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BFH-Beschluß vom 1.10.1981 (I B 31-32/81) BStBl. 1982 II S. 130

Durch gesondert erhobene Klagen zweier Gemeinden anhängig gewordene Verfahren, die sich auf die Zerlegung eines einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages im Falle einer mehrgemeindlichen Betriebstätte beziehen, müssen zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden. Die Beiladung des Steuerpflichtigen zu beiden Verfahren und der jeweils nicht klagenden Gemeinde zu dem durch die Klage der anderen Gemeinde anhängig gewordenen Verfahren gewährleistet nicht die gebotene einheitliche Entscheidung.

GewStG § 30; FGO § 60 Abs. 3, § 73 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Die Gemeinde S - Beteiligte zu 1 - und die Stadt T - Beteiligte zu 2 - haben gegen die aufgrund Einspruchs der Beteiligten zu 2 ergangene Zerlegung der Gewerbesteuermeßbeträge 1962 bis 1971 auf die Beteiligten zu 1 und 2 durch die Einspruchsentscheidung vom 27. August 1976 Klage erhoben. Die Klage der Beteiligten zu 1 wird beim Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen II 186/76 und die der Beteiligten zu 2 unter dem Aktenzeichen II 190/76 geführt. Durch den mit der Beschwerde - Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs (BFH) I B 31/81 - angefochtenen Beschluß vom 9. März 1981 II 186/76 hat das FG zu diesem Verfahren die Beteiligte zu 2 und die A KG (die Beschwerdeführerin) und durch den ebenfalls mit der Beschwerde - Aktenzeichen des BFH I B 32/81 - angegriffenen Beschluß vom 9. März 1981 II 190/76 die Beteiligte zu 1 und die Beschwerdeführerin zu dem vom FG getrennt behandelten Klageverfahren beigeladen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden sind begründet.

Die in den Verfahren vor dem FG II 186/76 und II 190/76 erhobenen Klagen richten sich gegen die Einspruchsentscheidung des FA vom 27. August 1976, durch die das FA die ursprünglich der Beteiligten zu 1 zugewiesenen Anteile (§ 28 des Gewerbesteuergesetzes -GewStG-) an den einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträgen 1962 bis 1971 wegen Vorliegens einer mehrgemeindlichen Betriebstätte (§ 30 GewStG) auf die Beteiligten zu 1 und 2 zerlegt hat. Die Beteiligte zu 1 begehrt mit der zu Aktenzeichen II 186/76 erhobenen Klage, die Einspruchsentscheidung aufzuheben; sie will also die ihr ursprünglich zugewiesenen Zerlegungsanteile behalten. Die Beteiligte zu 2 beantragt mit der zu Aktenzeichen II 190/76 erhobenen Klage, die ihr durch die Einspruchsentscheidung zugewiesenen Zerlegungsanteile (zu Lasten des jeweiligen Anteils der Beteiligten zu 1) zu erhöhen.

1. Der Senat hat aufgrund der Beschwerden nur darüber zu entscheiden, ob das FG die Beschwerdeführerin durch die angefochtenen Beschlüsse zu Recht gesondert zu den jeweiligen Verfahren II 186/76 und II 190/76 beigeladen hat. Da weder einer der Beteiligten zu 1 und 2 noch das FA die Beiladungsbeschlüsse angefochten haben, ist es dem Senat verwehrt, über die Rechtmäßigkeit der beiden Beschlüsse zu entscheiden, soweit die beiden Beteiligten zu 1 und 2 zu dem durch die Klage jeweils des anderen Beteiligten in Gang gebrachten Klageverfahren beigeladen worden sind.

Im vorliegenden Verfahren ist auch nicht darüber zu befinden, ob das FA das umstrittene Verfahren der Zerlegung zu Recht auf die mehrgemeindliche Betriebstätte beschränkt hat (vgl. Urteil des BFH vom 12. Oktober 1977 I R 227/75, BFHE 124, 65, 72, BStBl II 1978, 160). Es ist Sache des FG, im Verfahren über die Hauptsache darüber zu befinden, ob diese Frage entscheidungserheblich ist und, wenn es dies bejaht, über sie zu entscheiden.

2. Die Beiladungsbeschlüsse sind aufzuheben, soweit die Beschwerdeführerin zu den beiden vor dem FG anhängigen - selbständigen - Verfahren II 186/76 und II 190/76 beigeladen worden ist. Eine notwendige Beiladung der Beschwerdeführerin zum Verfahren, das sich auf die Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrags bezieht (vgl. Beschlüsse des BFH vom 24. Juni 1971 IV R 219/68, BFHE 102, 460, BStBl II 1971, 714 und vom 15. Mai 1975 IV R 197/71, BFHE 116, 382, BStBl II 1975, 828), kommt erst in Betracht, nachdem das FG die bei ihm anhängigen Verfahren II 186/76 und II 190/76, mit denen die Beteiligten zu 1 und 2 entgegengesetzte Interessen verfechten, gemäß § 73 Abs. 2 FGO zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden hat. Diese Verbindung muß ausgesprochen werden, wenn mehrere Klagen von mehreren Klägern erhoben worden sind und über die anhängigen Rechtsstreitigkeiten einheitlich zu entscheiden ist (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 73 Rdnr. 3, mit Nachweisen; Ziemer/Haarmann/Lohse, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 2801). Bei einem Rechtsstreit über die Zerlegung eines einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags im Falle einer mehrgemeindlichen Betriebstätte darf gegenüber den Gemeinden, auf deren Gebiet sich die mehrgemeindliche Betriebstätte erstrecken kann, sowie dem Steuerpflichtigen und dem FA nur eine einheitliche Entscheidung ergehen (vgl. BFHE 116, 382, 385, BStBl II 1975, 828). Nur aufgrund der Verbindung der auf den gleichen Gegenstand bezogenen Verfahren, die durch die Klagen der Beteiligten zu 1 und 2 in Gang gebracht worden sind, wird die Grundlage für eine einheitliche Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses geschaffen. Erst nach der Beiladung der Beschwerdeführerin zu den verbundenen Verfahren II 186/76 und II 190/76 ist eine einheitliche Entscheidung gegenüber ihr, den Beteiligten zu 1 und 2 und dem FA gewährleistet.

Die bisher geschehene Beiladung der Beteiligten zu 1 und der Beschwerdeführerin zu dem von der Beteiligten zu 2 in Gang gebrachten Klageverfahren einerseits und die Beiladung der Beteiligten zu 2 und der Beschwerdeführerin zu dem von der Beteiligten zu 1 betriebenen Verfahren andererseits bieten keine Grundlage für eine rechtsnotwendig einheitliche Entscheidung. Deshalb ist die gesonderte Beiladung der Beschwerdeführerin zu dem Verfahren II 186/76 einerseits und dem Verfahren II 190/76 andererseits als notwendige Beiladung i. S. des § 60 Abs. 3 FGO rechtlich nicht statthaft. Die Aufrechterhaltung dieser Beiladung. als sog. einfache Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) wäre sinnwidrig, weil die beiden Verfahren aufgrund § 73 Abs. 2 FGO ohnehin verbunden werden müssen und dann die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung der Beschwerdeführerin vorliegen.