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BFH-Urteil vom 23.9.1983 (III R 177/81) BStBl. 1983 II S. 778

Für die Frage, ob ein verarbeitendes Gewerbe vorliegt und die erhöhte Zulage von 25 % zu gewähren ist, ist auf den Berliner Gesamtbetrieb und nicht auf die Verhältnisse der einzelnen Betriebsstätte abzustellen.

BerlinFG § 19 Abs. 1 Satz 4.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in Berlin (West) den Lebensmitteleinzelhandel in mehreren Filialen. Die zentrale Fleischerei befindet sich in einer selbständigen Betriebsstätte. Für diese Betriebsstätte erwarb die Klägerin im Wirtschaftsjahr 1977/78 Wirtschaftsgüter, für die sie die erhöhte Investitionszulage von 25 % beantragte (§ 19 Abs. 1 Satz 4 des Berlinförderungsgesetzes - BerlinFG -). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gewährte der Klägerin nur die Grundzulage von 10 %. Die erhöhte Zulage lehnte das FA mit der Begründung ab, daß es für die Frage, ob ein Betrieb (eine Betriebsstätte) dem verarbeitenden Gewerbe angehöre, auf den Gesamtbetrieb und nicht auf die Verhältnisse der einzelnen Betriebsstätte ankomme.

Das Finanzgericht (FG) stellte dagegen in seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 230 abgedruckten Entscheidung auf die einzelne Betriebsstätte ab und gewährte die erhöhte Zulage.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

1. ...

2. Der Klägerin steht die erhöhte Investitionszulage nach § 19 Abs. 1 Satz 4 BerlinFG nur zu, wenn sie in ihrem Berliner Betrieb (ihrer Betriebsstätte) das verarbeitende Gewerbe ausübt. Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Auslegung der in dieser Vorschrift verwandten Begriffe "Betrieb" und "Betriebsstätte". Ist auf den Gesamtbetrieb abzustellen, so hat die Klägerin keinen Anspruch auf die erhöhte Zulage; denn ihr Gesamtbetrieb gehört nicht dem verarbeitenden Gewerbe an. Kommt es dagegen auf die Verhältnisse der einzelnen Betriebsstätte an (hier der Fleischerei), so steht ihr die erhöhte Zulage zu.

Bei der Auslegung der Begriffe "Betrieb" und "Betriebsstätte" in § 19 Abs. 1 Satz 4 BerlinFG kann nicht isoliert auf diese Vorschrift abgestellt werden. Es muß vielmehr auf den Grundtatbestand in § 19 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG zurückgegriffen werden, der ebenfalls die Begriffe "Betrieb" und "Betriebsstätte" in der gleichen Weise gebraucht. Denn § 19 Abs. 1 Satz 4 BerlinFG besitzt keinen in sich abgeschlossenen Regelungsinhalt. Er baut vielmehr für die Zwecke der erhöhten Zulage auf dem Grundtatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG auf.

3. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG können Steuerpflichtige, die in Berlin (West) einen Betrieb (eine Betriebsstätte) haben, für bestimmte Investitionen eine Investitionszulage (Grundzulage) erhalten. Dabei steht nach dem Gesetzeswortlaut der "Betrieb" im Vordergrund, die "Betriebsstätte" wird erst in zweiter Linie und in Klammer erwähnt. Das spricht dafür, daß es zunächst darauf ankommt, ob der Steuerpflichtige in Berlin (West) einen Betrieb hat. Erst wenn dies nicht der Fall ist, ist auf die Betriebsstätte abzustellen. Mit der zusätzlichen Erwähnung der Betriebsstätte in der Klammer sollen Steuerpflichtige in die Berlinvergünstigung miteinbezogen werden, die in Berlin (West) zwar eine Betriebsstätte unterhalten, ihren Betrieb selbst aber außerhalb Berlins haben und die somit ohne die besondere Erwähnung der Betriebsstätte von der Zulage ausgeschlossen wären (ebenso Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, § 19 Anm. 27).

Eine andere Auslegung ließe sich rechtfertigen, wenn man annehmen würde, durch den Klammerzusatz sollte der Begriff "Betrieb" inhaltlich im Sinne von "Betriebsstätte" verdeutlicht und näher bestimmt (definiert) werden. Aber diese Annahme scheitert bereits daran, daß der Gesetzgeber in § 19 BerlinFG die Begriffe "Betrieb" und (in Klammer) "Betriebsstätte" mehrmals gebraucht und man nicht annehmen kann, daß der Gesetzgeber in ein und derselben Vorschrift einen Begriff (hier: Betrieb) gleich mehrmals definieren will. Außer in § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BerlinFG werden die Begriffe "Betrieb" und "Betriebsstätte", letzterer jeweils in Klammer, noch in § 19 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 6 Sätze 2 und 4 BerlinFG gebraucht.

Der Klammerzusatz "Betriebsstätte" kann auch nicht als Alternative zum Betrieb verstanden werden. Eine Auslegung, wonach zwischen Betrieb und Betriebsstätte ein "oder" zu setzen sei, müßte daran scheitern, daß bei dieser Auffassung die Erwähnung des Betriebs überflüssig wäre; denn der Betriebsstättenbegriff enthält die geringeren tatbestandlichen Voraussetzungen. Bei einer Gesetzesfassung, die ausschließlich auf die Betriebsstätte abstellt, könnten deshalb Steuerpflichtige die Berlinzulage auch dann bekommen, wenn sie in Berlin nicht nur eine Betriebsstätte, sondern ihren Betrieb haben.

