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BFH-Urteil vom 18.3.1983 (VI R 172/79) BStBl. 1983 II S. 475

Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 3 EStG ist nur der steuerpflichtige Arbeitslohn.

EStG 1975 § 10c Abs. 3, § 10 Abs. 2 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger (Ehemann) erzielte im Streitjahr 1976 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die in Höhe von rd. 5.000 DM im Inland steuerpflichtig und in Höhe von rd. 44.000 DM aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) im Inland steuerfrei waren. Die Kläger begehrten bei der Einkommensteuerveranlagung 1976, sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (rd. 49.000 DM) als Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) legte der Bemessung der Vorsorgepauschale jedoch nur die steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugrunde. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1980, 70 veröffentlichten Entscheidung im wesentlichen aus: Was unter Arbeitslohn im Sinne von § 10c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) zu verstehen sei, ergebe sich nicht unmittelbar aus dieser Vorschrift. Es sei bei der Auslegung aber zu berücksichtigen, daß das EStG den Begriff "Arbeitslohn" in vielen Vorschriften verwende. Aus dem Sinnzusammenhang lasse sich ableiten, daß unter "Arbeitslohn" in diesen Vorschriften nur der steuerpflichtige Arbeitslohn gemeint sei. Das müsse dann auch für die Auslegung des § 10c Abs. 3 EStG gelten. Zwar hingen Vorsorgeaufwendungen nicht vom steuerpflichtigen Arbeitslohn ab. Es sei aber zu berücksichtigen, daß § 10c Abs. 3 EStG eine Vereinfachungsmaßnahme enthalte, die vom Regelfall ausgehe. Der Regelfall sei der, daß die Vorsorgeaufwendungen in Sozialversicherungsbeiträgen bestünden, die in einem bestimmten Vomhundertsatz vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abgeführt würden. Da die Betroffenen tatsächlich höhere Aufwendungen, unabhängig von der Vorsorgepauschale, geltend machen könnten, widerspreche es nicht dem Sinn der Vorschrift, entsprechend dem Regelfall unter "Arbeitslohn" den steuerpflichtigen Jahresarbeitslohn zu verstehen.

Die Kläger rügen mit der Revision Verletzung des § 10c Abs. 3 EStG. Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und ihre Einkommensteuer für 1976 auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Senat stimmt dem FG im Ergebnis darin zu, daß sich die Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 3 EStG nach dem steuerpflichtigen Arbeitslohn bemißt.

Nach § 10c Abs. 3 EStG ist Bemessungsgrundlage der Vorsorgepauschale der Arbeitslohn. Gemäß § 10c Abs. 3 Satz 4 EStG ist "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" der um die Freibeträge nach § 19 Abs. 2 und 3 EStG (Versorgungs-Freibetrag und Weihnachts-Freibetrag) und um den Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG verminderte Arbeitslohn, höchstens der Jahresbetrag der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten. Die Vorschrift besagt ausdrücklich nichts darüber, ob "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" nur steuerpflichtiger oder auch steuerfreier Arbeitslohn ist. Der Senat hat gleichwohl im vorletzten Absatz des Urteils vom 18. Juli 1980 VI R 97/77 (BFHE 131, 339, BStBl II 1981, 16) - wenn auch in einem obiter dictum - ausgeführt, mit dem Begriff des Arbeitslohns im Sinne des § 10c Abs. 3 EStG seien nur steuerpflichtige Einnahmen gemeint. Auch das Schrifttum geht, soweit ersichtlich, einmütig davon aus, Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale sei nur der steuerpflichtige Arbeitslohn (vgl. Blümich/Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 10c Rz. 13; Gericke in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10c Rz. 8; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Vorsorgepauschale, II.; Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10c Anm. 15; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 10c EStG, Rdnr. 29; Schmidt/Heinicke, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1982, § 10c Anm. 5a). Der Senat hält an dieser Auffassung fest, die sich schon aus § 10c Abs. 3 EStG selbst und aus dem Sachzusammenhang, in dem diese Vorschrift steht, ergibt.

a) § 10c Abs. 3 EStG enthält eine eigene Definition des maßgebenden Arbeitslohns; denn es ist in Satz 4 dieser Vorschrift von "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" die Rede.

