, BFHE 113, 479, BStBl II 1975, 67).

Für den vorliegenden Fall kommt es demnach darauf an, ob der Kläger innerhalb der seit dem 5. Dezember 1969 (Abschluß des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung) laufenden Fünf-Jahres-Frist des § 7 Abs. 1 Nr. 4 GrESWG den steuerbegünstigten Zweck aufgegeben hat. Hierüber läßt der bisher festgestellte Sachverhalt keine Entscheidung zu. Die Garage wurde am 5. Juli 1976 - also nach Ablauf dieser Frist - weiterverkauft. Das schließt jedoch nicht aus, daß der Kläger schon vorher auf andere Weise den steuerbegünstigten Zweck aufgegeben hatte. Die Eigentumswohnung wurde am 18. Januar 1975 und demnach ebenfalls nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist verkauft. Der Kläger hat aber nach den Feststellungen des FG schon 1973 seinen Wohnsitz bei seiner jetzigen Ehefrau in B begründet; hier wendet er allerdings ein, er habe die Eigentumswohnung und die Garage noch weiter benutzt. Das FG wird deshalb den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Dabei kommt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht darauf an, ob der steuerbegünstigte Zweck vor oder nach dem 1. Januar 1974 aufgegeben worden ist. Denn § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrESBWG, der an dem genannten Tag gemäß Art. 3 des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes vom 16. September 1974 (GVOBl 1974, 352) in Kraft getreten ist, kann hier weder direkt noch entsprechend angewendet werden. Die Vorschrift betrifft nur die Zweckaufgabe wegen zwingender beruflicher Gründe; sie enthält keinen allgemeinen Grundsatz, daß eine unter Zwang erfolgte Aufgabe des steuerbegünstigten Zweckes nicht zur Nachversteuerung führt. Das zeigt schon § 9 GrESBWG, der weitere Fälle dieser Art ausdrücklich von der Nachversteuerung ausschließt. Eine solche Aufzählung von Einzelfällen wäre bei einer Generalklausel der vom Kläger behaupteten Art nicht verständlich.