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BVerwG-Urteil vom 29.9.1982 (8 C 48.82) BStBl. 1984 II S. 236

Die nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung der Gewerbesteuer (hier: Lohnsummensteuer) kann den Gemeinden nur durch ein nachkonstitutionelles Landesgesetz übertragen werden (wie Urteil vom 29. September 1982 - BVerwG 8 C 138.81 -).

Die Übertragung der Kompetenz für die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer (hier: Erhebung der Lohnsummensteuer) auf die Gemeinden ist in Nordrhein-Westfalen erst durch Gesetz vom 16. Dezember 1981 erfolgt. Dieses Gesetz hat die vor seinem Inkrafttreten erlassenen, wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit zunächst rechtswidrigen Steuerbescheide geheilt.

Die Erhebung der Lohnsummensteuer war verfassungsgemäß. Die Einziehung der Lohnsummensteuer ist nicht deshalb sachlich unbillig, weil ein Gewerbebetrieb über mehrere Jahre Verluste erwirtschaftet hat und die Steuer deshalb aus der Substanz entrichtet werden muß.

Ein Erlaß der Lohnsummensteuer aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung oder die Existenzvernichtung des Gewerbebetriebs darstellen würde. Daran fehlt es jedenfalls, wenn der Anteil der Lohnsummensteuer an den Gesamtkosten 0,41 v. H. beträgt.

Vorinstanzen: VG Minden, OVG Münster

Sachverhalt

I.

Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen mit Hauptsitz in D. Da das im allgemeinen Wohngebiet liegende Firmengrundstück eine Betriebserweiterung nicht zuließ, verlegte sie im Jahre 1975 den größten Teil ihres Betriebs in den 1973 nach D. eingemeindeten Ortsteil B.

Für das Jahr 1978 gab die Klägerin folgende Lohnsummensteuererklärungen (nachfolgend Lohnsummensteuer"bescheide") ab:

1. Quartal: 18. April 1978

9.175,49 DM

2. Quartal: 20. Juli 1978

9.880,13 DM

3. Quartal: 13. Oktober 1978

9.809,09 DM

4. Quartal: 17. Januar 1979

9.716,74 DM.

Die Lohnsummensteuer für das 1. Quartal 1978 berichtigte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 1978 auf 8.887,48 DM. Die Steuern sind noch nicht entrichtet.

Mit Schreiben vom 24. April 1978 beantragte die Klägerin, die Lohnsummensteuer für das 1. Quartal 1978, mit Schreiben vom 20. Juli 1978 die Lohnsummensteuer für das 2. Quartal 1978 zu erlassen. Mit Schreiben vom 6. November 1978 erhob die Klägerin hinsichtlich der Lohnsummensteuer für das 3. Quartal 1978 Widerspruch und beantragte gleichzeitig, die Lohnsummensteuer für diesen Zeitraum zu erlassen. Mit Widerspruch vom 22. Januar 1979 stellte sie entsprechende Anträge hinsichtlich der Lohnsummensteuer für das 4. Quartal 1978.

Der Beklagte lehnte die Erlaßanträge für das 1. und 2. Quartal 1978 mit Bescheid vom 9. August 1978 ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 9. Januar 1979 zurück. Die hinsichtlich des 3. und 4. Quartals 1978 erhobenen Widersprüche wies der Beklagte mit Bescheiden vom 9. Januar 1979 bzw. 31. Januar 1979 zurück.

Mit ihren Klagen hat die Klägerin geltend gemacht: Die Erhebung der Lohnsummensteuer sei verfassungswidrig. Auch habe sie Anspruch auf Erlaß der Lohnsummensteuer, und zwar aus sachlichen Billigkeitsgründen, weil der Betrieb über einen längeren Zeitraum mit Verlusten abgeschlossen habe, und aus persönlichen Billigkeitsgründen, weil der Betrieb in seiner Existenz gefährdet sei.

Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung der Lohnsummensteuerbescheide (3. und 4. Quartal 1978) und auf Erlaß der Lohnsummensteuer (1. bis 4. Quartal 1978) gerichteten Klagen durch Urteile vom 25. November 1980 abgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungsverfahren (3 A 700/81 und 3 A 701/81) verbunden (3 A 700/81) und die Berufung der Klägerin, die nunmehr beantragt hatte, die Lohnsummensteuerbescheide 1978 aufzuheben, hilfsweise den Beklagten zum Erlaß der Lohnsummensteuer 1978 zu verpflichten, durch Urteil vom 27. April 1981 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Der Hauptantrag sei nicht begründet. Die Lohnsummensteuerbescheide 1978 seien rechtmäßig. Die Erhebung der Lohnsummensteuer sei nicht verfassungswidrig. Das habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 21. Dezember 1966 (BVerfGE 21, 54) und für die Jahre 1971 und 1972 in seinem Beschluß vom 1. Juli 1978 - 1 BvR 364/78 - ausgesprochen. Seither hätten sich die Verhältnisse nicht so grundlegend geändert, daß die Lohnsummensteuer als verfassungswidrig anzusehen wäre.

Die Lohnsummensteuerbescheide 1978 seien auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte die Steuer nicht aus Billigkeitsgründen erlassen habe. Das Erlaßbegehren sei mit der Anfechtungsklage zu verfolgen, weil der Beklagte bei den Realsteuern eine Billigkeitsentscheidung bereits im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung treffen könne. Bei der Lohnsummensteuer sei die Frage der Unbilligkeit spätestens im Widerspruchsverfahren zu prüfen. Der Klägerin stehe jedoch ein Anspruch auf Erlaß der Lohnsummensteuer nicht zu.

