| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 10.11.1982 (II R 149/80) BStBl. 1983 II S. 142

Ein steuerfreier Zwischenerwerb durch ein freies Wohnungsunternehmen liegt nicht vor, wenn das erworbene Grundstück nicht unbebaut, sondern erst nach Baubeginn weiterveräußert wird.

GrEStG Baden-Württemberg § 6 Abs. 1 Nr. 7.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 26. Februar 1972 ein unbebautes Grundstück und beantragte wegen dieses Erwerbs Befreiung von der Grunderwerbsteuer gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 des Baden-Württembergischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) stellte den Erwerbsvorgang intern von der Besteuerung frei.

Am 29. April 1975 erließ das FA einen Nachversteuerungsbescheid über 2.059,75 DM, weil die Klägerin eine Teilfläche erst nach Beginn der Bebauung weiterveräußert habe. Über dieses Teilgrundstück hatte die Klägerin am 17. Oktober 1974 einen Veräußerungsvertrag geschlossen, aufgrund dessen sie das genannte Grundstück einschließlich eines von ihr zu erstellenden Rohbaues verkaufte. Im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages war der Bau ausweislich einer entsprechenden Mitteilung im Vertragstext bis zur Unterkante der Decke über dem Untergeschoß erstellt.

Der Einspruch der Klägerin führte zur Verböserung des angefochtenen Steuerbescheids. Das FA nahm nunmehr an, daß wegen weiterer Teilflächen eine Nachversteuerung stattzufinden habe.

Nach Erhebung der Klage hat das FA seine Einspruchsentscheidung dahin geändert, daß die Nachsteuer einschließlich des Zuschlages unter Wegfall der Verböserung wiederum auf 2.059,75 DM festgesetzt werde.

Die Klägerin hat beantragt, den angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben. Sie erfülle die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG. Daß sie das Teilgrundstück erst nach teilweiser Bebauung veräußert habe, stehe der Steuerbefreiung nicht entgegen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, daß der Erwerb auch hinsichtlich des im Streit befindlichen Grundstücksanteils gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG steuerfrei sei und somit Voraussetzungen für eine Nachversteuerung gem. § 11 Abs. 2 GrEStG nicht vorlägen. Der steuerbegünstigte Zweck der Weiterveräußerung eines unbebaut erworbenen Grundstückes an einen Erwerber, der auf dem Grundstück ein steuerbegünstigtes Gebäude errichte, sei auch dann erfüllt, wenn das Grundstück erst im Zustand der Bebauung an einen Erwerber weiterveräußert werde, der auf dem Grundstück das steuerbegünstigte Gebäude fertigstelle. Dies ergebe sich aus einer Zusammenschau der Vergünstigungsvorschriften der Nummern 1, 3 und 7 des § 6 Abs. 1 GrEStG.

Das FA hat Revision eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG greife nur dann ein, wenn das erworbene unbebaute Grundstück auch unbebaut an einen Nacherwerber weiterveräußert werde, der dann auf dem Grundstück ein steuerbegünstigtes Objekt errichte.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet; sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.

Der Erwerb eines Grundstückes gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG ist nur dann (materiell endgültig) von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn das erworbene unbebaute Grundstück im unbebauten Zustand weiterveräußert wird und somit die Weiterveräußerung an einen Erwerber, der ein steuerbegünstigtes Gebäude errichtet, der einzige Zweck des Grundstückserwerbes ist.

Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, aus ihrem Sinn und Zweck und aus der Entstehungsgeschichte.

Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG ist von der Besteuerung u. a. ausgenommen der Erwerb eines unbebauten Grundstücks zur Weiterveräußerung. Eine weitere Zweckbestimmung (etwa die Errichtung eines Rohbaues) darf der Erwerbsvorgang danach nicht haben. Das bedeutet, daß das Grundstück im unbebauten Zustand weiterveräußert werden muß. Dies wird noch dadurch verdeutlicht, daß die Steuerfreiheit für den Zwischenerwerb nach dem weiteren Wortlaut der Vorschrift die Weiterveräußerung an einen Erwerber voraussetzt, der ein steuerbegünstigtes Gebäude oder steuerbegünstigte Eigentumswohnungen errichtet. Die Errichtung des Gebäudes muß danach Sache des Zweiterwerbers sein. Sie darf nicht von dem Zwischenerwerber begonnen worden sein. Daß der Zweiterwerber ein begonnenes Bauvorhaben fertigstellt, ist nicht ausreichend.

