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BFH-Urteil vom 31.3.1982 (II R 88/81) BStBl. 1982 II S. 627

Wohnt der Käufer einer Eigentumswohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags über diese bereits als Mieter in der Wohnung, so beginnt das Jahr der Mindesteigennutzung unabhängig vom vereinbarten Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten bereits mit dem Abschluß des Kaufvertrages.

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 2. August 1978 erwarb die Klägerin eine von ihr bereits seit längerer Zeit als Mieterin bewohnte Eigentumswohnung. Nach § 3 des Vertrages sollte die "Übergabe zu Gewinn und Nutzung" mit Wirkung vom 1. Oktober 1978 erfolgen. Das beklagte Finanzamt (FA) stellte den Erwerbsvorgang zunächst antragsgemäß nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG von der Grunderwerbsteuer frei. Nachdem die Klägerin die Wohnung mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. August 1979 weiterveräußert hatte, setzte das FA gegen die Klägerin mit Bescheid vom 4. Juli 1980 Nachsteuer einschließlich Zinsen nach § 3 GrEStEigWoG im Gesamtbetrag von 7.192,50 DM fest, weil die Klägerin im Hinblick auf ihren Auszug aus der Wohnung am 18. September 1979 in der Wohnung kein Jahr aufgrund des sich aus dem Vertrag vom 2. August 1978 ergebenden Nutzungsrechtes gewohnt habe.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin mit der Klage die Aufhebung des Bescheides begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie hätte die Wohnung entsprechend dem Kaufvertrag vom 24. August 1979 erst am 1. Oktober 1979 dem neuen Erwerber zu übergeben brauchen. Zwar hätte sie sich diesem gegenüber verpflichtet, die Wohnung bis 21. September 1979 ihm zur Verfügung zu stellen, tatsächlich aber hätte sie noch bis Anfang Oktober 1979 verschiedene Möbel in der Wohnung belassen.

Das FG hat die Klage abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Grunderwerbsteuerbescheides vom 4. Juli 1980 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 1980.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG ist der Erwerb einer Eigentumswohnung von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, wenn sie vom Erwerber oder weiteren im Gesetz genannten Personen binnen fünf Jahren mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt wird und zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, so entfällt die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GrEStEigWoG mit Wirkung für die Vergangenheit. Die Steuer ist dann vom Zeitpunkt der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung bis zur Festsetzung der Steuer zu verzinsen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GrEStEigWoG).

Das Verlangen nach der eigenwohnlichen Nutzung durch den Erwerber bzw. seine nächsten Angehörigen unterstreicht den Willen des Gesetzgebers, das Wohnen im eigenen Heim durch Befreiung von Grunderwerbsteuer zu begünstigen. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 13. Mai 1981 II R 146/79 (BFHE 133, 448, BStBl II 1981, 680) ausgeführt hat, ist grundsätzlich erforderlich, daß das erworbene Objekt aufgrund des Rechts des Erwerbers aus dem Erwerbsgeschäft genutzt wird.

Entgegen der Auffassung des FG hat die Klägerin die Wohnauflage des Gesetzes erfüllt. Bewohnt jemand eine von ihm erworbene Wohnung bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags über diese als Mieter, so ist er nach Abschluß des Kaufvertrages nicht nur aufgrund des bislang bestehenden Mietverhältnisses, sondern auch aufgrund seiner Rechte aus dem Erwerbsgeschäft zur Nutzung dieser Wohnung berechtigt. Denn selbst wenn der Mietvertrag aus irgendeinem Grund unwirksam wäre oder vor dem kaufvertraglich vereinbarten Zeitpunkt des Übergangs der Nutzung aufgelöst werden könnte, hätte der Verkäufer der Wohnung nach § 242 BGB keine Möglichkeit, deren Herausgabe von dem Erwerber zu verlangen (vgl. Palandt, BGB, 41. Aufl., § 242 Anm. 4 C e). Deshalb kommt dem im Kaufvertrag festgelegten Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten nicht die ihm vom FG zugemessene Bedeutung zu; daß erst damit die Nutzung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStEigWoG beginne. Auch wenn der Erwerber, der die Wohnung im Erwerbszeitpunkt als Mieter nutzt, nach dem Kaufvertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Rechte aus dem Erwerbsgeschäft einrückt, beginnt die Erfüllung der Wohnauflage grundsätzlich mit dem Abschluß des Kaufvertrages.