Gründe für eine sachliche Unbilligkeit seien nicht schon dann gegeben, wenn die Zahlung der Lohnsummensteuer aus der Substanz verlangt werde, weil ein Steuerpflichtiger über längere Zeit Verluste erwirtschaftet habe. Diese Härten habe der Gesetzgeber in Kauf genommen. Denn der Gesetzgeber habe den Gemeinden zur Deckung ihres Finanzbedarfs, der zu einem erheblichen Teil auch durch die in der Gemeinde ansässigen Gewerbebetriebe verursacht werde, mit der Lohnsummensteuer einen möglichst konjunktur- und krisenunempfindlichen Ausgleich gewährleisten wollen. Dieser Zweck schließe ein, daß die Steuer auch bei schlechter Ertragslage oder längerer Verlustperiode eines Betriebs zu zahlen sei. Zwar hätten sich seit der Einführung der Lohnsummensteuer im Jahr 1936 die Grundlagen für deren Erhebung, namentlich die Finanzierung der Gemeindehaushalte geändert. Daraus folge jedoch nicht, daß die Erhebung der Lohnsummensteuer im Jahr 1978 im Fall erheblicher Verluste nicht mehr dem Willen des Gesetzgebers entsprochen habe. Die nachfolgende Abschaffung der Lohnsummensteuer sei aus Gründen der Steuervereinfachung und der Wirtschaftspolitik erfolgt.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen. Die Einziehung der Steuer sei weder im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung noch der letzten Verhandlung vor dem Gericht, noch im Zeitpunkt ihrer Einziehung unbillig gewesen. Ein Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen sei regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn die Existenz des Betriebs gerade durch die Einziehung der Steuer gefährdet werde. Es reiche nicht aus, daß die Lohnsummensteuer einen Teil der betrieblichen Verluste darstelle. Ein Erlaßgrund bestehe ferner nicht, wenn der Wegfall der Steuerschuld keine nennenswerten Auswirkungen auf die Vermögens- und Ertragslage des Betriebs habe. Andernfalls würden bei Überschuldung Billigkeitsentscheidungen ihrer steuerrechtlichen Relevanz entkleidet und nur anderen Gläubigern zugute kommen. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen Einziehung der Steuer und Existenzgefährdung sei bei der Klägerin nicht gegeben.

Daß die Zahlung der Lohnsummensteuer für die Klägerin eine untergeordnete Bedeutung habe, folge daraus, daß diese Steuer im Jahr 1978 nur 1,92 v.H. der der Lohnsummensteuer unterworfenen Personalausgaben und 0,41 v.H. der Gesamtkosten betrage (Gesamtausgaben: 9.268.904 DM, Lohnsummensteuer: 38.293,44 DM). Die Höhe der Lohnsummensteuer sei auch im Verhältnis zu den Verlusten (1978: 710.000 DM) und zu den am 31. Dezember 1978 bestehenden Gesamtverbindlichkeiten (6.538.000 DM) geringfügig.

Etwas anderes ergebe sich nicht, wenn auf sämtliche Steuern der Klägerin einschließlich der Kfz-Steuer abgestellt werde. Deren Betrag von 485.473 DM sei zwar gegenüber den Verlusten nicht unerheblich. Die Steuern hätten jedoch keine entscheidende Bedeutung für die finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin. Dies zeige sich daran, daß die gesamten steuerlichen Belastungen 1975 bis 1978 im wesentlichen gleich geblieben seien, während das Geschäftsergebnis zwischen 240.000 DM Gewinn 1975 und 710.000 DM Verlust 1978 geschwankt habe. Die Verluste 1976 bis 1978 seien auf die von der Klägerin in den Jahren 1973 bis 1975 getätigten außerordentlich hohen Investitionen zurückzuführen. Die mit diesen Investitionen beabsichtigte Vergrößerung des Gewerbebetriebs habe jedoch nicht verwirklicht werden können. Die Umsatzerlöse seien bis zum Jahr 1976 gesteigert worden, danach seien sie aber rückläufig gewesen. Eine Senkung der durch die hohen Investitionen bedingten Kosten habe die Klägerin Ende 1979 durch einen Teilverkauf und durch damit verbundene Realisierung stiller Reserven erreicht, was zu einer finanziellen Gesundung des Unternehmens geführt habe.

Falls man zugunsten der Klägerin unterstelle, daß sie sich im Jahr 1978 in einer Liquiditätskrise befunden habe, sei der Steuererlaß zur Beseitigung der Existenzgefährdung nicht notwendig gewesen. Der etwaigen Gefährdung habe durch eine Stundung ausreichend Rechnung getragen werden können, weil die Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin vorübergehender Art gewesen seien. Es sei abzusehen gewesen, daß dieser Engpaß habe beseitigt werden können.

Der Hilfsantrag sei nicht begründet, weil der Klägerin ein Anspruch auf Steuererlaß wegen Unbilligkeit nicht zustehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die durch das Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit welcher diese die Verletzung formellen und materiellen Bundesrechts rügt und die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie die Aufhebung der Lohnsummensteuerbescheide (3. und 4. Quartal 1978) und die Verpflichtung zum Erlaß der Lohnsummensteuer (1. bis 4. Quartal 1978) begehrt.

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht (§§ 144 Abs. 2, 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Die Klägerin verfolgt das auf Steuererlaß gerichtete Begehren zutreffend nicht mehr mit der Anfechtungsklage, sondern, wie bereits vor dem Verwaltungsgericht, mit der Verpflichtungsklage (vgl. zu § 163 Abs. 1 AO: Urteil vom 4. Juni 1982 - BVerwG 8 C 90.81 - ZKF 1982, 193).

Die zum Teil den Anfechtungsantrag und den Erlaßantrag, im übrigen den Erlaßantrag allein betreffenden Verfahrensrügen der Klägerin sind insgesamt nicht begründet.

Die vom Berufungsgericht beibehaltene Trennung der Verfahren OVG 3 A 838/80 (Erlaß der Lohnsummensteuer 1976/1977) und OVG 3 A 700/81 (Anfechtung und Erlaß der Lohnsummensteuer 1978) verstößt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht gegen § 93 VwGO. Insoweit waren unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht, deren Verfahren getrennt werden durften (§ 93 Satz 2 VwGO). Mangels Vorliegens eines einheitlichen Anspruchs war eine einheitliche Entscheidung in einem Verfahren rechtlich nicht geboten (vgl. Urteil vom 17. Februar 1972 - BVerwG VIII C 84.70 - BVerwGE 39, 319 (321)). Es ist auch nicht erkennbar, daß das Berufungsgericht mit der Ablehnung der von der Klägerin beantragten Verbindung beider Verfahren das ihm nach § 93 VwGO zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Der Vortrag der Klägerin, sie sei durch die Beibehaltung der Trennung in der Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte behindert worden, geht fehl. Die Entscheidung, ob im Fall des Unterliegens Nichtzulassungsbeschwerde oder Verfassungsbeschwerde zu erheben ist, wird von der Trennung oder der Verbindung nicht berührt. Daß die Beibehaltung der Trennung zu zusätzlichen, etwa büromäßigen Aufwendungen und infolge der Degression in den Gebührentabellen zu höheren Verfahrenskosten führt, ist kein beachtlicher Nachteil.

