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BVerfG-Beschluß vom 6.12.1983 (2 BvR 1275/79) BStBl. 1984 II S. 72

1. Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.

2. §§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung der Stadt Überlingen über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer vom 21. Januar 1976 sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig, weil sie ohne hinreichenden, sachlichen Grund nur auswärtige Zweitwohnungsinhaber, soweit sie nicht aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken in der Stadt wohnen, besteuern.

Gründe:

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die aufgrund des § 6 Abs. 2 des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes und der Satzung der Stadt Überlingen erhobene Zweitwohnungssteuer mit dem Grundgesetz in Einklang steht.

I.

Nach § 6 Abs. 1 des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes - KAG - vom 18. Februar 1964 (GBl. S. 71) erheben die Gemeinden Steuern nach Maßgabe der Gesetze. Daneben bestimmte § 6 Abs. 2 KAG über Gemeindesteuern:

Soweit solche Gesetze nicht bestehen, können die Gemeinden Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis erheben, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Landkreisen vorbehalten sind.

Durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, des Landesgebührengesetzes, des Landesjustizkostengesetzes und anderer kommunalsteuerlicher Vorschriften vom 25. April 1978 (GBl. S. 224) hat § 6 Abs. 2 KAG mit Wirkung vom 12. Mai 1978 folgende Fassung erhalten:

Soweit solche Gesetze nicht bestehen, können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind.

...

Die Stadt Überlingen, eine Fremdenverkehrsgemeinde am Bodensee, erließ "aufgrund von § 6 Abs. 2 KAG" die "Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer" vom 28. Juni 1972, die sie durch die Satzung vom 21. Januar 1976 ersetzte; die §§ 1 bis 7 dieser Satzung lauten:

§ 1

Allgemeines

Die Stadt Überlingen erhebt eine Steuer, die zum Zwecke der teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen denjenigen Einwohnern auferlegt wird, die in der Stadt eine Wohnung innehaben, ohne sich in der Stadt überwiegend aufzuhalten (Zweitwohnungssteuer).

§ 2

Steuerschuldner

(1) Steuerschuldner ist der Inhaber einer Zweitwohnung.

(2) Inhaber einer Zweitwohnung ist ein Einwohner, der im Stadtgebiet eine Wohnung innehat, ohne sich in der Stadt überwiegend aufzuhalten. Als Einwohner im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht, wer aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken im Stadtgebiet wohnt.

(3) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner.

§ 3

Steuermaßstab

(1) Die Steuer wird nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet.

(2) Der jährliche Mietaufwand ist das Gesamtentgelt, das der Steuerschuldner für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für ein Jahr zu entrichten hat (Jahresrohmiete).

(3) Statt des Betrages nach Abs. 2 gilt als jährlicher Mietaufwand die übliche Miete für solche Wohnungen, die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind. Die übliche Miete wird in Anlehnung an die Jahresrohmiete geschätzt, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

(4) Die Vorschriften des § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1965 (BGBl. I S. 1861) finden entsprechende Anwendung.

§ 4

Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Rechnungsjahr

a) bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu ...

(2) In den Fällen des § 5 Abs. 1 Satz 2 ermäßigt sich die Steuer auf den der Dauer der Steuerpflicht entsprechenden Teilbetrag.

(3) Hat der Steuerschuldner mehr als zwei minderjährige Kinder, so wird die Steuer nach Abs. 1 und 2 auf Antrag um die Hälfte ermäßigt.

§ 5

Entstehung und Fälligkeit der Steuerschuld

(1) Die Steuerschuld für ein Rechnungsjahr entsteht am 1. Januar. Wird eine Wohnung erst nach dem 1. Januar bezogen, so entsteht die Steuerschuld am ersten Tag des folgenden Kalendervierteljahres.

(2) Die Steuerpflicht endet mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem der Steuerschuldner aus der Wohnung auszieht.

(3) Die Steuer wird einen Monat nach Entstehung der Steuerschuld fällig.

(4) In den Fällen des Abs. 2 ist die zuviel bezahlte Steuer auf Antrag zu erstatten.

§ 6

Anzeigepflicht

(1) Ein Einwohner, der im Stadtgebiet eine Wohnung bezieht, ohne sich in der Stadt überwiegend aufhalten zu wollen, hat der Stadt dies innerhalb einer Woche nach dem Einzug anzuzeigen.

