| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 1.2.1983 (VIII R 184/79) BStBl. 1984 II S. 128

Wird eine im Gesamthandseigentum von mehreren Personen stehende Eigentumswohnung nur von einigen Miteigentümern bewohnt und zahlen diese eine Miete an die Gemeinschaft, so sind die Einkünfte der die Wohnung überlassenden Miteigentümer nach dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten und die Einkünfte der die Eigentumswohnung bewohnenden Miteigentümer nach § 21a EStG zu ermitteln.

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 21a.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) zu 1, 2, und 3 sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und am Gesellschaftsvermögen zu 1/10, 3/10 und 6/10 beteiligt. Zum Gesellschaftsvermögen gehört eine Eigentumswohnung. Ab August 1974 wird diese Wohnung von den Klägern zu 2 und 3 aufgrund eines Mietvertrags mit der GbR bewohnt - Jahresmiete 8.268 DM -.

Die Kläger zu 1 bis 3 ermittelten ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten und erklärten für 1974 einen Verlust. Demgegenüber ermittelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) die Einkünfte der Klägerin zu 1 durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten und die Einkünfte der Kläger zu 2 und 3 nach § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) -Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus- und stellte für 1974 einen Verlust und die Anteile daran einheitlich und gesondert fest. Dementsprechend erging ein Feststellungsbescheid für 1974. Der Einspruch dagegen blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1979, 124 veröffentlichten Entscheidung statt und führte aus:

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Kläger zu 1 bis 3 seien durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Werbungskosten zu ermitteln. § 21a EStG sei nicht anwendbar, wenn ein Einfamilienhaus im Miteigentum mehrerer Personen stehe, nur von einigen Miteigentümern bewohnt werde und zwischen diesen und den übrigen Miteigentümern eine Verrechnung im Rahmen eines mietähnlichen Verhältnisses stattfinde. Eine Wohnung im eigenen Haus sei insoweit nicht gegeben, als die das Haus bewohnenden Miteigentümer nicht nur ihre eigenen ideellen Anteile am Miteigentum, sondern auch die Anteile der übrigen Miteigentümer nutzten.

Mit der -vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen- Revision rügt das FA unrichtige Anwendung von § 21 Abs. 2, § 21a EStG und macht geltend, das Urteil des FG stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH zur Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Fällen, in denen ein Einfamilienhaus nur von einigen Miteigentümern bewohnt werde.

Das FA beantragt - sinngemäß -, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen Zurückweisung der Revision.

Sie meinen, die vom FA erwähnte Rechtsprechung sei im Streitfall nicht anwendbar, weil die Kläger zu 1 bis 3 nicht in einer Bruchteilsgemeinschaft, sondern in der GbR als Gesamthandsgemeinschaft zusammengeschlossen seien.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

1. Dem FA ist darin zuzustimmen, daß die einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Klägerin zu 1 durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten (§ 2 Abs. 4 Nr. 2, § 21 Abs. 1 EStG) und bei den Klägern zu 2 und 3 mit dem Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (§ 2 Abs. 4 Nr. 2, § 21 Abs. 2 1. Alternative, § 21a EStG) zu ermitteln sind.

Mit der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Fällen, in denen ein im Miteigentum von mehreren Personen stehendes Einfamilienhaus nur von einigen Miteigentümern bewohnt wird, hat sich der Senat in seinem Urteil vom 5. Dezember 1978 VIII R 29/76 (BFHE 127, 319, BStBl II 1979, 476) befaßt. Für den Fall der Nutzung eines im Bruchteilseigentum mehrerer Personen stehenden Einfamilienhauses in der Weise, daß zwei Personen das Haus bewohnen und der dritte Miteigentümer gegen Entgelt mit dieser Nutzung einverstanden ist, wurde entschieden, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des entgeltlich überlassenden Miteigentümers nach dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten und die Einkünfte der das Haus bewohnenden Miteigentümer mit dem nach den Vorschriften der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (EinfHausV) ermittelten Nutzungswert zu berechnen sind. Die Anwendbarkeit der EinfHausV in den Fällen des Selbstbewohnens eines Einfamilienhauses durch einzelne Miteigentümer wurde unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs, des Regelungsinhalts und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift bejaht. An dieser Auslegung hält der Senat fest.

Die vorerwähnten Grundsätze aus dem zur EinfHausV ergangenen Urteil in BFHE 127, 319, BStBl II 1979, 476 gelten auch für § 21a EStG in der für das Streitjahr 1974 maßgebenden Fassung. Da § 21a EStG weitgehend der EinfHausV entspricht und Gegenteiliges aus dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, bestehen keine Bedenken, in den Fällen, in denen ein Miteigentümer das gesamte Einfamilienhaus nutzt und dem anderen Miteigentümer ein Entgelt für die Benutzung von dessen Anteil zahlt, die Einkünfte des selbstbewohnenden Miteigentümers nach § 21a EStG und die Einkünfte des überlassenden Miteigentümers durch Überschußrechnung zu ermitteln.

§ 21a EStG ist auch bei einer selbstgenutzten Eigentumswohnung anwendbar. Wohnung im eigenen Einfamilienhaus im Sinne des § 75 Abs. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) -so § 21a Abs. 1 Satz 1 EStG- ist auch Wohnungseigentum und Teileigentum, das als Einfamilienhaus bewertet ist (§ 93 Abs. 1 i.V.m. § 75 BewG).

Der Anwendung des § 21a EStG im Streitfall steht es nicht entgegen, daß die Kläger zu 1 bis 3 nicht Miteigentümer nach Bruchteilen, sondern Gesamthandseigentümer der Eigentumswohnung sind. Abgesehen davon, daß steuerrechtlich nach § 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO 1977-) Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten so zuzurechnen sind, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt, ist es für die Anwendbarkeit von § 21a EStG belanglos, ob Miteigentum nach Bruchteilen oder zur gesamten Hand besteht. § 21a EStG ist -ebenso wie vorher die EinfHausV- immer dann anwendbar, wenn der Besteuerungstatbestand des § 21 Abs. 2 1. Alternative EStG gegeben ist und dem bewohnenden Miteigentümer fiktive Einkünfte zuzurechnen sind (vgl. Urteil in BFHE 127, 319, BStBl II 1979, 476). Für den Besteuerungstatbestand des § 21 Abs. 2 1. Alternative EStG ist das Tatbestandsmerkmal "im eigenen Haus" gleichermaßen bei Alleineigentum, Bruchteilseigentum oder Gesamthandseigentum erfüllt, weil "eigen" im Sinne dieser Vorschrift jede Form von Eigentum erfaßt.

2. Die Vorentscheidung, die auf anderen Rechtsüberlegungen beruht, war aufzuheben. Der Senat kann selbst entscheiden und weist die Klage ab.