Die Vorschriften der §§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO sind nicht deshalb verletzt, weil das Berufungsurteil keine Ausführungen zu dem Vortrag der Klägerin enthält, sie habe aufgrund eines mit der Gemeinde Brönninghausen im Jahr 1972 geschlossenen Kanalbaukostenvertrages 123.000 DM zinslos vorfinanziert, und es sei infolge der Eingemeindung eine wesentlich höhere Steuerlast angefallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muß sich das Gericht in den Urteilsgründen nicht mit jedem einzelnen Vorbringen der Beteiligten auseinandersetzen, insbesondere dann nicht, wenn das Vorbringen offensichtlich unerheblich ist oder wenn sich aus dem Urteil zweifelsfrei ergibt, daß das Gericht das Vorbringen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich ansieht (vgl. Urteil vom 28. März 1961 - BVerwG II C 51.59 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 4 und Beschluß vom 3. März 1975 - BVerwG VII B 118.74 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 78). So liegt der Fall hier. Die Tatsache des Kanalbaukostenvertrags gibt für einen Anspruch auf Billigkeitserlaß der Lohnsummensteuer offensichtlich nichts her. Denn die Klägerin hat den Kanalbau nur vorfinanziert. Ihre Aufwendungen sollten mit den entstehenden Kanalbenutzungsgebühren verrechnet werden. Zudem dienten dieser Vertrag und die aus ihm folgende Zinsbelastung der Klägerin deren eigenen Interessen an der Ansiedlung ihres Betriebs in der damals selbständigen Gemeinde Brönninghausen. Der Hinweis der Klägerin auf das Urteil vom 18. April 1975 - BVerwG VII C 15.73 - Buchholz 401.0 § 131 AO Nr. 18 S. 1 (6) gibt zur Unterstützung ihres Standpunktes nichts her. In jenem Fall hat das Bundesverwaltungsgericht einen Steuererlaß mit § 131 RAO für vereinbar gehalten, wenn der Steuerpflichtige seiner Gemeinde Maßnahmen zum Ausbau der örtlichen Infrastruktur (etwa Einrichtungen der Energie- und Wasserversorgung, des Nahverkehrs, der Abfallbeseitigung) durch eigene Aufwendungen abnimmt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Daß eine aus der Gebietsreform folgende gewerbesteuerliche Mehrbelastung der Klägerin (höhere Hebesätze, Erhebung der Lohnsummensteuer) einen Anspruch auf Steuererlaß nicht zu begründen vermag, ist gleichfalls offensichtlich. Das Verwaltungsgericht hat dazu in dem Parallelverfahren (OVG 3 A 838/80, VG 6 K 197/79) ausgeführt, in den von der Gebietsänderung betroffenen Gebieten seien zugunsten der Gewerbesteuerpflichtigen gemäß §§ 25 Abs. 4 Satz 2, 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG Übergangsregelungen getroffen worden, ein weitergehender Anspruch auf "Fortbestand" der früheren Hebesätze bestehe nicht. Das ist zutreffend. Überdies ist davon auszugehen, daß das Berufungsgericht diesen Vortrag aus dem an den Beklagten gerichteten Erlaßantrag ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich angesehen hat, zumal die Klägerin dieses Vorbringen vor dem Berufungsgericht nicht ausdrücklich wiederholt hat.

Die Rüge, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, weil es den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, Zeugen zu der Behauptung zu hören, die Klägerin habe sich im Jahr 1978 in existenzbeeinträchtigenden Liquiditätsschwierigkeiten befunden, mit der Begründung abgelehnt hat, die Beweistatsache könne als wahr unterstellt werden, ist ebenfalls nicht begründet. Denn das Berufungsgericht hat sich in den Gründen seines Urteils an diese Unterstellung gehalten. Es hat nämlich ausgeführt, falls sich die Klägerin im Jahr 1978 in einer Liquiditätskrise befunden haben sollte, sei der Steuererlaß zur Beseitigung der Existenzgefährdung nicht notwendig gewesen. Dieser Gefahr habe durch eine Stundung ausreichend Rechnung getragen werden können (BU S. 14, 15). Im übrigen mußte sich eine weitere Sachaufklärung dem Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aufdrängen. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Erlaß der Steuer aus persönlichen Billigkeitsgründen mit der Begründung verneint, die Einziehung der Steuer habe wegen ihrer geringen Höhe keine wesentliche Ursache für eine Existenzgefährdung darstellen können. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung kam eine weitere Sachaufklärung nicht in Betracht.

Die weiteren Verfahrensrügen der Klägerin sind gleichfalls unbegründet. Ob das Berufungsgericht die Frage offenlassen durfte, auf welchen Zeitpunkt es für die Beurteilung der persönlichen Billigkeitsgründe ankommt, richtet sich nicht nach dem Verwaltungsprozeßrecht, sondern nach dem materiellen Recht. Auch hat das Berufungsgericht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht dadurch verletzt, daß der Beklagte auf die Genehmigung der Klägerin nicht in deren Bücher und in die sie betreffenden Steuerakten des Finanzamts Einsicht genommen hat. Ferner folgt eine Verletzung der Pflicht des Vorsitzenden, die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern (§ 104 Abs. 1 VwGO), nicht daraus, daß die Klägerin die vom Berufungsgericht aus den vorgelegten Abschlüssen 1973 bis 1978 gezogenen Schlußfolgerungen für fehlerhaft hält.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hält die Anfechtungsklage gegen die im Streit befindlichen Lohnsummensteuerbescheide für das 3. und 4. Quartal 1978 für unbegründet, weil die Erhebung der Lohnsummensteuer verfassungsgemäß sei. Das begegnet keinen bundesrechtlichen Bedenken.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Berufungsgericht zutreffend den Verwaltungsrechtsweg als gegeben angesehen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten wäre auch dann nicht gegeben, wenn die Gemeinde zur Verwaltung der Lohnsummensteuer nicht sachlich zuständig gewesen sein sollte. Der Finanzrechtsweg ist nämlich nur gegeben, soweit der Gesetzgebung des Bundes unterliegende Steuern durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Wird indessen eine Gemeinde auf dem Gebiet der Lohnsummensteuer tätig, wie das hier durch die Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärungen und durch Erlaß der Widerspruchsbescheide geschehen ist, ist der Finanzrechtsweg nicht eröffnet (vgl. Urteil vom 26. Juni 1964 - BVerwG VII C 6.64 - BVerwGE 19, 68).

Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß als Rechtsbehelf die Anfechtungsklage gegeben ist (§ 42 Abs. 1 VwGO). Zwar hat der Beklagte keine Lohnsummensteuerbescheide, sondern nur die Widerspruchsbescheide erlassen. Nach § 26 Abs. 2 Satz 3 GewStG i. d. F. des Art. 12 Nr. 7 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) vom 14. Dezember 1976 (BGBl I S. 3341) ist jedoch die Lohnsummensteuererklärung des Steuerpflichtigen eine Steueranmeldung, die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 und § 163 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung gleichsteht. Die Steuerfestsetzung erfolgt regelmäßig durch Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO). Da den Lohnsummensteuererklärungen danach die rechtliche Wirkung eines Steuerbescheids zukommt - für die von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern ist gegen Steueranmeldungen gemäß § 348 Abs. 1 Nr. 1 AO der Einspruch gegeben -, können sie mit dem Widerspruch und der Anfechtungsklage angegriffen werden. Infolge der Änderung des § 26 GewStG, die für Erhebungszeiträume nach dem 31. Dezember 1976 galt (§ 36 Abs. 1 Nr. 2 GewStG i. d. F. des Art. 12 Nr. 13 EGAO 1977), ist die Grundlage für die bisherige Rechtsprechung (vgl. Urteile vom 26. Juni 1964 a. a. O. S. 69 und vom 18. September 1970 - BVerwG VII C 68.68 - Buchholz 401.5 § 26 GewStG Nr. 3 S. 2 [4]) entfallen, nach welcher in der widerspruchslosen Annahme der Lohnsummensteuererklärung durch die Gemeinde ein formloser Steuerbescheid zu sehen ist.

Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Erhebung der Lohnsummensteuer für das 3. und 4. Quartal 1978 nicht verfassungwidrig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs war die Regelung der Lohnsummensteuer mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1966 - 1 BvR 33/64 - BVerfGE 21, 54 f., BStBl III 1967, 743 für das Jahr 1962 und vom 1. Juni 1978 - 1 BvR 364/78 - HFR 1978, 340 für die Jahre 1971, 1972; BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1964 - BVerwG VII C 6.64 - a. a. O. S. 72 für das Jahr 1963 und vom 22. September 1967 - BVerwG VII C 11.67 - Buchholz 401.5 § 6 GewStG Nr. 1 für das Jahr 1962 und Beschluß vom 16. Juli 1979 - BVerwG 7 B 141.79 - für das Jahr 1974; BFH, Urteil vom 21. April 1977 - IV R 161-162/75 - BStBl II 1977, 512). Daran ist festzuhalten. Die für die vorgenannten Entscheidungen maßgebenden Verhältnisse haben sich seither, insbesondere für 1978, nicht grundlegend geändert. Eine entscheidungserhebliche Änderung der Verhältnisse ist entgegen dem Vortrag der Klägerin insbesondere nicht durch das Gemeindefinanzreformgesetz vom 8. September 1969 (BGBl. I S. 1587) eingetreten (vgl. Breithaupt/Wrabetz, KStZ 1980, 121 [123]; a. M. Gast-de Haan, KStZ 1979 , 6 [7, 8]). Zwar trifft es zu, daß den Gemeinden durch dieses Gesetz eine weitgehend krisenunabhängige Einnahmequelle geschaffen worden ist. Die Gemeinden erhalten nach diesem Gesetz vom Jahr 1970 an 14 v. H. des Aufkommens an Lohnsteuer und an veranlagter Einkommensteuer und haben eine Gewerbesteuerumlage von etwa 40 v. H. des Gewerbesteueraufkommens an das Finanzamt abzuführen. Diese Regelung hat indessen den Grund und Zweck der Einführung der Lohnsummensteuer, nämlich die Schaffung einer einigermaßen konjunktur- und krisenunempfindlichen Steuer (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Dezember 1966 a. a. O. S. 66), nicht berührt. Das wird auch daraus deutlich, daß mit dem Wegfall der Lohnsummensteuer zum 1. Januar 1980 der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer auf 15 v. H. erhöht und die Gewerbesteuerumlage um ein Drittel gesenkt worden ist (Art. 13 Steueränderungsgesetz 1979 vom 30. November 1978, BGBl. I S. 1849). Auch aus dem Wegfall der Lohnsummensteuer zum 1. Januar 1980 folgt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht, daß der mit dieser Steuer verfolgte Zweck vor dem 1. Januar 1980 entfallen gewesen wäre.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Erhebung der Gewerbesteuer verstoße gegen das Äquivalenzprinzip, weil die von den Gemeinden mit dieser Steuer erbrachten Leistungen allen Bürgern zugute kämen, bestehen gleichfalls verfassungsrechtliche Bedenken nicht. Der Äquivalenzgrundsatz findet keine Anwendung, weil die Steuer keine Gegenleistung für eine besondere Leistung eines Trägers öffentlicher Verwaltung darstellt (vgl. § 3 Abs. 1 AO).

Die Veranlagung zu der streitigen Lohnsummensteuer ist auch nicht wegen Fehlens der sachlichen Zuständigkeit des Beklagten aufzuheben. Zwar ist es richtig, daß dem Beklagten im Zeitpunkt der Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärungen und im Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsbescheide die Kompetenz zur Verwaltung der Lohnsummensteuer nicht zustand. Nach Abschluß des Berufungsverfahrens ist indessen das Gesetz über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981 (GV. NW. S. 732) ergangen, nach dessen § 1 "für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern ... die hebeberechtigten Gemeinden zuständig" sind. Der hieraus folgende nachträgliche Zuwachs der Kompetenz hat die zunächst fehlerhaften Veranlagungen geheilt. Zu diesen vom Berufungsgericht nicht beurteilten Fragen ist im einzelnen auszuführen:

Die Verwaltung der Lohnsummensteuer steht nach dem Grundgesetz den Landesfinanzbehörden zu. Diese Kompetenz kann den Gemeinden nur durch ein nachkonstitutionelles Landesgesetz übertragen werden.

Das Grundgesetz weist die Verwaltungskompetenz für die Realsteuern den Landesfinanzbehörden zu (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG i. d. F. des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969, BGBl I S. 359 - GG 1969 -) und bestimmt, daß für die den Gemeinden allein zufließenden Steuern die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden übertragen werden kann (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG 1969). Das Aufkommen der Realsteuern steht den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG 1969). Daß die Übertragung der Verwaltungskompetenz für diese Steuern von den Ländern auf die Gemeinden nur durch die Länder erfolgen kann, folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG 1969.