(2) Endet die Wohnungshaltung, so gilt die Vorschrift des Abs. 1 entsprechend.

§ 7

Inkrafttreten

Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1.1.1973 in Kraft.

Ähnliche Satzungen erließen auch einige andere Fremdenverkehrsgemeinden in Baden-Württemberg sowie in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

II.

1. Der Beschwerdeführer ist zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer einer ... m2 großen Wohnung im Gebiet der Stadt Überlingen, in der er sich nicht überwiegend aufhält. Er hat dort einen zweiten Wohnsitz angemeldet; seinen Hauptwohnsitz hat er in einer anderen Gemeinde.

Die Stadt Überlingen zog den Beschwerdeführer durch Bescheid vom ... zu einer Zweitwohnungssteuer von ... DM für das Rechnungsjahr 1973 heran. Der Beschwerdeführer beschritt nach erfolglosem Widerspruch den Verwaltungsrechtsweg.

2. a) Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab der Klage ... statt. Es vertrat die Ansicht, die Satzung sei nichtig, weil die Steuer keinen örtlich begrenzten Wirkungskreis habe und somit nicht zu den Steuern gehöre, bei denen das Land sein Steuerfindungsrecht nach § 6 Abs. 2 KAG auf die Gemeinden übertragen habe.

b) Die Berufung der Stadt Überlingen hatte Erfolg. Mit Urteil vom 6. Juni 1977 (KStZ 1977, S. 147 = DÖV 1977, S. 674 = DStR 1978, S. 49) hob der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Urteil des Verwaltungsgerichts auf und wies die Klage ab. ...

c) Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg gerichtete Revision des Beschwerdeführers wies das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 26. Juli 1979 (BVerwGE 58, 230) zurück:

...

III.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, die Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Überlingen verletze seine Rechte aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 und 105 Abs. 2 a, aus Art. 3 Abs. 1 und aus Art. 11 Abs. 1 GG. ...

IV.

1. Das Finanzministerium Baden-Württemberg verwies namens der Landesregierung auf seine Stellungnahme im Ausgangsverfahren. Darin ist ausgeführt, daß die Zweitwohnungssteuer verfassungsmäßig sei.

...

2. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Stadt Überlingen, ist der Auffassung, daß die Zweitwohnungssteuersatzung und die angegriffenen Entscheidungen, insbesondere das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juli 1979, mit dem Grundgesetz in jeder Hinsicht in Einklang stünden.

...

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.

Die aufgrund des § 6 Abs. 2 KAG und der Satzung der Stadt Überlingen über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer vom 21. Januar 1976 erhobene Abgabe ist eine örtliche Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist.

§§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung der Stadt Überlingen verstoßen jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie besteuern nämlich ohne hinreichenden sachlichen Grund nur auswärtige Zweitwohnungsinhaber, soweit sie nicht aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken in der Stadt wohnen; alle einheimischen Zweitwohnungsinhaber werden von der Steuerpflicht nicht erfaßt.

I.

1. § 6 Abs. 2 KAG stellte auch nach Inkrafttreten des Einundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz) vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 359) eine hinreichende Ermächtigung zur Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des durch Art. I Nr. 3 Buchst. b des Finanzreformgesetzes eingefügten Art. 105 Abs. 2 a GG dar. Die Neufassung des Art. 105 GG hat an der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder für "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" (s. Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F.) nichts geändert. "Örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern" im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG sind begrifflich nichts anderes als "Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis" (BVerfGE 40, 56 [60 f.]).

Der baden-württembergische Gesetzgeber hat, wie der jeweilige Wortlaut des § 6 Abs. 2 KAG zeigt, den Gemeinden die Kompetenz zur Erhebung von örtlichen Steuern lediglich in dem ihm selbst eingeräumten Umfang übertragen.

