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BFH-Beschluß vom 14.5.1982 (VI R 197/81) BStBl. 1982 II S. 607

Eine Revision ist dann nicht ordnungsgemäß begründet, wenn der prozeßbevollmächtigte Rechtsanwalt die vom Revisionskläger persönlich verfaßte Revisionsbegründungsschrift zwar unterzeichnet, aber gleichzeitig zum Ausdruck bringt, daß er sie nicht überprüft hat und daß er für sie die Verantwortung nicht übernimmt.

FGO § 120; BFH-EntlG Art. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) legte gegen das seine Klage abweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) in zulässiger Weise Revision ein. Einen Tag vor Ablauf der verlängerten Revisionsbegründungsfrist ging beim Bundesfinanzhof (BFH) eine von seinem prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt unterzeichnete Revisionsbegründung ein. In einem weiteren Schriftsatz teilte der Prozeßbevollmächtigte gleichzeitig folgendes mit: "... Herr G ... übergibt mir einen vorbereiteten Schriftsatz, der in der Anlage von mir unterzeichnet, als Revisionsantrag weitergeleitet wird.

Da die Revisionsfrist unmittelbar vor dem Ablauf ist, konnte ich den Revisionsvortrag anhand der Akten im einzelnen nicht mehr überprüfen.

Herr G ... versichert ausdrücklich, daß er mich insoweit von sämtlicher Haftung freistelle.

Ich will nicht versäumen, diese Tatsache auch dem Bundesfinanzhof mitzuteilen ..."

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i. d. F. des Gesetzes vom 4. August 1980 - BFH-EntlG - (BGBl I 1980, 1147, BStBl I 1980, 462) muß sich vor dem BFH jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen. Wird diesem Vertretungszwang nicht genügt, ist der Rechtsbehelf wegen Fehlens einer Prozeßhandlungsvoraussetzung unzulässig. Das ist hier der Fall.

Nach dem Beschluß des Senats vom 29. April 1977 VI K 1/76 (BFHE 122, 26, BStBl II 1977, 502) ist es Sinn und Zweck des durch das BFH-EntlG eingeführten Vertretungszwangs, den BFH dadurch zu entlasten, daß Rechtsbehelfe nur noch von solchen Personen eingelegt werden dürfen, die durch ihre fachliche Vorbildung in der Lage sind, die Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe zu beurteilen und das Verfahren vor dem BFH sachgerecht zu führen. Demgemäß muß die von einem postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten unterzeichnete Revisionsbegründung erkennen lassen, daß er den Prozeßstoff überprüft hat und die volle Verantwortung für den Inhalt der Revisionsbegründung übernimmt. Zur Begründung der Revision nach § 120 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt deshalb die Vorlage eines zwar von einem Rechtsanwalt unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schreibens seiner Partei jedenfalls dann nicht, wenn der Rechtsanwalt sich mit dem Streitstoff nicht befaßt, ihn insbesondere nicht gesichtet, geprüft und rechtlich durchgearbeitet hat (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 1974 I StR 586/73, Neue Juristische Wochenschrift 1974, 655; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juli 1977 VIII CB 84/76, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1978, 256; Beschluß des Bundessozialgerichts vom 15. April 1981 1 BA 23/81, HFR 1982, 80).

Im Streitfall hat der Rechtsanwalt, der die Revisionsbegründungsschrift eingereicht hat, diese nicht überprüft und nicht rechtlich durchdrungen. Er hat ausdrücklich nicht die Verantwortung dafür übernommen, sondern im Gegenteil betont, daß er sich von dem Kläger von sämtlicher Haftung hat freistellen lassen. Dies und die weiteren, oben wörtlich wiedergegebenen Erklärungen des Prozeßbevollmächtigten lassen erkennen, daß er nicht selbst die Erfolgsaussichten der Revision und den Inhalt der Revisionsbegründung geprüft hat. Damit ist der Vertretungszwang nicht beachtet.

Wenn der Prozeßbevollmächtigte das Mandat erst kurz vor Ende der Revisionsbegründungsfrist übernommen hat und ihm dann unmittelbar der Schriftsatz des Klägers vorgelegt wurde, so entlastet ihn das insoweit nicht, zumal er zumindest die Möglichkeit gehabt hätte, noch rechtzeitig eine weitere Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist zu beantragen.