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BFH-Urteil vom 21.12.1982 (VII R 118/82) BStBl. 1983 II S. 341

Die am 12. August 1980 endende Frist für den Antrag auf Zulassung zur Prüfung als Steuerbevollmächtigter verlängert sich, wenn die hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens durch die Ableistung des Grundwehrdienstes unterbrochen worden ist, auch dann um die Dauer des geleisteten Grundwehrdienstes, wenn die letzte am 12. August 1980 noch nicht erfüllte Vorbildungsvoraussetzung nicht die (schon vorher erfüllte) hauptberufliche Tätigkeit, sondern die erforderliche Allgemeinbildung betrifft.

StBerG § 156 Abs. 2 und 5; DVStB § 6 Abs. 2; ArbPlSchuG § 13.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloß nach dem Besuch der Grundschule und Berufsschule am 7. Juni 1974 die Lehre als Industriekaufmann mit der Gehilfenprüfung ab. Danach war er vom 1. Juli 1974 bis 30. September 1975 als kaufmännischer Angestellter bzw. als Buchhalter tätig. Vom 1. Oktober 1975 bis 31. Dezember 1976 leistete er seinen Grundwehrdienst. Im Anschluß daran war er vom 1. Januar 1977 bis 30. Juni 1979 als Buchhalter tätig, 27 Monate davon in einer Steuerberaterpraxis. Nach einer einmonatigen Pause übte er vom 1. August bis 31. August 1979 wiederum die Tätigkeit als Buchhalter aus. Vom 1. Oktober 1979 bis 28. September 1981 nahm er an einem zweijährigen Lehrgang zum staatlich geprüften Betriebswirt an einer Wirtschaftsfachschule teil und legte mit Erfolg die externe Abschlußprüfung ab. Ab 1. Oktober 1981 ist der Kläger Angestellter bei einem Steuerberater.

Am 12. November 1981 beantragte der Kläger die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung. Der Zulassungsausschuß der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD -) lehnte die Zulassung mit der Begründung ab, daß die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Antragsfrist gemäß § 156 Abs. 5 Satz 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) nicht vorlägen.

Mit seiner Klage trug der Kläger vor, daß § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG, der das Recht der freien Berufswahl beschränke, nicht einengend ausgelegt werden dürfe. Die Vorschrift verlängere die Frist für den Antrag auf Zulassung zur Prüfung für jeden Antragsteller, dessen Berufspraxis durch den Wehrdienst unterbrochen worden sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers, die OFD zu verpflichten, ihn zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen, als unbegründet ab. Es führte aus, die normale Frist für Zulassungsanträge sei am 12. August 1980 abgelaufen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Juni 1981 VII R 3/81, BFHE 133, 240, BStBl II 1981, 591, 594). Nach § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG verlängere sich die Frist, wenn "die Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzung des Absatzes 2 Nr. 3 durch die Ableistung des Grundwehrdienstes unterbrochen worden ist". Die darin angesprochene vierjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens sei zwar durch den vom Kläger geleisteten Wehrdienst unterbrochen worden. Es sei aber zweifelhaft, ob das Gesetz diesen Sachverhalt erfassen wolle. Die sprachlich schiefe Fassung könne auch bedeuten, daß die Antragsfrist für Bewerber verlängert werde, die durch den Wehrdienst gehindert seien, vier Jahre Berufspraxis bis zum normalen Schlußtermin nachzuweisen. § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG greife nicht zugunsten von Bewerbern ein, die durch andere Umstände als durch den Wehrdienst gehindert gewesen seien, bis zum normalen Schlußtermin vier Jahre Berufspraxis nachzuweisen. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger. Unterstelle man, daß er nach der Lehre bis zum 31. August 1979 drei Jahre und zehn Monate auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig gewesen sei, dann sei er nicht durch den Wehrdienst daran gehindert gewesen, bis zum 12. August 1980 eine vierjährige Berufspraxis nachzuweisen.

Die Antragsfrist sei nur für die Bewerber verlängert, die ihre Berufspraxis infolge des Wehrdienstes nicht vollständig nachweisen könnten, aber nicht für solche, die eine andere Zulassungsvoraussetzung infolge des Wehrdienstes nicht rechtzeitig schaffen könnten.

