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BFH-Urteil vom 30.5.1984 (II R 146/81) BStBl. 1984 II S. 594

Ein erster Erwerb i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 liegt, ungeachtet der handelsrechtlichen Beurteilung des Vorganges, nicht vor, wenn bei einer GmbH & Co. KG zu einem und demselben Datum in koordinierter Weise der Kommanditanteil eines Kommanditisten "herabgesetzt" wird und ein neuer Kommanditist mit einem entsprechenden Kommanditanteil Gesellschafter wird und der neue Kommanditist keine Einlagen an die KG leistet, die ihrerseits keine Einlagenrückgewähr gegenüber dem bisherigen Kommanditisten vornimmt.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

I.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die GmbH. Kommanditisten waren zunächst A und B. An den Kommanditanteilen bestanden atypische Unterbeteiligungen, und zwar an dem Kommanditanteil von A zugunsten von C sowie an dem Kommanditanteil von B zugunsten von D.

1973 faßten die Gesellschafter der Klägerin den Beschluß, daß die beiden Kommanditeinlagen herabgesetzt würden und die beiden Unterbeteiligten unter Umwandlung der Unterbeteiligungen in reguläre Kommanditbeteiligungen als Kommanditisten in die Gesellschaft einträten. Eine entsprechende Anmeldung wurde an das Handelsregister gerichtet.

Das Finanzamt (FA) sah - im Anschluß an eine Betriebsprüfung - in dem Eintritt der Unterbeteiligten in die Klägerin einen Ersterwerb von Gesellschaftsrechten i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG 1972) und setzte Gesellschaftsteuer gegen die Klägerin fest. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) mit seinem veröffentlichten Urteil (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1982, 202) die Einspruchsentscheidung und den angefochtenen Bescheid mit der Begründung aufgehoben, es liege kein Ersterwerb von Gesellschaftsrechten vor. Vielmehr seien bereits vorhandene Gesellschaftsrechte auf neue Gesellschafter übertragen worden. Neues Kapital werde in einem solchen Falle der Gesellschaft nicht zugeführt. Es sei gesellschaftsteuerrechtlich unschädlich, daß nach Handelsrecht die alten Kommanditbeteiligungen hätten herabgesetzt werden müssen. Hierin in Verbindung mit dem Eintritt der neuen Kommanditisten liege keine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung. Vielmehr finde in Beziehung auf die entsprechenden Kommanditanteile ein Inhaberwechsel statt.

Mit der Revision beantragt das FA, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen. Das FA rügt Verletzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 sowie Verletzung prozeßrechtlicher und allgemeiner Auslegungsgrundsätze und macht geltend, das FG habe wesentliche Sachverhaltsteile unbeachtet gelassen, insbesondere den Umstand, daß der Gesellschafterbeschluß mehrere Rechtsgeschäfte enthalte, nämlich eine Kapitalherabsetzung, die Aufhebung der Unterbeteiligungen, den Eintritt der neuen Kommanditisten in die Gesellschaft und die Heraufsetzung des Kommanditkapitals. Daß alle diese Rechtsgeschäfte tatsächlich hätten zustande kommen sollen, lasse sich daraus entnehmen, daß die Herabsetzung des Kommanditkapitals sofort, der Eintritt der neuen Kommanditisten dagegen erst zum ... 1973 habe wirksam werden sollen, und daß am Gesellschafterbeschluß - im Hinblick auf den Erwerb erhöhten Kommanditkapitals - auch die Komplementärin beteiligt gewesen sei.

Das FG habe ferner mit seiner Annahme, das Kommanditkapital sei vorher und nachher unverändert geblieben, verkannt, daß sich die Gesellschaftsteuer nach den zivilrechtlichen Vorgängen richte und daß eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht statthaft sei. Demzufolge müsse sich die Klägerin daran festhalten lassen, daß der komplizierte Weg der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gewählt worden sei. Von einer "Umwandlung" in Kommanditanteile könne nicht die Rede sein; denn es hätten Unterbeteiligungen an den Kommanditanteilen und nicht etwa stille Beteiligungen an der Klägerin vorgelegen. Vor dem Gesellschafterbeschluß hätten die Unterbeteiligten ausschließlich in Rechtsbeziehungen zu den beiden Kommanditisten gestanden.

Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat ohne Verletzung revisiblen Rechts entschieden, daß die vom FA angenommene Gesellschaftsteuerschuld der Klägerin nicht entstanden ist, und hat dementsprechend den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben.

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber. Die Klägerin als GmbH & Co. KG gilt gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 als Kapitalgesellschaft im Sinne des KVStG 1972, weil es sich bei ihr um eine KG handelt, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine GmbH ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1972). Die an ihr bestehenden Kommanditanteile gelten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften (vgl. Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer, Kommentar, 4. Aufl., II. Teil, Rdnr. 322). Zweifelhaft konnte demnach nur sein, ob der Erwerb der Kommanditanteile durch C und D einen Erwerb durch den ersten Erwerber darstellt.

2. Erster Erwerber i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 ist derjenige, der das Gesellschaftsrecht für eigene Rechnung als Bestandteil seines Vermögens fest übernimmt und dessen Gegenleistung dauernd in das Vermögen der Gesellschaft übergeht, sofern das Gesellschaftsrecht nicht zuvor von einem anderen erworben worden ist oder hat erworben werden sollen (vgl. Egly/Klenk, a. a. O., Rdnr. 36, unter Hinweis auf das zur Börsenumsatzsteuer ergangene BFH-Urteil vom 10. Juli 1963 II 109/60 U, BFHE 77, 279, BStBl III 1963, 422). Ein solcher erster Erwerb liegt, ungeachtet der handelsrechtlichen Beurteilung des Vorganges, gesellschaftsteuerrechtlich nicht vor, wenn zu einem und demselben Datum in koordinierter Weise ein bisheriger Kommanditist einen Teil seines bisherigen Kommanditanteils aufgibt und ein neuer Kommanditist mit einem entsprechenden Kommanditanteil Gesellschafter wird und der neue Kommanditist keine Einlage an die GmbH & Co. KG leistet.

3. Die mit einer entsprechenden Einbuße bei einem bisherigen Kommanditisten verbundene Erlangung eines Kommanditanteils durch einen neuen Kommanditisten kann handelsrechtlich auf zweierlei Weise vollzogen werden, und zwar durch Austritt bzw. Anteilsherabsetzung und Eintritt einerseits - Theorie des Doppelvertrages - oder Anteilsübertragung andererseits - Theorie des einfachen Verfügungsgeschäfts - (vgl. Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen beim Reichsgericht [RG] vom 30. September 1944 GSE 39/1943, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 1944, 1130; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 29. Juni 1981 II ZR 142/80, BGHZ 81, 82; Urteil des Niedersächsischen FG vom 6. Juni 1978 III 250/76, EFG 1978, 615; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, Heidelberg, 1970 S. 349 ff.; Kormann, Betriebs-Berater - BB - 1973, 236 ff., 239; Karsten Schmidt, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1981, 253 ff., 254; s. auch Ulmer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, § 719 BGB Rdnrn. 12 ff. und 18 ff.).

a) Soll der bisherige Kommanditist seinen Anteil vollständig einbüßen, so steht hierfür einmal der Weg zur Verfügung, daß er aus der Gesellschaft ausscheidet (§§ 161 Abs. 2 und 138 des Handelsgesetzbuches - HGB -), während der neue Kommanditist in die Gesellschaft eintritt (§ 173 HGB). Daneben besteht die Möglichkeit, daß der bisherige Kommanditist mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter seinen Anteil auf den neuen Gesellschafter überträgt (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, 25. Aufl., § 124 Anm. 2 B; Schilling in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 161 Anm. 28).

