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BFH-Urteil vom 26.10.1983 (I R 200/78) BStBl. 1984 II S. 258

1. Für die Hinzurechnung der Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 7 Abs. 1 AStG ist dessen Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft maßgebend. Anteile oder Stimmrechte, die eine Person an der ausländischen Gesellschaft hält, die den Weisungen des unbeschränkt Steuerpflichtigen in der in § 7 Abs. 4 AStG beschriebenen Weise zu folgen hat oder folgt, bleiben außer Betracht.

2. Die Einkünfte einer sogenannten nachgeschalteten Zwischengesellschaft können bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 14 AStG erst in dem Wirtschaftsjahr erfaßt werden, in dem die hinzuzurechnenden Beträge von der Obergesellschaft an ihn hätten ausgeschüttet werden können.

AStG § 7 Abs. 1, 2 und 4, § 14.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der C-GmbH (GmbH), die nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) aufgrund eines am 1. November 1976 gefaßten Gesellschafterbeschlusses auf die Klägerin umgewandelt worden ist.

Die GmbH war am 30. September 1972 zu 100 v. H. an der N. V. C in Belgien (N. V.) beteiligt. Die N. V. hielt ihrerseits 60 v. H. der Anteile an der C S. A. (CL), Luxemburg, einer Holdinggesellschaft luxemburgischen Rechts. Die restlichen 40 v. H. der Anteile an der CL entfielen auf die J S. A. Luxemburg. Der Verwaltungsrat der CL bestand aus drei Personen. Zu den die Geschäfte der CL führenden drei Mitgliedern des Verwaltungsrats gehörte der Komplementär der Klägerin (zunächst Y und nach dessen Tode Z). Die GmbH erwarb später alle Anteile an der CL und führte dann deren Liquidation durch. Die von der CL gehaltenen Beteiligungen hielt sie danach direkt.

Die Wirtschaftsjahre der GmbH und der N. V. stimmten mit dem Kalenderjahr überein. Das Wirtschaftsjahr der CL dauerte vom 1. Oktober bis zum 30. September des folgenden Kalenderjahres.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in der CL eine Zwischengesellschaft i. S. der §§ 7 bis 14 des Außensteuergesetzes (AStG) und rechnete die Gewinnanteile der CL in Höhe von 60 v. H. gemäß § 7 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 4 AStG unmittelbar der GmbH zu. Er stellte den gemäß § 10 Abs. 2 AStG bei der GmbH für das Kalenderjahr 1972 anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag nach § 18 AStG gesondert auf 71.632 DM fest. Dieser Feststellung lag das Ergebnis des Wirtschaftsjahres 1971/72 vom 1. Oktober 1971 bis 30. September 1972 der CL zugrunde.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1978, 582 veröffentlichten Urteil ab.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung des FA und den gegen die Klägerin gerichteten Bescheid über die Feststellung nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 1972 ersatzlos aufzuheben.

Gerügt wird Verletzung des § 7 Abs. 4 und des § 14 AStG.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen (BMF), der dem Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten ist, ist die in § 7 Abs. 4 AStG angesprochene "Zurechnung" von Anteilen oder Stimmrechten im Rahmen des § 7 AStG sowohl für die Begründung der Steuerpflicht für die Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft (§ 7 Abs. 1 letzter Halbsatz AStG) als auch für die Berechnung der Mindestbeteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger von Bedeutung, die nach § 7 Abs. 2 AStG Voraussetzung für die in § 7 Abs. 1 AStG vorgeschriebene Steuerpflicht ist. Nach dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 4 AStG sei die dort statuierte Rechtsfolge der "Zurechnung" für diese beiden Bereiche anzuwenden. Der Wortlaut des Gesetzes räume die noch etwa bestehenden Zweifel dadurch aus, daß er ausdrücklich die Rechtsfolge dieser Bestimmung "für die Anwendung der §§ 7 - 14 AStG" ausspreche. Der Wortlaut des Gesetzes sei so klar, daß er eine andere Auslegung nicht zulasse. § 7 AStG knüpfe an die "Beteiligung" unbeschränkt Steuerpflichtiger an ausländischen Gesellschaften an. Die Wahl zivilrechtlicher Anknüpfungspunkte sei um der Einheit der Rechtsordnung willen geschehen. Es sei bei Erlaß des AStG klar gewesen, daß sich eben diese zivilrechtliche Anknüpfung für neue Umgehungsversuche anbiete. Gegen solche Umgehungen hätten nur die §§ 39 bis 42 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Handhabe geboten. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß diese Bestimmungen bei neuen Umgehungsversuchen jedoch nicht ausreichen würden. Er habe daher in § 7 Abs. 4 AStG einen eigenen, zusätzlichen Zurechnungstatbestand für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG geschaffen. Dieser Tatbestand könne jedoch seine Wirkung nur entfalten, wenn er auch zur Begründung der Steuerpflicht selbst herangezogen werden könne.