Die gegen diese Auslegung bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers seien nicht begründet. Die Vereinheitlichung der steuerberatenden Berufe sei, was die Schließung des Zugangs zum Beruf der Steuerbevollmächtigten anlange, ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 des Grundgesetzes - GG -). Solche Eingriffe dürften nur mit angemessenen Mitteln angestrebt werden und nicht unverhältnismäßig sein. Das sei hier zu verneinen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 156 StBerG und der §§ 6 sowie 32 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB), ferner der Art. 3 und 12 GG. Er trägt vor, er habe alle Zulassungsvoraussetzungen (§ 156 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 StBerG) erfüllt. Die erforderliche Allgemeinbildung habe er durch den erfolgreichen Abschluß der Wirtschaftsfachschule vom 1. Oktober 1979 bis 28. September 1981 erworben. Er habe den Antrag auch fristgerecht gestellt. Denn die Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzung der vierjährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens sei durch die Ableistung des Wehrdienstes unterbrochen worden, so daß sich die am 12. August 1980 ablaufende Frist um den 15monatigen Grundwehrdienst bis zum 12. November 1981 verlängere. Das FG habe den Wortlaut des § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG unrichtig ausgelegt bzw. ergänzt. Eine Auslegung sei aber nur dann zulässig, wenn eine Vorschrift unklar sei. Der Gesetzgeber habe erkennbar dem Wehrdienstleistenden die gleichen Berufschancen eröffnen wollen wie demjenigen, der diesen Dienst nicht habe abzuleisten brauchen.

Mit seiner Auffassung, die Fristverlängerung sei nur dann zu gewähren, wenn infolge der Ableistung des Grundwehrdienstes die hauptberufliche Tätigkeit bei Ablauf der regulären Antragsfrist noch nicht erfüllt sei, unterliege das FG dem Irrtum, daß der Gesetzgeber die Reihenfolge der Vorbildungsvoraussetzungen in § 156 StBerG festgelegt habe. Er habe lediglich vorgeschrieben, daß die vierjährige praktische Tätigkeit nach der Lehrzeit ausgeübt werden müsse. im übrigen sei es dem Bewerber überlassen, die einzelnen Stufen seines Bildungsganges selbst festzulegen. Er - der Kläger - habe sich auf den Wortlaut des § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG, wonach es zur Fristverlängerung komme, wenn die vierjährige hauptberufliche Tätigkeit durch die Ableistung des Grundwehrdienstes unterbrochen worden sei, verlassen dürfen.

Das FG-Urteil verstoße gegen Art. 12 GG. Wegen der vom Gesetzgeber vorgesehenen ausreichenden Übergangsregelung sei zwar der Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit als zulässig anzusehen. Er sei aber dann unzulässig, wenn die in § 156 Abs. 5 StBerG getroffene Regelung der Fristenverlängerung gegen den Wortlaut weiter eingeschränkt werde.

Schließlich verstoße die angefochtene Entscheidung auch gegen Art. 3 GG.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die OFD zu verpflichten, ihn zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die OFD beantragt, die Revision zurückzuweisen. Zur Begründung trägt sie vor, nach übereinstimmender Auffassung der Steuerberatungsreferenten der Länder komme eine Verlängerung der Antragsfrist nur in Betracht, wenn die Ableistung von Grundwehrdienst für die nicht rechtzeitige Antragstellung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzungen des § 156 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 StBerG ursächlich sei (vgl. Völzke, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A 1979, 77). Das ergebe sich auch aus der BT-Drucks. VI/3456, S. 7, Begründung zu Nr. 21.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die regelmäßige Übergangszeit für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung mit Ablauf des 12. August 1980 endete (Urteil in BFHE 133, 240, BStBl II 1981, 591). Der Auffassung des FG jedoch, daß die Voraussetzungen für eine Verlängerung dieser Frist um die Dauer des vom Kläger geleisteten Grundwehrdienstes nicht vorliegen, kann nicht gefolgt werden.