Durch die hier gewonnene Auslegung wird auch verhindert, daß Steuerpflichtige mit einem Betrieb in Berlin (West) unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie ihr Unternehmen in einem einzigen Betrieb betreiben, oder ob sie zwei Betriebsstätten unterhalten und sich dabei in der einen Betriebsstätte auf den Handel beschränken und in der anderen Betriebsstätte eine verarbeitende Tätigkeit ausüben. Allerdings können bei dieser Auslegung Betriebe, die ihren Sitz außerhalb Berlins haben und die in Berlin nur eine Betriebsstätte unterhalten, gegenüber Berliner Betrieben im Vorteil sein. Dem Senat kam es bei der Auslegung darauf an zu verhüten, daß sich seine Entscheidung bei in Berlin selbst ansässigen Betrieben wettbewerbsverzerrend auswirkt.

4. Das FG stellt bei seiner Entscheidung ausschließlich auf den mit der Einführung der erhöhten Investitionszulage verfolgten Sinn und Zweck ab, nämlich das verarbeitende Gewerbe in Berlin bevorzugt zu begünstigen. In dieser allgemeinen Form ist aber die Regelungsabsicht des Gesetzgebers im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen; denn auch in § 19 Abs. 1 Satz 4 BerlinFG stellt das Gesetz in erster Linie auf den Betrieb und erst anschließend und in Klammer auf die Betriebsstätte ab. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage war abzuweisen.

 

BVerfG-Beschluß vom 8.3.1983 (2 BvL 27/81) BStBl. 1983 II S. 779

§ 1 Absatz 1 Nummer 4 und § 9 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes - ErbStG - vom 17. April 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 933), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18. August 1980 (Bundesgesetzbl. I S. 1537), sind mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit sie Stiftungen im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG betreffen.

Gründe:

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Erbschaftsteuer für eine Familienstiftung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und der Zeitpunkt ihres erstmaligen Entstehens gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

I.

Durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts - ErbStRG - vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933), das mit Wirkung vom 1. Januar 1974 in Kraft trat, wurde das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (Familienstiftung), der Erbschaftsteuer in Zeitabständen von je 30 Jahren (Ersatzerbschaftsteuer) unterworfen.

1. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden nur Vermögensübergänge bei Errichtung einer Stiftung, bei späteren Zuwendungen an eine Stiftung und bei Auflösung einer Stiftung erbschaftsteuerlich erfaßt. Eine wiederkehrende erbschaftsteuerähnliche Belastung von Stiftungen oder Familienstiftungen bestand nicht. Sie war von der Steuerreformkommission nicht erwogen worden (Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 17, Abschnitt VII, Tz. 175 f.) und auch im Rahmen der sogenannten "großen Steuerreform" ursprünglich nicht vorgesehen. Erst in der parlamentarischen Beratung des Zweiten Steuerreformgesetzes (BT-Drucks. 7/78) wurde eine Besteuerung von Familienstiftungen befürwortet. Im zweiten Bericht des Finanzausschusses zu dem Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes (BT-Drucks. 7/1333) wurde eine wiederkehrende Erbschaftbesteuerung von Familienstiftungen in Abständen von jeweils 30 Jahren, erstmals zum 1. Januar 1978, vorgeschlagen und dazu angeführt, das Erbschaftsteuergesetz gehe davon aus, daß Vermögen im Generationswechsel einmal der Erbschaftsteuer unterworfen würden. Bei Kapitalgesellschaften sei dies durch die Besteuerung der Anteilseigner sichergestellt. Im Gegensatz hierzu bleibe das in Familienstiftungen gebundene Vermögen über Generationen hinweg erbschaftsteuerfrei, weil es keine Anteile an Familienstiftungen gebe und der Wechsel der aus der Familienstiftung Begünstigten erbschaftsteuerlich nicht erfaßt werden könne. Familienstiftungen würden also nach dem geltenden Erbschaftsteuerrecht systemwidrig begünstigt (BT-Drucks. 7/1333, S. 3).

Der Entwurf wurde nach zweimaliger Anrufung des Vermittlungsausschusses Gesetz; der Zeitpunkt der erstmaligen Steuerentstehung wurde auf den 1. Januar 1984 festgesetzt.

2. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, in Zeitabständen von je 30 Jahren. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 ErbStG). Fällt bei Stiftungen dieser Zeitpunkt auf den 1. Januar 1954 oder einen früheren Zeitpunkt, so entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 1984 (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG). Besteuert wird das Vermögen der Stiftung (§ 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG). Leistungen an die nach der Stiftungsurkunde Berechtigten sind dabei nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 7 ErbStG), unterliegen aber bei den Berechtigten nicht nochmals der Schenkungsteuer. Es wird ein Freibetrag von 180.000 DM gewährt (§ 15 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Steuer ist nach dem Vomhundertsatz der Steuerklasse I (3 - 35 v. H.; § 19 Abs. 1 ErbStG) zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ErbStG). Schuldner ist die Stiftung (§ 20 Abs. 1 ErbStG). Sie kann verlangen, daß die Steuer in 30 gleichen jährlichen Teilbeträgen zu entrichten ist (Verrentung; § 24 Satz 1 ErbStG). Auch Stundung bis zu 7 Jahren ist möglich (§ 28 ErbStG).

Steuerpflichtig ist - wie bisher - auch der Erwerb bei Aufhebung einer Stiftung; er gilt als Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG). Als Schenker gilt der Stifter (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ErbStG). Der Besteuerung ist mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II (6 - 50 v. H.) zugrunde zu legen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG).

Bei Auflösung von bestehenden Familienstiftungen vor dem 1. Januar 1984 wird der Besteuerung der zuletzt Berechtigten der - niedrigere - Vomhundertsatz der Steuerklasse I (3 - 35 v. H.) zugrunde gelegt (Art. 7 Satz 1 ErbStRG).