Der vierte Teil des AStG befasse sich mit komplizierten zivilrechtlichen Gestaltungen, die bestehende Unterschiede zwischen dem Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und dem anderer Länder ausnützten. Unbeschadet des bestehenden Rechts habe sich der Gesetzgeber veranlaßt gesehen, diese Erscheinungsformen besonders zu regeln. Der vierte Teil des AStG entspreche damit einer Situation, in der sich der Gesetzgeber später etwa bei der Behandlung von Abschreibungsgesellschaften (§ 15a des Einkommensteuergesetzes - EStG -) gesehen habe. Derartige Situationen zwängen den Gesetzgeber zu Bestimmungen, die er im Interesse der Einfachheit, Übersichtlichkeit und systematischen Bruchlosigkeit der Steuergesetze gerne vermeiden würde. Da die zivilrechtlichen Gestaltungen, um die es gehe, hochkompliziert seien, könnten derartige Gesetze nicht einfach sein. Der Gesetzgeber müsse sich auch bei ihnen der Forderung stellen, daß Ausgangspunkt jeder Gesetzesanwendung deren Wortlaut sei. Auf ihn müsse er sich bei Gesetzgebungsvorhaben, die Neuland beträfen, konzentrieren. Es bringe ein weiteres , spekulatives Element in derartige Regelungen und in die Gesetzgebungsarbeit, wenn bei klarem Wortlaut solcher Gesetze ihnen eine im Gesetzgebungsverfahren selbst gar nicht zutage getretene Systematik unterstellt würde und sie daraufhin ausgelegt würden.

Der Vertreter des BMF hat in der mündlichen Verhandlung den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 4 AStG - im Sinne der Auffassung des BMF - klargestellt. Danach seien für die Begründung der Steuerpflicht die Anteile maßgebend, wenn die der anderen Person i. S. des § 7 Abs. 4 AStG zustehenden Stimmanteile deren Anteile an den Gesamtanteilsrechten überstiegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung des FA und der gegen die Klägerin gerichtete Bescheid über die Feststellung nach § 18 AStG für das Streitjahr 1972 sind aufzuheben. Die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG war nicht rechtmäßig.

I.

Die §§ 7 bis 14 AStG erstrecken die Steuerpflicht unbeschränkt Steuerpflichtiger auf bestimmte Einkünfte ausländischer Gesellschaften, d. h. solcher Gesellschaften, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Geltungsbereich des AStG haben (Hinzurechnungsbesteuerung). Nach § 7 Abs. 1 AStG setzt die Hinzurechnungsbesteuerung voraus, daß an der ausländischen Gesellschaft unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte beteiligt sind und daß die ausländische Gesellschaft für die Einkünfte als Zwischengesellschaft anzusehen ist. Als Zwischengesellschaft gilt die ausländische Gesellschaft hinsichtlich der Einkünfte, die nicht aus den in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AStG aufgeführten Tätigkeiten stammen und außerdem einer niedrigen (d. h. unter 30 v. H. - vgl. § 8 Abs. 3 AStG) Besteuerung unterliegen. Die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft werden dabei dem einzelnen Steuerpflichtigen mit dem Teil zugerechnet, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft entfällt (§ 7 Abs. 1 AStG). Die Ermittlung und Erfassung des hinzuzurechnenden Betrags ist in § 10 AStG geregelt. Dabei sieht § 10 Abs. 5 AStG vor, daß auf den Hinzurechnungsbetrag die Bestimmungen der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) entsprechend anzuwenden sind, die anzuwenden wären, wenn der Hinzurechnungsbetrag an den Steuerpflichtigen ausgeschüttet worden wäre. Aufgrund dieser Bestimmung kann der Hinzurechnungsbetrag dann nicht steuerpflichtig sein, wenn die ausländische Gesellschaft in den Anwendungsbereich eines mit der Bundesrepublik abgeschlossenen DBA fällt. Die DBA stellen unter bestimmten Voraussetzungen (Anteilseigner ist eine Kapitalgesellschaft, bestimmte Beteiligungsquote) derartige Ausschüttungen von der deutschen Steuer frei.

