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BFH-Urteil vom 2.8.1983 (VIII R 195/80) BStBl. 1983 II S. 733

Der Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen gemäß § 82a EStDV 1969 steht nicht entgegen, daß die umgebauten Räume vorher nicht Wohnzwecken dienten (z. B. ein Treppenhaus).

EStG 1969 § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q; EStDV 1969 § 82a.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb 1969 ein im Jahre 1903 errichtetes Gebäude. Es handelte sich um ein viergeschossiges Wohnhaus mit straßenseitig zwei getrennten Eingängen und zwei Treppenhäusern.

Bei der Renovierung des Hauses ließ der Kläger einen Hauseingang und eine Treppe völlig entfernen und baute die entstehenden Leerräume durch Einziehen von Böden und Decken zu Zimmern aus. Im Kellergeschoß sowie im Dachboden (fünftes Geschoß) baute er weiteren Wohnraum aus, und zwar teilweise als Kleinwohnungen mit eigener Küche und Dusche.

Der Kläger ließ außerdem im gesamten Gebäude eine zentrale Heizungs- und Warmwasserversorgung einbauen, an die die bereits vorhanden gewesenen Altwohnräume durch Verlegung entsprechender Rohrleitungen und Heizkörper angeschlossen wurden. Ferner wurde in den gesamten Alträumen das elektrische Versorgungsnetz vollständig erneuert, neue Brennstellenanschlüsse und Steckdosen geschaffen sowie in jedes vorhandene Zimmer ein Wasseranschluß mit Waschbecken verlegt. Weiter ließ der Kläger die zwischen den einzelnen Wohnräumen vorhandenen Verbindungstüren durch Zumauern der Türstürze schließen, so daß sie jeweils nur noch von dem auf das Treppenhaus mündenden Flur begehbar wurden; davon ausgenommen blieben in den drei Vollgeschossen je ein vom Flur nicht unmittelbar begehbarer Raum, der nur über den im Bauplan als Küche bezeichneten Raum zugänglich ist. Im dritten Obergeschoß (Dachgeschoß) ließ der Kläger zudem einige Zwischenwände entfernen und faßte verschiedene, vorher vorhandene Kammern auf diese Art zu größeren Wohnräumen zusammen. In jedem Stockwerk wurde eine schon zuvor vorhandene Küche neu ausgestattet; die in der zweiten Wohnung gelegene Küche wurde entsprechend den übrigen Räumen zu Wohnraum umgestaltet. Die je Altwohnung vorhandene Toilette blieb, ebenfalls erneuert, bestehen; sie wurde in dem Teil des Hauses, in welchem das alte Treppenhaus entfernt worden war, lediglich versetzt. Der Kläger stattete die in den bisherigen Wohnungen so entstandenen 32 Wohnräume zusammen mit den neu hergestellten Räumlichkeiten mit Mobiliar aus und vermietete die Räume einzeln an Studenten und Alleinstehende. Zu diesem Zweck ließ er noch eine entsprechende umfangreiche, jedem Wohnraum zugeordnete Klingelanlage sowie einen Briefkasten mit offenen Fächern entsprechend der Anzahl der vermieteten Räumlichkeiten einbauen.

Der Gesamtaufwand für die Modernisierungsaufwendungen wurde - im Laufe des Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) - von den Beteiligten übereinstimmend mit 190.974,82 DM beziffert.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die vom Kläger gemäß § 82a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) geltend gemachten erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) nicht an.

Die Umbaumaßnahmen hätten das frühere Doppelhaus seinem Erscheinungsbild und seiner Verwendungsmöglichkeit nach in ein modern ausgestattetes Haus verwandelt. § 82a EStDV begünstige nach seinem Sinn und Zweck nur die Modernisierung vorhandener Altwohnungen, nicht aber die Schaffung von neuen Wohnungen.

Das FG gab der Klage statt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision begehrt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Nichtgewährung von Absetzungen gemäß § 82a EStDV die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist nicht begründet.

