| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Beschluß vom 11.3.1982 (IV R 14/81) BStBl. 1982 II S. 513

Werden vom FG verbundene Verfahren wegen einheitlicher Gewinnfeststellung und Einheitswert des Betriebsvermögens durch eine Revision angegriffen, so ist diese als Streitwertrevision jedenfalls dann nicht zulässig, wenn der einheitliche Streitwert 10.000 DM und der aus der Einheitswertsache herrührende Streitwertanteil 1.000 DM nicht übersteigt.

FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin), eine KG, betreibt einen Möbelhandel. Sie wurde im November 1973 gegründet. Gesellschafter waren acht Kommanditisten, darunter die Revisionskläger zu 2 bis 4 (W, K und M), die im Ausgangsverfahren gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen worden waren, sowie eine Komplementär-GmbH, an der W, K und M ebenfalls beteiligt waren.

Nach dem - notariellen - Gesellschaftsvertrag waren der nach Abzug der Unkosten der Komplementärin und ihrer Vergütung für die Geschäftsführung verbleibende Gewinn sowie ein etwaiger Verlust auf die Kommanditisten im Verhältnis der Kapitalanteile aufzuteilen (§ 8 des KG-Vertrages). Im Falle des Ausscheidens waren die Gesellschafter ebenfalls im Verhältnis ihrer Kapitalanteile an den offenen und stillen Reserven des Unternehmens beteiligt (§ 10 Abs. 5 des KG-Vertrages). Auch das Stimmrecht der Gesellschafter folgte dem Verhältnis der Kapitalanteile (§ 6 Abs. 1 des KG-Vertrages).

Mit im Klageverfahren vorgelegten notariellen Verträgen vom Mai und Juni 1974 traten W, K und M ihre Gesellschaftsanteile an die Gründungsgesellschafter P L und R L ab.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete den Verlust 1973 in Höhe von 84.714,40 DM ebenso wie den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1974 in Höhe von 147.000 DM allen Gründungsgesellschaftern anteilig zu, da sie noch im Handelsregisterauszug vom 24. Juni 1974 als Kommanditisten ausgewiesen waren und die Klägerin der Aufforderung nicht nachgekommen war, das behauptete Ausscheiden vom W, K und M durch Vorlage der Verträge zu belegen. Dabei entfielen auf die Ausgeschiedenen folgende Anteile:

 

Einkünfte

Betriebsvermögen

   

W

./.21.235,97 DM

./. 2.280,89 DM,

K

./. 4.247,19 DM

9.743,82 DM,

M

./. 4.247,22 DM

./. 256,16 DM.

Die Revisionskläger sind demgegenüber der Ansicht, die Verlust- bzw. Betriebsvermögensanteile der Ausgeschiedenen seien den Gesellschaftern P L und R L zuzurechnen.

Einspruch und Klage hatten im Streitpunkt keinen Erfolg.

Mit der Revision rügen die Revisionskläger, das Finanzgericht (FG) habe den Sachverhalt unvollständig dargestellt und sei daher zu unrichtigen Schlüssen gelangt. Dies ergebe sich aus der Überbetonung des Gesellschaftsvertrages, während das Zeitmoment und die Motive, die W, K und M zu ihrem Eintritt in die KG veranlaßt hätten, nicht erwähnt worden seien. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seien die Genannten nicht als Mitunternehmer anzusehen.

Die Revisionskläger beantragen, den W, K und M zugewiesenen Verlust 1973 und das anteilige Betriebsvermögen zum 1. Januar 1974 den Gesellschaftern P L und R L zu gleichen Teilen zuzurechnen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unzulässig.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen; auch eine streitwertunabhängige zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO liegt nicht vor. Den Beteiligten steht daher gemäß § 115 Abs. 1 FGO i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861, BStBl I, 932) i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 4. August 1980 (BGBl I, 1147, BStBl I, 462) die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) nur zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10.000 DM übersteigt. Bei Rechtsstreitigkeiten über die Feststellung von Einheitswerten und bestimmte andere Fragen beträgt die Revisionssumme nach Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFHEntlG weiterhin 1.000 DM. Beide Revisionssummen werden im Streitfall nicht erreicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluß vom 11. September 1975 IV B 22/71, BFHE 116, 530, BStBl II 1976, 22) wird im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung der Streitwert im allgemeinen in Höhe eines bestimmten Vomhundertsatzes des zwischen den Beteiligten streitigen Gewinnbetrages bemessen. Dieser beträgt, wenn nicht die Höhe, sondern nur die Verteilung des Gewinnes streitig ist, 25 v.H. des Teils des Gewinns, um dessen Verteilung gestritten wird (BFH-Beschlüsse vom 8. November 1973 IV B 6/72, BFHE 110, 487, BStBl II 1974, 138, und vom 17. Juli 1975 IV R 190/72, BFHE 116, 320, BStBl II 1975, 827). Dies gilt nicht nur, wenn die Gesellschaft klagt, sondern auch, wenn ein Gesellschafter klagt (BFH-Beschluß vom 8. November 1973 IV B 90/70, BFHE 110, 491, BStBl II 1974, 140). Dabei ist die Revisionssumme, wenn mehrere Streitgenossen, die durch dasselbe Urteil beschwert sind, gegen dieses eine einzige Revision eingelegt haben, aus der Beschwer aller Kläger herzuleiten (BFH-Urteil vom 25. März 1969 II R 68/68, BFHE 95, 512, BStBl II 1969, 471).