2. Die Abgabe erfüllt nach ihrem maßgeblichen materiellen Gehalt (BVerfGE 49, 343 [353 ff.]) die Kriterien einer Steuer.

Steuern im Sinne des Grundgesetzes sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (BVerfGE 49, 343 [353 f.]; vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AO 1977). Die in der Satzung normierte Abgabe wird von einem steuererhebungsberechtigten Gemeinwesen ohne unmittelbare Gegenleistung erhoben. Sie dient der Erzielung von Einkünften zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen, die in § 1 der Satzung nicht näher bezeichnet sind. Nach der Vorstellung des Satzungsgebers ist an öffentliche Einrichtungen für Kur- und Erholungszwecke, wie Ausbau von (beheizten) Freibädern, Erweiterung der Strandpromenade, Anlage zusätzlicher Erholungs- und Wanderwege und Errichtung bzw. Ausbau von Kurmittelhäusern gedacht (Bayer, Der Städtebund 1972, S. 241 [242] und 269; StuWi. 1972, S. 289, auf den sich die Stadt Überlingen ausdrücklich beruft). Diese Zweckbindung des Aufkommens der Abgabe steht dem Steuercharakter nicht entgegen. Zwecksteuern stehen zwar im Gegensatz zu den allgemeinen Steuern zu bestimmten Leistungen und Verwaltungszwecken des Abgabeberechtigten in Beziehung. Die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, zu deren Finanzierung Zwecksteuern dienen, hat aber nicht den Charakter einer Gegenleistung des Abgabeberechtigten zugunsten des Abgabepflichtigen. Der Kreis der Abgabepflichtigen ist darum bei den Zwecksteuern auch nicht auf solche Personen begrenzt, die einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem öffentlichen Vorhaben ziehen (BVerfGE 49, 343 [353 f.]). Die Abgabepflicht erstreckt sich auch auf alle Zweitwohnungsinhaber, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen für die Abgabenerhebung im übrigen vorliegen.

3. Die von der Stadt Überlingen erhobene Zweitwohnungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG.

a) Das Grundgesetz bestimmt den Begriff der Aufwandsteuer, den es erst seit der Finanzreform 1969 enthält, nicht. Es setzt ihn vielmehr voraus.

...

b) Die Definition des Begriffs Aufwandsteuer in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stimmt mit der Begriffsbestimmung überein, die Schmölders (Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 635 [652]) verwendet hat: Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Maßgebend für den Charakter einer Steuer als Aufwandsteuer ist es also, daß die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden soll (BVerfGE 16, 64 [74], bestätigt in BVerfGE 49, 343 [354]).

An dieser für die herkömmlichen Aufwandsteuern entwickelten Begriffsbestimmung ist für die hier zu beurteilende neue Zweitwohnungssteuer grundsätzlich festzuhalten, wenn es auch zur Bestimmung insbesondere des Begriffs der "wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" anderer Abgrenzungen bedarf.

aa) Der vom Verfassungsgeber vorausgesetzte Begriff der Aufwandsteuer, der durch die Finanzreform 1969 keine Veränderung erfahren hat, wird auch für neue Aufwandsteuern geprägt durch den Steuertypus der herkömmlichen kommunalen Aufwandsteuern. Sie sind Steuern, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpfen (BVerwGE 6, 247 [256]; Jakob, BayVBl. 1971, S. 249 [251] und 294).

bb) Das Merkmal Einkommensverwendung ist nicht auf die Verwendung von Einkommen im steuerrechtlichen oder finanzwissenschaftlichen Sinn zu beschränken, sondern umfaßt die Verwendung jeglicher finanzieller Mittel. Es dient in erster Linie zur Abgrenzung der (Verbrauch- und) Aufwandsteuer als Einkommensverwendungssteuer von den Einkommensentstehungssteuern (Schmölders, a. a. O., S. 635 [648]). Am Zweck der Aufwandsteuern, anläßlich der Vermögens- und Einkommensverwendung mittelbar die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Konsumenten zu erfassen, ändert sich dadurch nichts.

Wie in den Entscheidungen BVerfGE 16, 64 [74] und 49, 343 [354] angeführt, soll die Aufwandsteuer die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit treffen. In dieser Absicht des Gesetzgebers liegt das wesentliche Merkmal des Begriffes der Aufwandsteuer. Angesichts der Vielfalt der wirtschaftlichen Vorgänge und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wäre die Erhebung einer Steuer, die nicht an die Entstehung des Einkommens, sondern an dessen Verwendung anknüpft, nicht praktikabel, wenn in jedem Fall die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen festgestellt werden müßte. Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne daß es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des näheren dient. Im Konsum äußert sich in der Regel die Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. Gerloff, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 2. Aufl., 1956, S. 239 [281 f.]; Schmidt, Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Band, 3. Aufl., 1980, S. 119 [144]). Soweit sich aus der Entscheidung BVerfGE 49, 343 [354] etwas Abweichendes ergeben sollte, hält der Senat daran nicht fest.

c) Die in der Satzung der Stadt Überlingen geregelte Abgabe erfüllt diese Kriterien der Aufwandsteuer.

Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern, ist die erkennbare Absicht des Satzungsgebers, wie sie aus den §§ 1-3 der Satzung hervortritt. Danach ist üblicherweise Inhaber einer Zweitwohnung deren Eigentümer oder Mieter, der sie für seinen privaten Lebensbedarf nutzt oder zu diesem Zweck vorhält. Regelmäßig wird es sich dabei in Fremdenverkehrsgemeinden um ein Innehaben der Zweitwohnung zum Zweck der Erholung handeln. Aber auch das Halten einer Zweitwohnung für einen anderen persönlichen Lebensbedarf wird von der Satzung erfaßt.

Auf die Dauer des Innehabens kommt es grundsätzlich nicht an. Auch der vorübergehende Gebrauch im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 der Satzung stellt einen steuerpflichtigen Aufwand dar, wenn er der persönlichen Lebensführung dient. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit kann der Satzungsgeber bestimmen, ab welchem Zeitraum ein Aufwand der Steuer unterliegt. Auch ein kurzzeitiger Gebrauch einer Zweitwohnung für einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum des Jahres kann der Steuer unterworfen werden. Es ist Sache des Satzungsgebers, im Hinblick auf das rechte Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Steuerertrag sowie auf die Steuergerechtigkeit die zeitlichen Voraussetzungen der Steuerpflicht festzulegen. Diesen Anforderungen genügt die Satzung der Stadt Überlingen mit den §§ 5 und 4 Abs. 2.

Der Charakter der Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 der Satzung, der insoweit wörtlich § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG entspricht, die Steuerpflicht auch die unentgeltliche Überlassung einer Zweitwohnung umfaßt. Der Begriff der Aufwandsteuer läßt es zu, sowohl für den, der die Wohnung unentgeltlich überläßt, wie auch für den, dem sie überlassen wird, eine Steuerpflicht zu begründen. Wer eine Wohnung einem anderen, sei es einem Angehörigen oder einem sonstigen Dritten, unentgeltlich zur Nutzung überläßt, betreibt selbst Aufwand in diesem Sinne. Er kann auch Inhaber der Wohnung im Sinne der Satzung bleiben, soweit er die Wohnung weiterhin hält und sich der Verfügungsmacht über sie nicht begibt. Auch derjenige, dem die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, kann zu versteuernden Aufwand betreiben.

4. Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG.

Eine örtliche Steuer ist begrifflich nichts anderes als eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG a. F. Sie ist wie diese an die Voraussetzung der örtlichen Radizierung gebunden (BVerfGE 40, 56 [61]). Die örtliche Radizierung muß sich aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes ergeben (BVerfGE 16, 306 [327]); sie kann nicht aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden, dessen Gebrauch der Steuer unterworfen wird (vgl. BVerfGE 16, 306 [327] zu einer Verbrauchsteuer). Örtliche Steuern sind nur solche Abgaben, die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können (BVerfGE 16, 306 [327]).

Der die Steuerpflicht auslösende Tatbestand ist hier das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet. Darin liegt die Anknüpfung an eine örtliche Gegebenheit, nämlich an eine im Gemeindegebiet belegene Sache. Die örtliche Anknüpfung entfällt nicht deshalb, weil zur Begründung der Steuerpflicht erforderlich ist, daß der Inhaber der Zweitwohnung sich nicht überwiegend im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde aufhält. Die überwiegende Ortsabwesenheit des Inhabers der Zweitwohnung und das Vorhandensein einer auswärtigen Erstwohnung sind nur Abgrenzungskriterien. Durch sie wird die Steuerpflicht auf einen Teil der Zweitwohnungsinhaber, die mit der Steuer belegt werden könnten, begrenzt, nämlich die Auswärtigen, die weder aus beruflichen Gründen noch zu Ausbildungszwecken eine Zweitwohnung im Gemeindegebiet innehaben. Es wird damit aus dem Kreis der Wohnungen, die Gegenstand einer örtlichen Steuer sein könnten, ein Teil ausgewählt.

Eine unmittelbare Wirkung der Zweitwohnungssteuer, die über das Gebiet der steuererhebenden Gemeinde hinausginge, ist nicht zu erkennen. Unmittelbar betroffen sind nur die Inhaber von Zweitwohnungen im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde.