Bei der Auslegung von Gesetzen ist auf den objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - und des BFH; vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 4 AO 1977, Rdnr. 43). Bei Zugrundelegung dieser Methode hat das FG § 156 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 StBerG unzutreffend ausgelegt. Die erstgenannte Vorschrift hat, soweit sie im vorliegenden Fall in Betracht kommt, folgenden Wortlaut: "Ist die Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzung des Abs. 2 Nr. 3 durch die Ableistung des Grundwehrdienstes, ... unterbrochen worden, so verlängert sich die in Satz 1 bezeichnete Frist um die Dauer des abgeleisteten Grundwehrdienstes, ..." Der Wortlaut dieser Vorschrift ist eindeutig und klar. Für die Verlängerung der Antragsfrist ist allein darauf abgestellt, ob die vierjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens durch die Ableistung des Grundwehrdienstes unterbrochen worden ist. Daß diese Voraussetzung zutrifft, ist unstreitig und wird auch vom FG eingeräumt. Entgegen der Auffassung der OFD und des FG kann dem eindeutigen Wortlaut des § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG nicht entnommen werden, daß die Fristverlängerung um die Dauer des abgeleisteten Grundwehrdienstes nur dann in Betracht kommen kann, wenn im Zeitpunkt des Ablaufs der regelmäßigen Übergangszeit (12. August 1980) allein die Vorbildungsvoraussetzung der vierjährigen hauptberuflichen Tätigkeit noch nicht erfüllt ist. § 156 Abs. 2 StBerG schreibt, worauf der Kläger zutreffend hingewiesen hat, die Reihenfolge der Erfüllung der Vorbildungsvoraussetzungen nur insoweit vor, daß die hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens (Nr. 3) nach Erfüllung der Voraussetzung zu Nr. 2 (ordnungsmäßige Lehrzeit mit Ablegung der Gehilfenprüfung oder Besuch einer als geeignet anerkannten Verwaltungsakademie oder einer gleichwertigen Lehranstalt) geleistet werden muß. Wann die die Allgemeinbildung betreffende Zulassungsvoraussetzung des § 156 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu erfüllen ist, ist im Gesetz jedenfalls nicht in dem Sinne geregelt, daß dies vor dem Abschluß der ordnungsmäßigen Lehrzeit und vor der hauptberuflichen Tätigkeit der Fall sein muß. Wenn der Gesetzgeber dies gewollt hätte, hätte er es in § 156 Abs. 2 Nr. 3 StBerG zum Ausdruck bringen können (statt "nach Erfüllung der Voraussetzung zu Nummer 2" mit dem Wortlaut "nach Erfüllung der Voraussetzungen zu Nummern 1 und 2"). Zur Reihenfolge der Vorbildungsvoraussetzungen des § 156 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StBerG hat der Senat mit Urteil vom 17. Februar 1981 VII R 87/80 (BFHE 132, 505, BStBl II 1981, 406) entschieden, daß es nach dem Gesetz ohne Bedeutung sei, in welcher Reihenfolge diese Voraussetzungen erfüllt werden und daß es für die Entscheidung deshalb nicht darauf ankomme, daß der Kläger einen Teil der Vorbildungsvoraussetzungen bezüglich der Allgemeinbildung erst nach Abschluß der Lehrzeit erfüllt hat.

Für die Reihenfolge der Vorbildungsvoraussetzungen der Allgemeinbildung (Nr. 1) und der hauptberuflichen Tätigkeit (Nr. 3) kann nichts anderes gelten. Es genügt im Hinblick auf die spätere Berufsausübung als Steuerbevollmächtigter, daß der Bewerber den Nachweis über die Allgemeinbildung vor Ausübung dieser Tätigkeit erbringt. Der Kläger war deshalb durch § 156 Abs. 2 StBerG nicht daran gehindert, die erforderliche Allgemeinbildung als letzte der Vorbildungsvoraussetzungen zu erwerben. Das scheint im übrigen auch die Auffassung der OFD und des FG zu sein, weil sie andernfalls den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung schon mit der Begründung hätten abweisen können, daß die Allgemeinbildung nach dem Wortlaut des § 156 Abs. 2 StBerG zeitlich nicht als letzte Vorbildungsvoraussetzung erfüllt werden dürfe.

Nach den vorstehenden Ausführungen verlängert sich die Antragsfrist um die Dauer des geleisteten Grundwehrdienstes unabhängig davon, ob der letzte Vorbildungsabschnitt dem erforderlichen Erwerb der Allgemeinbildung oder der Erfüllung der hauptberuflichen Tätigkeit dient, stets dann, wenn der Grundwehrdienst die hauptberufliche Tätigkeit i. S. des § 156 Abs. 2 Nr. 3 StBerG unterbrochen hat. Diese Folge tritt, wie der Senat in seinem Urteil vom 30. November 1982 VII R 96/82 (BStBl II 1983, 154) entschieden hat, nur dann nicht ein, wenn der Grundwehrdienst nach Erfüllung der die Allgemeinbildung betreffenden Voraussetzungen (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 StBerG) und vor dem Beginn der ordnungsmäßigen Lehrzeit (Nr. 2) geleistet worden ist.