In diesem Zusammenhang ist auf Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 6. Januar 1969 - DBA-Belgien - (BGBl II 1969, 17, BStBl I 1969, 38) hinzuweisen. Danach sind die Ausschüttungen in Belgien ansässiger Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien an eine in der Bundesrepublik ansässige Kapitalgesellschaft, der mindestens 25 v. H. der stimmberechtigten Anteile an der belgischen Gesellschaft zustehen, in der Bundesrepublik steuerfrei, wenn die aus dritten Staaten stammenden Bruttodividenden bei der belgischen Gesellschaft nicht mehr als 20 v. H. des Gewinns dieser Gesellschaft betragen. Dabei gelten Dividenden, die aufgrund eines zwischen der Bundesrepublik und dritten Staaten geschlossenen DBA in der Bundesrepublik steuerfrei wären, wenn sie unter den gleichen Umständen unmittelbar an die in der Bundesrepublik ansässige Kapitalgesellschaft gezahlt worden wären, nicht als aus einem dritten Staat stammende Dividenden.

Zu beachten ist auch Art. 20 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 23. August 1958 - DBA-Luxemburg - (BGBl II 1959, 1270, BStBl I 1959, 1023). Danach sind Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft mit Wohnsitz in Luxemburg auf Anteile, die einer Kapitalgesellschaft mit Wohnsitz in der Bundesrepublik gehören, von der Bundesrepublik aus der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung auszunehmen, wenn die Beteiligung mindestens 25 v. H. der stimmberechtigten Anteile an der Kapitalgesellschaft mit Wohnsitz in Luxemburg beträgt (vgl. auch die klarstellende Auslegung der Vorschrift durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten, BStBl II 1961, 81). Die Steuerfreiheit tritt nicht ein für Ausschüttungen sog. Holdinggesellschaften i. S. der besonderen luxemburgischen Gesetze (vgl. Schlußprotokoll zu Art. 1 Nr. 1 zum DBA-Luxemburg).

Gemäß § 14 AStG können unbeschränkt Steuerpflichtige auch Einkünfte von ausländischen Gesellschaften hinzugerechnet werden, an denen eine ausländische Gesellschaft (sog. Obergesellschaft) allein oder zusammen mit unbeschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 7 AStG beteiligt ist (Hinzurechnung von Einkünften einer sog. Untergesellschaft). Die Hinzurechnung der Einkünfte der Untergesellschaft setzt u. a. voraus, daß die Untergesellschaft für die Einkünfte Zwischengesellschaft ist (sog. nachgeschaltete Zwischengesellschaft). Als nachgeschaltete Zwischengesellschaft gilt dabei die Untergesellschaft hinsichtlich der Einkünfte, die nicht aus den in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AStG aufgeführten Tätigkeiten stammen und außerdem einer niedrigeren (d. h. unter 30 v. H. - vgl. § 8 Abs. 3 AStG) Besteuerung unterliegen (§ 14 Abs. 1 i. V. m. § 8 AStG). Für die Ermittlung und Erfassung der hinzuzurechnenden Einkünfte verweist § 14 Abs. 1 auf § 10 AStG, indem auf die §§ 7 bis 13 AStG Bezug genommen wird. Die Hinzurechnung kann damit gemäß § 10 Abs. 5 AStG wegen eines DBA ausgeschlossen sein, wenn danach die Ausschüttungen der ausländischen Obergesellschaft an den unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei dem die Hinzurechnung erfolgen soll, steuerfrei wären.

