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BFH-Urteil vom 12.8.1982 (III R 118/79) BStBl. 1982 II S. 782

In einem Hotel eingebaute Bäder und Duschen gehören zur Bewertungseinheit des Gebäudes und sind keine selbständigen Gebäudeteile in Form von Betriebsvorrichtungen.

BerlinFG 1976 § 19 Abs. 1 und 2; BewG 1965 § 68.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in Berlin (West) ein Hotel. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ließ sie im Streitjahr 1976 in einzelnen Zimmern Bäder und Duschen einbauen sowie die Wände und Böden fliesen. Von den Herstellungskosten beantragte sie eine Investitionszulage von 10 v.H. nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG). Die Klägerin sieht in den eingebauten Bädern Betriebsvorrichtungen, mit deren Hilfe sie ihr Hotel betreibt, und damit steuerlich bewegliche Wirtschaftsgüter. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah demgegenüber in den Bädern steuerlich (unselbständige) Gebäudebestandteile und lehnte die beantragte Zulage ab.

Dagegen hatte die Klage Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah in den Bädern und Duschen eine besondere Beziehung zu dem von der Klägerin betriebenen Hotel. Im Gegensatz zu Heizungsanlagen, Türen und Beleuchtung, allgemeinen Be- und Entwässerungseinrichtungen, die ausschließlich der Nutzung des Gebäudes als solchem dienten, sei der Einbau von Duschen und Bädern allein durch den Betrieb des Hotels bedingt. Denn die Sanitärräume eines Hotelzimmers ständen in einem so engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu dem in dem Gebäude ausgeübten Hotelbetrieb, daß das Hotel durch diese Wirtschaftsgüter unmittelbar betrieben werde mit der Folge, daß die Wirtschaftsgüter als Betriebsvorrichtungen anzusehen seien. Unter Beachtung der ständig steigenden Ansprüche der Hotelgäste an die Qualität der Hotelzimmer sei davon auszugehen, daß ein Hotel unmittelbar auch durch die eingebauten Bäder und Duschen betrieben werde. Dies gelte auch deshalb, weil Betriebe anderer Art derartige Räume nicht in gleicher Weise nutzen könnten.

Mit der Revision beantragt das FA, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

1. Nach § 19 Abs. 1 und 2 BerlinFG i. d. F. vom 18. Februar 1976 wird sowohl für bewegliche Wirtschaftsgüter als auch für Gebäude (einschließlich Ausbauten und Erweiterungen) eine Investitionszulage gewährt. Allerdings gelten dafür unterschiedliche Voraussetzungen. Unter dem Gesichtspunkt des Gebäudes (sowie der Ausbauten und Erweiterungen) steht der Klägerin unstreitig eine Investitionszulage nicht zu, weil sie die besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 4 i.V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a BerlinFG nicht erfüllt.

2. Für die Abgrenzung der beweglichen Wirtschaftsgütern (Gebäudeteile) im Rahmen des § 19 BerlinFG von den Gebäuden gelten einkommensteuerrechtliche Grundsätze (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Oktober 1977 III R 9/76, BFHE 124, 125, BStBl II 1978, 163). Dafür sind die Merkmale maßgebend, die der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) aufgestellt hat. Danach ist grundsätzlich von einem Gebäude als einer Bewertungseinheit auszugehen. Gegenüber dieser Bewertungseinheit Gebäude sind Gebäudeteile nur ausnahmsweise in der Steuerbilanz des Grundstückseigentümers als selbständige Wirtschaftsgüter aktivierungsfähig. Das ist dann der Fall, wenn sie besonderen Zwecken dienen, d.h. wenn sie in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen. Dagegen gehören Gebäudeteile, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu dem Gebäude stehen, zur Bewertungseinheit des Gebäudes. Diese im bilanzrechtlichen Sinne selbständigen Gebäudeteile können bewegliche oder unbewegliche Wirtschaftsgüter sein. Bewegliche Wirtschaftsgüter sind sie, wenn sie Betriebsvorrichtungen (oder Scheinbestandteile, die hier nicht in Betracht kommen) sind (vgl. dazu im einzelnen die Anweisungen der Finanzverwaltung in Abschn. 13b Abs. 1 Nrn. 1 und 2 und Abschn. 42a Abs. 5 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1981, welche die derzeitige Rechtsprechung wiedergeben).

3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sind die von der Klägerin in ihrem Hotel eingebauten Bäder und Duschen keine Betriebsvorrichtungen. Zur Beurteilung dieser Frage gelten die Grundsätze des Bewertungsrechts (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetztes - BewG - und den gleichlautenden Ländererlaß vom 31. März 1967 über die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen, BStBl II 1967, 127). Nach § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG werden als Betriebsvorrichtungen neben den Maschinen die sonstigen Vorrichtungen angesehen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Aus dieser Regelung folgert der Senat in ständiger Rechtsprechung, daß nur solche Anlagen Betriebsvorrichtungen sind, mit denen der Gewerbebetrieb unmittelbar betrieben wird (vgl. Entscheidung vom 14. August 1958 III 382/57 U, BFHE 67, 325, BStBl III 1958, 400). Ein solcher unmittelbarer und besonderer Zusammenhang zwischen Bädern und dem in dem Gebäude ausgeübten Gewerbebetrieb wird in dem zitierten gemeinsamen Ländererlaß unter Nr. 15 Abs. 4 außer bei Badeanstalten bei Kur- oder Krankenhäusern gesehen, wo die Bäder Heilzwecken dienen.

In Hotels fehlt jedoch ein solcher unmittelbarer und besonderer Zusammenhang. Wie das FA in seiner Revisionsbegründung zu Recht ausführt, wird ein Hotel insgesamt durch die Zurverfügungstellung von modern ausgestatteten Räumen (Schlafräumen) betrieben (vgl. wegen ähnlicher Gedanken das BFH-Urteil vom 5. März 1971 III R 90/69, BFHE 102, 107, BStBl II 1971, 455, das sich mit einer Rolltreppe in einem Warenhaus befaßt). Aber so, wie man diese Räume insgesamt nicht als Betriebsvorrichtungen ansehen kann, kann man auch nicht von ihren Ausstattungsmerkmalen als von Betriebsvorrichtungen sprechen. Die Bäder dienen vielmehr der Benutzung des Gebäudes als Hotelgrundstück. Daß aus Konkurrenzgründen Bäder oder Duschen in einem Hotel notwendig sind, reicht für die Annahme einer Betriebsvorrichtung nicht aus (vgl. BFH-Entscheidung vom 15. Februar 1980 III R 105/78, BFHE 130, 224, BStBl II 1980, 409). Im übrigen können diese Einrichtungen entgegen der Auffassung der Vorinstanz in einem ehemaligen Hotelgrundstück auch für andere Gewerbezweige (z.B. für Altenheime) nützlich sein.

4. Da die Vorentscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).