Ob der Verlängerung der Antragsfrist um die Dauer des geleisteten Grundwehrdienstes auch für den Fall, daß der letzte Vorbildungsabschnitt nicht die hauptberufliche Tätigkeit, sondern der Erwerb der Allgemeinbildung ist, der Bericht des Finanzausschusses des Bundestages (BT-Drucks. VI/3456, S. 7 zu Nr. 21) entgegensteht, kann zweifelhaft sein. Danach soll die achtjährige Übergangsfrist sicherstellen, "daß Berufsbewerber, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmungen über die Zusammenführung der Berufe auf den Steuerbevollmächtigtenberuf vorbereiten, die für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung notwendigen Vorbildungsvoraussetzungen einer abgeschlossenen Lehre ... und des vierjährigen Berufspraktikums abschließen können". Der Schriftliche Bericht befaßt sich ganz offensichtlich allein mit dem Normalfall, daß nämlich der Erwerb der Allgemeinbildung der ordnungsmäßigen Lehrzeit und der hauptberuflichen Tätigkeit vorausgeht. Er läßt in der Kürze der Begründung den Ausnahmefall unberücksichtigt, daß die Vorbildungsvoraussetzung der Allgemeinbildung nach § 156 Abs. 2 StBerG, wie bereits ausgeführt, auch nach der Lehrzeit und der hauptberuflichen Tätigkeit erfüllt werden kann. Außerdem kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich der Kläger auch bei Zugrundelegung der BT-Drucks. im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmungen über die Zusammenführung der Berufe, also am 12. August 1972, in der Lehrzeit als Industriekaufmann und damit in der Vorbereitung auf den Steuerbevollmächtigtenberuf befand.

Letztlich kommt es auf die Frage der Berücksichtigung der genannten Gesetzesmaterialien aber nicht an. Wie bereits ausgeführt, ist der Wortlaut des § 156 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 StBerG klar und eindeutig. Eine Auslegung gegen den Wortlaut ist nur dann zulässig, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 4 AO 1977 Rdnr. 132 und die dort aufgeführte Rechtsprechung des BFH). Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Es ist nach Sinn und Zweck des Wortlauts der Übergangsregelung nicht unsinnig, die Fristverlängerung gemäß § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG auch dann zu gewähren, wenn die letzte am 12. August 1980 noch nicht erfüllte Vorbildungsvoraussetzung die Allgemeinbildung (Abs. 2 Nr. 1) betrifft. Verhält es sich aber so, dann besteht kein Grund, die erwähnte BT-Drucks. heranzuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH sollen historische Kriterien nur herangezogen werden dürfen, um die Richtigkeit einer mittels anderer Kriterien gefundenen Auslegung zu bestätigen (was hier offenbleiben kann) oder um Zweifel zu beheben, die anders nicht ausgeräumt werden können (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 4 AO 1977 Rdnr. 99 und die dort angegebene Rechtsprechung). Solche Auslegungszweifel bestehen hier nicht.