Die Wirkung des § 10 Abs. 5 AStG im Rahmen des § 14 AStG wurde durch einen neu eingefügten Abs. 4 in § 14 AStG zwischenzeitlich eingeschränkt (die Einfügung erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 20. August 1980, BGBl I, 1545, BStBl I, 589). Nach § 14 Abs. 4 AStG n. F. schließt ein DBA die Hinzurechnungsbesteuerung über § 14 Abs. 1 bis 3 AStG hinsichtlich der Zwischeneinkünfte nur aus, wenn die zur Steuerfreiheit führenden Bestimmungen von DBA auch bei direkter Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Untergesellschaft, bei der die Einkünfte entstanden sind, anzuwenden wären. Bei Beteiligung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft an einer in Belgien ansässigen AG, die ihrerseits an einer Kapitalgesellschaft mit Wohnsitz in Luxemburg beteiligt ist, könnte nach der Neuregelung die Hinzurechnung der Einkünfte der luxemburgischen Gesellschaft nicht am DBA-Belgien scheitern, wenn die luxemburgische Gesellschaft eine Holdinggesellschaft i. S. der besonderen luxemburgischen Gesetze ist. Die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft wäre nämlich bei direkter Beteiligung an der luxemburgischen Gesellschaft - wie ausgeführt - hinsichtlich der Ausschüttungen dieser Gesellschaft nicht steuerfrei gestellt. Der Senat verweist insoweit zum Verständnis seiner Entscheidung auf diese mögliche Wirkung der Neuregelung, die der Auslegung durch die Regierungsbegründung entspricht (vgl. BT-Drucks. 8/3648 vom 8. Februar 1980 S. 1/29). Im Streitfall ist nicht über die Wirkung des § 14 Abs. 4 AStG n. F. im Zusammenhang mit einem DBA zu entscheiden.

II.

1. Die Einkünfte der CL aus dem Wirtschaftsjahr 1. Oktober 1971 bis 30. September 1972 sind bei der GmbH nicht nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtig.

Bei der CL handelt es sich zwar um eine ausländische Gesellschaft i. S. des § 7 AStG; denn sie hat weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich des AStG. An der CL waren zum 30. September 1972 unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte beteiligt; der GmbH war gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AStG wegen ihrer hundertprozentigen Beteiligung an der N. V. deren sechzigprozentige Beteiligung an der CL zuzurechnen. Die GmbH war jedoch nicht am Nennkapital der CL beteiligt. Die Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft wird von § 7 Abs. 1 AStG vorausgesetzt, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen steuerpflichtig sein sollen; denn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft sind gemäß § 7 Abs. 1 nur zu dem Teil zuzurechnen, der auf die dem unbeschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft entfällt. Fehlt - wie im Streitfall - eine Beteiligung am Nennkapital, können die Einkünfte der CL bei der GmbH nicht steuerpflichtig sein.

Die GmbH gilt auch nicht über die Beteiligung an der N. V., die ihrerseits an der CL beteiligt ist, i. S. des § 7 Abs. 1 AStG als am Nennkapital der CL beteiligt. Für die Zurechnung der der N. V. zustehenden Beteiligung kann insoweit nicht § 7 Abs. 2 AStG herangezogen werden. Die Bestimmung beschränkt sich nach ihrem Wortlaut darauf, die Frage zu regeln, in welchen Fällen von einer Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger "zu mehr als der Hälfte" auszugehen ist. Sie bezieht sich damit nicht auf die Höhe der Beteiligung am Nennkapital, die für die zuzurechnenden Einkünfte maßgebend ist; diese Frage erlangt erst dann Bedeutung, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger "von mehr als der Hälfte" gegeben ist. Im Rahmen seines Regelungsbereichs sieht § 7 Abs. 2 AStG die Zurechnung von Anteilen oder Stimmrechten als maßgebend an, läßt jedoch auch über andere Gesellschaften mittelbar zuzurechnende Anteile oder Stimmrechte mitentscheidend sein, wobei für die Zurechnung wiederum die Anteile oder Stimmrechte an der vermittelnden Gesellschaft maßgebend sind (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 AStG). Ein Beispiel für die Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 AStG bietet der Streitfall insoweit, als die hundertprozentige Beteiligung der GmbH an der N. V., die ihrerseits zu 60 v. H. an der CL beteiligt ist - wie bereits ausgeführt -, zu einer Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger an der CL "zu mehr als der Hälfte" i. S. des § 7 Abs. 1 AStG führt.