5. Die Zweitwohnungssteuer ist einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht gleichartig.

Der Zusatz des Art. 105 Abs. 2 a GG "solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind", begrenzt (BVerfGE 31, 119 [128]) und beschränkt über das Erfordernis der örtlichen Radizierung hinaus die Befugnisse des Landesgesetzgebers zusätzlich. Allerdings stimmt der Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2 a GG mit dem vom Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung verwendeten Begriff der Gleichartigkeit nicht überein. Das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG hat gegenüber dem entsprechenden traditionellen steuerrechtlichen Begriff einen engeren Sinn. Seine Voraussetzungen sind nicht so streng wie im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, weil andernfalls die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis der Länder für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern leerliefe (vgl. BVerfGE 40, 56 [61, 63]).

Das Bundesverfassungsgericht hat bislang diese Voraussetzungen im einzelnen nicht festgestellt, sondern dies erst im Fall einer neuen örtlichen Steuer für erforderlich gehalten (BVerfGE 40, 56 [64]). Obwohl es sich bei der Zweitwohnungssteuer um eine neue örtliche Steuer handelt, kann die Frage noch dahingestellt bleiben. Denn an den Gleichartigkeitsbegriff des Art. 105 Abs. 2 a GG sind jedenfalls keine strengeren Anforderungen zu stellen als an den herkömmlichen Gleichartigkeitsbegriff. Dessen Merkmale erfüllt die Zweitwohnungssteuer nicht; sie kann damit nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG verstoßen. Ausgangspunkt für die Prüfung der Gleichartigkeit im traditionellen Sinn ist der Vergleich der steuerbegründenden Tatbestände. Dabei ist neben anderen Gesichtspunkten wie Steuergegenstand, Steuermaßstab, Art der Erhebungstechnik, wirtschaftliche Auswirkungen, insbesondere darauf abzustellen, ob die eine Steuer dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpft wie die andere (vgl. BVerfGE 49, 343 [355]). Der Gesetzgeber hat es jedoch nicht in der Hand, durch verschiedene Formulierungen der Steuertatbestände oder durch eine Schaffung geringfügiger Unterschiede bei den einzelnen Merkmalen der Steuer, wie insbesondere beim Kreis der Steuerpflichtigen, beim Steuermaßstab und bei der Erhebungstechnik die Gleichartigkeit zu vermeiden. Wird eine Steuer den dargelegten Maßstäben gerecht, so hat sie auch vor dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG Bestand.

a) Die Zweitwohnungssteuer ist der Einkommensteuer nicht gleichartig. Es werden verschiedene Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausgeschöpft: durch die Einkommensteuer die Einkommenserzielung und durch die Zweitwohnungssteuer die Einkommensverwendung. Steuergegenstand der Einkommensteuer ist der Bezug von Einkommen (vgl. § 2 Abs. 3 EStG). Steuergegenstand der Zweitwohnungssteuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung, somit ein Zustand, der die Verwendung von Einkommen ausdrückt. Auch die Steuermaßstäbe sind verschieden. Der Betrag des zu versteuernden Einkommens ist die Maßgröße für die steuerliche Leistungsfähigkeit, die sich - unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Steuerpflichtigen - aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt. Der Betrag des Mietaufwandes ist Maßgröße für die steuerliche Leistungsfähigkeit, die sich in der Verwendung bestimmter Einkommensteile für bestimmte Konsumgüter, hier das Innehaben einer Zweitwohnung, zeigt (vgl. Hahn, DStR 1980, S. 215 [218]). Die persönlichen Verhältnisse spielen, abgesehen von der Ermäßigung der Steuer bei mehr als zwei minderjährigen Kindern, bei der Zweitwohnungssteuer keine Rolle, während sie bei der Einkommensteuer entscheidenden Einfluß haben. Dies gilt auch für den Steuersatz.