3. Die Erbschaftbesteuerung einer Familienstiftung fingiert mithin in Abständen von je 30 Jahren einen "Erbfall" bei der Familienstiftung. Die Fiktion geht davon aus, daß der Erblasser zwei Kinder hinterläßt. Der Abstand von 30 Jahren soll dem üblichen Generationswechsel entsprechen. Deshalb werden die entsprechenden Freibeträge eingeräumt und die Steuersätze der Steuerklasse I nach dem Vomhundertsatz, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde, angewandt.

II.

1. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts Düsseldorf ist die Klägerin des Ausgangsverfahrens eine im Jahr 1937 von dem Ehepaar P. und H. X. errichtete rechtsfähige Stiftung, die zur Zeit über ein steuerpflichtiges Vermögen im Wert von rd. 600 Mio. DM verfügt. Der Stiftungszweck besteht darin, die vom Stifter P. X. geschaffenen Unternehmungen als Familieneigentum zu erhalten und den ehelichen Abkömmlingen der Stifter eine angemessene Lebensstellung zu sichern. Erlischt die Stiftung, so fällt ihr Vermögen an die dann lebenden bzw. erzeugten Abkömmlinge der Stifter.

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens beantragte mit ihrer Klage festzustellen, daß sie keine Familienstiftung im Sinne von Art. 7 ErbStRG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG sei und der Ersatzerbschaftsteuer zum 1. Januar 1984 nicht unterliege.

3. Das Finanzgericht Düsseldorf erachtete die Klage in seinem Zwischenurteil vom 10. Juni 1981, das rechtskräftig ist, für zulässig.

Es führte dazu aus, die durch Art. 7 ErbStRG, § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG bestimmten erbschaftsteuerlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem beklagten Finanzamt stellten sich als ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 41 Abs. 1 FGO dar. Das Bestehen des erbschaftsteuerlichen Rechtsverhältnisses ergebe sich aus Art. 7 ErbStRG. Damit werde durch das Gesetz der zu beurteilende Sachverhalt - Existenz der Klägerin als Familienstiftung und ihre Ausstattung mit Vermögen - dahin konkretisiert und zu einem Rechtsverhältnis im Sinne von § 41 Abs. 1 FGO gestaltet, daß der Klägerin, sofern sie als Stiftung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG anzusehen sei, ein bis zum 31. Dezember 1983 befristeter Anspruch auf eine Steuerbegünstigung im Falle ihrer Auflösung zustehe. Ob die Klägerin dieses Recht in Anspruch nehmen könne oder sogar müsse, hänge von der nach dem Klageantrag strittigen Frage ab, ob sie eine Stiftung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sei. Die Klägerin habe auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung wegen der Frist des Art. 7 ErbStRG und der Höhe der zu erwartenden Ersatzerbschaftsteuer von ca. 238 Mio. DM.

Nach dem Zwischenurteil ist die Klägerin eine Stiftung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG; denn sie sei nach ihrer Satzung wesentlich im Interesse der Familie X. errichtet worden. Zur Familie der Stifter zählten alle ehelichen Abkömmlinge; ausschließlich diese seien anfallsberechtigt. Die Sicherung der Lebensstellung, des Unterhalts und der Lebensführung der Stifterfamilie stellten sich als der primäre Stiftungszweck dar.

4. Durch Beschluß ebenfalls vom 10. Juni 1981 setzte das Finanzgericht Düsseldorf das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vor, ob § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG deshalb verfassungswidrig ist, weil diese Vorschrift gegen das Rückwirkungsverbot und den Gleichheitssatz verstößt. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus:

Es halte § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG für verfassungswidrig und sehe sich deshalb an einem klageabweisenden Endurteil gehindert. Diese Vorschrift nehme eine unzulässige Rückanknüpfung vor und verstoße damit gegen das Rückwirkungsverbot. Bei vor dem 1. Januar 1954 errichteten Familienstiftungen beginne der für die Besteuerung maßgebliche Zeitabstand von 30 Jahren bereits am 1. Januar 1954. Dies stelle eine Rückwirkung dar. Als abgewickelter und der Vergangenheit angehöriger Tatbestand erweise sich die erbschaftsteuerlich belastungsfreie Existenz der Familienstiftung bis zum 31. Dezember 1973. An die Stelle der für die Vergangenheit geltenden rechtlichen Ordnung sei nachträglich eine andere Ordnung getreten. Daß der Zeitraum von 30 Jahren bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht abgelaufen gewesen sei, stehe der Annahme einer sogenannten echten Rückwirkung nicht entgegen.

Die faktische Abkürzung der für alle Stiftungen geltenden Zeitabstände von je 30 Jahren für den Anfall der Ersatzerbschaftsteuer auf 10 Jahre für die vor dem 1. Januar 1954 errichteten Stiftungen verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Vergleichsobjekte seien hier die nach dem 1. Januar 1954 errichteten Familienstiftungen. Diesen werde durch § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG eine Frist von 10 Jahren und 1 Tag bis zu 30 Jahren eingeräumt, um sich auf die Ersatzerbschaftsteuer einzurichten. Den vor dem 1. Januar 1954 errichteten Stiftungen stehe dagegen nur eine Frist von 10 Jahren zur Verfügung. Faktisch stelle dies eine vergleichsweise dreifache Belastung der vor dem 1. Januar 1954 errichteten Stiftungen dar. Für diese Differenzierung bei der Einführung eines neuen Steuertatbestands sei kein sachlicher Grund ersichtlich.

III.

1. Der Bundesminister der Finanzen, der sich für die Bundesregierung geäußert hat, hält die beanstandete Regelung für verfassungsgemäß.

§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot, die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes oder den allgemeinen Gleichheitssatz.