Die der N. V. zustehende Beteiligung kann nicht gemäß § 7 Abs. 4 AStG herangezogen werden, um eine sechzigprozentige Beteiligung der GmbH am Nennkapital der CL i. S. des § 7 Abs. 1 AStG zu begründen, was eine Zurechnung von 60 v. H. der Einkünfte der CL bei der GmbH nach sich ziehen würde. Der Senat folgt insoweit nicht der Ansicht des FG. Gemäß § 7 Abs. 4 AStG sind einem unbeschränkt Steuerpflichtigen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG auch Anteile oder Stimmrechte zuzurechnen, die eine Person hält, die seinen Weisungen so zu folgen hat oder so folgt, daß ihr kein eigener wesentlicher Entscheidungsspielraum bleibt. § 7 Abs. 4 AStG regelt nach Auffassung des Senats - wie § 7 Abs. 2 AStG - nur die Frage, in welchen Fällen von einer Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger "zu mehr als der Hälfte" auszugehen ist. Dies ergibt sich - im Gegensatz zu der Regelung in § 7 Abs. 2 AStG ("im Sinne des Abs. 1") - nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, sondern aus dem Zusammenhang, in dem die Bestimmung des § 7 Abs. 4 AStG steht. § 7 Abs. 2 AStG läßt Anteile oder Stimmrechte entscheidend sein. Beide Komponenten sind im Rahmen des § 7 Abs. 2 AStG von Bedeutung, einer Bestimmung, die sich - wie dargestellt - allein darauf bezieht, inwieweit von einer Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger "zu mehr als der Hälfte" auszugehen ist. § 7 Abs. 4 AStG ist - so gesehen - eine § 7 Abs. 2 AStG ergänzende Vorschrift, mit der für die in § 7 Abs. 2 AStG geregelte Frage Anteile oder Stimmrechte einem unbeschränkt Steuerpflichtigen unter gewissen Voraussetzungen auch insoweit zugerechnet werden, als er an dem Inhaber der Anteile oder Stimmrechte nicht gesellschaftsrechtlich beteiligt ist.

Hinzu kommt, daß die Begriffe "Beteiligung am Nennkapital" und "Anteile" nicht identisch sind. Der Senat kann dabei offenlassen, ob hierfür deutsches Gesellschaftsrecht maßgebend ist oder das Recht des Staates, das für die ausländische Gesellschaft maßgebend ist. Sowohl nach deutschem Gesellschaftsrecht als auch nach dem hier in Betracht kommenden luxemburgischen Gesellschaftsrecht besteht eine derartige Nichtübereinstimmung. Für das deutsche Gesellschaftsrecht ergibt sich dies insbesondere aus dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Dort wird zwischen der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage (Stammeinlage) - § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG - und dem Geschäftsanteil des Gesellschafters (§ 14 GmbHG) unterschieden. Der Nominalbetrag der Stammeinlagen als Anteil am Stammkapital und der Geschäftsanteil stimmen zwar regelmäßig überein. Die Nominalbeträge unterscheiden sich jedoch, wenn die GmbH Anteile einzieht, ohne das Stammkapital herabzusetzen (vgl. hierzu Hohner in Hachenburg, Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, § 34 Anm. 56).

Entsprechendes gilt für die luxemburgische Societe Anonyme (S. A.). Für sie ist das luxemburgische Gesetz vom 10. August 1915 betreffend die Handelsgesellschaft maßgebend (vgl. dazu Ausländische Aktiengesetze, herausgegeben von der Gesellschaft für Rechtsvergleichung Bd. 13: Das Luxemburgische Aktienrecht 1968). Danach teilt sich das Kapital der S. A. auf in gleichwertige Aktien mit oder ohne Wertangabe (Art. 37 Abs. 1 des luxemburgischen Gesetzes vom 10. August 1915 betreffend die Handelsgesellschaften). Unabhängig von den das Gesellschaftskapital darstellenden Aktien können jedoch Anteilsscheine oder Gewinnanteile geschaffen werden (vgl. Art. 37 Abs. 2 des luxemburgischen Gesetzes vom 10. August 1915 betreffend die Handelsgesellschaften). Auf die verschiedene Bedeutung der Begriffe wird auch in JURA EUROPAE, DROIT DES SOCIETES, Gesellschaftsrecht, Band 2, Luxemburg 50.10.7 hingewiesen.