Die Auffassung des FA, durch § 82a EStDV 1969 habe nur die Modernisierung von solchen Wohnungen steuerlich begünstigt werden sollen, welche bereits zu dem in dieser Vorschrift genannten Stichtag bestanden haben, ist unbegründet. Diese - vom FA angenommene - Voraussetzung hat im Gesetz keinen Ausdruck gefunden; sie ist der Ermächtigungsvorschrift und der auf ihr beruhenden Rechtsverordnung nicht zu entnehmen.

Die Begünstigung gemäß § 82a EStDV 1969 beruht auf der Ermächtigung in § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1969.

Danach kann der Steuerpflichtige neben den AfA für das Gebäude von den Herstellungskosten, die für den Einbau der in der Anlage 7 zu dieser Verordnung bezeichneten Anlagen und Einrichtungen bei einem nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gebäude aufgewendet worden sind, im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren bis zu 10 v. H. absetzen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen ist, daß

1. das Gebäude vor dem 21. Juni 1948 hergestellt worden ist und

2. die Grundfläche der Wohnzwecken dienenden Räume des Gebäudes mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche beträgt.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Das Gebäude ist nach den Feststellungen des FG im Jahr 1903 errichtet worden. Die Räume des Gebäudes dienen Wohnzwecken.

Der Sinn und Zweck der Verordnung ist es, in vor dem 21. Juni 1948 erstellten Gebäuden, sog. Altbauten, die Herstellung von Wohnungen zu fördern, die modernen Ansprüchen genügen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Juni 1975 VIII R 114/71, BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878). Das kann, wie der Senat ausgesprochen hat, auch bei der Generalüberholung und Modernisierung eines Gebäudes im ganzen und von Grund auf der Fall sein.

Der Senat hat im Urteil vom 2. August 1983 VIII R 104/79 (BStBl II 1983, 728) ausgeführt, die Begünstigung gemäß § 82a EStDV erfordere nicht, daß die modernisierte Wohnung bereits vor dem Stichtag bestanden haben müsse, sondern daß es ausreicht, daß das Gebäude vor dem Stichtag bestanden hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen in diesem Urteil.

Der Senat hat im Urteil vom 2. August 1983 VIII R 109/80 (BStBl II 1983, 731) für Recht erkannt, daß die Begünstigung gemäß § 82a EStDV es auch nicht erfordert, daß die modernisierte Wohnung bereits zuvor für Wohnzwecke genutzt worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen in diesem Urteil.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, er habe die Begünstigung gemäß § 82 a EStDV nur für Modernisierungsmaßnahmen in Anspruch genommen, die bereits bestehende Wohnräume betrafen, nicht aber für die durch den Umbau des Treppenhauses entstandenen weiteren Wohnräume. Es kann dahinstehen, ob dieser Vortrag zutreffend ist oder nicht. Denn selbst wenn der Kläger die Begünstigung gemäß § 82a EStDV auch insoweit in Anspruch genommen und vom FG zugebilligt erhalten haben sollte, als Aufwendungen die neu geschaffenen Räume betroffen haben, stünde die Vorentscheidung mit dem Gesetz in Einklang.

Voraussetzung für die Gewährung der erhöhten Absetzungen ist - wie bereits ausgeführt - nur, daß die Gebäude nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, überwiegend Wohnzwecken dienen und vor dem 21. Juni 1948 fertiggestellt worden sind. Ebenso wie bei der Nutzung ehemaliger Praxisräume nach der Modernisierung für Wohnzwecke (VIII R 109/80) stünde es der Begünstigung gemäß § 82a EStDV nicht entgegen, daß noch nicht vorhanden gewesene Räume - wie im vorliegenden Fall z. B. das Treppenhaus - nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen Wohnzwecken dienen. Denn der Sinn und Zweck der Begünstigung, die Herstellung von Wohnungen zu fördern, die modernen Ansprüchen genügen, wird auch erfüllt, wenn in dem Gebäude bisher nicht für Wohnzwecke genutzte Räumlichkeiten zu Wohnräumen umgebaut werden.