Im ersteren Falle (Austritt und Eintritt) kommen zwischen dem bisherigen und dem neuen Kommanditisten keine unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zustande. Vielmehr werden gesellschaftsrechtliche Rechtsgeschäfte jeweils zwischen dem ausscheidenden Kommanditisten und den übrigen Gesellschaftern einerseits bzw. zwischen dem neuen Kommanditisten und den beim Eintritt vorhandenen Gesellschaftern andererseits vorgenommen. Die Änderungen in der gesamthänderischen Beteiligung vollziehen sich durch Anwachsung und Abwachsung. Soweit der bisherige mit dem neuen Kommanditisten Vereinbarungen über eine Verrechnung von Abfindungsansprüchen und Einlageverpflichtungen trifft, handelt es sich nicht um Abreden gesellschaftsrechtlicher Art.

Im letzteren Falle (Anteilsübertragung mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter) beruht der Gesellschafterwechsel auf unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem bisherigen und dem neuen Kommanditisten. Unter diesen Umständen wird der Anteil nicht verändert. Es tritt auch keine An- und Abwachsung ein. Die Verfügung über den Anteil bedarf zwar der Zustimmung der Mitgesellschafter, diese werden aber nicht Partner des Veräußerungsvertrages. Die Wirkung der Verfügung über den Anteil besteht darin, daß der neue Kommanditist anstelle des Veräußerers in den im übrigen grundsätzlich unverändert fortbestehenden Gesellschaftsvertrag eintritt. Abfindungsansprüche des Veräußerers entstehen in Anbetracht der Rechtsnachfolge des neuen Kommanditisten in den Kommanditanteil nicht. - Im Schrifttum wird die Forderung erhoben, die Gerichtspraxis sollte darauf Rücksicht nehmen, daß in Fällen koordinierten Gesellschafterwechsels auch bei unklarer Vertragsformulierung die Übertragungslösung den Interessen der Beteiligten meist besser entspricht (vgl. Karsten Schmidt, a. a. O., S. 254 rechte Spalte am Ende).

b) Entsprechendes gilt, wenn der bisherige Kommanditist seinen Anteil nicht vollständig einbüßen, sondern wenn er mit einem geringeren Anteil neben dem neuen Kommanditisten der Gesellschaft weiterhin angehören soll. Unter diesen Umständen tritt im ersteren Falle (nach der Theorie des Doppelvertrages; vgl. oben) an die Stelle des Austritts des bisherigen Kommanditisten eine Herabsetzung von dessen Kommanditanteil (§§ 174 f. HGB). Im letzteren Falle (nach der Theorie des einfachen Verfügungsgeschäfts; vgl. oben) wird die vollständige Übertragung des Kommanditanteils des bisherigen Kommanditisten durch die Übertragung eines entsprechenden Teiles des Kommanditanteils ersetzt. Eine solche Teilübertragung ist entsprechend den Grundsätzen der Vollübertragung mit Zustimmung der Mitgesellschafter zulässig (vgl. Huber, a. a. O., S. 376; für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts s. Ulmer, a. a. O., § 719 BGB Rdnrn. 29 f.). Im Falle der Teilabtretung ist davon auszugehen, daß die auf den Kommanditanteil nach seinem ursprünglichen Bestand entfallenden Vermögensrechte und -pflichten durch die Teilabtretung insgesamt nicht verändert werden sollen. Ansprüche auf Gewinn und Auseinandersetzungsguthaben werden daher im Zweifel entsprechend aufgeteilt. Die Mitwirkungsrechte stehen im Zweifel sowohl dem bisherigen als auch dem neuen Kommanditisten voll zu.

4. Nach der Ansicht des gesellschaftsteuerrechtlichen Schrifttums stellt im Falle einer vollständigen Einbuße seines Kapitalanteils durch den bisherigen Kommanditisten die Abtretung des Kommanditanteils im Gegensatz zum Aus- und Eintritt gesellschaftsteuerrechtlich keinen Ersterwerb dar (vgl. Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 33; Egly/Klenk, a. a. O., Rdnr. 280; Kormann, a. a. O., S. 239; Kinnebrock/Meulenbergh, Kapitalverkehrsteuergesetz, 5. Aufl., § 2 Rdnr. 9; Strodthoff, Kapitalverkehrsteuergesetz, § 2 Anm. 3 a). Entsprechendes wird für den Fall einer nur teilweisen Einbuße des Kommanditanteils durch den bisherigen Kommanditisten und den Erwerb eines entsprechenden Kommanditanteils durch den neuen Kommanditisten angenommen (vgl. Egly/Klenk, a. a. O., Rdnr. 280).

