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BFH-Beschluß vom 15.2.1984 (II E 1/84) BStBl. 1984 II S. 324

1. Ob bei der Kostenberechnung für die Revisionsinstanz im Falle von Revisionsbegehren mehrerer Rechtsmittelkläger von einem oder von mehreren Revisionsverfahren auszugehen ist, hängt von der Behandlung der Revisionsbegehren durch den BFH in seiner abschließenden Entscheidung ab.

2. Zur Frage der unrichtigen Sachbehandlung, wenn mit der Erinnerung gerügt wird, eine durch das FG beschlossene Verfahrensverbindung sei nicht beachtet worden.

FGO § 73 Abs. 1 Satz 1; GKG § 8 Abs. 1 Satz 1.

Sachverhalt

I.

Der Erinnerungsführer kaufte zusammen mit seiner Ehefrau je zur Hälfte ein Grundstück und wurde deswegen vom Finanzamt (FA) zur Grunderwerbsteuer herangezogen. Seine Klage wurde ebenso wie die Klage seiner Ehefrau vom Finanzgericht (FG) durch je ein getrenntes Urteil abgewiesen.

Die vom Erinnerungsführer "gegen die in den verbundenen Verfahren ergangenen Urteile" des FG eingelegte Revision wurde ebenso wie die Revision seiner Ehefrau vom Bundesfinanzhof (BFH) als Gegenstand eines selbständigen Revisionsverfahrens angesehen und durch getrenntes Urteil als unbegründet zurückgewiesen; die Kosten des den Erinnerungsführer betreffenden Revisionsverfahrens wurden dem Erinnerungsführer auferlegt. Dem Antrag des Erinnerungsführers, "die bereits im finanzgerichtlichen Verfahren verbundenen Sachen auch in der Revisionsinstanz zu verbinden", hat der BFH nicht entsprochen.

Mit der Kostenrechnung wurden gegen den Erinnerungsführer von der Kostenstelle des BFH Kosten für das Verfahren vor dem BFH festgesetzt, wobei die Kostenstelle von einem Streitwert in Höhe der gegen den Erinnerungsführer festgesetzten Grunderwerbsteuer ausging.

Gegen die Kostenrechnung hat der Erinnerungsführer Erinnerung eingelegt. Er beantragt, beim Kostenansatz von einem Gesamtstreitwert in Höhe der Summe der gegen ihn und seine Ehefrau festgesetzten Steuerbeträge auszugehen.

Zur Begründung seiner Erinnerung führt der Erinnerungsführer an, ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG seien die Klage seiner Ehefrau und seine Klage verbunden worden. Demgegenüber sei der Umstand, daß das FG durch getrennte Urteile entschieden habe, unbeachtlich. Beide FG-Urteile seien revisionsrechtlich als ein einheitlicher Spruch anzusehen; dies müsse auch bei der Kostenberechnung berücksichtigt werden. Im übrigen sei zu bemerken, daß das FG bei Erlaß des Verbindungsbeschlusses eine Beschränkung der Verbindung auf die gemeinsame Verhandlung nicht angesprochen habe.

Der Vertreter der Staatskasse beim BFH (Erinnerungsgegner) beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung ist nicht begründet und wird zurückgewiesen.

Bei verständiger Würdigung des Begehrens des Erinnerungsführers ist diesem daran gelegen, daß im Rahmen des Kostenansatzes sein eigenes Revisionsbegehren und das seiner Ehefrau als Einheit behandelt werden und daß dementsprechend, ausgehend von einem höheren Streitwert, Gerichtsgebühren nur einmal für beide vom BFH als selbständig behandelte Revisionsverfahren zusammen angesetzt werden. Dadurch würde die kostenmäßige Belastung für den Erinnerungsführer und seine Ehefrau insgesamt geringer. Diesem Begehren des Erinnerungsführers kann weder gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) noch aufgrund der übrigen Vorschriften des GKG entsprochen werden.

1. Die Vorschriften über die Kostenberechnung und den Kostenansatz des GKG erlauben es nicht, mehrere vom erkennenden Gericht als selbständig behandelte Verfahren beim Kostenansatz als Einheit zu betrachten.

a) Das GKG sieht vor, daß die Kosten jeweils für das einzelne Verfahren angesetzt werden. Dies ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich ausgesprochen, kommt aber in der Systematik des Gesetzes zum Ausdruck.

b) Als das Revisionsverfahren, dessentwegen der Kostenansatz vorzunehmen war, hat die Kostenstelle zutreffend das vom Erinnerungsführer angestrengte, vor dem erkennenden Senat anhängig gewesene Verfahren II R 84/82 betrachtet, das aufgrund eines selbständigen Urteils mit der Zurückweisung der Revision unter Belastung des Erinnerungsführers mit den Revisionskosten geendet hat. Die Kostenstelle wäre dagegen nicht befugt gewesen, als Revisionsverfahren in diesem Sinne im Widerspruch zur Verfahrensabwicklung durch den erkennenden Senat eine Einheit aus dem Revisionsverfahren des Erinnerungsführers und dem Revisionsverfahren der Ehefrau des Erinnerungsführers anzusehen. Ob aus der Sicht des Kostenansatzes bei einer Mehrzahl von Rechtsmittelbegehren verschiedener Rechtsmittelkläger ein einziges oder mehrere Revisionsverfahren anzunehmen sind, ist stets nach der abschließenden Entscheidung des erkennenden Gerichts zu beurteilen; das GKG läßt insoweit keine Ausnahmen zu (s. hierzu auch Buchst. c). Es kommt nicht etwa darauf an, ob im Kostenansatzverfahren mit mehr oder weniger großer Berechtigung angenommen werden kann, nach dem vom erkennenden Gericht zu beachtenden Verfahrensrecht hätten mehrere Rechtsmittelbegehren statt als jeweils selbständiges Verfahren als ein einheitliches Verfahren behandelt werden müssen oder umgekehrt. Auch dies ist im GKG zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck seiner Regelung für das Kostenansatzverfahren.

c) Das GKG sieht keine hier unmittelbar oder sinngemäß anwendbaren Ausnahmen von den vorstehenden Grundsätzen vor. Nach § 19 Abs. 1 und 2 GKG ist zwar bei Klage und Widerklage und bei wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln unter bestimmten Voraussetzungen eine gewisse Ermäßigung der Gerichtsgebühren dadurch vorgesehen, daß der Streitwert niedriger angesetzt wird. Dies hat jedoch zur Voraussetzung, daß über Klage und Widerklage sowie über die wechselseitig eingelegten Rechtsmittel nicht in getrennten Verfahren verhandelt wird. Ebenfalls nicht im vorliegenden Fall anwendbar, auch nicht sinngemäß, ist die Regelung in Nr. 1332 des Kostenverzeichnisses, wonach mehrere Verfahren über den Antrag nach § 69 Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Rechtszuges als ein Verfahren gelten (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 13. Oktober 1981 VII E 15/81, BFHE 134, 229, BStBl II 1982, 137).

2. Die Erinnerung kann ferner nicht aufgrund des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG Erfolg haben, wonach Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben werden. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der Vorschrift liegt hier nicht vor.

Nach der Fassung des Gedächtnis-Protokolls über die mündliche Verhandlung beim FG vom 25. März 1982 wurde ein Beschluß verkündet, demzufolge im Einvernehmen mit den Beteiligten die vom Erinnerungsführer erhobene Klage mit der Klage seiner Ehefrau verbunden wurde. Hierzu hat der Vorsitzende des betreffenden Senats beim FG erklärt, bei der wegen eines Tonbandausfalls erforderlichen Anfertigung eines Protokolls nach dem Gedächtnis sei versehentlich der Zusatz: "zur gemeinsamen Verhandlung" nicht aufgenommen worden. Die weitere Sachbehandlung zeige jedoch, daß nur eine Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung, dagegen nicht zur gemeinsamen Entscheidung, beabsichtigt gewesen sei.

Mit dieser Erklärung steht der Umstand in Einklang, daß das FG, ohne einen Trennungsbeschluß erlassen zu haben, über beide Klagen durch jeweils ein gesondertes Urteil befunden hat. Auch der Erinnerungsführer hat die Maßnahme des FG seinerzeit offenbar nicht als Verbindung im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO angesehen; denn andernfalls wäre nicht recht verständlich, weswegen er den Erlaß getrennter Urteile durch das FG nicht mit der Revision gerügt hat und weswegen er sogar beantragt hat, beide Sachen in der Revisionsinstanz zu verbinden. Hiernach kann davon ausgegangen werden, daß durch das FG keine Verbindung im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgenommen worden ist, sondern daß das FG mit der Zusammenfassung zur gemeinsamen Verhandlung nur eine der tatsächlichen Vereinfachung dienliche vorübergehende Maßnahme getroffen hat (vgl. hierzu BFH-Beschluß vom 24. Oktober 1979 VII R 95/78, BFHE 129, 111, BStBl II 1980, 105).

Ebenfalls keine unrichtige Sachbehandlung liegt darin, daß der erkennende Senat die vom Erinnerungsführer eingelegte Revision und die Revision seiner Ehefrau als jeweils verfahrensmäßig selbständig angesehen und über sie durch getrennte Urteile entschieden hat. Denn weder der Erinnerungsführer noch seine Ehefrau haben gerügt, daß eine bestehende Verbindung nicht beachtet worden sei, was zutreffendenfalls ebenso wie eine mit Fehlern behaftete Verbindung (vgl. hierzu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 73 FGO Rdnr. 3 letzter Absatz) einen Verfahrensmangel im Sinne des § 118 Abs. 3 FGO darstellen würde.

Nach der zuletzt zitierten Vorschrift müssen Verfahrensfehler grundsätzlich gerügt sein, damit sie vom BFH aufgegriffen und geprüft werden können (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 118 FGO Rdnrn. 65 ff.). Eine entsprechende Rüge ist nicht erhoben worden.

Eine unrichtige Sachbehandlung liegt schließlich nicht darin, daß der Senat dem Antrag des Erinnerungsführers und seiner Ehefrau nicht entsprochen hat, beide Revisionen zu verbinden. Die Entscheidung über diesen Antrag war ins Ermessen des Senats gestellt (vgl. hierzu Tipke/Kruse, a. a. O., § 73 FGO Rdnr. 2).