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BFH-Urteil vom 10.11.1982 (II R 181/81) BStBl. 1983 II S. 144

Bekunden die Erwerber von ideellen Miteigentumsanteilen an einem Gebäude mit mehreren Wohnungen im Erwerbsvertrag lediglich die Absicht, das Erwerbsobjekt in Eigentumswohnungen aufzuteilen, so liegt kein Erwerb von Eigentumswohnungen i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG vor.

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 12. Mai 1980 erwarben die Kläger je einen Viertel-Miteigentumsanteil an dem Grundstück G-Straße 7 in X zum Gesamtkaufpreis von 165.000 DM. Auf dem Grundstück befand sich im Erwerbszeitpunkt ein dreigeschossiges Gebäude mit sechs abgeschlossenen Wohnungen. In § 7 des Kaufvertrags erklärten die Kläger, das Hausgrundstück zum Zwecke der Umwandlung in Wohnungseigentumsrechte zu erwerben. Weiter heißt es dort: "Sie (die Kläger) werden aufgrund der noch zu beantragenden Abgeschlossenheitsbescheinigung der zuständigen Behörde im Wege einer Teilungserklärung gemäß § 8 WEG 4 Eigentumswohnungen schaffen und das Eigentum derart aufteilen", daß jedes der Ehepaare eine das Erdgeschoß bzw. erste Obergeschoß umfassende Wohnung erhalte und zwei im Dachgeschoß zu schaffende Eigentumswohnungen an Verwandte der Kläger in gerader Linie überlassen würden. Sie erklärten weiter, jede der Wohnungen werde zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dienen und von den Klägern bzw. Verwandten bewohnt werden. Deshalb beantragten sie Befreiung von der Grunderwerbsteuer, "hilfsweise Stundung und späteren Erlaß der Grunderwerbsteuer unter der Voraussetzung, daß die Eigentumswohnungen tatsächlich und rechtlich geschaffen werden".

Unter Ablehnung des Befreiungsantrags setzte das Finanzamt (FA) mit Bescheiden vom 7. Juli 1980 gegen jeden der Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.887,50 DM fest.

Mit den nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klagen begehren die Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung. Sie sind der Auffassung, der Vertrag müsse als Erwerb von vier Eigentumswohnungen behandelt werden, so daß ihnen Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) gewährt werden müsse. Die Veräußerin habe es offensichtlich nur aus Altersgründen abgelehnt, noch vor Abschluß des Kaufvertrages eine Aufteilung des Hauses in vier Eigentumswohnungen vorzunehmen. Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG ist von der Grunderwerbsteuer auf Antrag der Erwerb einer Eigentumswohnung ausgenommen, wenn sie vom Erwerber, seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie binnen fünf Jahren mindestens ein Jahr lang ununterbrochen bewohnt wird und zu mehr als 66 2/3 v. H. Wohnzwecken dient. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die begehrte Steuerbefreiung sind nicht erfüllt. Die Kläger haben nicht etwa Eigentumswohnungen, sondern ein Gebäude mit mehreren Wohnungen zu ideellen Bruchteilen erworben.

Der Senat hat zwar in seinen Urteilen vom 25. Juni 1980 II R 21/79 (BFHE 131, 93, BStBl II 1980, 728) und vom 18. Februar 1981 II R 107/78 (BFHE 132, 492, BStBl II 1981, 331) zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 GrEStEigWoG ausgeführt, daß es in diesem Bereich nicht auf die Nutzung des Erwerbsobjekts als Ein- oder Zweifamilienhaus im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs ankomme, sondern daß auf die vom Erwerber beabsichtigte Nutzung als Ein- oder Zweifamilienhaus abzustellen sei. Der diesen Entscheidungen zugrunde liegende Gedanke ist jedoch nicht ohne weiteres auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG zu übertragen. Das nach dieser Vorschrift begünstigungsfähige Erwerbsobjekt ist nach seiner Rechtsform umschrieben, rein tatsächliche Veränderungen können diese nicht herbeiführen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG auch dann als erfüllt angesehen werden können, wenn zwar Miteigentumsanteile erworben werden, die Erwerber aber bereits im Kaufvertrag sich formgültig zur Aufteilung in Wohnungseigentum verpflichten, also bei dynamischer Betrachtungsweise der Erwerb einer Eigentumswohnung als alleiniges Ziel aller Vereinbarungen in Betracht kommt. Jedenfalls aber dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erwerber der Miteigentumsanteile nur die Absicht bekunden, das Erwerbsobjekt in Eigentumswohnungen aufzuteilen, kann vom Erwerb einer Eigentumswohnung i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStEigWoG nicht gesprochen werden.