Eine Gleichartigkeit im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG wird nicht dadurch begründet, daß § 21 Abs. 2 EStG zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung den Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus oder einer dem Steuerpflichtigen ganz oder teilweise unentgeltlich überlassenen Wohnung rechnet. Die Regelung stellt im Einkommensteuerrecht eine Besonderheit dar, weil der Nutzungswert bei Wirtschaftsgütern, die der Steuerpflichtige selbst nutzt, ansonsten nicht als Einnahme angesehen wird (Blümich/Falk, EStG, 11. Aufl., § 21 Rz. 195). Mit ihr hat der Gesetzgeber im Interesse der Steuergerechtigkeit die an Miete ersparten Aufwendungen desjenigen, der im eigenen Haus wohnt, als Einkünfte behandelt (BVerfGE 9, 3 [9 f.]). Zu den Einkünften, die als Ausdruck der individuellen Leistungsfähigkeit von einer Einkommen(entstehungs)steuer erfaßt werden können, gehören nicht nur die Entgelte für Leistungen zwischen verschiedenen Personen, sondern auch zugerechnete Einkünfte, bei denen es sich gewissermaßen um Leistungen des Steuerpflichtigen an sich selbst oder an seine Familienangehörigen handelt. Der Unterschied zu den Bruttoentgelten für Marktleistungen besteht darin, daß die Produzenten ihre Erträge unmittelbar selbst konsumieren. Entstehung und Verwendung erfolgen also uno actu bei der gleichen Besteuerungseinheit (Andel, Handbuch der Finanzwissenschaften, 2. Band, 3. Aufl., 1980, S. 331 [339 f.]). Dazu gehört auch der Nutzungswert des vom Eigentümer unmittelbar konsumtiv genutzten Vermögens. Erfassungs- und Bewertungsprobleme dürften die Ursache dafür sein, daß im deutschen Einkommensteuerrecht nur der Fall der vom Eigentümer selbst genutzten Wohnung, der Nutzungswert anderer Wirtschaftsgüter aber nicht erfaßt ist. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, daß § 21 Abs. 2 EStG an die Entstehung zugerechneter Einkünfte anknüpft und nicht wie die Zweitwohnungssteuer an die Verwendung.

b) Zweitwohnungssteuer und Grundsteuer sind ebenfalls nicht gleichartig.

Die Steuergegenstände sind verschieden. Bei der Grundsteuer ist dieser die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als einer möglichen Einnahmequelle. Die Zweitwohnungssteuer erfaßt dagegen das Innehaben einer Zweitwohnung als Form einer Einkommensverwendung. Es werden unterschiedliche Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erschlossen. Die Grundsteuer zielt als Objektsteuer wirtschaftlich auf die durch den Besitz sogenannten fundierten Einkommens vermittelte Leistungskraft. Die Zweitwohnungssteuer erfaßt die Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung von Einkommen für einen Aufwand zum Ausdruck kommt. Verschieden ist auch der Kreis der Steuerschuldner. Die Grundsteuer setzt Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes voraus. Bei der Zweitwohnungssteuer kann der Inhaber Eigentümer, Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter sein. Die Zweitwohnungssteuer ist keine Realsteuer wie die Grundsteuer. Sie ruht nicht auf einer Sache oder einem Sachinbegriff (so BVerfGE 16, 64 [73] zur württembergischen Einwohnersteuer). Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ist der Objektwert des Grundstücks. Die Zweitwohnungssteuer wird dagegen nach dem tatsächlichen oder geschätzten Mietaufwand berechnet. Zur Ermittlung des Grundstückswertes bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren wird zwar die Jahresrohmiete (§§ 78, 79 BewG) herangezogen. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen von mehreren Faktoren (vgl. §§ 80 ff. BewG).

II.

§§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung der Stadt Überlingen über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer verstoßen indes gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Im Bereich des Steuerrechts ist der Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden (vgl. BVerfGE 6, 55 [70]). Bei der Erschließung von Steuerquellen hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Entschließt sich der Gesetzgeber, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere Steuerquellen dagegen nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren (BVerfGE 49, 343 [360]). Dabei genügt es, wenn einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt (vgl. BVerfGE 13, 181 [203]). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit (Willkürverbot) ist vom Bundesverfassungsgericht nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 26, 302 [310]; 49, 343 [360 f.]). Der Steuergesetzgeber wird durch das Gleichheitsgebot auch nicht gehindert, anstelle eines individuellen Wirklichkeitsmaßstabes für die Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer "Typengerechtigkeit" zu begnügen, es sei denn, daß die steuerlichen Vorteile der Typisierung nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (BVerfGE 31, 119 [130 f.]).