5. Es widerspricht Sinn und Zweck des KVStG 1972 in Fällen einer - auch hinsichtlich des Zeitpunktes - koordinierten Nachfolge in Beziehung auf einen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG oder auf einen Teil von diesem gesellschaftsteuerrechtlich danach zu differenzieren, ob handelsrechtlich statt einer Abtretung des Kommanditanteils bzw. eines Teils von diesem im Einzelfall angenommen wird, es liege im Sinne der Theorie des Doppelvertrages (s. oben unter 3.) der Austritt eines Kommanditisten bzw. die Herabsetzung seines Kommanditanteils verbunden mit dem Eintritt eines neuen Kommanditisten vor. Eine solche Differenzierung berücksichtigt insbesondere nicht den vom Gesetzgeber des KVStG 1972 verfolgten Zweck, zur europäischen Rechtsvereinheitlichung beizutragen und auch demzufolge Gesellschaftsteuer nur bei Kapitalzuführungen zu erheben.

In seinem Urteil vom 12. November 1980 II R 1/76 (BFHE 132, 319, BStBl II 1981, 279) hat der Senat darauf hingewiesen, daß es das erklärte Ziel des Gesetzgebers des KVStG 1972 gewesen sei, die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17. Juli 1969, betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 249/25 vom 3. Oktober 1969), umzusetzen und keine Vorgänge der Gesellschaftsteuer zu unterwerfen, die nach der Zielsetzung der Richtlinie zwingend nicht mehr besteuert werden dürfen. Dies ist auch bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 in Beziehung auf die koordinierte Nachfolge in einen Kommanditanteil bzw. den Teil eines Kommanditanteils an einer GmbH & Co. KG zu berücksichtigen.

Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie (vgl. hierzu Ebentheuer, Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen - AG - 1971, 284, 285 rechte Spalte) werden den Kapitalgesellschaften alle anderen Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen gleichgestellt, die einen Erwerbszweck verfolgen, wobei jedoch ein Mitgliedstaat davon absehen kann, sie für die Erhebung der Gesellschaftsteuer als Kapitalgesellschaft zu betrachten. Von dieser ins Ermessen gestellten Möglichkeit der Besteuerung hat der Gesetzgeber des KVStG 1972 insoweit Gebrauch gemacht, als er durch § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 bestimmt hat, daß als Kapitalgesellschaften auch KG gelten, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH gehört (vgl. Egly/Klenk, a. a. O., Rdnrn. 249 f.; Kamprad, AG 1972, 312, 313; Kormann, BB 1973, 1112; Stoppel, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau - DVR - 1972, 81, 82).

Auch diese Besteuerung soll sich nach dem Willen des Gesetzgebers des KVStG 1972 im Rahmen des Art. 1 der Richtlinie halten, wonach die Gesellschaftsteuer auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften erhoben wird. Die steuerliche Erfassung allein einer Zuführung von Kapital war schon nach dem vorausgegangenen Gesellschaftsteuerrecht der mit der Gesellschaftsteuer verfolgte Zweck (vgl. Urteil in BFHE 132, 319, BStBl II 1981, 279, m. w. N.). Dementsprechend hat der Senat bereits zum früheren Recht entschieden, daß die ununterbrochene Belassung desselben Kapitals nicht unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten der Kapitalzuführung - also doppelt - zur Gesellschaftsteuer herangezogen werden kann (vgl. Urteil vom 18. November 1971 II 47/63, BFHE 104, 106, BStBl II 1972, 186, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des KVStG 1972, insbesondere bei dessen § 2 Abs. 1 Nr. 2, muß nunmehr besonders berücksichtigt werden, daß die Festlegung des Besteuerungsgegenstandes in Art. 1 der Richtlinie (Kapitalzuführung an Kapitalgesellschaften) keine Verweisung oder sonstige Bezugnahme auf das Recht der Mitgliedstaaten enthält und daß die Harmonisierung der Gesellschaftsteuer nicht nur hinsichtlich der Steuersätze, sondern auch hinsichtlich der Struktur der Abgabe hat stattfinden sollen. Letzteres hat zur Folge, daß die Besteuerungsgrundlagen in jedem einzelnen Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Merkmale bestimmt werden müssen, deren Tragweite innerhalb der Gemeinschaft einheitlich ist und die dem Einfluß des jeweiligen nationalen Rechts entzogen sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften - Dritte Kammer - vom 15. Juli 1982 Rs. 270/81, EuGHE 1982, 2771 ff., 2784, zum Begriff des Nennbetrages i. S. des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie).

