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BFH-Urteil vom 16.12.1981 (VI R 227/80) BStBl. 1982 II S. 302

1. Bei den in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR 1975 vorgesehenen Beträgen für Verpflegungsmehraufwendungen anläßlich einer doppelten Haushaltsführung handelt es sich um Pauschbeträge, die nur in den Fällen nicht anzuwenden sind, in denen sonst eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung eintreten würde (Aufgabe der Rechtsprechung; BFH-Urteil vom 2. September 1977, BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26). Letzteres ist bei Binnenschiffern nicht deswegen anzunehmen, weil sie sich auf dem Schiff selbst beköstigen.

2. Aufwendungen eines Binnenschiffers für Fahrten mit dem eigenen Kraftwagen von den - gegebenenfalls unterschiedlichen - Schiffsanlegestellen zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich mit 0,36 DM je Entfernungskilometer als Werbungskosten abgezogen werden. Werden in der Woche mehrere Familienheimfahrten unternommen, so kann die Fahrt mit der größten Entfernung berücksichtigt werden.

EStG 1975 § 9 Abs. 1 Nr. 5.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Der verheiratete Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist als Binnenschiffsführer nichtselbständig tätig. Seine häufig wechselnden Schiffsrouten erstreckten sich auf fast alle Binnengewässer Deutschlands und der angrenzenden Länder. Auf dem Schiff stand ihm eine kleine Wohneinheit mit Küche zur Verfügung. Sobald der Kläger es wegen der Wegstrecke ermöglichen konnte, fuhr er abends mit dem PKW zu seiner Familienwohnung, wo seine Frau mit seinen drei Kindern wohnte, und am nächsten Tag wieder zurück zum Schiff.

In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Streitjahr 1976 machte der Kläger u.a. Fahrtkosten in Höhe von 2.229 DM (12.380 km x 0,18 DM) sowie Verpflegungsmehraufwendungen von 3.718 DM (286 Tage x 13 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte in der Einspruchsentscheidung lediglich die Aufwendungen für eine Familienheimfahrt wöchentlich als Werbungskosten (8.886 km x 0,18 DM) und schätzte den Mehraufwand für Verpflegung bei einem Ansatz von 286 Tagen auf 8 DM täglich.

Im Klageverfahren beantragte der Kläger, den Verpflegungsmehraufwand nach den Pauschsätzen für Dienstreisen zu bemessen und für insgesamt 12.380 km die Fahrtkosten mit je 0,32 DM zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage zum Teil statt. Es begründete dies im wesentlichen wie folgt: Obwohl es an einem vom Wohnort abweichenden Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) fehle, müßten hinsichtlich des Verpflegungsmehraufwands die für die doppelte Haushaltsführung geltenden Grundsätze angewendet werden. Denn der Kläger könne sich nicht im Familienhaushalt verpflegen, sondern müsse sich seine Mahlzeiten auf dem Schiff zubereiten oder in Gaststätten einnehmen. Es sei deshalb entsprechend der Regelung in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3b der Lohnsteuer-Richtlinien 1975 (LStR) ein Tagessatz von 13 DM täglich angemessen, zumal ein hiervon offensichtlich abweichender Mehraufwand nicht ersichtlich sei. Der Erlaß des Bayerischen Finanzministeriums vom 6. November 1964 S 2226 - 84/17 - 61153 (Lohnsteuer-Kartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg, § 9 EStG Fach 2 Karte 11) mache nicht deutlich, weshalb jährlich pauschal nur 936 DM (= sog. Binnenschiffer-Pauschale) anzusetzen seien. Bei den Fahrtkosten seien wie bei Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Arbeitsstellen 0,32 DM je km anzuerkennen, wobei von 12.380 gefahrenen Kilometern auszugehen sei.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts mit im wesentlichen folgender Begründung: Der Kläger führe einen doppelten Haushalt i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG; denn der Begriff des Beschäftigungsorts sei nicht eng auszulegen. Demzufolge könne der Kläger die Aufwendungen für eine Familienheimfahrt wöchentlich, allerdings nur mit einem Pauschsatz von 0,36 DM je Entfernungskilometer, abziehen. Das FG habe gegen seine Ermittlungspflicht verstoßen. Denn es habe unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger an 129 Tagen entweder morgens oder abends zu Hause bei seiner Familie gewesen sei und dabei zumindest jeweils eine Mahlzeit habe einnehmen können. Nebenkosten wie Strom, Gas und Wasser für die Zubereitung der Mahlzeiten habe der Kläger nicht tragen müssen. Es sei zweifelhaft, ob der Kläger - wie er behauptet habe - Gelegenheit gehabt habe, sein Abendessen regelmäßig in Gaststätten einzunehmen. Proviantboote, auf denen der Kläger angeblich zu um 50 % höheren Preisen eingekauft habe, gebe es jedenfalls auf dem Main nicht. Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse bei Binnenschiffern sei daher ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 936 DM anzusetzen.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet.