1. Einleuchtende Gründe dafür, nur die auswärtigen Inhaber von Zweitwohnungen, die weder aus beruflichen Gründen noch zu Ausbildungszwecken im Stadtgebiet wohnen, der Steuer zu unterwerfen, die einheimischen Zweitwohnungsinhaber dagegen generell nicht zur Steuer heranzuziehen, sind nicht vorhanden.

Es darf jemand nicht deshalb zu einer höheren Steuer herangezogen werden, weil er kein Einheimischer ist. In einer freiheitlichen Rechts- und Wirtschaftsordnung, die dem einzelnen die Betätigungsfreiheit, die Freizügigkeit und die Freiheit, Eigentum zu erwerben, grundsätzlich gewährleistet, steht es jedem auch frei, sich den Ort oder die Orte zu wählen, an denen er Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen will. Für eine Schlechterstellung der Auswärtigen müßten sachliche Gründe gegeben sein, die sich aus dem Wesen und Zweck der jeweiligen Steuer herleiten lassen (BVerfGE 19, 101 [111 f.]).

Die Zweitwohnungssteuer der Stadt Überlingen soll nach der Zweckbestimmung des § 1 der Satzung den Aufwand für die Herstellung und Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen, die auch den Zweitwohnungsinhabern zugute kommen, teilweise decken. Der Satzungsgeber hatte dabei die öffentlichen Einrichtungen für Kur- und Erholungszwecke im Blick (Bayer, Der Städtebund, 1972, S. 241 [242] und 269; StuWi. 1972, S. 289).

Angesichts der Zweckbestimmung des § 1 der Satzung könnte die Zweitwohnungssteuer sachgerecht sein, wenn die auswärtigen im Vergleich zu den einheimischen Zweitwohnungsinhabern der steuererhebenden Gemeinde im Hinblick auf diese Kur- und Erholungseinrichtungen mehr Ausgaben verursachten oder weniger Einnahmen brächten. Eine höhere finanzielle Belastung der Gemeinde läßt sich aufgrund des Umstands, daß eine Zweitwohnung nicht von Einheimischen, sondern von Auswärtigen genutzt wird, nicht feststellen. Dagegen lassen sich geringere Einnahmen nicht ausschließen. Für die Zurechnung des Einkommensteueranteils der Gemeinde scheiden auswärtige Zweitwohnungsinhaber in der Regel aus. Im Rahmen der Schlüsselzuweisungen werden nur Einwohner der Gemeinde, zu denen auswärtige Zweitwohnungsinhaber regelmäßig nicht zählen, berücksichtigt. Die Gesichtspunkte mögen zwar im Vergleich zu den Dauerbewohnern, die nur eine Wohnung im Gemeindebereich haben, es rechtfertigen, diese nicht der Steuerpflicht zu unterwerfen. Sie reichen jedoch nicht im Verhältnis zu einheimischen Zweitwohnungsinhabern aus. Denn die Mehrbelastung der Gemeinde, die ein Dauerbewohner durch seine Zweitwohnung verursachen kann, wird nicht durch eine Erhöhung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer und der Schlüsselzuweisungen ausgeglichen. Anhaltspunkte dafür, daß ein auswärtiger Zweitwohnungsinhaber der Gemeinde höhere Aufwendungen verursacht als ein Einheimischer speziell durch seine Zweitwohnung, sind nicht vorhanden. Dies gilt auch hinsichtlich der Ausgaben von Zweitwohnungsinhabern, die zur Stärkung der Wirtschaft und damit der Steuerkraft der Gemeinde beitragen.

Die Gesichtspunkte der Typisierung und der Praktikabilität vermögen die Beschränkung der Zweitwohnungssteuer auf die auswärtigen Inhaber von Zweitwohnungen nicht zu rechtfertigen. Es handelt sich um eine benachteiligende Typisierung, bei der die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ohnehin geringer ist (BVerfGE 19, 101 [116]). Zudem wird die Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl der Steuerpflichtigen durch die Zweckbestimmung des § 1 der Satzung zusätzlich eingeengt. Der Satzungsgeber hat es sich damit selbst zur Pflicht gemacht, dieses Ziel zu erreichen. Es ist ihm deshalb verwehrt, im Wege der Typisierung den Kreis der möglichen Steuerpflichtigen enger zu ziehen, als dies durch § 1 der Satzung vorgegeben ist. Auch der Gesichtspunkt der Praktikabilität greift nicht durch. Die Feststellung, daß ein Einheimischer im Gemeindegebiet zwei Wohnungen innehat, stößt auf keine Schwierigkeiten. Die Ermittlung, welche davon die der Steuer unterliegende Zweitwohnung ist, wird der Gemeinde durch die Anzeigepflicht des Steuerschuldners gemäß § 6 Abs. 1 der Satzung erleichtert. Daß die Überprüfung der Angaben mehr Verwaltungsaufwand erfordern könnte als bei einem auswärtigen Zweitwohnungsinhaber, ist nicht zu erkennen.

