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BFH-Urteil vom 10.11.1983 (IV R 62/82) BStBl. 1984 II S. 605

Zur Frage des Rechtsmißbrauchs, wenn ein Ausländer eine Domizilgesellschaft in einem anderen niedrig besteuernden Land errichtet und diese in bestehende oder neu begründete Rechtsbeziehungen im Inland einschaltet.

StAnpG § 6; EStG § 15 (Abs. 1) Nr. 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, hatte bis zu ihrer Umwandlung die Rechtsform einer OHG. Gesellschafter waren ursprünglich die Brüder A und B und deren Schwester Frau H. A, B und Frau H sind niederländische Staatsangehörige und in den Niederlanden wohnhaft. Zum 1. Januar 1958 schied Frau H als persönlich haftende Gesellschafterin aus; Gesellschafter der OHG waren nunmehr nur noch A und B mit einer Beteiligung von je 1/2. Gleichzeitig mit dem Ausscheiden aus der OHG beteiligte sich Frau H am Unternehmen der OHG als (typische) stille Gesellschafterin. Über die Gewinnverteilung bestimmte der Vertrag über die Errichtung der stillen Gesellschaft, daß A und B als geschäftsführende Gesellschafter vom jährlichen Reingewinn vorab 26 % erhalten und der Restgewinn zu je 1/3 auf A, B und Frau H verteilt wird.

Am 25. Oktober 1961 gründeten A und B eine AG mit Sitz in der Schweiz. Vom Grundkapital von 200.000 sfr übernahmen A und B je die Hälfte. Gegenstand des Unternehmens der AG ist die "Beteiligung an in- und ausländischen Unternehmen, Erwerb und Erhaltung von anderen Anlagewerten". Die AG war eine Domizilgesellschaft ohne eigenes Personal und eigenen Telefonanschluß.

Mit Vertrag vom 1. November 1961 veräußerte Frau H ihre stille Beteiligung an der OHG (einschließlich Gewinnanspruch für 1961 und darlehensweise Guthaben zum 1. November 1961) zum Preise von 625.000 DM an die AG. Der Kaufpreis war in fünf Jahresraten zu zahlen und mit 5 % zu verzinsen. Die Gewinnverteilungsabrede für das stille Gesellschaftsverhältnis wurde dahin geändert, daß A und B vorab 25 % des Gewinns erhalten und der Restgewinn zu je 1/3 auf A, B und die AG verteilt wird.

Bei ihrer Gewinnermittlung für die Streitjahre 1965 bis 1969 behandelte die OHG die der AG als stille Gesellschafterin gutgebrachten Gewinnanteile und die Zinsen für die von der AG der OHG wieder darlehensweise zur Verfügung gestellten Gewinnanteile als Betriebsausgaben.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte in einem aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen vorläufigen Feststellungsbescheid für 1965 und in vorläufigen Feststellungsbescheiden für 1966 bis 1969 bei der Behandlung der Gewinnanteile und Darlehenszinsen der AG den Feststellungserklärungen der OHG. Im Anschluß an eine in den Jahren 1971 bis 1973 durchgeführte Betriebsprüfung vertrat das FA jedoch die Auffassung, in sinngemäßer Anwendung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Mai 1971 III R 125-127/70 (BFHE 102, 555, BStBl II 1971, 721) sei die stille Beteiligung der AG an der OHG im Hinblick auf die gleichen Beteiligungsverhältnisse an AG und OHG und die fehlende eigene Geschäftstätigkeit der AG als Treuhandverhältnis i.S. von § 11 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) zu behandeln, wobei die OHG Treugeberin und die AG Treuhänderin seien; die der AG gutgebrachten Gewinnanteile und Darlehenszinsen seien deshalb A und B als Gewinnanteile nach § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzurechnen.

Auf dieser Grundlage erließ das FA am 4. November 1974 endgültige Gewinnfeststellungsbescheide 1965 bis 1969.

Den Einspruch wies das FA zurück.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den Gewinnfeststellungsbescheid 1965 ersatzlos auf und änderte die Gewinnfeststellungsbescheide 1966 bis 1969 dahin, daß es die bisher festgestellten Gewinne um die der AG gutgebrachten Gewinnanteile und Darlehenszinsen kürzte. Die Annahme eines Treuhandverhältnisses scheide aus. Auch ein Gestaltungsmißbrauch liege nicht vor. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 413 veröffentlicht.

Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben. Das FA rügt unrichtige Anwendung des § 6 StAnpG.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat ist zur Entscheidung über die Revision nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH sachlich zuständig, da die Zuständigkeit einheitliche Gewinnfeststellungen für eine Personengesellschaft mit dem Anfangsbuchstaben M betrifft. Die Voraussetzungen für eine sachliche Zuständigkeit des I. Senats sind entgegen den Ausführungen der Klägerin in ihrem gegen den Vorbescheid des Senats gerichteten Antrag auf mündliche Verhandlung nicht erfüllt. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 1983 ist der I. Senat u.a. zuständig, "soweit es sich um Fälle der beschränkten Steuerpflicht und um Fragen ... der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen handelt und wenn die sich daraus ergebenden Fragen allein oder überwiegend zu beurteilen sind". Im Streitfall ist über die Höhe des Gewinns einer inländischen Personengesellschaft und über die Anwendung des § 6 StAnpG zu entscheiden. Fragen der Auslegung eines Doppelbesteuerungsabkommens und der beschränkten Steuerpflicht sind weder allein noch überwiegend zu beurteilen. Die Auslegung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 26. August 1980 (DBA-Niederlande) ist nur eine von mehreren Vorfragen, über die der Senat im Zusammenhang mit der Anwendung des § 6 StAnpG zu befinden hat. Demgemäß hat der I. Senat auf Anfrage bestätigt, daß er sich nicht für zuständig erachtet.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG.

1. Der Senat ist im Gegensatz zur Vorentscheidung der Rechtsauffassung, daß die Einschaltung der AG in den Erwerb der stillen Beteiligung der Frau H an der OHG und das Halten dieser stillen Beteiligung als Rechtsmißbrauch (§ 6 StAnpG, § 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -) zu werten sind.

a) Ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt dann vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen, also ungewöhnlich ist (BFH-Beschluß vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272). Als rechtsmißbräuchlich hat die Rechtsprechung des BFH insbesondere die Errichtung von sog. Basisgesellschaften im Ausland angesehen, wenn dafür keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe vorliegen und wenn diese keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalten (Urteile vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom 16. Januar 1976 III R 92/74, BFHE 118, 277, BStBl II 1976, 401; vom 29. Juli 1976 VIII R 142/73, BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263). Dieser Rechtsprechung lagen allerdings Sachverhalte zugrunde, in denen ein unbeschränkt steuerpflichtiger Inländer die Gesellschaft im niedriger besteuernden Ausland gründete, um auf diese Weise der höheren Inlandsbesteuerung zu entgehen. Sie ist, wie der I. Senat in seinem Urteil vom 29. Oktober 1981 I R 89/80 (BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150) ausgesprochen hat, nicht ohne weiteres auf Fälle anzuwenden, in denen eine in einem Drittland ansässige und demgemäß in der Bundesrepublik Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person in der Schweiz eine Aktiengesellschaft gründet, weil die Gründung einer Kapitalgesellschaft im Ausland durch einen Ausländer noch keinen Bezug zum Inland und damit zu den inländischen Steuergesetzen hat. Der I. Senat des BFH betont in seinem Urteil in BFHE 134, 245, 251, BStBl II 1982, 150 aber des weiteren, daß auch bei Gründung einer Kapitalgesellschaft im Ausland durch einen Ausländer zu prüfen ist, ob ein Gestaltungsmißbrauch vorliegt, sobald ein Bezug zum Inland dadurch hergestellt wird, daß die im Ausland von einem Ausländer errichtete Kapitalgesellschaft in bestehende oder neu begründete Rechtsbeziehungen des Ausländers im Inland eingeschaltet wird.

b) Im Streitfall bestanden insofern Rechtsbeziehungen der in den Niederlanden ansässigen Brüder A und B zum Inland, als A und B Gesellschafter und Mitunternehmer der im Inland gewerblich tätigen OHG waren, an der Frau H - ursprünglich ebenfalls als Gesellschafterin und Mitunternehmerin und später als typische stille Gesellschafterin - beteiligt war. In diese Rechtsbeziehungen zum Ausland wurde die von A und B in der Schweiz errichtete AG dadurch eingeschaltet, daß die AG die stille Beteiligung der Frau H entgeltlich erwarb.