1. Im Streitfall ist eine doppelte Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzunehmen.

Nach der vorbezeichneten Vorschrift können als Werbungskosten notwendige Mehraufwendungen abgezogen werden, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß einer doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Das ist im Streitfall zu bejahen.

Der Beschäftigungsort des Klägers war das Schiff. Denn der Begriff des Beschäftigungsorts ist weit auszulegen und daher nicht nur im Sinne einer politischen Gemeinde zu verstehen. Hierunter fällt beispielsweise auch die Umgebung, d.h. das Einzugsgebiet einer politischen Gemeinde (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. November 1971 VI R 96/70, BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 9 EStG Anm. 32 g). Ebenso muß hierzu ein wenn auch beweglicher Ort - hier das Schiff - gerechnet werden, wenn der Steuerpflichtige auf ihm ständig seiner Beschäftigung nachgeht.

Der Kläger wohnte auch an diesem Beschäftigungsort. Denn er hatte auf dem Schiff eine Unterkunft mit Wohn-, Schlaf- und Kochmöglichkeit. An die Einrichtung und Ausstattung der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sind hierbei keine hohen Anforderungen zu stellen.

Damit lag eine Aufsplitterung der sonst gemeinsamen Haushaltsführung des Klägers und seiner Familie vor. Daß dem Kläger keine - mit einer doppelten Haushaltsführung typischerweise verbundenen - Unterbringungskosten entstanden sind, spielt keine Rolle.

2. Zu den nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG abziehbaren Mehraufwendungen zählen auch solche für Verpflegung. Ohne Einzelnachweis oder Glaubhaftmachung werden sie von den FÄ regelmäßig mit bestimmten Höchstbeträgen zum Abzug zugelassen, und zwar nach Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR für die ersten zwei Wochen bis zu 30 DM und für die Folgezeit bis zu 13 DM täglich. Das FG konnte im Streitfall den Verpflegungsmehraufwand des Klägers pauschal mit 13 DM täglich als Werbungskosten abziehen.

a) Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 2. September 1977 VI R 114/76 (BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26) die in jenem Verfahren vom Bundesminister der Finanzen (BdF) vertretene Auffassung geteilt, daß es sich bei den Beträgen in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR um "Regelsätze" handele, die im Unterschied zu den "Pauschbeträgen" im engeren Sinne nicht nur bei einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, sondern auch dann nicht anzuwenden seien, wenn im Einzelfall andere, nicht so offensichtliche Umstände vorlägen, die die Anwendung eines niedrigeren Tagessatzes als 30 DM bzw. 13 DM rechtfertigen könnten. Dies wurde vor allem damit begründet, daß der Richtlinienwortlaut "bis zu .... DM" bewußt mit dieser Unterscheidungsabsicht gewählt worden sei. An dieser Beurteilung hält der Senat nicht mehr fest, weil sie zu Ungleichbehandlungen beim Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen führen könnte.

Sowohl die Pauschsätze für Verpflegungsmehraufwand von 3 DM bzw. 5 DM wegen längerer Abwesenheit von der Wohnung (Abschn. 22 Abs. 2 Satz 6 LStR) als auch jene von 8 DM bzw. 16 DM für den Verpflegungsmehraufwand von Berufskraftfahrern, deren regelmäßige Arbeitsstätte das Fahrzeug darstellt (vgl. Abschn. 22 Abs. 3 LStR 1981), als auch die Pauschbeträge für Dienstreisen oder Dienstgänge (vgl. Abschn. 25 Abs. 6 Nr. 3 Buchst. a und d LStR) werden von der Finanzverwaltung nur dann nicht angewendet, wenn sie im Einzelfall zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen. Dementsprechend hat der erkennende Senat gerade neuerdings die in den Lohnsteuer-Richtlinien festgesetzten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand bei Dienstgängen bestätigt, es sei denn, daß sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen (Urteil vom 14. August 1981 VI R 115/78, BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24). Es sind keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb die in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR genannten pauschalen Beträge für Verpflegungsmehraufwendungen anders als die vorstehend bezeichneten beurteilt werden sollten. Eine Differenzierung gegenüber den anderen Pauschbeträgen wäre insbesondere nicht von der Zielsetzung der Verwaltungsanweisung in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR gedeckt. Denn mit ihr sollen häufige - wenn auch in unterschiedlicher Form in Erscheinung tretende - Fälle von Verpflegungsmehraufwendungen zur Vereinfachung der Sachverhaltsaufklärung und damit im Interesse aller am Steuerschuldverhältnis Beteiligten nach Maßgabe allgemeiner Erfahrungssätze berücksichtigt werden. Dies kann im Einzelfall sowohl zu - geringfügigen - Vorteilen als auch zu Nachteilen beim Steuerpflichtigen führen. Ihrem Zweck entsprechend müssen solche Pauschalen und die darin zum Ausdruck kommenden Schätzungen auf eine Vielheit von Sachverhalten anwendbar sein. Dies dient der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, weil damit vermieden wird, daß sich in vielen Fällen gerade wegen der unterschiedlichen Gewichtung der Einzelumstände widersprüchliche Ergebnisse einstellen. Dieser Bedeutung werden aber auch die in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR festgelegten Sätze nur gerecht, wenn sie lediglich in solchen Fällen nicht angewendet werden, in denen sonst eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung eintreten würde.