Schon der Umstand, daß dieser Arbeitslohn um den Versorgungs-Freibetrag, den Weihnachts-Freibetrag und den Altersentlastungsbetrag zu mindern ist, zeigt, daß "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" nur steuerpflichtige Einnahmen umfassen soll; denn nur bei steuerpflichtigen Einnahmen kommen diese Minderungen in Betracht. Insbesondere wird der Arbeitslohnbegriff im Sinne des § 10c Abs. 3 EStG auch dadurch begrenzt, daß er "höchstens (dem) Jahresbetrag der maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten" entspricht. Der Arbeitslohnbegriff in § 10c Abs. 3 EStG ist also wesentlich von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten abhängig. Da aber nach § 1 der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung vom 6. Juli 1977 (BGBl I 1977, 1.208) zum Arbeitsentgelt, das Grundlage der Sozialversicherungspflicht ist, grundsätzlich nicht solche Bezüge gerechnet werden, die lohnsteuerfrei sind, wird der Zusammenhang zwischen der Steuerpflicht und dem "Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift" - gemeint im Sinne des § 10c Abs. 3 EStG - offenkundig.

Allerdings wird die Vorsorgepauschale, worauf die Kläger zutreffend hinweisen, auch Arbeitnehmern gewährt, die keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten haben, z.B. Beamten und Richtern. Gerade die nun eingeführte Begrenzung der Vorsorgepauschale für diesen Personenkreis - generell für nichtrentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer - durch Art. 1 Nr. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1982, 1.857) zeigt aber, daß ein gewisser, wenn auch lediglich pauschaler Zusammenhang zwischen der Vorsorgepauschale und der Rentenversicherungspflicht bestehen soll. Dies wird im übrigen daraus ersichtlich, daß diese Pauschale nur Arbeitnehmern gewährt wird (vgl. Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10c Anm. 4b), während andere - nichtrentenversicherungspflichtige - Steuerpflichtige lediglich einen Vorsorgepauschbetrag erhalten (§ 10c Abs. 2 EStG).

b) Aus dem Zusammenhang mit dem Sonderausgabenabzug des § 10 EStG, in dem die Vorschrift des § 10c Abs. 3 EStG steht, wird die vorstehende Auffassung bekräftigt.

Die Vorsorgepauschale soll auf einfache Weise die jedem Arbeitnehmer erwachsenden Vorsorgeaufwendungen, insbesondere die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, abgelten (vgl. z.B. Hartz/Meeßen/Wolf, a.a.O.). Vorsorgeaufwendungen, die also durch die Vorsorgepauschale vereinfacht und pauschal berücksichtigt werden sollen, sind nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG indessen nur insoweit als Sonderausgaben abziehbar, als sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Daraus wird ersichtlich, daß Vorsorgeaufwendungen dann steuerlich nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn ein unlösbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen und dem steuerfreien Arbeitslohn besteht (BFHE 131, 339, BStBl II 1981, 16). Es wäre widersinnig, in die Vorsorgepauschale, die die Vorsorgeaufwendungen pauschal berücksichtigen soll, Aufwendungen einzubeziehen, die als Vorsorgeaufwendungen nicht abziehbar sind. Deshalb darf in die Vorsorgepauschale auch Arbeitslohn nicht einbezogen werden, der steuerfrei ist.

Diese Auffassung ist um so mehr gerechtfertigt, als Steuerpflichtige tatsächlich entrichtete Vorsorgeaufwendungen, unabhängig von der Vorsorgepauschale, bei der Einkommensteuerveranlagung geltend machen können, allerdings nur, soweit dem nicht § 10 Abs. 2 EStG entgegensteht.