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BFH-Urteil vom 17.2.1982 (II R 25/81) BStBl. 1982 II S. 336

Stehen einer Person seit Gründung einer GmbH Ansprüche auf Übertragung aller Anteile an dieser Gesellschaft zu, so wird der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG hinsichtlich eines nach Entstehung der GmbH durch diese erworbenen Grundstücks auch bei Übertragung nur eines Teiles der Anteile erfüllt.

GrEStG 1940 § 1 Abs. 3 Nr. 2; GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

An der F-Gesellschaft mbH (F), die ein Stammkapital von 50.000 DM hat, waren seit ihrer Gründung 1972 Rechtsanwalt A (mit einem Geschäftsanteil von 13.000 DM) und B (mit einem Geschäftsanteil von 37.000 DM) beteiligt. Beide hielten ihre Anteile treuhänderisch für die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin). Durch Vertrag vom 17. März 1976 erwarb die Klägerin den Geschäftsanteil A. Das Treuhandverhältnis zu B wurde nicht aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt gehörte zum Vermögen der F ein im Jahre 1974 erworbenes Erbbaurecht, das sich im Zustand der Bebauung befand.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ging davon aus, daß sich am 17. März 1976 alle Anteile an der F in einer Hand vereinigt hätten und setzte mit vorläufigem Steuerbescheid vom 13. September 1976 gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest.

Das Finanzgericht (FG) hat der nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobenen Klage, die auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichtet ist, stattgegeben.

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils abzuweisen. Es rügt Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Gehört zum Vermögen einer GmbH ein im Land Berlin belegenes Grundstück, so unterliegt der Grunderwerbsteuer nicht nur ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung mindestens 95 v. H. aller Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes Berlin (GrEStG), sondern auch die Vereinigung von mindestens 95 v. H. aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG). § 1 Abs. 3 GrEStG besteuert die dort beschriebenen Vorgänge als fiktive Grundstückserwerbe (vgl. Urteil des Senats vom 16. März 1966 II 70/63, BFHE 86, 158, BStBl III 1966, 378). Deshalb erzeugt jede Anteilsvereinigung so viele der Besteuerung nach dem GrEStG unterliegende Erwerbe, wie der Gesellschaft, deren Anteile betroffen sind, Grundstücke zuzuordnen sind (Urteil des Senats vom 28. Juni 1972 II 77/64, BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719). Aus diesem Grunde entsteht bei gesellschaftsrechtlicher Vereinigung der Anteile in einer Hand die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG hinsichtlich derjenigen Grundstücke, die der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht unterlagen, weil sie im Zeitpunkt des Entstehens von Ansprüchen auf Übertragung der Anteile nicht zum Vermögen der Gesellschaft gehörten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 1972 II 81/65, BFHE 107, 53, BStBl II 1972, 913). In bezug auf die zwischenzeitlich durch die Gesellschaft erworbenen Grundstücke ist kein schuldrechtliches Geschäft der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG vorausgegangen.

Die mit dem Entstehen der F kraft der Treuhandabrede eingetretene Vereinigung der Anteile (BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719) war grunderwerbsteuerrechtlich nicht erheblich, weil zum Vermögen der F damals kein Grundstück gehörte. Die der Klägerin dadurch zustehenden Ansprüche auf Übertragung aller Anteile an der F waren deshalb nicht auf einen (fiktiven) Grundstückserwerb bezogen.

Durch die Übertragung des Geschäftsanteils A am 17. März 1976 haben sich zwar nicht alle Anteile an der F gesellschaftsrechtlich in einer Hand vereinigt. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG stellt jedoch nicht - wie das FG meint - auf die gesellschaftsrechtliche Vereinigung der Anteile in einer Hand ab. Entscheidend ist vielmehr, ob grunderwerbsteuerrechtlich eine Vereinigung der Anteile i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG vorliegt. Dabei ist davon auszugehen, daß das GrEStG bereits das Innehaben von Ansprüchen auf Anteilsübertragung in § 1 Abs. 3 Nr. 1 der Vereinigung gleichstellt. Zufolge dieser Gleichstellung ist der Tatbestand der Vereinigung in einer Hand i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auch dann erfüllt, wenn dem Erwerber neben dem übertragenen Anteil nur Ansprüche auf die Übertragung der restlichen Anteile zustehen, weil ihm auch diese restlichen Anteile grunderwerbsteuerrechtlich zugerechnet werden. Es handelt sich - bezogen auf das der Gesellschaft zuzuordnende Grundstück - nicht um eine bloße Verstärkung einer nur schuldrechtlichen "Anteilsvereinigung", sondern um eine erstmalige Vereinigung der Anteile, der insoweit kein Geschäft nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG vorausgegangen ist.