Daran ändert nichts, daß nach Art. 106 Abs. 6 Satz 4 GG 1969 Bund und Länder durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden können und das Gemeindefinanzreformgesetz vom 8. September 1969 durch die Anordnung einer Gewerbesteuerumlage eine solche Beteiligung geregelt hat. Aus der Gesetzesfassung "den Gemeinden ... allein zufließende Steuern" folgt nicht, daß die Zuständigkeit für die Übertragung der Verwaltungskompetenz für die Gewerbesteuer nunmehr beim Bund und nicht bei den Ländern läge. Denn die Regelung der Zuständigkeit für die Übertragung in Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG 1969 knüpft ersichtlich an die Ertragshoheit (Ertragszuständigkeit) für die Steuern an. Aus dem Begriff der "Umlage" folgt jedoch, daß das Gemeindefinanzreformgesetz die Ertragshoheit für die Gewerbesteuer nicht teilweise auf den Bund übertragen hat, sondern daß diese Ertragshoheit bei den Gemeinden verblieben ist und Bund und Länder nur einen Anspruch gegen die Gemeinden erhalten haben (vgl. Maunz in Maunz-Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rdnr. 92; Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 106 Rdnr. 20).

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG 1969. Zwar kann nach dieser Vorschrift das (von den Landesfinanzbehörden und) in den Fällen des Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden anzuwendende Verfahren durch Bundesgesetz geregelt werden. Die Übertragung der Verwaltungskompetenz gehört jedoch nicht zur Regelung des von den Gemeinden im Fall der Übertragung anzuwendenden Verfahrens (vgl. Vogel-Wachenhausen, Bonner Kommentar, Art. 108 GG, Rdn. 132; a. M. Schmidt-Bleibtreu/Klein, a. a. O., Art. 108 Rdnr. 17). Ebensowenig ist Art. 108 Abs. 7 GG 1969 einschlägig. Die durch diese Vorschrift geregelte Ermächtigung der Bundesregierung, allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen, gilt nur, "soweit die Verwaltung den Landesfinanzbehörden oder Gemeinden ... obliegt", also den Gemeinden bereits übertragen ist. Überdies kann die Übertragung (Delegation) der Verwaltungskompetenz von den Ländern auf die Gemeinden (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG 1969) nur durch ein förmliches (Landes-)Gesetz erfolgen. Dieses Erfordernis folgt aus der Überlegung, daß die Änderung der durch Gesetz geschaffenen Rechtsordnung ihrerseits ein Gesetz voraussetzt (vgl. Triepel, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, S. 88).

Vorkonstitutionelle Gesetze oder etwa vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht vermögen eine Verwaltungskompetenz der Gemeinden für die Gewerbesteuer nicht zu begründen. Der insoweit maßgebende Art. 108 Abs. 3 Satz 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1) - GG - ("Die Verwaltung der den Gemeinden ... zufließenden Steuern kann durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden ... übertragen werden") läßt nämlich die Übertragung dieser den Landesfinanzbehörden zugewiesenen Kompetenz (vgl. Art. 108 Abs. 3 Satz 1 GG) auf die Gemeinden nur durch nachkonstitutionelle Gesetze zu. Denn eine Delegation kann rechtmäßig nur zeitlich nach dem Erlaß des sie gestattenden Gesetzes erfolgen.

Im Zeitpunkt der Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärungen und des Erlasses der Widerspruchsbescheide bestand kein Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, das die insoweit den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltungskompetenz den Gemeinden übertragen hat. Diese Frage betrifft zwar die Auslegung und Anwendung von Landesrecht. Das Revisionsgericht kann sie indessen prüfen, weil sich das Berufungsgericht mit ihr nicht befaßt hat (vgl. §§ 173 VwGO, 562 ZPO; Urteil vom 5. Juni 1959 - BVerwG VII C 83.57 - BVerwGE 8, 329 [333]). Der Senat entscheidet sie, um eine Zurückverweisung zu vermeiden.

Das Gesetz über die Rückübertragung der Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital auf die Gemeinden vom 8. Juni 1949 (GS. NW. S. 604) betrifft nicht die Verwaltungskompetenz für die Lohnsummensteuer. Auch eine entsprechende Anwendung dieses Gesetzes auf die Lohnsummensteuer kommt nicht in Betracht. Sie würde dem Zweck des Gesetzes widersprechen. Das Gesetz wollte nämlich die Regelung der Verordnung über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form vom 31. März 1943 (RGBl. I S. 237) - GewStVV - rückgängig machen, welche "die Festsetzung und die Erhebung der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital" den Finanzämtern übertragen hatte (§ 1 Abs. 1 GewStVV). Die seinerzeitige Übertragung von Verwaltungskompetenzen auf die Finanzämter erstreckte sich indessen nicht auf die Lohnsummensteuer (vgl. § 11 Abs. 2 GewStVV).

Art. 78 Abs. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 1950 (GV. NW. S. 127) - LV - und § 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1952 (GV. NW. S. 269) - GO - vermögen eine Verwaltungskompetenz der Gemeinden für die Lohnsummensteuer gleichfalls nicht zu begründen. Nach diesen Vorschriften sind die Gemeinden in ihrem Gebiet die alleinigen Träger der öffentlichen Verwaltung nur insoweit, als die Gesetze nichts anderes bestimmen. Für die Verwaltung der Lohnsummensteuer legt Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG 1969 eine andere Zuständigkeit fest. Diese Zuständigkeit kann zwar durch Landesgesetz den Gemeinden übertragen werden (Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG 1969). Solange eine solche Übertragung nicht erfolgt ist, können indessen weder Art. 78 Abs. 2 LV noch § 2 GO die Zuständigkeit der Gemeinden ergänzend begründen.

Ebensowenig gibt § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969 (GV. NW. S. 712) - KAG - ("Die Gemeinden können Steuern erheben") für die Begründung der Verwaltungskompetenz für die Lohnsummensteuer etwas her. Die Vorschrift regelt nicht eine Verwaltungskompetenz, sondern das Steuerfindungsrecht der Gemeinden und auch das nur insoweit, als "nicht Bundes- oder Landesgesetze etwas anderes bestimmen" (§ 1 Abs. 1 KAG; vgl. Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land NW, 2. Aufl., § 3 KAG Rdn. 2).