Dementsprechend darf im erörterten Fall einer koordinierten Nachfolge die Steuerbarkeit nach dem KVStG 1972 nicht darauf abgestellt werden, ob im Einzelfall handelsrechtlich die Theorie des Doppelvertrages oder die des einfachen Verfügungsgeschäftes (s. oben unter 3.) zum Zuge kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob der Gesellschaft Kapital zugeführt worden ist. Dies ist danach zu entscheiden, ob sich die Gesamtvermögenssituation der Gesellschaft oder die Form ihrer Kapitalausstattung geändert hat (vgl. das zitierte Urteil in BFHE 132, 319, BStBl II 1981, 279, am Ende). Darin liegt keine - unzulässige - Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf dem Gebiete der Gesellschaftsteuer. Vielmehr werden bei der Berücksichtigung handelsrechtlicher Grundlagen die durch die Richtlinie gebotenen Grenzen gezogen.

6. Die vorstehenden Grundsätze sind im vorliegenden Falle nicht etwa im Hinblick darauf unanwendbar, daß - wie das FA meint - die Verminderung der Kommanditanteile bei den bisherigen Kommanditisten bereits ... (Datum des Gesellschafterbeschlusses) eingetreten sei, wogegen die neuen Kommanditisten ihre gesellschaftsrechtliche Stellung erst am ... 1973 erlangt hätten. Von einem solchen zeitlichen Auseinanderfallen kann nicht die Rede sein. Weder der Inhalt der Anmeldung zum Handelsregister noch der Gesellschafterbeschluß geben Anhaltspunkte für die Annahme her, daß das Kommanditkapital während des Monats ... 1973 eine geringere Höhe als vorher und nachher hätte haben sollen. Der Gesellschafterbeschluß läßt bei verständiger Würdigung nur die Deutung zu, daß mit "nunmehr" als zeitlicher Bestimmung für die Verminderung der Kommanditanteile der bisherigen Kommanditisten und für die auf den neuen Gesellschafterbestand abgestimmte Änderung des Gesellschaftsvertrages gleichermaßen das Datum des ... 1973 gemeint war, zu dem die neuen Kommanditisten Gesellschafter der KG werden sollten.

7. Die für die Entscheidung des Senats maßgebende Frage, ob der KG Kapital zugeführt wurde, ist aufgrund der Feststellungen des FG zu verneinen. Weder der festgestellte Inhalt des Gesellschafterbeschlusses noch die übrigen Feststellungen des FG bieten Anhaltspunkte für die Annahme, daß in Beziehung auf die KG Auszahlungen an die bisherigen Kommanditisten oder Einzahlungen der neuen Kommanditisten stattgefunden hätten oder hätten stattfinden sollen, auch nicht in der Form der Einlagenrückgewähr durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder in der einer Einlagenleistung an einen Dritten nach § 362 Abs. 2 BGB (vgl. hierzu Karsten Schmidt, a. a. O., S. 255 rechte Spalte). Vielmehr haben sich die Vermögensverschiebungen im Zusammenhang mit der "Umwandlung" ausschließlich zwischen den bisherigen Kommanditisten einerseits und den neuen Kommanditisten andererseits abgespielt, während sich bei der KG weder die Gesamtvermögenssituation noch die Form der Kapitalausstattung geändert hat.