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BFH-Urteil vom 29.2.1984 (II R 69/81) BStBl. 1984 II S. 414

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens darf ein Änderungsbescheid auch dann ergehen, wenn durch ihn dem Klageantrag nur teilweise entsprochen wird.

AO 1977 § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 132, § 367 Abs. 2 Satz 3.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Gesellschafter der Klägerin waren eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin und A. als Kommanditist.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, daß in der Unverzinslichkeit der Guthaben auf den Darlehenskonten mit Beteiligungscharakter und in der Unverzinslichkeit der Forderungen des Kommanditisten aus Provisionen, Mieten und Vergütungen für Forschung und Entwicklung der Gesellschaftsteuer unterliegende Leistungen i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 zu sehen seien.

Das FA erließ demgemäß am 15. September 1977 gegen die Klägerin vier Gesellschaftsteuerbescheide.

Nach erfolglosen Einsprüchen erhob die Klägerin Klage und beantragte die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.

Das FA hat Revision eingelegt und vor der Begründung seiner Revision am 15. Mai 1981 vier eingeschränkte Gesellschaftsteuerbescheide erlassen, die es jeweils auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt hat. Es hat nunmehr nur noch in der Nichtverzinsung der Forderungen aus Provisionen, Mieten und Vergütungen für Forschung und Entwicklung der Gesellschaftsteuer unterliegende Leistungen gesehen, die es jeweils in Höhe von 5 v. H. des Mittelwertes der Forderungen am Jahresende und am Jahresanfang angenommen hat. Demgemäß hat das FA wegen der Nichtverzinsung dieser Forderungen in den Kalenderjahren 1972 bis 1975 Gesellschaftsteuer festgesetzt. Die Klägerin hat hinsichtlich der eingeschränkten Änderungsbescheide jeweils Anträge i. S. des § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellt.

Seine Revision hat das FA sodann damit begründet, daß in der Nichtverzinsung der Forderungen aus Provisionen, Mieten und Vergütungen für Forschung und Entwicklung der Gesellschaftsteuer unterliegende Leistungen zu sehen seien.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die vier einschränkenden Änderungsbescheide vom 15. Mai 1981. Die Klägerin hat einen entsprechenden Antrag i. S. des § 68 FGO gestellt (vgl. § 123 Satz 2 FGO). Deshalb kann unerörtert bleiben, ob die einschränkenden Änderungsbescheide auch ohne entsprechende Anträge Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden wären (so Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 68 FGO Tz. 7; vgl. auch das zu einem einschränkenden Haftungsbescheid ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Januar 1982 V R 100/80, BFHE 135, 27, BStBl II 1982, 292).

Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt den Änderungsbescheiden auch nicht die Rechtsgrundlage.

Die Bescheide sind zu Recht auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 gestützt worden. Einschlägig ist der Buchst. a dieser Vorschrift. Danach ist die Änderung eines Steuerbescheides zulässig, soweit einem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen wird. Dies schließt nach Auffassung des Senats auch eine Teilabhilfe ein (so auch Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Handbuch des steuerlichen Rechtsschutzes, Tz. 3418; Tipke/Kruse, a. a. O., § 172 AO 1977 Tz. 20; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 172 AO 1977 Tz. 18). Die Teilabhilfe ist keineswegs nur auf das Einspruchsverfahren beschränkt. Sie ist auch im finanzgerichtlichen Verfahren zulässig. Aus § 367 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 folgt nichts anderes. Diese Vorschrift bestimmt nur, wann eine Einspruchsentscheidung nicht mehr erforderlich ist, regelt aber nicht die Frage der Zulässigkeit der Teilabhilfe. Hierüber befindet vielmehr allein § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a in Verbindung mit § 132 AO 1977. Darüber, ob es im Einzelfall zweckmäßig ist, Teilabhilfebescheide zu erlassen, ist hier nicht zu entscheiden.