Die angefochtenen Bescheide sind indessen durch das nach Abschluß des Berufungsverfahrens ergangene Gesetz über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981, das mit seiner Verkündung in Kraft getreten ist, geheilt worden, weil § 1 dieses Gesetzes die Verwaltungskompetenz für die Lohnsummensteuer den Gemeinden auch mit Wirkung auf vor seinem Inkrafttreten ergangene Bescheide übertragen hat. Das Revisionsgericht ist an der Anwendung dieser landesrechtlichen Vorschrift nicht gehindert, weil sie dem angefochtenen Berufungsurteil nicht zugrunde liegt (vgl. §§ 173 VwGO, 562 ZPO; Urteil vom 22. Mai 1980 - BVerwG 7 C 73.78 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 32 S. 49 [51]).

Das Gesetz vom 16. Dezember 1981 regelt wegen seines weitgefaßten Wortlauts ("Für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern sind die hebeberechtigten Gemeinden zuständig") auch die Zuständigkeit für die Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärung und für die daran anschließenden Verwaltungsmaßnahmen (abweichende Steuerfestsetzung, Widerspruchsbescheid, Erhebungsmaßnahmen). Dem steht nicht entgegen, daß die Vorschriften über die Erhebung der Lohnsummensteuer mit Wirkung vom Erhebungszeitraum 1980 an und damit vor Erlaß des Gesetzes vom 16. Dezember 1981 aufgehoben worden sind (Art. 2 Nr. 2 und Nr. 13 des Steueränderungsgesetzes 1979). Abgesehen davon, daß Lohnsummensteuern, die vor dem Erhebungszeitraum 1980 entstanden sind, von den Gemeinden auch noch im Jahr 1981 und später erhoben werden konnten (vgl. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 2 Nr. 1, 171 Abs. 3 AO), war es der Sinn des Gesetzes vom 16. Dezember 1981, die durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Mai 1981 - II 1420/79 - entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen und eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Verwaltungskompetenz der Gemeinden zu schaffen. Dieser Heilungszweck schließt ein, daß der Landesgesetzgeber die Wirkung des Gesetzes auch auf die vor seinem Inkrafttreten ergangenen Bescheide und Steueranmeldungen hat erstrecken wollen.

Die Heilung wäre allerdings ausgeschlossen, wenn die angefochtenen Lohnsummensteuererklärungen nichtig wären. Das trifft jedoch nicht zu. Nach der gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 AO entsprechend geltenden Vorschrift des § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Es begegnet bereits Zweifeln, ob der Erlaß eines Bescheids, hier die Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärungen, durch eine sachlich unzuständige Behörde immer als eine besonders schwere, d. h. unerträgliche Rechtsverletzung angesehen werden muß (z. B. verneint im Urteil vom 16. Juli 1968 - BVerwG I C 81.67 - BVerwGE 30, 138 [139]). Der hier vorliegende Fehler war angesichts der Tatsache, daß die Verwaltungskompetenz der Gemeinden zur Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärungen seinerzeit von keiner Seite ernstlich in Zweifel gezogen worden war, jedenfalls nicht offenkundig.

Das Prozeßrecht steht der Berücksichtigung der Heilung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen verwaltungsprozeßrechtlichen Grundsatz des Inhalts, daß bei einer Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes stets nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu beurteilen sei (vgl. Urteil vom 14. Februar 1975 - BVerwG IV C 21.74 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 19 S. 1 [3]). Auf welcher Sach- und Rechtslage bei der Beurteilung einer Anfechtungsklage abzustellen ist, bestimmt sich in erster Linie nach dem einschlägigen materiellen Recht (vgl. Urteil vom 25. November 1981 - BVerwG 8 C 14.81 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 35 S. 4 [8]). Materielles Recht in diesem Sinne ist sowohl Verwaltungsverfahrensrecht als auch das materielle Recht im engeren Sinne.

Das hier maßgebende Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes steht der Heilung der angefochtenen Lohnsummensteuererklärungen gleichfalls nicht entgegen. Der nachträgliche Zuwachs der sachlichen Zuständigkeit zählt allerdings nicht zu den in § 126 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 AO aufgeführten Handlungen, für deren Nachholung diese Vorschrift die Heilungswirkung anordnet. Ebensowenig kommt eine "Heilung" nach § 127 AO in Betracht, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Aus der besonderen Erwähnung der örtlichen Zuständigkeit muß geschlossen werden, daß § 127 AO für den Fall der Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit den Aufhebungsanspruch des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ausschließen will. Hier geht es indessen nicht um die Frage, ob ein von einer sachlich unzuständigen Behörde "erlassener Verwaltungsakt" Bestand behalten soll, weil er materiell rechtmäßig ist, sondern darum, ob er Bestand behalten soll, nachdem der Behörde die ihr zunächst fehlende sachliche Zuständigkeit nachträglich zugewachsen ist, die Behörde also den Verwaltungsakt nunmehr auch formell rechtmäßig "erlassen", d. h. hier die Steueranmeldung entgegennehmen könnte. Diese Frage ist im Verwaltungsverfahrensrecht der Abgabenordnung nicht geregelt. Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes steht deshalb für diese Fallgruppe der Zulässigkeit der (vom materiellen Recht i. e. S. "gewollten") Heilung nicht entgegen.

Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes hindert in Fällen der vorliegenden Art auch nicht, die erst während des gerichtlichen Verfahrens eingetretene Heilung zu berücksichtigen. Da der Fall des nachträglichen Kompetenzanfalles in § 126 Abs. 1 AO nicht geregelt ist, kommt eine Anwendung des § 126 Abs. 2 AO, der die Nachholbarkeit bestimmter heilender Handlungen bis zum Abschluß des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens bzw. bis zur Erhebung der Klage befristet, nicht in Betracht. Angesichts der Tatsache, daß § 126 Abs. 2 AO die Befristung heilender Maßnahmen nicht für sämtliche in § 126 Abs. 1 AO aufgezählten Fälle regelt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß diese Ausschlußfrist Ausdruck eines allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsgedankens ist.

Das Berufungsgericht hat die auf Nichterhebung bzw. Erlaß der Lohnsummensteuer für das Jahr 1978 gerichtete Verpflichtungsklage gleichfalls zu Recht als unbegründet angesehen.