Die Vorschrift habe keinen rückwirkenden Charakter. Sie knüpfe weder an einen vollständig abgewickelten, der Vergangenheit angehörenden noch an einen in die Vergangenheit zurückreichenden, teilweise abgeschlossenen Sachverhalt an. Sie enthalte eine ausschließlich in der Zukunft zur Anwendung kommende Regelung. Die Ersatzerbschaftsteuer sei eine Stichtagsteuer. Daraus folge, daß § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG frühestens am 1. Januar 1984, mithin also erst in der Zukunft Wirkung entfalte. Eine zukünftige Steuerpflicht werde nicht dadurch rückwirkend, daß der Besteuerungstatbestand bei juristischen Personen von einer bestimmten Dauer des Bestehens abhängig sei. Das Rückwirkungsverbot wäre nur dann verletzt, wenn der Stichtag für die erstmalige Besteuerung von Familienstiftungen auf einen Zeitpunkt vor dem Ergehen des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts festgelegt worden wäre.

Die bis zum Erlaß dieses Gesetzes geltende Regelung begründe keinen besonderen Vertrauenstatbestand, auf den sich die bis dahin begünstigten Familienstiftungen hätten verlassen dürfen. Die Verfassung schütze nicht die Erwartung, daß das geltende Steuerrecht fortbestehen werde. Der Gesetzgeber sei auch dann nicht daran gehindert, neues Recht zu setzen, wenn er dadurch auf Sachverhalte einwirken müsse, die von dem einzelnen Bürger im Vertrauen auf eine bestehende günstige Rechtslage geschaffen worden seien. Der Bürger könne im Hinblick auf die Erfordernisse der öffentlichen Finanzwirtschaft nicht darauf vertrauen, daß das Steuerrecht und etwaige günstige Rechtspositionen, die sich für ihn daraus ergäben, unverändert blieben. Dies gelte auch für die Erhebung zusätzlicher Steuern. Allerdings habe der Gesetzgeber stets zwischen dem Ausmaß des eventuell entstehenden Vertrauensschadens und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen. Nur wenn die Abwägung ergebe, daß das Vertrauen auf die Sicherheit der bestehenden Lage den Vorrang verdiene, sei der Gesetzgeber an einer vom bisherigen Recht abweichenden belastenden Regelung gehindert. Bei der Ersatzerbschaftsteuer habe der Gesetzgeber die vom Gebot des Vertrauensschutzes gezogenen Grenzen nicht überschritten. Er habe - mit Wirkung erstmals zum 1. Januar 1984 - Familienstiftungen besteuern und damit ihre dem System der Erbschaftbesteuerung widersprechende Begünstigung beseitigen dürfen. Um eine möglichst rasche und einheitliche Anwendung der Neuregelung zu erreichen, habe er auch die schon vorhandenen Familienstiftungen innerhalb einer angemessenen Frist der Steuerpflicht unterwerfen können. Gegenüber diesem gesetzgeberischen Anliegen verdiene das Vertrauen von Familienstiftungen auf den Fortbestand der Steuerfreiheit keinen Vorrang. Dies gelte um so mehr, als das Gesetz die Familienstiftungen auch weiterhin durch Freibeträge und Splitting begünstige, die Stundung oder Verrentung der Steuer zulasse und eine steuerbegünstigte Auflösung bis zum 31. Dezember 1983 ermögliche.

Der allgemeine Gleichheitssatz werde durch § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG nicht verletzt. Der Vergleich zwischen den bis zum 1. Januar 1954 gegründeten und den danach errichteten Familienstiftungen sei unerheblich. Besteuert werde das Vermögen, das an dem vom Gesetz bestimmten Stichtag vorhanden sei. Der Gesetzgeber gehe davon aus, daß die Ersatzerbschaftsteuer gegebenenfalls im nachhinein aus den Erträgen dieses Vermögens bestritten werde. Die Möglichkeit des vorherigen Ansparens auf eine zukünftige Erbschaftsteuer werde nicht vorausgesetzt. Art. 3 Abs. 1 GG erfordere lediglich, daß alle Steuerpflichtigen nach Entstehen der Steuer gleichbehandelt würden.

2. Der II. Senat des Bundesfinanzhofs verweist in seiner Stellungnahme zunächst auf sein Urteil vom 8. April 1981 - II R 47/79 - (BFHE 133, 308; BStBl 1981 II S. 581), in dem eine ähnliche Feststellungsklage für unzulässig erachtet worden war. In dieser Entscheidung sei u. a. darauf hingewiesen, daß die Ersatzerbschaftsteuer eine Einzelsteuer und nicht eine laufend veranlagte Steuer sei. Der sich wiederholenden Belastung mit Ersatzerbschaftsteuer liege die Fiktion zugrunde, daß das Stiftungsvermögen im Abstand von 30 Jahren der nächsten, aus zwei Kindern bestehenden Generation anfalle. Das Gesetz stelle für die Besteuerung der Familienstiftungen weder auf die Vermögensentwicklung während der 30 Jahre ab, noch bestehe zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraums eine Zahlungsverpflichtung.

Durch die Ersatzerbschaftsteuer solle ein fingierter Generationswechsel steuerlich erfaßt werden. Der erste Generationswechsel werde für Familienstiftungen, die 30 Jahre oder länger bestünden, auf den 1. Januar 1984 fingiert. Dieser Zeitpunkt sei zwar abhängig von einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt. Dies ändere jedoch nichts daran, daß die Ersatzerbschaftsteuer erst in der Zukunft als Steuer auf den für diesen Zeitpunkt unterstellten Generationswechsel entstehe. Die Annahme einer unechten Rückwirkung könnte daher naheliegen. Habe es der Gesetzgeber als ungerechtfertigt angesehen, daß Privatvermögen durch Übertragung auf eine Familienstiftung der Erbschaftsteuer entzogen werden könnten, so könnte es legitim sein, daß er diesen Zustand baldmöglichst und nicht erst nach 30 Jahren habe beenden wollen.

3. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat u. a. ausgeführt:

Der in § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG festgelegte Stichtag des 1. Januar 1984 für das Entstehen der Ersatzerbschaftsteuer bewirke eine verfassungswidrige echte Rückwirkung des Gesetzes. Abgewickelter, der Vergangenheit angehörender Tatbestand, in den das Gesetz nachträglich eingreife, sei die Gründung einer familienbezogenen Stiftung und deren Fortbestand seit dem 1. Januar 1954 ohne Besteuerung der Vermögenssubstanz aufgrund Zeitablaufs. Einer der Ausnahmefälle, die diese Rückwirkung rechtfertigen könnten, sei nicht gegeben.

§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG sei auch bei Annahme einer unechten Rückwirkung verfassungswidrig. Das Vertrauen einer Familienstiftung, daß ein belastungsfreier Zeitraum nicht nachträglich rückwirkend zum Bestandteil eines neuen Steuertatbestandes gemacht werde, sei schutzwürdiger als die fiskalischen und ideologischen Gesichtspunkte, die zur Einführung der Ersatzerbschaftsteuer geführt hätten. Dies ergebe sich schon aus der existenzbedrohenden Höhe der Steuer, die voraussichtlich ca. 295 Mio. DM betragen würde. Die Verkürzung der Frist von 30 auf 10 Jahre stelle eine dreifache Belastung der vor dem 1. Januar 1954 gegenüber den später errichteten Stiftungen dar.

Durch die gesetzliche Festlegung eines Stichtages, an dem die Steuerschuld "entsteht", werde das schutzwürdige Vertrauen der Stifter und des Stiftungsvorstandes der Klägerin auf die bestehende erbschaftsteuerliche Gesetzgebung zum Zeitpunkt ihrer Dispositionen verletzt. Der Zweck der Stiftung werde durch die Ersatzerbschaftsteuer unmöglich; die Klägerin könne weder diese noch die Steuer von ca. 210 Mio. DM bei einer steuerbegünstigten Auflösung nach Art. 7 ErbStRG zahlen.

§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG sei auch verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz. Die vor dem 1. Januar 1954 errichtete Klägerin werde gegenüber den nach dem 1. Januar 1954, insbesondere gegenüber den nach dem 1. Januar 1974 errichteten Stiftungen diskriminiert. Der Klägerin stehe nur ein Zeitraum von 10 Jahren zur Verfügung, um sich auf die Steuer einzurichten.

Die Ersatzerbschaftsteuer verstoße ferner gegen Art. 14 GG. Sie sei in Wirklichkeit eine Vermögensteuer, die nicht einen der Stiftung zufallenden Erwerb, sondern deren bereits vorhandenes Vermögen erfasse. Für die Klägerin habe die Ersatzerbschaftsteuer durch ihre Gestaltung eine erdrosselnde Wirkung.

B.

Die Vorlage ist zulässig.

1. Das vorlegende Gericht hat in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt, daß es für seine im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt. Zwar hat der Bundesfinanzhof Feststellungsanträge, wie sie im Ausgangsverfahren gestellt sind, nicht als zulässig erachtet (BFHE 133, 308; BStBl 1981 II S. 581). Die gegenteilige Auffassung des vorlegenden Gerichts ist jedoch nicht offensichtlich unhaltbar.

Die Anforderungen an die Begründungslast des vorlegenden Gerichts werden auch nicht deshalb verfehlt, weil erst der durch die Gründe des Zwischenurteils ergänzte Vorlagebeschluß eine erschöpfende Nachprüfung seiner tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen durch das Bundesverfassungsgericht ermöglicht. Denn der Vorlagebeschluß nimmt auf das der Vorlage beigefügte Zwischenurteil vom selben Tage ausdrücklich Bezug und schließt dessen Gründe damit in den Vorlagebeschluß ein.

Zwar läßt die Vorlage die ausdrückliche Darlegung des entscheidungserheblichen Umstandes vermissen, daß die Klägerin des Ausgangsverfahrens am 1. Januar 1954 oder früher zu Vermögen gekommen ist; das vorlegende Gericht ging indessen unausgesprochen hiervon aus.

2. Die Vorlagefrage bedarf der Präzisierung. Sie ist einerseits zu weit, andererseits zu eng gefaßt.

a) Das vorlegende Gericht hat § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG insgesamt zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellt. Für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung ist die Vorschrift jedoch nur insoweit erheblich, als sie Stiftungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG betrifft.

b) § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG regelt nur den Zeitpunkt des erstmaligen Entstehens der Ersatzerbschaftsteuer für Stiftungen, bei denen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den 1. Januar 1954 oder einen früheren Zeitpunkt fällt. Der Steuertatbestand selbst, den diese Vorschrift voraussetzt, ist in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG normiert. Ein innerer Zusammenhang mit der Folge, daß auch § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als zur Prüfung vorgelegt angesehen werden müßte (vgl. BVerfGE 12, 151 [163]), besteht zwischen den beiden Bestimmungen zwar nicht. Gleichwohl erscheint es im Blick auf die Befriedungsfunktion der Normenkontrollentscheidung (BVerfGE 44, 322 [338]; Beschluß vom 8. Dezember 1982 - 2 BvL 12/79 - , Umdruck S. 12) geboten, die verfassungsrechtliche Prüfung auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu erstrecken.

C.

§ 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG stehen im Einklang mit dem Grundgesetz, soweit sie Familienstiftungen betreffen.

I.