aa) Die Einschaltung der AG in den Erwerb der stillen Beteiligung der Frau H bezweckte, wie auch die Vorentscheidung annimmt, die Vorschriften des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 EStG zu umgehen, die auch bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen anzuwenden sind, sofern diese an einer im Inland gewerblich tätigen Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligt sind. Diese Vorschriften hätten zu höheren im Inland zu versteuernden gewerblichen Einkünften des A und des B geführt, gleichgültig, ob das stille Gesellschaftsverhältnis zwischen der OHG und Frau H aufgelöst und Frau H von der OHG abgefunden worden wäre oder ob Frau H ihre stille Beteiligung auf A und B entgeltlich übertragen hätte. Im ersteren Falle hätten sich die Gewinnanteile i.S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 1 EStG des A und des B in Zukunft erhöht (zur Höhe dieser Gewinnanteile im einzelnen siehe nachfolgend zu Nr. 2); im letzteren Falle wären dem A und dem B Vergütungen i.S. von § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG zuzurechnen gewesen, weil diese Vorschrift ihrem Zweck entsprechend nicht nur Darlehensverhältnisse im zivilrechtlichen Sinne, sondern grundsätzlich jede Überlassung von Kapital zur Nutzung erfaßt (vgl. BFH-Urteil vom 8. Januar 1975 I R 142/72, BFHE 115, 37, 41, BStBl II 1975, 437; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. X 3 b bb aaa S. 231; Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. 92).

Der Senat kann der Klägerin nicht darin folgen, daß § 15 (Abs. 1) Nr. 2 Halbsatz 2 EStG auf Gewinnanteile für eine stille Beteiligung des A und des B an der OHG und auf Zinsen für ein Darlehen des A und des B an die OHG nicht anwendbar gewesen wäre, weil dem die Vorschriften des DBA-Niederlande entgegengestanden hätten und daß die Einschaltung der AG daher nicht rechtsmißbräuchlich sein könne, weil keine Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland umgangen worden sei. - Dies ist unzutreffend, weil stille Beteiligung und Darlehensforderung Sonderbetriebsvermögen des A und des B in ihrer Eigenschaft als Mitunternehmer der OHG gewesen wären. Der Betriebstättenvorbehalt des Art. 13 Abs. 5 und des Art. 14 Abs. 2 DBA-Niederlande erfaßt auch Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers einer inländischen Personengesellschaft (BFH-Urteil vom 18. Mai 1983 I R 5/82, BFHE 138, 548, BStBl II 1983, 771). Gewinnanteile und Zinsen für eine stille Beteiligung und ein Darlehen, die Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Personengesellschaft sind, gehören daher zu den gewerblichen Einkünften aus einer Betriebstätte in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 5 DBA-Niederlande). Nr. 9 des Schlußprotokolls DBA-Niederlande befaßt sich nicht mit der im Streitfall allein entscheidungserheblichen Frage, welchem Vertragsstaat das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus einer (typischen) stillen Beteiligung zusteht, die zum Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen einer gewerblichen Betriebstätte in einem der Vertragsstaaten gehört.

bb) Die Einschaltung der AG war unangemessen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils war die AG mindestens in den Streitjahren eine reine Domizilgesellschaft ohne eigenes Personal und ohne eigenen Telefonanschluß; sie entfaltete keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit. Irgendwelche vernünftigen außersteuerrechtlichen Gründe für die Einschaltung der AG sind, entgegen der Ansicht des FG, nicht erkennbar. Das FG hat insoweit ausgeführt, die Einschaltung der AG sei unabhängig von einer Steuerersparnis wirtschaftlich sinnvoll und deshalb nicht unangemessen gewesen. Hätte nämlich die OHG die stille Beteiligung der Frau H abgelöst, wäre ihr ein erheblicher Teil des Betriebskapitals entzogen worden. Hätten A und B selbst die stille Beteiligung erworben, hätten sie den Kaufpreis auch bei Ratenzahlungen aus eigenen Mitteln bezahlen müssen. So hätten sie nur das Gründungskapital der AG von 200.000 sfr aufbringen müssen. Zwar habe die AG den Kaufpreis dann mit den Gewinnanteilen aus der stillen Beteiligung beglichen; daß dies geschehen könne, sei aber bei Erwerb der stillen Beteiligung nicht sicher gewesen.