Die Verpflichtungsklage ist hinsichtlich der Lohnsummensteuer für das 3. und 4. Quartal 1978 nach § 163 Abs. 1 AO zu beurteilen, weil die Klägerin die Billigkeitsanträge insoweit zusammen mit ihren Widersprüchen gegen die Veranlagung und damit im Festsetzungsverfahren gestellt hat. Diese Anträge sind mithin auf die Zulassung einer Steuerfestsetzung auf Null bzw. einer Steuerfestsetzung in niedrigerer Höhe gerichtet (vgl. Urteil vom 4. Juni 1982 - BVerwG 8 C 106.81 - KStZ 1982, 192 [193]). Hinsichtlich der Lohnsummensteuer für das 1. und 2. Quartal 1978 richtet sich die Beurteilung der Klage nach § 227 Abs. 1 AO. Insoweit hat die Klägerin Widerspruch nicht erhoben, sondern nur Erlaßanträge gestellt.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Erhebung bzw. Einziehung der Lohnsummensteuer für das Jahr 1978 sei angesichts des Gesetzeszwecks nicht deshalb sachlich unbillig, weil die Klägerin über längere Zeit Verluste erwirtschaftet habe und die Steuer aus der Substanz entrichtet werden muß, begegnet keinen bundesrechtlichen Bedenken.

Das Absehen von einer Steuerfestsetzung gemäß § 163 Abs. 1 AO bzw. ein Steuererlaß gemäß § 227 Abs. 1 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen ist nur zulässig, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Steuertatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, also den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Mit anderen Worten: Ein Billigkeitserlaß aus sachlichen Gründen kommt nur in Betracht, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, daß der Gesetzgeber die im Billigkeitswege begehrte Entscheidung - hätte er die Frage geregelt - im Sinne des Erlasses getroffen haben würde. Hat dagegen der Gesetzgeber bei der Anordnung der Besteuerung Härten in Kauf genommen, ist nur zu prüfen, ob die getroffene gesetzliche Regelung in ihren Härten Bedenken begegnet. Ein Billigkeitserlaß darf nicht gewährt werden, um ein vom Gesetzgeber zulässigerweise gewolltes oder in Kauf genommenes Ergebnis abzuwenden (so Urteil vom 4. Juni 1982 - BVerwG 8 C 106.81 - a. a. O. m. weit. Nachw.).

Zwar ist nicht zu verkennen, daß die Erhebung bzw. Einziehung der Lohnsummensteuer im Fall schlechter Ertragslage oder im Fall einer längeren Verlustperiode, insbesondere bei lohnintensiven Betrieben, zu sachlichen Härten führen kann. Solche Härten sind indessen vom Gesetzgeber gewollt. Das ergibt sich aus dem vom Gesetzgeber mit der Einführung der Lohnsummensteuer verfolgten Zweck. Wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, ist es der Zweck des Gesetzes, den Finanzbedarf der Gemeinden zu decken, der auch durch die in der Gemeinde ansässigen Betriebe unabhängig von deren Erträgen entsteht. Ferner sollte mit der Lohnsummensteuer eine einigermaßen konjunktur- und krisenunempfindliche Steuer geschaffen werden, was bei einer reinen Ertragsbesteuerung nicht der Fall gewesen wäre. Der Gesetzgeber wollte also das aus dieser Steuer fließende Aufkommen den Gemeinden auch bei fehlendem Ertrag der Betriebe gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Dezember 1966 - 1 BvR 33/64 - BVerfGE 21, 54 [65-67], BStBl III 1967, 743). Diesem Gesetzeszweck würde es widersprechen, die Lohnsummensteuer deshalb nicht zu erheben bzw. zu erlassen, weil ein Betrieb über ein oder mehrere Jahre hinweg Verluste erwirtschaftet hat. Der mit der Einführung der Lohnsummensteuer verfolgte Gesetzeszweck ist, wie bereits dargelegt, nachträglich weder entfallen noch hat er sich in entscheidungserheblicher Weise verändert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt im Hinblick auf die Lohnsummensteuer eine Billigkeitsentscheidung aus sachlichen Gründen auch dann nicht in Betracht, wenn in Verlustjahren für den Betrieb Schulden aufgenommen worden sind, die nicht nur der vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, und wenn Zinsen für solche Schulden bei der Ermittlung des Gewinns (§ 8 Nr. 1 GewStG) und die Verbindlichkeiten selbst bei der Ermittlung des Einheitswerts (§ 12 Abs. 2 GewStG) berücksichtigt worden sind, was zu einer höheren Gewerbesteuer nach Ertrag und Kapital führt. Abgesehen davon, daß es in solchen Fällen an dem Vorliegen eines Gewinns (§§ 8, 7 GewStG, § 4 EStG) fehlen kann und daß ferner kurzfristige Schulden sowie deren Zinsen und Einlagen gemäß §§ 8 Nr. 1 und 12 Abs. 2 GewStG nicht hinzuzurechnen sind, entsprechen diese Vorschriften im übrigen dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Durch sie gleichzeitig mit der Erhebung der Lohnsummensteuer in Verlustjahren etwa entstehende sachliche Härten entsprechen den Wertungen des Gesetzgebers und sind durch den Gesetzeszweck gerechtfertigt. Es bedarf deshalb nicht der näheren Prüfung, ob ein Anwendungsfall der §§ 8 Nr. 1, 12 Abs. 2 GewStG gegeben ist.

Das Gesetz begegnet mit dem von ihm gewollten Ergebnis, die Lohnsummensteuer auch im Fall einer Verlustperiode zu erheben, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, ist es nicht geboten, die Erhebung der Lohnsummensteuer "in Verlustjahren als verfassungsrechtlich generell verboten anzusehen" (BVerfG, Beschluß vom 1. Juni 1978 - 1 BvR 364/78 - HFR 1978, 340; vgl. auch BFH, Urteil vom 21. April 1977 - IV R 161-162/75 - BStBl II 1977, 512 [514 li. Sp.]). Im übrigen ergeben sich aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür, daß hier eine Verletzung des Gleichheitssatzes etwa deshalb in Erwägung zu ziehen wäre, weil die Lohnsummensteuer für den Betrieb der Klägerin gegenüber gleichartigen Betrieben, gemessen an dem einheitlichen Steuermeßbetrag (Gewerbeertrag und Gewerbekapital) zu einer außerordentlichen Belastung geführt hätte (vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 21. Dezember 1966 a.a.O. S. 71). Überdies ist auch für einen solchen Fall die Ermessensreduzierung in Richtung auf einen Anspruch auf Absehen von der Steuerfestsetzung bzw. auf Steuererlaß nur dann gegeben, wenn "die Lohnsummensteuer existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirkt" (BVerfG, Beschluß vom 21. Dezember 1966 a.a.O. S. 71). Diese Voraussetzungen liegen indessen, wie noch dargelegt wird, nicht vor.