Der Kläger hat die Abschlußprüfung der Wirtschaftsfachschule, die nach Meinung der Beteiligten einer staatlich anerkannten Handelsschule oder einer gleichwertigen Anstalt i. S. des § 156 Abs. 2 Nr. 1 StBerG entspricht, am 28. September 1981 abgelegt und den Zulassungsantrag am 12. November 1981 gestellt. Beide Zeitpunkte liegen innerhalb der gemäß § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG um 15 Monate verlängerten Übergangsfrist (12. August 1980 + 15 Monate = 12. November 1981). Der Antrag ist deshalb, sofern die Zulassungsvoraussetzungen auch sonst erfüllt sind, rechtzeitig gestellt. Daß der Kläger nach den Feststellungen des FG insgesamt 46 Monate als kaufmännischer Angestellter bzw. Buchhalter tätig war (wobei das FG unterstellt hat, daß er auf dem Gebiet des Steuerwesens gearbeitet hat), obwohl ihm nach § 13 ArbPlSchuG die Zeit des Grundwehrdienstes hätte angerechnet werden können (soweit eine Zeit von drei Jahren nicht unterschritten wird), ist für die Fristverlängerung gemäß § 156 Abs. 5 Satz 3 StBerG nicht von Bedeutung. Es kann dem Kläger nicht verwehrt werden, zur Vorbereitung auf die Steuerbevollmächtigtenprüfung eine längere hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens zurückzulegen, als unter Anwendung des § 13 ArbPlSchuG möglich wäre. Es würde einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen, wenn man dem Kläger im Rahmen der in § 156 StBerG getroffenen Übergangsregelung vorschreiben wollte, daß er unter Berücksichtigung des § 13 ArbPlSchuG nicht mehr als drei Jahre hauptberuflich tätig sein dürfe. Die Gestaltung der Vorbildungsvoraussetzungen einschließlich der dabei einzubeziehenden Fristverlängerung um die Dauer des abgeleisteten Grundwehrdienstes muß dem einzelnen Bewerber überlassen bleiben. Es kann ihm auch nicht, wie es das FG getan hat, vorgerechnet werden, auf welch andere Weise er die Vorbildungsvoraussetzungen hätte gestalten können. Insbesondere kann dem Kläger, der in Übereinstimmung mit den Beteiligten glaubte, mit dem zweijährigen Besuch der Wirtschaftsfachschule die Vorbildungsvoraussetzung des § 156 Abs. 2 Nr. 1 StBerG erfüllt zu haben, nicht entgegengehalten werden, er hätte, statt zwei Jahre lang die Wirtschaftsfachschule zu besuchen, die mittlere Reife auch durch den Besuch von Abendkursen bei Volkshochschulen erwerben können. Solche Hinweise sind ebenso unzulässig wie die Anmerkung des FG, daß der Kläger im Hinblick auf seinen Grundschulabschluß und die Lehre als Industriekaufmann ein "ungewöhnlicher" Bewerber für den Beruf des Steuerbevollmächtigten sei.

Das Urteil war wegen der rechtsfehlerhaften Auslegung und Anwendung des § 156 Abs. 2 und 5 StBerG aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat auf Grund seiner unzutreffenden Rechtsauffassung nicht geprüft, ob die 19monatige hauptberufliche Tätigkeit in der Zeit vom 1. Juli 1974 bis zum 30. September 1975, ferner vom 1. Januar 1977 bis zum 31. März 1977 und schließlich vom 1. August bis 31. August 1979 bei verschiedenen Firmen auf dem Gebiet des Steuerwesens stattgefunden hat. Bei der Prüfung dieser Frage wird das FG die Grundsätze der Urteile des erkennenden Senats vom 22. Februar 1978 VII R 86/77 (BFHE 124, 474, BStBl II 1978, 393) und vom 17. Oktober 1978 VII R 30/78 (BFHE 126, 107, BStBl II 1979, 27) zu beachten haben.

Sollte die Gesamtzeit der hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers auf dem Gebiet des Steuerwesens bis zum 12. November 1981 nicht drei Jahre ausmachen, so wird das FG in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 2 DVStB unter Berücksichtigung der nächsten nach diesem Zeitpunkt durchgeführten Steuerbevollmächtigtenprüfung zu prüfen haben, ob unter Einbeziehung seiner Tätigkeit beim Steuerberater B ab dem 1. Oktober 1981 insgesamt eine dreijährige hauptberufliche Tätigkeit errechnet werden kann.

Das FG wird ferner zu prüfen haben, ob der zweijährige Besuch der Wirtschaftsfachschule und die dabei erworbenen Kenntnisse dazu ausreichen, um die die Allgemeinbildung betreffende Zulassungsvoraussetzung des § 156 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu erfüllen. Der Senat hat diese Voraussetzungen für eine andere Fachschule für Wirtschaft, bei der als allgemeine Grundfächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Volkswirtschaftslehre gelehrt wurden, auf Grund einer in diesem Verfahren erteilten Auskunft der zuständigen Behörde verneint (Urteil in BFHE 132, 505, BStBl II 1981, 406). Auf die Gründe dieser Entscheidung im einzelnen, die das FG zu beachten haben wird, wird Bezug genommen.