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BFH-Urteil vom 8.12.1982 (II R 202/81) BStBl. 1983 II S. 145

Wird ein nach dem GrEStEigWoG bereits begünstigt erworbenes Zweifamilienhaus innerhalb der Frist für die eigenwohnliche Nutzung in zwei Eigentumswohnungen umgewandelt und werden die übrigen Voraussetzungen der ursprünglichen Begünstigung erfüllt, so führt dies nicht zur Nachversteuerung.

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 Nrn. 2 und 3, § 3 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Kläger und zwei weitere Personen erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12. November 1977 je 1/4 Miteigentumsanteil an einem Zweifamilienhausgrundstück. Sie beantragten Befreiung nach dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen vom 11. Juli 1977 (GrEStEigWoG), da sie eine Wohnung des Hauses selbst beziehen wollten.

Mit einem Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum vom 21. Februar 1979 teilten die Miteigentümer das Miteigentum in der Weise auf, daß die Kläger ihre 1/4-Miteigentumsanteile zu einem Hälfteanteil vereinigten und Wohnungseigentum an einer Wohnung erhielten, während die beiden anderen Miterwerber Wohnungseigentum an der zweiten Wohnung erhielten. Zum Zeitpunkt der Aufteilung hatten die Kläger das Anwesen noch nicht bezogen.

Das Finanzamt (FA) stellte zunächst bei der Grunderwerbsteuerfestsetzung den Erwerb in Höhe des anteiligen (1/4) Freibetrags gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 GrEStEigWoG vorläufig steuerfrei. Nach der Aufteilung des erworbenen Hauses in Wohnungseigentum versteuerte das FA auch den vorläufig befreiten Teil der Gegenleistung nach.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 259 veröffentlichten Entscheidung abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision machen die Kläger geltend, daß die Aufteilung nicht einer Veräußerung an einen neuen Eigentümer gleichgestellt werden könne. Dies folge u. a. daraus, daß eine Umwandlung von Miteigentum in Wohnungseigentum den vorhandenen Miteigentumsanteil lediglich in seiner Ausgestaltung einerseits beschränke, andererseits verstärke; der vorhandene Miteigentumsanteil bestehe fort und gehe nicht unter. Auch der Normzweck des GrEStEigWoG stehe der Anschauung des FG entgegen, die Wohnung müsse aufgrund der Rechtsstellung bewohnt werden, die bei dem begünstigten Erwerb erlangt werde. Im übrigen sei die Nutzung derselben Wohnung als Eigentumswohnung oder als Wohnung im Zweifamilienhaus gleichzustellen, denn die Nutzungsart richte sich nur nach den tatsächlichen baulichen Gegebenheiten, welche in beiden Fällen dieselben seien; demgegenüber trete die rechtliche Qualifikation in den Hintergrund.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, des angefochtenen Steuerbescheides sowie der Einspruchsentscheidung.

Der Senat folgt nicht der vom FG vertretenen Auffassung, daß die Nutzung eines später neu gebildeten Wohnungseigentums nicht der Nutzung derselben Wohnung im zunächst erworbenen Zweifamilienhaus gleichgesetzt werden kann.

Das FG geht zwar zu Recht davon aus, daß der Eintritt eines neuen steuerbaren Erwerbsvorganges vor Ablauf der Mindestwohnzeit der Befreiung grundsätzlich entgegensteht, weil sich die erforderliche Eigennutzung auf das Erwerbsobjekt selbst beziehen und kausal auf dem Erwerbsvorgang beruhen muß. Der Aufteilungsvertrag mag zwar grunderwerbsteuerrechtlich als neuer und gegenüber dem Grundstückserwerb gesonderter steuerbarer Erwerbsvorgang zu beurteilen sein. Denn durch die Vereinbarung, die zunächst erworbenen ideellen Miteigentumsanteile später in der Weise zu beschränken, daß jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung zugeordnet wird (§ 3 des Wohnungseigentumsgesetzes - WEG -), wird der Vertragsgegenstand des ursprünglichen Erwerbsvorganges (Erwerb der ideellen Miteigentumsanteile an dem Zweifamilienhaus) abgeändert.

Dies steht der Befreiung jedoch nicht entgegen, denn die Nutzungsbezogenheit auf das ursprüngliche Erwerbsobjekt wird dann nicht unterbrochen, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein bereits (materiell vorläufig) begünstigter Erwerb durch die Umwandlung in Wohnungseigentum im Hinblick auf die eigenwohnliche Nutzung eines bestimmten Bauteils eine dingliche Verstärkung des Erwerbszwecks erfährt. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Verstärkung der eigenwohnlichen Nutzungsmöglichkeit durch dingliche Sicherung (beispielsweise einer schuldrechtlichen Benutzungsregelung zugunsten des jeweiligen Miteigentumsanteils) erfolgt oder im Wege der Umwandlung in Wohnungseigentum als besondere Ausgestaltung des Bruchteilsmiteigentums geschieht. Denn der Erwerbszweck "Eigennutzung", auf den die Befreiungsregelung abstellt (vgl. Regierungsbegründung BT-Drucks. 8/286, S. 17), bezieht sich auf die tatsächliche Nutzung eines bestimmten Bauwerks oder von Teilen davon. Diese tatsächliche Nutzung kann aber auch dann fortgesetzt werden, wenn das Eigentum am betroffenen Bauwerk in seiner rechtlichen Konstruktion verändert wird. Denn das Bewohnen einer Wohnung ist in erster Linie ein rein tatsächlicher Zustand, unabhängig von seiner rechtlichen Zulässigkeit (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Oktober 1980 II R 5/79, BFHE 131, 541, BStBl II 1981, 41) und auch von der rechtlichen Qualifikation des Eigentums am bewohnten Gebäude oder Gebäudeteil.

Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil II R 181/81 vom 10. November 1982, BStBl II 1983, 144, denn bei dem dort entschiedenen Fall der Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen wird erst durch die dingliche Verstärkung des mit dem Erwerb verbundenen Zwecks, der eigenwohnlichen Nutzung, die Befreiung herbeigeführt.