Durch den in der Nr. 7 des § 6 Abs. 1 GrEStG verwendeten Relativsatz ("der ... errichtet") ist ersichtlich die Verbindung zu der Nr. 1 hergestellt, durch die der Erwerb (eines unbebauten Grundstücks) zur Errichtung von Wohnraum von der Steuer freigestellt wird, wie dies auch durch eine entsprechende Verweisung in Nr. 4 sichergestellt worden ist. Auch § 11 Abs. 1 Satz 2 GrEStG geht davon aus, daß der Zweiterwerber nicht fristgerecht ein steuerbegünstigtes Gebäude oder steuerbegünstigte Eigentumswohnungen errichtet. Bei dieser Sachlage spricht alles dafür, den verwendeten Ausdruck "errichtet" in Nr. 7 nicht anders auszulegen als in Nr. 1.

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie geht erkennbar davon aus, den Bereich der Steuerfreien Zwischenerwerbe über die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG für den Zwischenerwerb durch öffentlich-rechtliche Körperschaften hinaus zu erweitern und den Zwischenerwerb durch gemeinnützige Wohnungsbauträger und freie Wohnungsunternehmen einzubeziehen (vgl. Landtagsdrucksache Nr. 1765 aus der 3. Wahlperiode). Diese zunächst durch den § 1 Abs. 1 Nr. 7 des Baden-Württembergischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung beim Wohnungsbau vom 20. Juli 1962 (II. GrEStWG) angestrebte Erweiterung der Steuerfreiheit von Zwischenerwerben spricht dafür, die Nr. 7 des § 6 Abs. 1 nicht anders auszulegen als die Nr. 4, die eindeutig nur dann gilt, wenn die Weiterveräußerung im unbebauten Zustand erfolgt. Beide Vorschriften unterscheiden sich im wesentlichen nur dadurch, daß in der Nr. 4 auf die Erfüllung der Voraussetzungen der Nr. 1 durch den Zweiterwerber abgestellt wird, während die Nr. 7 entsprechend dem Inhalt der Nr. 1 ausformuliert worden ist, wobei allerdings nicht ausdrücklich die Weiterveräußerung im unbebauten Zustand gefordert wird, wie sich dies aus der Nr. 4 aufgrund der Verweisung auf die Nr. 1 ergibt. Gleichwohl ist eine andere Auslegung der Nr. 7 als die der Nr. 4 schon deshalb nicht möglich, weil durch den Relativsatz die Errichtung eines Gebäudes durch den zweiten Erwerber gefordert wird.

Entgegen der Auffassung der Revision spricht auch sonst nichts für die Einbeziehung der Fälle der Nr. 3 in den § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG. Erwirbt jemand ein Grundstück zur Bebauung und ist er gezwungen oder entspricht dies seinen Interessen, das Grundstück im Zustand der Bebauung zur Fertigstellung durch den Nacherwerber zu veräußern, so ist zwar der weitere Erwerb steuerfrei nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG. Der Erwerber des unbebauten Grundstücks muß aber seinen Erwerb nachversteuern, weil er den begünstigten Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht erfüllt hat. Es kann nicht als Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG angesehen werden, diese Nachversteuerung allein im Bereich der gemeinnützigen Bauträger und der freien Wohnungsunternehmen auszuschließen. Die erkennbare Zielsetzung dieser Vorschrift ist enger. Sie sollte lediglich den Anwendungsbereich der Nr. 4 erweitern.

Ob eine rechtspolitische Gesetzeslücke vorliegt, hat der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls liegt keine Lücke vor, die den Absichten des Gesetzes nicht entspricht und deshalb durch die Rechtsprechung geschlossen werden muß.

§ 6 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG Baden-Württemberg ist demnach im Ergebnis nicht anders auszulegen als § 6 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d des Berliner GrEStG (vgl. hierzu das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Oktober 1981 II R 88/79, BFHE 134, 452, BStBl II 1982, 172).