2. Auch im Vergleich zu den auswärtigen Zweitwohnungsinhabern, die aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken eine Zweitwohnung im Gemeindegebiet innehaben, fehlt ein sachlicher Grund aus dem Wesen und Zweck der Zweitwohnungssteuer für die Beschränkung der Steuerpflicht auf den durch § 2 Abs. 2 der Satzung erfaßten Personenkreis.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht lediglich im Zweck des besteuerten Aufwandes. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt es aber aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen. Maßgeblich darf allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Die unterscheidende Berücksichtigung der Gründe für den Aufenthalt zum Zwecke der Abgrenzung des Kreises der Steuerpflichtigen ist damit im Rahmen der Aufwandsteuer ein sachfremdes Kriterium und hat vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand.

Es bleibt dem Satzungsgeber indessen unbenommen, unter Beachtung des Gleichheitssatzes Ermäßigungstatbestände - etwa in Art des § 4 Abs. 3 der Satzung - oder Befreiungstatbestände vorzusehen.

III.

Die Bestimmungen der §§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung der Stadt Überlingen über den Kreis der Steuerpflichtigen sind nach alledem mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig.

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht darauf beschränkt, die Unvereinbarkeit der Regelung mit der Verfassung festzustellen. Verletzt eine gesetzliche Regelung das Grundgesetz, so hat das grundsätzlich zur Folge, daß sie für nichtig zu erklären ist. Davon ist abzusehen, wenn dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit bleiben (vgl. BVerfGE 55, 100 [113]). Dies kann hier ausgeschlossen werden. Die Belastung aller von der Satzung erfaßten Steuerpflichtigen - das sind die auswärtigen Zweitwohnungsinhaber, die nicht aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken in der Stadt wohnen - ist verfassungswidrig, weil einheimische und sonstige auswärtige Zweitwohnungsinhaber nicht zur Steuer herangezogen werden. Auch bei Berücksichtigung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers besteht, sofern an der Zweitwohnungssteuer festgehalten wird, praktisch nur die Möglichkeit, die Vorschriften über den Kreis der Steuerpflichtigen vollständig neu und so zu fassen, daß sie den verfassungsmäßigen Anforderungen genügen. Eine Änderung oder Ergänzung der beanstandeten §§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung reicht nicht aus, zumal die Erfassung bisher nicht steuerpflichtiger Zweitwohnungsinhaber zum 1. Januar 1973, an dem die Satzung gemäß § 7 in Kraft getreten ist, eine unzulässige Rückwirkungsanordnung darstellen würde.

Die Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer ist insgesamt nichtig. Zwar bewirkt die Nichtigkeit einer oder mehrerer Bestimmungen eines, Gesetzes grundsätzlich nicht die Nichtigkeit des ganzen Gesetzes (BVerfGE 8, 274 [301]; 57, 295 [334]; stRspr.). Etwas anderes hat aber zu gelten, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzes ergibt, daß die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben; ferner, wenn die verfassungswidrigen Vorschriften Teil einer Gesamtregelung sind, die ihren Sinn und ihre Rechtfertigung verlöre, nähme man einen ihrer Bestandteile heraus, wenn also die nichtige Bestimmung mit den übrigen Bestimmungen so verflochten ist, daß sie eine untrennbare Einheit bilden, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden kann (BVerfGE, a. a. O.). So liegt der Fall hier. Soweit die Vorschriften der §§ 1 und 2 Abs. 2 der Satzung hinsichtlich der Bestimmung von Steuerzweck und Steuergegenstand den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, haben sie für sich allein keine selbständige Bedeutung. Die übrigen Bestimmungen der Satzung sind ohne eine Regelung über den Kreis der Steuerpflichtigen nicht vollziehbar.

Die angegriffenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg beruhen auf der verfassungswidrigen Satzung. Sie sind deshalb aufzuheben; das Ausgangsverfahren ist an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG.