| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 25.11.1983 (III R 73/80) BStBl. 1984 II S. 292

Zur Frage der Zuordnung eines Wohngebäudes zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen.

BewG 1965 §§ 2, 33, 34.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Umstritten ist, ob das Wohnhaus eines Landwirts zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört oder als Grundvermögen zu bewerten ist.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Baumschule, die steuerlich als Großbetrieb angesehen wird. Der Stammbetrieb der GbR, die eine Fläche von 22,25 ha bewirtschaftet, befindet sich in A, B-Straße. Zum Betrieb der Kläger gehört auch ein etwa 1 km entfernt im C-Weg gelegener Betriebsteil mit einem besonderen Wirtschaftshof. Auf diesem Hof (Betriebsgrundstück), der mit betrieblich genutzten Gebäuden (zwei Landarbeiterhäuser und zwei Pflanzen- und Sortierschuppen) bebaut ist, errichteten die Kläger zusätzlich ein Wohnhaus mit Schwimmhalle und Doppelgarage. Dieses Haus bewohnt der Kläger zu 2. zusammen mit seiner Familie. Es hat einschließlich einer Schwimmhalle eine Wohnfläche von 375 qm. Hiervon wird ein im Keller des Gebäudes gelegener Büroraum (37,18 qm) mit Nebenräumen (21,36 qm) betrieblich genutzt. Diese Räume haben einen eigenen Zugang vom Wirtschaftshof. Wie das Finanzgericht (FG) weiter festgestellt hat, leitet der Kläger zu 2. von dem Wohngebäude aus den Betrieb.

Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der GbR behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) das Wohngrundstück (einschließlich Schwimmhalle) wegen Überschreitens der bei vergleichbaren Betrieben üblichen Größe der Wohnung als Privatvermögen und erfaßte den Nutzungswert einkommensteuerlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1975 bezog das FA das Wohnhaus in das land- und forstwirtschaftliche Vermögen ein. Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg, als die Kläger die Bewertung des Wohnhauses als Grundvermögen (Einfamilienhaus) begehrten. Das FG hat die Klage mit den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1980, 427 abgedruckten Gründen abgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr bisheriges Begehren weiter. Ihrer Ansicht nach kann das Wohngebäude deshalb nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet werden, weil eine Baumschule nicht die ständige Anwesenheit und sofortige Einsatzbereitschaft des Betriebsinhabers erfordere. Die Bewirtschaftung müsse nicht zwangsläufig von der Wohnung des Betriebsinhabers aus erfolgen. Hinzu komme, daß der Betrieb nicht von dem streitbefangenen Wohnhaus aus, sondern vom Stammhaus aus geleitet werde, und zwar von beiden Gesellschaftern. Das Wohnhaus diene zudem ausschließlich gehobenen privaten Wohnzwecken. Ein in Größe und Ausstattung vergleichbares Objekt sei in dem Gebiet, in dem das Wohnhaus belegen ist, nicht vorhanden. Gerade im Hinblick darauf habe das FA das Wohngebäude ertragsteuerlich als Privatvermögen behandelt. Für die Einheitsbewertung könne nichts anderes gelten. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) selbst in seinem Urteil vom 17. Januar 1980 IV R 33/76 (BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323) entschieden, daß die bewertungsrechtliche und die einkommensteuerrechtliche Zurechnung des Wohngebäudes des Land- und Forstwirts im Grundsätzlichen übereinstimmten. Der dem § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde liegende Regelungsgehalt sei entsprechend auf das Bewertungsrecht zu übertragen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft um den Wohnwert des vom Kläger zu 2. bewohnten Gebäudes zu ermäßigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat das streitbefangene Wohngebäude zu Recht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet.

1. a) Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind (§ 33 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Hierzu gehören auch die Gebäude, die den Inhabern land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundflächen (vgl. § 34 Abs. 6 BewG) und deren Familienangehörigen zu Wohnzwecken dienen (vgl. § 34 Abs. 3 BewG), wenn der Betriebsinhaber oder einer der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen durch eine mehr als nur gelegentliche Tätigkeit an den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gebunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1975 III R 51/74, BFHE 118, 71, BStBl II 1976, 281; vgl. auch Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Rdnr. 23 zu § 33 BewG). Diese Voraussetzung ist bei einem Betrieb von der Größe des Betriebs der Kläger regelmäßig auch dann gegeben, wenn es sich um gärtnerische Nutzung in Form eines Baumschulbetriebs handelt; denn auch in einem solchen Fall hat sich der Betriebsleiter grundsätzlich nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Stetigkeit mit dem Bewirtschaften der Flächen zu befassen. Bei einer Betriebsgröße wie im Streitfall ist es darüber hinaus für die Zuordnung des Wohngebäudes zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ohne Einfluß, daß zwei Betriebsinhaber den Betrieb leiten und nur einer von ihnen das Gebäude bewohnt. Ferner ist grundsätzlich nicht erforderlich, daß sich das Wohngebäude auf dem Hauptgrundstück eines mehrere Betriebsgrundstücke umfassenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs befindet. Entscheidend ist insoweit, daß die Lage der Wohnung es dem Betriebsleiter ermöglicht, soweit erforderlich im Betrieb anwesend zu sein und in den Betriebsablauf einzugreifen.

b) Wendet man die vorstehenden Grundsätze im Streitfall an, so ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG zum Ergebnis gelangt ist, daß das streitbefangene Wohngrundstück zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu rechnen ist. Die Folgerung des FG ist durch die unangefochtenen tatsächlichen Feststellungen gedeckt, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -); sie verstößt weder gegen die Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze.

2. Die von den Klägern erhobenen Einwände sind unbegründet.

a) Den Umstand, daß sich der Stammbetrieb etwa 1 km weiter entfernt befindet, hält der Senat bei der gegebenen Sachlage für unschädlich.

b) Entgegen der Auffassung der Kläger bildet das mit dem Wohngebäude bebaute Grundstück nicht eine nach den Anschauungen des Verkehrs für sich zu bewertende wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 Abs. 1 BewG. Es ist vielmehr nach der Verkehrsauffassung der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen. Das Wohngrundstück gehört wirtschaftlich zum Baumschulbetrieb. So ist die Wohnlage nach den Feststellungen des FG durch die Bindung an die gärtnerische Nutzung vorgegeben. Das Wohngebäude steht in engem räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dieser Nutzung, die der wirtschaftlichen Einheit das Gepräge der Landwirtschaft gibt. Es ist nicht etwa nur wie ein Wohngebäude mit vergrößertem Hausgarten zu beurteilen. Entscheidend dabei ist insbesondere, daß sich auf dem Grundstück in engem räumlichen Zusammenhang mit dem Wohngebäude vier weitere betrieblich genutzte Gebäude und darüber hinaus im Wohngebäude selbst Büroräume befinden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß es sich sowohl nach dem Bauantrag als auch nach dem Schlußabnahmeschein um den Neubau eines "betriebsgebundenen Wohngebäudes mit Betriebsräumen und Doppelgarage" handelt. Das Betriebsgrundstück am C-Weg ist aber seinerseits wiederum Teil des Gesamtbetriebs.

Da das Wohngebäude wirtschaftlich zum landwirtschaftlichen Betrieb gehört, ist es unerheblich, daß der Kläger zu 2. nach seinem Vorbringen aus privaten Gründen umgezogen ist und das Wohngebäude lediglich privat genutzt werden soll (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 1983 III R 40/82, BFHE 139, 201, BStBl II 1983, 752).

Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine gesonderte wirtschaftliche Einheit nicht allein schon deshalb anzunehmen, weil das streitbefangene Gebäude Wohnhauscharakter hat. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 118, 71, BStBl II 1976, 281 entschieden hat, ist die Zuordnung eines mit landwirtschaftlich genutzten Flächen räumlich zusammenhängenden Wohngebäudes zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nach dem baulichen Charakter im Hinblick auf die jüngste Entwicklung des Wohngebäudebaus in der Landwirtschaft nicht mehr möglich. Dementsprechend steht der Zuordnung eines Wohngebäudes zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen regelmäßig nicht der Umstand entgegen, daß das Gebäude nach seiner Bauweise keinen landwirtschaftlichen Charakter aufweist (ebenso Gürsching/Stenger, a. a. O., Rdnr. 24.2 zu § 33 BewG).

c) Der Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist auch nicht deshalb um den Wohnwert (vgl. § 34 Abs. 1 und 3 BewG) des streitbefangenen Gebäudes zu ermäßigen, weil dieses ertragsteuerlich als Privatvermögen behandelt worden ist. Die Kläger weisen zwar zutreffend darauf hin, daß nach dem Urteil in BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323 die bewertungsrechtliche und die einkommensteuerrechtliche Zurechnung des Wohngebäudes des Land- und Forstwirts im Grundsätzlichen übereinstimmen. Eine Übereinstimmung ist jedoch nur insoweit möglich, als im EStG und im BewG nicht unterschiedliche Regelungen enthalten sind. Das EStG enthält aber in § 13 Abs. 2 Nr. 2 insoweit eine Sonderregelung, als danach zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch der Nutzungswert der Wohnung des Steuerpflichtigen gehört, wenn die Wohnung die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschreitet. Diese Regelung hat zwar, wie die Urteile in BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323, und vom 4. April 1968 IV 210/61 (BFHE 92, 15, BStBl II 1968, 411) belegen, Auswirkungen auf die Entscheidung, ob ein Wohngebäude eines Land- und Forstwirts zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder zum Privatvermögen zu rechnen ist. Danach gehört ein Gebäude, in dem sich die Wohnung befindet und das die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe überschreitet, nicht mehr zum Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Eine dem § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG entsprechende Regelung für Wohnungen von Land- und Forstwirten fehlt jedoch im Bewertungsrecht. Zu Recht weist ferner das FG darauf hin, daß für das Bewertungsrecht keine Bindung an die ertragsteuerliche Behandlung besteht.