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BFH-Urteil vom 23.6.1982 (II R 33/80) BStBl. 1982 II S. 630

1. Die Verlängerung eines Erbbaurechts ist kein für sich der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang.

2. In diesem Zusammenhang besteht keine Veranlassung, die ständige Rechtsprechung, wonach der (eingetragene) Erbbauzins wie eine dauernde Last behandelt wird, zu überprüfen.

GrEStG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 11 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Bremen

Sachverhalt

Die Stadtgemeinde B hat der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Jahre 1956 ein Erbbaurecht bestellt, das unter Berücksichtigung eines Nachtragsvertrags aus dem Jahre 1959 eine Laufzeit bis zum 31. Juli 1979 hatte. Durch notariell beurkundeten Nachtragsvertrag vom 29. Oktober 1973 wurde unter gleichzeitiger Erhöhung des Erbbauzinses die Laufzeit des Erbbaurechts über den genannten Endpunkt hinaus bis zum 31. Juli 2022 vereinbart.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1978 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) wegen dieser Vereinbarung gegen die Klägerin 8.736 DM Grunderwerbsteuer, berechnet auf der Grundlage des Einheitswerts, fest.

Die auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte 1980, 246 veröffentlichten Entscheidung abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Steuerfestsetzung.

1. Die Vereinbarung der Verlängerung eines bestehenden Erbbaurechts erfüllt keinen der in § 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) aufgeführten Tatbestände. Wenn § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG den Grundstücken das Erbbaurecht gleichstellt, so bedingt dies ein sinngemäß entsprechendes Verständnis des Wortlauts von § 1 Abs. 1 GrEStG für Erbbaurechte. Jedes Rechtsgeschäft, das die aus dem Erbbaurecht fließenden Befugnisse einem anderen zu verschaffen bestimmt ist oder ihm verschafft, ist demgemäß in die entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 1 GrEStG einzubeziehen (Urteil des Senats vom 9. August 1978 II R 164/73, BFHE 126, 71, BStBl II 1978, 678). So unterliegt der Grunderwerbsteuer die Bestellung eines Erbbaurechts (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1967 II R 37/66, BFHE 91, 191, BStBl II 1968, 223), dessen vorzeitige Aufhebung (Urteil vom 5. Dezember 1979 II R 122/76, BFHE 129, 223, BStBl II 1980, 136) und die Übertragung des Erbbaurechts aufgrund Heimfalls (Urteil vom 23. September 1969 II 113/64, BFHE 97, 394, BStBl II 1970, 130), ebenso wie die übrigen hinsichtlich eines bestehenden Erbbaurechts erfüllbaren Tatbestände des § 1 Abs. 1 GrEStG.

Im Gegensatz zu den genannten Vorgängen bewirkt die Verlängerung eines Erbbaurechts weder eine Veränderung seiner Rechtszuständigkeit noch die Verschaffung der aus dem Erbbaurecht fließenden Befugnisse, sondern lediglich eine inhaltliche Veränderung des bestehenden Erbbaurechts bezogen auf dessen Dauer. Denn die Zeitbestimmung gehört zu dem Inhalt eines Erbbaurechts. Der schuldrechtliche Vertrag über die Verlängerung des Erbbaurechts kommt in seinen rechtlichen Wirkungen nicht - wie das FG meint - der Erneuerung eines Erbbaurechts gleich; die Verlängerung bewirkt nur das Hinausschieben des Erlöschens durch Zeitablauf, verhindert also den Untergang zum ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt. Mag der Fall der Verlängerung eines Erbbaurechts auch in wirtschaftlicher Beziehung dem der Erneuerung eines Erbbaurechts ähnlich sein, so liegt der entscheidende Unterschied jedoch darin, daß eine Erneuerung eines Erbbaurechts erst nach dem Erlöschen in Betracht kommt, also stets eine Neubestellung beinhaltet.

2. Die Vereinbarung der Verlängerung des Erbbaurechts führt auch nicht zur Entstehung einer (zusätzlichen) Grunderwerbsteuer auf den ursprünglichen Erwerbsvorgang aus § 11 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Nach der ständigen Rechtsprechung über rund 50 Jahre hinweg (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 19. November 1968 II R 16/68, BFHE 94, 160, BStBl II 1969, 90) ist der (eingetragene) Erbbauzins wie eine dauernde Last zu behandeln. Es besteht in diesem Fall keine Veranlassung, diese Rechtsauffassung zu überprüfen.