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BFH-Beschluß vom 11.5.1983 (II B 25/79) BStBl. 1983 II S. 481

1. Geben beide Beteiligten im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision Erledigungserklärungen ab und ist eine der beiden Erklärungen allein auf das Beschwerdeverfahren zu beziehen, dagegen nicht auf den gesamten Rechtsstreit, so kann eine Erledigung nur für das Beschwerdeverfahren eintreten.

2. Der Umstand, daß sich eine der beiden Erledigungserklärungen auf den gesamten Rechtsstreit bezieht, steht der Annahme, für das Beschwerdeverfahren lägen übereinstimmende Erledigungserklärungen vor, nur dann im Wege, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die betreffende Erledigungserklärung nur für den Rechtsstreit insgesamt, nicht auch für das Beschwerdeverfahren allein, habe gelten sollen.

FGO § 115 Abs. 3, § 138.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom ... 1974 kaufte der Kläger ein bebautes Grundstück. Hierwegen setzte das beklagte Finanzamt (FA) mit Bescheid vom ... 1974 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer ... fest, die in der Einspruchsentscheidung auf - vorläufig - ... DM herabgesetzt wurde. Die Klage wurde abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Kreisverwaltung ... die Grunderwerbsteuer erlassen. Beide Beteiligten haben daraufhin erklärt, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt.

Der Kläger beantragt nunmehr, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.

Er hat seinem Antrag hinzugefügt, er würde auch mit einer vergleichsweisen Erledigung einverstanden sein, wonach die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.

Das FA beantragt nunmehr, die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.

Das FA macht geltend, aufgrund der beiderseitigen Erledigungserklärungen stehe fest, daß die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben könne. Vielmehr werde die Vorentscheidung rechtskräftig.

Entscheidungsgründe

II.

Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Beschwerdeverfahrens wegen Nichtzulassung der Revision werden gegeneinander aufgehoben (§§ 138 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Es war nicht über die Kosten des gesamten Rechtsstreits, also einschließlich der Kosten des Klageverfahrens, zu entscheiden. Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluß vom 13. Juni 1972 VII B 46/71 (BFHE 106, 17, BStBl II 1972, 706) ausgesprochen, daß er als das mit der Sache befaßte Gericht über die Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden hat, wenn gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde eingelegt worden ist und vor der Entscheidung über diese Beschwerde von den Beteiligten übereinstimmende Erklärungen abgegeben werden, daß der gesamte Rechtsstreit erledigt ist. Dem Beschluß lagen jedoch Erledigungserklärungen anderen Inhalts als im vorliegenden Verfahren zugrunde. Hier ist, soweit es um das Klageverfahren geht, die Erledigung allenfalls von einem der beiden Beteiligten erklärt worden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger abgegebene Erledigungserklärung im Hinblick darauf, daß sie nicht mit einschränkenden Zusätzen versehen ist, dahin verstanden werden darf, daß der Kläger nicht nur das Beschwerdeverfahren, sondern darüber hinaus auch das Klageverfahren in der Hauptsache hat für erledigt erklären wollen. Selbst wenn eine solche Deutung für zulässig gehalten würde, könnte nicht angenommen werden, daß das Klageverfahren durch entsprechende beiderseitige Erklärungen seine Erledigung gefunden hat; denn die Erledigungserklärung des FA bezieht sich allein auf das Beschwerdeverfahren. Zwar enthält auch die betreffende Erklärung des FA keine weiteren Zusätze, so daß ihr selbst nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden kann, ob das FA seine Erklärung auf das Beschwerdeverfahren habe beschränken wollen. Daß eine solche Beschränkung im Willen des FA gelegen hat, ergibt sich jedoch aus anderen Umständen. Mit der Anbringung seines erst später gestellten Kostenantrages hat das FA Ausführungen über die Rechtslage aufgrund der beiderseitigen Erledigungserklärungen verbunden, die sich zur Deutung der Erledigungserklärung des FA heranziehen lassen. Aus ihnen ergibt sich, daß das FA nicht von der mit einer Erledigung des gesamten Verfahrens verbundenen Unwirksamkeit der Vorentscheidung ausgeht (vgl. Beschluß in BFHE 106, 17, BStBl II 1972, 706; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 1965 III B 6/64, Neue Juristische Wochenschrift 1965, 1732), sondern annimmt, die Vorentscheidung werde rechtskräftig, was nur im Falle einer Erledigung des Beschwerdeverfahrens allein der Fall ist. Das FA hat ferner die Begründung seines Kostenantrages ausschließlich auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde abgestellt, nicht auf die des gesamten Verfahrens. Angesichts dessen legt der Senat die Erledigungserklärung des FA dahin aus, daß sie sich nur auf das Beschwerdeverfahren bezieht, nicht etwa auf das gesamte Verfahren einschließlich des Klageverfahrens.

2. Die Annahme, es lägen hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens übereinstimmende Erledigungserklärungen vor, scheitert nicht daran, daß für die Erklärung des Klägers dahingestellt geblieben ist (s. oben), ob sie sich außer auf das Beschwerdeverfahren auch auf das Klageverfahren, also auf den gesamten Rechtsstreit, bezieht. Im einen wie im anderen Falle liegen hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens übereinstimmende Erklärungen vor, die eine Erledigung des Beschwerdeverfahrens herbeigeführt haben. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn die Erklärung des Klägers dahin gedeutet werden müßte, sie solle nur für das gesamte Verfahren und nicht auch für das Beschwerdeverfahren allein gelten. Für eine Auslegung in diesem Sinne enthält die Erklärung keine Anhaltspunkte. Auch das übrige prozessuale Verhalten des Klägers spricht gegen eine solche Interpretation. Aus dem Umstand, daß der Kläger sich auf die Ausführungen des FA, durch die Erledigung werde die Vorentscheidung rechtskräftig, nicht mehr geäußert hat, läßt sich hinreichend sicher schließen, der Kläger erhebe keine Einwände, wenn seine Erledigungserklärung allein auf das Beschwerdeverfahren bezogen wird, so daß die Rechtskraft der Vorentscheidung eintreten kann.