Bestätigt wird diese Auslegung durch die Bestimmung des § 7 Abs. 5 AStG, die sich auf die Aufteilung der zuzurechnenden Einkünfte bezieht, für die gemäß § 7 Abs. 1 AStG grundsätzlich die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist. § 7 Abs. 5 AStG stellt insbesondere für den Fall, daß für die Gewinnverteilung bei der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist, für die Zurechnung der Einkünfte auf den Maßstab der Gewinnverteilung ab. § 7 Abs. 5 AStG knüpft hierbei ausdrücklich an die Beteiligung am Nennkapital an. Hätte § 7 Abs. 4 AStG auch Bedeutung für die Zurechnung der Einkünfte, hätte es der Systematik des Gesetzes entsprochen, daß die Bestimmung - wie § 7 Abs. 5 AStG - zumindest auch an die Beteiligung am Nennkapital anknüpft.

Dem Gesetzgeber war es möglich, eine beide Komplexe erfassende Formulierung zu wählen, wenn er sowohl die Voraussetzung der Beteiligung unbeschränkt Steuerpflichtiger zu mehr als der Hälfte als auch die Zurechnung der Einkünfte ansprechen wollte; dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 AStG. Danach gelten unbeschränkt Steuerpflichtige, die unmittelbar oder über eine Personengesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt sind, die ihrerseits an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, als an der ausländischen Gesellschaft beteiligt. Macht der Gesetzgeber in § 7 Abs. 4 AStG von diese Möglichkeit nicht Gebrauch, sondern spricht lediglich von Anteilen oder Stimmrechten, rechtfertigt dies den Schluß, daß § 7 Abs. 4 AStG nur die Voraussetzung der Hinzurechnungsbesteuerung in § 7 Abs. 1 AStG betrifft, nach der an der ausländischen Gesellschaft unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte beteiligt sein müssen. Die Anteile oder Stimmrechte sind - wie sich aus § 7 Abs. 2 AStG ergibt - gerade für dieses Erfordernis der Hinzurechnung maßgebend.

Würde man § 7 Abs. 4 AStG auch für die Frage der Zurechnung der Einkünfte entscheidend sein lassen, wäre zudem ungelöst, welche Folgen es hätte, wenn für die Gewinnverteilung bei der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend wäre.

Da § 7 Abs. 4 AStG lediglich Anteile oder Stimmrechte erwähnt, wäre offen, ob eine Gewinnverteilung, für die nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist, auch dann entscheidend wäre, wenn der Steuerpflichtige, dem die Einkünfte zugerechnet werden sollen, nur über eine Person i. S. des § 7 Abs. 4 AStG mit der ausländischen Gesellschaft verbunden ist. Dies bestätigt die Ansicht des Senats, daß § 7 Abs. 4 AStG sich nicht auf die Zurechnung der Einkünfte bezieht.

Gegenüber diesem aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmung des § 7 AStG gewonnenen Auslegungsergebnis kommt den Worten "für die Anwendung der §§ 7 bis 14" in § 7 Abs. 4 AStG keine entscheidende Bedeutung zu. Auch die übrigen Absätze des § 7 AStG betreffen letztlich alle die Anwendung der §§ 7 bis 14, so daß die Erwähnung der "§§ 7 bis 14" in § 7 Abs. 4 AStG keine selbständige Bedeutung hat.