Der steuerbegründende Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG genügt den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuergesetzes. Er ist in seinen Voraussetzungen und seinem Inhalt so formuliert, daß die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (BVerfGE 21, 73 [79]). Auch soweit das Gesetz in Anknüpfung an die Tradition früherer gesetzlicher Regelungen den unbestimmten Rechtsbegriff einer "wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien" errichteten Stiftung beibehalten hat (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes vom 10. September 1919 [RGBl. S. 1543]; § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 des Erbschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 22. August 1925 [RGBl. I S. 320]), sind die Grundsätze der Normklarheit und Justitiabilität beachtet. Ob eine Stiftung dem genannten Merkmal unterfällt, läßt sich mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln hinreichend sicher erkennen. Ihre Auslegungsbedürftigkeit nimmt der Regelung nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfGE 21, 209 [215]; 21, 245 [261]; vgl. auch BVerfGE 48, 210 [222]).

II.

Aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und aus Art. 14 GG ergeben sich gegen die zu prüfenden Normen keine Bedenken.

1. Die Begründung der Ersatzerbschaftsteuer hält der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG stand. Ihre Einführung war sachlich gerechtfertigt; sie lag im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers.

a) Das geltende deutsche Erbschaftsteuerrecht besteuert den Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Erbschaftsteuer erfaßt den Vermögenszuwachs, der dem einzelnen Erwerber aufgrund eines Erbfalls anfällt. Um eine Umgehung der Erbschaftsteuer durch Vermögensübertragungen unter Lebenden und durch Zweckzuwendungen zu vermeiden, wird die Erbschaftsteuer durch eine Schenkungsteuer ergänzt (§ 1 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 ErbStG). Die Erbschaftsteuer bewirkt demnach, daß das Vermögen natürlicher Personen - typischerweise im Wechsel der Generationen - eine steuerliche Einbuße erleidet, sobald ein Erwerb von Todes wegen eintritt.

Juristische Personen des Privatrechts sind der Erbschaftsteuer grundsätzlich nicht unterworfen, wohl aber Anteile an ihrem Vermögen in der Erbmasse von Anteilseignern, so daß die Erbschaftsteuer auf diesem Wege, wirtschaftlich betrachtet, auch das Vermögen dieser juristischen Personen erreicht.

Demgegenüber waren mit der Errichtung einer (Familien-) Stiftung nach früherem Recht steuerliche Vorteile verbunden. Die Rechtsform der Stiftung kennt keine Anteilseigner und damit auch keine Vermögensanteile an der Stiftung, die vererbt und mithin der Erbschaftbesteuerung unterworfen werden können. Neben den mit der Errichtung einer Familienstiftung verbundenen Zweck, das vorhandene Vermögen - zumeist familienbezogene Wirtschaftseinheiten - vor einer Zersplitterung durch Erbgang oder Veräußerung zu bewahren, trat daher der Vorteil der Erbschaftsteuerersparnis. Zwar war auch schon früher der Übergang von Vermögen auf die Stiftung bei ihrer Errichtung oder später ein besteuerbarer Vorgang, gleichgültig ob er von Todes wegen oder unter Lebenden erfolgte (vgl. jetzt: § 3 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 ErbStG). Indessen war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17. April 1974 das Stiftungsvermögen so lange - unter Umständen über viele Generationen hinweg - der Erbschaftsteuer entzogen, bis die Stiftung aufgehoben wurde (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG). Der steuerliche Vorteil bestand also darin, daß die Erbschaftsteuern erspart wurden, die ohne Errichtung der Stiftung beim Übergang des Vermögens auf die nachfolgenden Generationen jeweils angefallen wären.

b) Mit der Gründung von Familienstiftungen verband sich nach früherem Recht mithin die Gewißheit, Erbschaftsteuern zu ersparen. Da die Errichtung solcher Stiftungen regelmäßig nur bei ganz erheblichen Vermögenswerten sinnvoll wird und gerade bei solchen Vermögen das Interesse an freier Verfügbarkeit gegenüber dem an der Sicherung des Vermögensbestandes merklich zurücktritt, bestand in der Vergangenheit ein erheblicher Anreiz, den hier besonders spürbaren Steuersätzen der Erbschaftsteuer auszuweichen. Dies wurde an der verhältnismäßig großen Zahl von Familienstiftungen mit beträchtlichem Vermögen deutlich, die unter der Herrschaft des alten Rechts errichtet worden waren. Unter diesen Umständen lag es auch unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit durchaus nahe, daß sich der Gesetzgeber entschloß, die Familienstiftungen einer Ersatzerbschaftsteuer zu unterwerfen (vgl. BVerfGE 13, 331 [344]).

c) Die Ausgestaltung der Regelung stößt im Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken.

aa) Der Gesetzgeber hat die Familienstiftungen so behandelt, als ob alle 30 Jahre ein Erbfall einträte. Damit hat er in typisierender Betrachtung auf eine durchschnittliche Generationenfolge abgestellt, welche die Familienstiftungen im Vergleich zu natürlichen Personen eher begünstigt, jedenfalls nicht benachteiligt. Die Steuer orientiert sich sachgerecht an einer generalisierenden Sicht des Erbschaftsteuerfalls bei natürlichen Personen: Der Stiftung wird ein Freibetrag eingeräumt, der den Verhältnissen bei einem Erblasser mit zwei Kindern entspricht; in gleicher Weise wird die Zuordnung der Steuerklasse geregelt (§ 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG).