Das Berufungsgericht geht ferner zutreffend davon aus, daß der Erhebung der Lohnsummensteuer 1978 auch persönliche Billigkeitsgründe nicht entgegenstehen. Die Erhebung bzw. Einziehung einer Steuer ist im Sinne des § 163 Abs. 1 AO bzw. des § 227 Abs. 1 AO (persönlich) unbillig, wenn der Steuerpflichtige erlaßwürdig ist und wenn die Erhebung bzw. Einziehung der Steuer die Fortführung des Betriebs gefährden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 1959 - BVerwG VII C 193.57 - BVerwGE 9, 238 [240]), d. h. wenn sie existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde. Der Senat läßt offen, ob diese Frage nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung oder im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts zu beurteilen ist. In beiden Fällen sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Billigkeitserlaß nicht gegeben.

Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß ein Billigkeitserlaß aus persönlichen Gründen grundsätzlich nur dann in Betracht kommen kann, wenn die Erhebung der Steuer eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstellen würde. Die Existenzgefährdung muß gerade durch die Erhebung der Steuer verursacht oder entscheidend mitverursacht sein (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung, 8. Aufl., § 163 AO Anm. 11; Breithaupt/Wrabetz, KStZ 1980, 121 [124]; a. M. Tipke/Kruse, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 227 Tz. 43). Das folgt aus dem Wortlaut der §§ 163 Abs. 1, 227 Abs. 1 AO, welche die Verknüpfung der Erhebung bzw. der Einziehung der einzelnen Steuer mit der Unbilligkeit deutlich machen. Dem korrespondiert das Erfordernis der Kausalität zwischen einem Erlaß aus persönlichen Gründen und der Weiterführung des Betriebs in dem Sinne, daß der Steuererlaß betriebserhaltende Wirkung haben muß. Dieses Erfordernis wird bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts betont. Danach setzt ein Steuererlaß wegen unbilliger Härte aus persönlichen Gründen voraus, daß er dazu dienen kann, die Verhältnisse des Betriebs in absehbarer Zeit zu normalisieren (vgl. Urteile vom 26. Februar 1960 - BVerwG VII C 93.57 - BVerwGE 10, 189 [191] und vom 6. Dezember 1968 - BVerwG VII C 68.65 - KStZ 1969, 75 [76, 77]), ein Erlaß mithin ausgeschlossen ist, wenn er die Existenz des Betriebs nicht mehr zu retten vermag (vgl. Beschluß vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 B 209.81 - Buchholz 401.0 § 227 AO Nr. 1 S. 1 [3]). Daß ein Steuererlaß aus persönlichen Billigkeitsgründen regelmäßig nur dann in Erwägung gezogen werden kann, wenn einerseits gerade die Erhebung der Steuer die Existenzgefährdung des Betriebs (mit)verursacht und andererseits das Absehen von der Steuererhebung eine bestehende Gefährdung beseitigen könnte, findet seine Rechtfertigung letztlich darin, daß die Durchbrechung der Gleichheit im Steuerrecht im Interesse der Steuergerechtigkeit nur ausnahmsweise erlaubt sein kann.

Die Erhebung der Lohnsummensteuer 1978 stellt keine entscheidende Ursache für eine etwaige Existenzgefährdung des Betriebs der Klägerin dar. Zwar kann die Erhebung auch eines kleinen Steuerbetrags eine Existenzgefährdung bewirken. Das ist indessen dann zu verneinen, wenn die Steuer in ihrer Bedeutung für die betriebliche Situation insoweit ohne Gewicht ist. Für die Beurteilung des Gewichts für eine etwaige Existenzgefährdung erscheint es sachgerecht, auf das Verhältnis der Steuer zu den Gesamtkosten des Betriebs abzustellen. Ein Vergleich der Lohnsummensteuer mit dem Jahresverlust würde Betriebe mit einem geringeren Verlust gegenüber Betrieben mit einem höheren Verlust ungerechtfertigt begünstigen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betrug der Anteil der Lohnsummensteuer der Klägerin an den Gesamtlasten im Jahr 1978 0,41 v. H. Die Frage nach der Existenzgefährdung oder nach dem Fortbestand eines Betriebs wird von einer anteiligen Belastung dieser Größenordnung nicht berührt. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Erhebung der Lohnsummensteuer 1978 könne für eine Existenzgefährdung des Betriebs der Klägerin nicht ursächlich sein, begegnet somit keinen rechtlichen Bedenken.

Danach ist es für einen Anspruch auf Billigkeitserlaß auch nicht entscheidend, ob sich der Betrieb im Jahr 1978 in einer Liquiditätskrise befunden hat, wie die Klägerin mit dem vom Berufungsgericht abgelehnten Beweisantrag behauptet hat. Überdies hätte, selbst wenn die Erhebung der im Verhältnis zu den Gesamtkosten geringfügigen Lohnsummensteuer eine Existenzgefährdung zur Folge gehabt haben würde, dem, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mit einer Stundung Rechnung getragen werden können. Die Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur vorübergehender Art.

Der Senat setzt sich mit diesen rechtlichen Erwägungen nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. April 1977 (a.a.O. S. 514). Der Bundesfinanzhof hat dort in einem obiter dictum ausgeführt: "Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, daß die Anwendung des Gesetzes in gewissen Fällen - insbesondere bei einer über mehrere Jahre andauernden Verlustperiode des betreffenden Unternehmens - zu empfindlichen Härten führen kann. Dies gilt vor allem bei einem entsprechenden Zusammenwirken von Lohnsummensteuer und anderen Steuerarten. In Härtefällen dieser Art besteht nach § 131 Abs. 1 AO die Möglichkeit, gegebenenfalls sogar die verfassungsmäßige Pflicht, Abgaben zu erlassen." Auch nach der Entscheidung des Senats ist eine Pflicht zum Steuererlaß aus Verfassungsrecht nicht schlechterdings ausgeschlossen. Überdies stehen die Ausführungen des Bundesfinanzhofs im Zusammenhang mit seinen Erwägungen zur Eigentumsgarantie. Art. 14 Abs. 1 GG ist indessen durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten allenfalls betroffen, wenn diese den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend im Sinne einer Erdrosselungswirkung beeinträchtigen (BVerfG, Beschluß vom 9. März 1971 - 2 BvR 326, 327, 341-345/69 - BVerfGE 30, 250 [272], BStBl II 1971, 433), d. h. wenn die Höhe der Steuer die Fortführung des Betriebs in aller Regel wirtschaftlich unmöglich macht. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.