Der Senat stimmt mit dieser Auslegung des § 7 Abs. 4 AStG nicht mit der Auffassung des BMF überein, die dieser in seinem Schreiben vom 11. Juli 1974 IV C 1 - S 1340 - 32/74 (Einführungserlaß zum AStG; Tz. 7.4, BStBl I 1974, 442) vertreten hat und die auch im Schrifttum vertreten wird (vgl. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, 1. Aufl., 1978 S. 228; Debatin, Beilage Nr. 15 zu Der Betrieb - DB - 1974, 20; Flick-Wassermeyer-Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz, § 7 Anm. 89; Menck, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1976, 291, 296, und Wöhrle, Kommentar zum Außensteuergesetz, § 7 Anm. 4; anderer Ansicht ursprünglich Wassermeyer, Finanz-Rundschau - FR - 1976 - 239).

Damit kommt es im Streitfall nicht mehr darauf an, ob die übrigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 AStG vorliegen, insbesondere ob die N. V. den Weisungen der GmbH so zu folgen hatte oder so folgte, daß ihr kein wesentlicher Entscheidungsspielraum verblieb.

2. Die Einkünfte der CL können der GmbH jedenfalls für das Streitjahr 1972 nicht über § 14 AStG zugerechnet werden. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung der von der CL im Wirtschaftsjahr 1971/72 erzielten Einkünfte bei der GmbH gegeben wären, käme sie im Streitjahr 1972 nicht in Betracht. Die Zurechnung dieser Einkünfte der CL bei der N. V. für Zwecke der Hinzurechnung bei der GmbH könnte bei der N. V. im Wirtschaftsjahr 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1972 durchgeführt werden; denn in diesem Wirtschaftsjahr der N. V. endete das Wirtschaftsjahr der CL, in dem diese die strittigen Einkünfte bezogen hat. Die der N. V. im Wirtschaftsjahr 1. Januar 1972 bis 31. Dezember 1972 so zugerechneten Beträge könnten bei dem Einkommen der GmbH gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 AStG erst im Wirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember 1973 hinzugerechnet werden. Nach dieser Vorschrift ist der Hinzurechnungsbetrag erst in dem Wirtschaftsjahr zu erfassen, das nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft endet. Maßgebendes Wirtschaftsjahr ist bei der Hinzurechnung der Einkünfte nachgeschalteter Zwischengesellschaften das Wirtschaftsjahr der Obergesellschaft (dem die hinzuzurechnenden Beträge zugerechnet werden) und nicht das Wirtschaftsjahr der Untergesellschaft, in dem die Einkünfte angefallen sind. Dies erklärt sich aus dem Zweck der Vorschrift des § 10 Abs. 1 AStG, die Hinzurechnung in dem Wirtschaftsjahr des unbeschränkt Steuerpflichtigen zu erfassen, in dem diese Beträge frühestens an ihn hätten ausgeschüttet werden können. Dies könnte - von dem nicht in Betracht kommenden Fall einer Vorabausschüttung abgesehen - jedoch frühestens nach dem Ende des Wirtschaftsjahres der Obergesellschaft geschehen. Maßgebendes Wirtschaftsjahr ist damit im Streitfall das Wirtschaftsjahr der N. V. vom 1. Januar bis 31. Dezember 1972. Das Wirtschaftsjahr der GmbH, das nach Ablauf des 31. Dezember 1972 endet, ist das Wirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember 1973, so daß der strittige Betrag erst in diesem Wirtschaftsjahr hinzugerechnet werden könnte.

Der Senat braucht deshalb nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der Hinzurechnung über § 14 AStG die Vorschrift des § 10 Abs. 5 AStG i. V. m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 DBA-Belgien entgegenstehen würde.

3. Der Senat kann auch offenlassen, ob die Regelung im AStG insoweit verfassungswidrig ist, als § 20 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. § 10 Abs. 2 AStG von der Hinzurechnung bereits Ergebnisse einer ausländischen Gesellschaft erfaßt, die in der Zeit vor Inkrafttreten des AStG (13. September 1972 - vgl. § 22 AStG und BGBl I, 1714 -) erzielt wurden.

4. Die Einkünfte der CL können bei der GmbH auch nicht aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zugerechnet werden. Insbesondere scheidet eine Zurechnung über § 6 des Steueranpassungsgesetzes (§ 42 AO 1977) aus. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) waren für die Einschaltung der CL wirtschaftliche Gründe maßgebend.