Für die Berechnung des Streitwerts bei der Einheitsbewertung gilt Entsprechendes mit der Maßgabe, daß 20 v.T. der im Streit befindlichen Betriebsvermögensanteile anzusetzen sind (BFH-Beschlüsse vom 14. März 1975 III B 4/74, BFHE 115, 304, BStBl II 1975, 548, und vom 21. Februar 1975 III B 10/74, BFHE 115, 406, BStBl II 1975, 673 m.w.N.).

Danach beträgt der einheitliche Streitwert im Streitfall 7.679 DM; dabei entfallen auf die Gewinnfeststellungssache 7.433 DM (25 v.H. von 29.730 DM) und auf die Einheitswertsache 246 DM (20 v.T. von 12.281 DM). Somit übersteigt weder der einheitliche Streitwert den Betrag von 10.000 DM noch der aus dem Rechtsstreit über die Feststellung des Einheitswerts herrührende Anteil den Betrag von 1.000 DM.

Aus dem Umstand, daß das Gesetz nach Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFHEntlG neben der für den Regelfall vorgesehenen Revisionssumme von 10.000 DM für bestimmte Rechtsstreitigkeiten ausnahmsweise eine niedrigere Revisionssumme von 1.000 DM genügen läßt, sowie aus Sinn und Zweck dieser Ausnahmebestimmung ist zu schließen, daß bei verbundenen Sachen die Revisionssumme von 1.000 DM durch die in Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFHEntlG aufgeführten Rechtsstreitigkeiten selbst überschritten sein muß.

Da die Revisionssumme von 1.000 DM den enumerativ aufgeführten Fallgruppen von Rechtsstreitigkeiten vorbehalten ist, während für alle anderen Verfahren die Revisionssumme von 10.000 DM zum Zuge kommt, stellt letztere die Regel, jene die Ausnahme dar. Dem steht nicht entgegen, daß § 115 Abs. 1 FGO unverändert eine Revisionssumme von 1.000 DM ausweist, während Art. 1 Nr. 5 Satz 1 BFHEntlG lediglich "abweichend" hiervon eine Revisionssumme von 10.000 DM bestimmt. Eine Änderung der FGO ist offensichtlich nur deshalb unterblieben, weil das BFHEntlG in seiner Wirksamkeit zeitlich begrenzt ist. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, daß für die Dauer seiner Geltung die Revisionssumme im Regelfall 10.000 DM beträgt.

Sinn der Ausnahmeregelung u. a. für Rechtsstreitigkeiten über die Feststellung von Einheitswerten war, die Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung abzuwehren, die dadurch drohen könnte, daß auf dem genannten Rechtsgebiet die Revisionssumme von 10.000 DM kaum erreicht wird (vgl. Ausschußbericht Bundestags-Drucksache VII/3654, S. 5). Dementsprechend hat der Gesetzgeber für Einheitswertsachen den Zugang zum Revisionsgericht erleichtert, ohne ihn - wie bei Zolltarifsachen (vgl. § 116 Abs. 2 FGO) - ohne jegliche Beschränkung zu eröffnen. Damit kommt zum Ausdruck, daß aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung Einheitswertsachen auch bei einer regelmäßigen Streitwertgrenze von 10.000 DM revisibel sein sollen, soweit sie für sich allein die Revisionssumme von 1.000 DM überschreiten. Demgegenüber besteht kein Grund zu der Annahme, daß auch Einheitswertsachen mit Streitwerten bis zu 1.000 DM lediglich deshalb zu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zugelassen werden sollen, weil sie durch die Verbindung mit anderen Streitsachen zwar nicht die im Regelfall vorgesehene Revisionssumme von 10.000 DM, jedoch die von 1.000 DM überschreiten.

Dem steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des BFH bei verbundenen Sachen, gegen die ein einheitliches Rechtsmittel erhoben wird, für die Frage, ob die Revisionssumme erreicht ist, grundsätzlich von einem einheitlichen Streitwert auszugehen ist.(Urteile vom 11. April 1962 II 248/60 U, BFHE 75, 143, BStBl III 1962, 320; vom 14. Januar 1969 II R 71/67, BFHE 95, 227, BStBl II 1969, 408, und BFHE 95, 512, BStBl II 1969, 471, sowie Beschluß vom 18. Juni 1969 I B 8/69, BFHE 96, 153, BStBl II 1969, 587). Denn die Berücksichtigung unterschiedlicher Revisionssummen ergibt sich aus den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften des Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG. Der Senat läßt dahinstehen, welche Auswirkungen sich bei verbundenen Sachen ergeben, wenn die Beschwer bei der Einheitswertsache 1.000 DM, zusammen mit dem verbundenen Rechtsstreit aber nicht 10.000 DM übersteigt bzw. wenn der Streitwert der Einheitswertsache unter 1.000 DM liegt, aber mit der verbundenen Sache 10.000 DM übersteigt. Da im Streitfall der einheitliche Streitwert die regelmäßige Revisionssumme von 10.000 DM nicht erreicht und für die Ausnahmebestimmung des Art. 1 Nr. 5 Satz 2 BFHEntlG nur auf die Beschwer abgestellt werden darf, die von den dort aufgeführten Rechtsstreitigkeiten herrührt, kommt eine zulassungsfreie Revision nicht in Betracht.