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) wird auch nicht dadurch verletzt, daß den Stiftungen, bei denen der Zeitpunkt des ersten Vermögensübergangs auf den 1. Januar 1954 oder einen früheren Zeitpunkt fällt, nur eine Frist von 10 Jahren zur Verfügung steht, um sich auf die Ersatzerbschaftsteuer einzurichten, während den Stiftungen, auf die Vermögen erstmals nach dem 1. Januar 1954 übergegangen ist, eine Frist zur Verfügung steht, die je nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vermögensübergangs von 10 Jahren und 1 Tag bis zu 30 Jahren reicht. Die erstmalige Besteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG richtet sich für alle Familienstiftungen nach dem Zeitpunkt des ersten Vermögensübergangs (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 ErbStG). Jeder der betroffenen Stiftungen wird von der Besteuerung anläßlich des ersten Vermögensübergangs bis zur erstmaligen Entstehung der Ersatzerbschaftsteuer ein erbschaftsteuerfreier Zeitabstand von mindestens 30 Jahren, der einem üblichen Generationswechsel entspricht, eingeräumt. Die vor Verkündung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts errichteten, mit Vermögen ausgestatteten Familienstiftungen (Altstiftungen), auf die bereits vor dem 1. Januar 1954 erbschaftsteuerpflichtig Vermögen übergegangen ist, werden durch § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG nicht schlechter, sondern günstiger gestellt als Stiftungen mit erstem Vermögensübergang nach dem 1. Januar 1954; denn der für sie maßgebliche Zeitpunkt ist der 1. Januar 1954, nicht ein früherer Vermögensübergang.

2. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht aus Art. 14 GG:

Die Ersatzerbschaftsteuer begründet die Pflicht zur Leistung einer Geldzahlung. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG könnte hier allenfalls dann in Betracht gezogen werden, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasteten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigten (BVerfGE 14, 221 [241]; 19, 119 [128 f.]; 23, 288 [315]; 30, 250 [271 f.]).

Von einer erdrosselnden Wirkung der Ersatzerbschaftsteuer kann keine Rede sein. Nach Abzug des doppelten Freibetrags von 180.000 DM (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) kommen die Steuersätze der Steuerklasse I, die für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würden, zur Anwendung (§ 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Der höchste Steuersatz beträgt sonach 35 v. H. (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Überdies sind die Möglichkeiten der Verrentung (§ 24 ErbStG) und unter Umständen der Stundung (§ 28 ErbStG) auch hier zu berücksichtigen. Darauf, daß die Familienstiftungen möglicherweise durch Änderung ihrer Rechtsform oder ihres Stiftungszwecks dem Steuerfall ausweichen können, kommt es daher nicht mehr an.

III.

§ 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG begegnen auch nicht insoweit verfassungsrechtlichen Bedenken, als die Altstiftungen der Ersatzerbschaftsteuer unterworfen sind.

1. Eine Rückwirkung des Gesetzes, die im Blick auf den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vertrauensschutz verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte, liegt nicht vor.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen einer Familienstiftung der Ersatzerbschaftsteuer in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung ohne Rücksicht darauf, ob dieser Zeitpunkt vor der Verkündung des Gesetzes liegt; fällt bei Stiftungen der Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf den 1. Januar 1954 oder auf einen früheren Zeitpunkt, so entsteht die Steuer erstmals am 1. Januar 1984. Ungeachtet dieses in der Vergangenheit liegenden Anknüpfungspunktes ist der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes ausschließlich in die Zukunft gerichtet.

Die Ersatzerbschaftsteuer ist überdies gesetzlich als Stichtagsteuer ausgestaltet, die an einem in der Zukunft liegenden Stichtag, erstmals am 1. Januar 1984, entsteht. Die Bedeutung des Stichtagsprinzips zeigt sich darin, daß erst im Zeitpunkt des Stichtags sicher beurteilt werden kann, ob die Steuer überhaupt anfällt. Ist die Stiftung zu diesem Zeitpunkt ohne Vermögen oder hat sie vorher ihre Rechtsform geändert, wird der Steuertatbestand nicht erfüllt. Das vorlegende Gericht löst sich von dieser gesetzlichen Regelung, wenn es die Familienstiftungen schon vor dem Stichtag als mit der Steuer belastet ansieht. Eine derartige vorwirkende Belastung besteht nicht. Eine Rückwirkung hätte das Gesetz nur dann entfaltet, wenn der Stichtag auf einen Zeitpunkt vor der Verkündung des Gesetzes gelegt worden wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Steuerpflicht entsteht erstmals am 1. Januar 1984, also erheblich später.

Die Anknüpfung an in der Vergangenheit liegende Zeitpunkte zur Bestimmung des Stichtags ändert den rechtlichen Charakter der Regelung nicht. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Berechnungsweise zur Bestimmung einer Übergangszeit bis zum erstmaligen Entstehen der Steuer.

2. Auch eine unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich unzulässige Einwirkung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte (sog. unechte, retrospektive Rückwirkung) liegt nicht vor.

a) Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann, je nach der besonderen Fallgestaltung, einer gesetzlichen Regelung in Anknüpfung an aus der Vergangenheit herrührende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte Schranken setzen, wenn damit zugleich eine vom Gesetz betroffene Rechtsposition eines Privatrechtssubjekts nachträglich im ganzen entwertet würde (vgl. BVerfGE 50, 386 [394 f.] m. w. N.).

Die Nachteile, die Altstiftungen, welche wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet sind, durch die Änderung der gesetzlichen Lage erleiden, bestehen darin, daß sie zukünftig nicht mehr den Vorzug der Erbschaftsteuerfreiheit genießen, sondern zum Stichtag sowie turnusmäßig alle 30 Jahre der Ersatzerbschaftsteuer unterworfen werden oder jedenfalls mit nicht unerheblichen Belastungen verbundene Vorkehrungen treffen müssen, um dieser Steuer zu entgehen.

Durch die Beseitigung der Erbschaftsteuerfreiheit für die seit längerem bestehenden Familienstiftungen wird auf nicht vollständig abgewickelte Sachverhalte nachteilig eingewirkt, zumal die betroffenen Altstiftungen zu einem großen Teil gerade im Hinblick auf die mit dieser Rechtsform verbundenen Steuervorteile errichtet worden sind.