Der Wortlaut der Lohnsteuer-Richtlinien "bis zu .... DM" zwingt nicht zu einer anderen Auffassung. Diese Worte besagen lediglich, daß es sich bei den in Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR angeführten Beträgen um Höchstbeträge handelt, von denen im Einzelfall (wegen unzutreffender Besteuerung) abgewichen werden kann. Von dieser Überlegung läßt sich neuerdings wohl auch die Finanzverwaltung im BdF-Schreiben vom 26. November 1981 IV B 6 - S 2352 - 31/81 (BStBl I 1981, 744 unter Tz. 1.4) leiten. Sie erklärt dort ausdrücklich, daß die "Pauschalen" für Mehraufwendungen für Verpflegung in der Regel nicht zu kürzen seien. Darüber hinaus verweist sie a.a.O. auf einen Beschluß des Senats vom 19. Januar 1973 VI B 99/72 (BFHE 108, 37, BStBl II 1973, 252), in dem der sachliche Inhalt der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand bei doppelter Haushaltsführung dem bei Dienstreisen gleichgeachtet wurde.

b) Das FG ist davon ausgegangen, daß die Anwendung des Pauschsatzes von 13 DM im Streitfall nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führe. Diese Feststellung bindet den Senat (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -); denn sie ist rechtlich möglich und verstößt insbesondere nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze. Der Senat sieht in der Selbstbeköstigung des Klägers keinen Umstand, bei dem nach der Lebenserfahrung der Tagessatz von 13 DM zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führen würde. Denn daß Arbeitnehmer zum Teil selbstzubereitete Mahlzeiten zu sich nehmen oder z.B. in einer Kantine eine Mittagsmahlzeit einnehmen, ist bei einer doppelten Haushaltsführung nicht außergewöhnlich. Damit kommt es auch auf die näheren Umstände der Proviantbeschaffung nicht an.

Das FG mußte auch - ohne gegen seine Ermittlungspflicht zu verstoßen - nicht auf die häufige Rückkehr des Klägers zum Familienhaushalt abheben. Denn solche Fahrten können von längerer Dauer und damit mit der Notwendigkeit verbunden gewesen sein, unterwegs Mahlzeiten an unterschiedlichen Orten einzunehmen; damit indizieren auch sie keine offensichtlich unzutreffende Besteuerung. Gleiches gilt für den Umstand, daß der Kläger die ohnehin geringen Nebenkosten für Strom, Gas und Wasser nicht zu tragen hatte.