Die Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grenzen für Gesetze, die dem Vertrauen des einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung zuwiderlaufen, verlangt eine Abwägung des Einzelinteresses mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (BVerfGE 14, 288 [300]; 25, 142 [154]; 30, 392 [404]; 48, 403 [416]; 50, 386 [395]; 51, 356 [363]). Nur wenn die Abwägung das Ergebnis zeitigt, daß das Vertrauen auf die Fortgeltung der bestehenden Lage den Vorrang verdient, ist die Regelung unzulässig (BVerfGE 30, 250 [268]; 48, 403 [416]; 50, 386 [395]).

b) Das Anliegen des Gesetzgebers hat hier Vorrang vor dem Interesse der Familienstiftungen am Fortbestand der bisherigen, ihnen günstigen Rechtslage:

aa) Dem Einzelinteresse der betroffenen Altstiftungen an der Ersparnis steuerlicher Aufwendungen steht die Bedeutung gegenüber, die der beanstandeten gesetzlichen Regelung nach einer sich in verfassungsmäßigen Grenzen haltenden Wertung des Gesetzgebers zukommt. Die Einführung der Ersatzerbschaftsteuer für Familienstiftungen zielte darauf ab, eine als atypisch empfundene und als nicht gerechtfertigt angesehene Möglichkeit zu verschließen, die Besteuerung nach dem Erbschaftsteuergesetz zu vermeiden, zumal dies nicht nur zu erheblichen Steuerausfällen für die öffentliche Hand, sondern auch zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber mittelständischen Unternehmen führte. Zur Erreichung dieser Ziele durfte der Gesetzgeber in Ausübung seiner politischen Gestaltungsfreiheit die getroffenen gesetzlichen Maßnahmen auch auf Altstiftungen erstrecken. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß eine teilweise Aufrechterhaltung des alten Rechtszustandes nur für Altstiftungen für längere Zeit - nämlich evtl. bis Ende des Jahres 2003 - unterschiedliche Rechtssituationen für vergleichbare Sachverhalte schüfe, die zu erheblichen Ungleichheiten auf wirtschaftlichem Gebiet innerhalb des Kreises der Familienstiftungen führen würden und die auch vor dem Gedanken der Steuergerechtigkeit Bedenken hervorriefen.

bb) Gegenüber den übergeordneten Interessen der Allgemeinheit an der Beseitigung ihrer erbschaftsteuerlichen Begünstigung tritt das Interesse der Familienstiftungen an der Aufrechterhaltung der Rechtslage zurück.

Der Bürger kann grundsätzlich nicht darauf vertrauen, daß der Gesetzgeber Steuerfreiheiten immer und uneingeschränkt für die Zukunft aufrechterhalten werde (BVerfGE 48, 403 [416]; 50, 386 [395 f.]). Dies gilt nicht nur für die Abschaffung von Steuervergünstigungen, sondern auch für die Aufhebung von "Freiräumen" und die Erhebung zusätzlicher Steuern (vgl. BVerfGE 30, 250 [269]; 38, 61 [83]). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, den Begünstigten vor jeder "Enttäuschung" seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu bewahren; vielmehr müssen auf seiner Seite gewichtige zusätzliche Interessen angeführt werden können, die den öffentlichen Interessen vorgehen. Anderenfalls würde der zum Ausgleich zu bringende Widerstreit zwischen den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes auf der einen Seite mit der unabweisbaren Notwendigkeit, die Rechtsordnung verändern zu können, auf der anderen Seite in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung gelöst. Damit würde der dem Gesamtwohl verpflichtete demokratische Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber den Einzelinteressen gelähmt und das Gesamtwohl schwerwiegend gefährdet.

Besondere gewichtige Einzelinteressen waren hier nicht zu berücksichtigen. Ein Vertrauen, das sich weitgehend darauf konzentriert, die bisherige erbschaftsteuerliche Behandlung der Familienstiftung als Ausnahme von der Regel weiterhin am Leben zu erhalten, kann nicht in besonderem Maße Vertrauensschutz für sich beanspruchen. Daß es bei der Erbschaftsteuerfreiheit nicht verbleiben werde, mußte von den Familienstiftungen als durchaus nicht fernliegend angesehen werden.

Berechtigten Anliegen der Familienstiftungen hat der Gesetzgeber Rechnung getragen: Die Ersatzerbschaftsteuer für Altstiftungen kann erstmals 10 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehen. Die Familienstiftung kann ferner verlangen, daß die Steuer in 30 gleichen jährlichen Teilbeträgen entrichtet wird (Verrentung, § 24 ErbStG). Darüber hinaus ist auch für erwerbswirtschaftliche Familienstiftungen die allgemeine Möglichkeit eröffnet, auf Antrag bis zu 7 Jahren die Ersatzerbschaftsteuer insoweit zu stunden, als dies zur Erhaltung des Betriebes notwendig ist (§ 28 Abs. 2 ErbStG). Insbesondere darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß Altstiftungen durch ihre rechtzeitige Auflösung, die zu behindern verfassungsrechtlich nicht erlaubt ist, das Entstehen der Ersatzerbschaftsteuer vermeiden können (Art. 7 Satz 1 ErbStRG). Gegenüber dem neuen Recht noch günstigere steuerliche Gestaltungen des alten Rechts bleiben dabei erhalten (Art. 7 Satz 2 ErbStRG). Mit dieser Palette von Erleichterungen hat der Gesetzgeber den Altstiftungen hinreichende Mittel an die Hand gegeben, die Enttäuschung des Vertrauens auf die Beständigkeit der Rechtslage zu überwinden und sich auf die veränderte Situation einzustellen.