Zu Recht hat das FG auch die Anweisung der Lohnsteuer-Kartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg (§ 9 EStG Fach 2 Karte 11 = Binnenschiffer-Pauschale) als hier unmaßgebliche Schätzung beurteilt. Diese Anweisung sieht zur Abgeltung der Mehraufwendungen, "die durch die Führung eines doppelten Haushalts entstehen", einen besonderen Werbungskosten-Pauschbetrag von 936 DM jährlich vor. Hierbei können die notwendigen tatsächlichen Fahrtkosten für zwei Familienheimfahrten monatlich zusätzlich berücksichtigt werden. Nach dem Vorbringen des FA im Revisionsverfahren soll die mit dieser Regelung verbundene Einschränkung der Sätze des Abschn. 27 Abs. 1 Nr. 3 LStR den für Binnenschiffer typischen Arbeitsbedingungen gerecht werden. Mit ihr wird aber eine bestimmte Personengruppe aus der Anwendung der an sich allgemein geltenden Pauschsätze ausgenommen. Der Senat hat indessen stets betont, daß angesichts des Zwecks der in den Richtlinien vorgesehenen Pauschbeträge ihre Nichtanwendung auf Ausnahmen beschränkt werden muß (vgl. z.B. Urteil des Senats vom 10. Dezember 1971 VI R 180/71, BFHE 104, 241, BStBl II 1972, 257). Berücksichtigen Finanzbehörden jedoch in der Annahme entsprechender Lebenserfahrungen für Binnenschiffer und in der weiteren Annahme einer sonst eintretenden offensichtlich unzutreffenden Besteuerung geringere Beträge als die Lohnsteuer-Richtlinien, so bedarf es einer Darlegung, weshalb diese Fälle vom Schätzungsrahmen der allgemeinen Pauschalen nicht erfaßt sein sollen. Ferner muß die Regelung erkennen lassen, daß die niedrigeren Beträge auf konkrete Erfahrungswerte zurückzuführen sind. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Anweisung gibt insoweit keine nähere Begründung. Sie läßt auch offen, von wievielen Tagen berufsbedingter Abwesenheit vom eigenen Hausstand im Kalenderjahr ausgegangen wird. Schon deshalb kann ihre Anwendung im Einzelfall zu willkürlichen Ungleichbehandlungen führen. Damit gewährleistet sie weder eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung noch kann davon ausgegangen werden, daß sie einem Erfahrungswert entspricht. Gleiches ergibt sich daraus, daß Karte 11 zu Fach 2 § 9 EStG der Lohnsteuer-Kartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg neben dem besonderen Werbungskosten-Pauschbetrag von 936 DM - anknüpfend an Abschn. 26 Abs. 1 LStR 1963 - die notwendigen Fahrtkosten für zwei Familienheimfahrten monatlich berücksichtigt, wogegen beispielsweise nach der Rundverfügung vom 27. September 1976 S 2355 A-St 33 1, Karte 5.2.05 der Lohnsteuer-Kartei der Oberfinanzdirektion Koblenz wöchentlich zusätzlich eine Familienheimfahrt geltend gemacht werden kann. Dies läßt den Schluß zu, daß die Binnenschiffer-Pauschale als Beweiserleichterung eingeführt und beibehalten wurde, ohne daß ihr in tatsächlicher Hinsicht ein einem Erfahrungssatz vergleichbarer Inhalt beigemessen werden könnte. Ob diese Pauschale aus Gründen des Vertrauensschutzes im Einzelfall gleichwohl von Bedeutung ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Kläger sich nicht auf sie beruft, sondern einen höheren Aufwand geltend macht.

3. Da der Senat aus den unter 1. genannten Gründen eine doppelte Haushaltsführung für gegeben erachtet, muß sich die Behandlung der Fahrtkosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 3 und 4 EStG richten. Damit können Aufwendungen für Fahrten vom Beschäftigungsort - im Streitfall das Schiff - zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrten) jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich als Werbungskosten abgezogen werden, wobei für Fahrten mit dem eigenen Kraftwagen je Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Beschäftigungsort lediglich 0,36 DM anzusetzen sind.

Es liegen keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor. Solche können zwar auch bei einer doppelten Haushaltsführung anfallen, wenn nämlich der Arbeitnehmer von seiner Wohnung am Beschäftigungsort zu seiner Arbeitsstätte fährt. Im Streitfall scheiden derartige Fahrten jedoch aus, weil der Kläger auf dem Schiff wohnt und arbeitet.

Die Fahrten des Klägers zwischen seinem eigenen Hausstand und den unterschiedlichen Schiffsanlegestellen können auch nicht als solche von und zu wechselnden Einsatzstellen (vgl. hierzu zuletzt BFH-Urteil vom 11. Juli 1980 VI R 198/77, BFHE 131, 64, BStBl II 1980, 654) angesehen werden. Der Senat verkennt nicht, daß im Streitfall Parallelen zu solchen Fahrten insofern bestehen, als der Kläger die Familienheimfahrten von wechselnden Orten aus angetreten hat. Dennoch können die Grundsätze für Fahrten zwischen Wohnung und wechselnden Einsatzstellen nicht angewendet werden. Denn wegen der am Beschäftigungsort vorhandenen Wohnung sind die Fahrten nicht in dem Maße beruflich veranlaßt wie die Rückfahrten von wechselnden Einsatzstellen. Sie sind als Familienheimfahrten anzusehen, deren Aufwendungen mit Rücksicht auf die private Mitveranlassung nur für eine Fahrt wöchentlich, und zwar mit dem Pauschbetrag von 0,36 DM je Entfernungskilometer, zum Abzug zugelassen sind. Zusätzliche Familienheimfahrten müssen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG steuerlich unberücksichtigt bleiben. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich für den Streitfall auch aus der Überlegung, daß die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung einheitlich nicht nur bei Behandlung der Verpflegungsmehraufwendungen (vgl. vorstehend unter 2.), sondern auch der Fahrtkosten angewendet werden sollen.

Demnach kann der Kläger die Aufwendungen für wöchentlich eine Familienheimfahrt mit 0,36 DM je Entfernungskilometer als Werbungskosten abziehen. Soweit er wöchentlich mehrmals in seine Familienwohnung zurückkehrte, kann allerdings die Fahrt mit der größten Entfernung berücksichtigt werden. Da das FG insoweit von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst nicht entscheiden. Das FG muß die hierfür benötigten Angaben noch feststellen. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.