Die Ausführungen können nicht überzeugen. Es erscheint dem Senat denkgesetzwidrig, daß für die Beteiligten ungewiß gewesen sein soll, ob die Kaufpreisraten für die stille Beteiligung, soweit sie über 200.000 sfr hinausgehen, aus künftigen Gewinnen aufgebracht werden können, sich Frau H aber gleichwohl mit der Kaufpreisverpflichtung einer AG begnügt haben soll, die, abgesehen von der stillen Beteiligung, nur über ein Grundkapital von 200.000 sfr verfügt und die deshalb außerstande gewesen wäre, die Kaufpreisraten zu begleichen, wenn keine Gewinne aus der stillen Beteiligung angefallen wären. Stille Beteiligung und Darlehensforderung der Frau H waren in der Steuerbilanz der OHG zum 31. Dezember 1960 mit einem Nennbetrag von immerhin 554.960 DM ausgewiesen; die erklärten Gewinnanteile der Frau H aus ihrer stillen Beteiligung betrugen in 1958 141.247 DM, in 1959 224.332 DM und in 1960 228.475 DM. Geht man - dem Sachvortrag der Klägerin folgend - davon aus, daß der Vertrag vom 1. November 1961 nicht durch die familiären Beziehungen zwischen A und B und Frau H beeinflußt ist, so entspricht es bei diesem Sachverhalt nach den Regeln der Lebenserfahrung typischem Geschehen, daß entweder A, B und Frau H als gesichert ansahen, die AG werde die Kaufpreisraten aus künftigen Gewinnanteilen erfüllen können, oder A und B die Kaufpreisraten garantierten. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was dem plausibel entgegenstünde. In der sog. Haftungsbegrenzung kann daher kein vernünftiger außersteuerrechtlicher Grund für die Einschaltung der AG gesehen werden.

cc) Hätten im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Gesellschafter einer OHG in den Erwerb einer stillen Beteiligung eines Dritten an der OHG eine Domizilgesellschaft in der Schweiz eingeschaltet, wäre dies offensichtlich auch nach Ansicht der Vorentscheidung als rechtsmißbräuchlich zu werten gewesen. Für beschränkt einkommensteuerpflichtige Gesellschafter einer im Inland gewerblich tätigen Personengesellschaft kann dann aber nichts anderes gelten, weil diese insoweit unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen gleichgestellt sind.

dd) Der objektive, auf Umgehung gerichtete Sachverhalt indiziert die Mißbrauchsabsicht. Die Klägerin hat diese Vermutung nicht schlüssig entkräftet.

ee) Die Regelungen des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 (BGBl I 1972, 1713, BStBl I 1972, 450) lassen, entgegen der Ansicht des FG, keine Rückschlüsse auf die Wertung des Streitfalles in den Streitjahren 1965 bis 1969 zu, da dieses Gesetz erstmals für den Veranlagungszeitraum 1972 anzuwenden ist und überdies die Vorschriften des § 6 StAnpG (§ 42 AO 1977) unberührt läßt, insbesondere nicht etwa für bestimmte Teilbereiche gänzlich verdrängt.

c) Die sog. Quintett-Urteile des I. Senats des BFH vom 13. September 1972 I R 130/70 (BFHE 107, 158, BStBl II 1973, 57) und vom 19. Februar 1975 I R 26/73 (BFHE 115, 327, BStBl II 1975, 584) sind entgegen den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schon deshalb nicht einschlägig, weil in den damals entschiedenen Fällen die Tochtergesellschaften, auf die die ausländische AG ihre Beteiligung an einer deutschen AG teilweise übertragen hatte, keine reinen Domizilgesellschaften ohne eigene wirtschaftliche Funktion waren. Der Senat kann daher offenlassen, ob er in vergleichbaren Fällen ebenso entscheiden würde wie der I. Senat seinerzeit entschieden hat.

2. Der Senat kann nicht selbst entscheiden.

Liegt ein Rechtsmißbrauch vor, sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei angemessener Gestaltung zu erheben gewesen wären (§ 6 Abs. 2 StAnpG, § 42 Satz 2 AO 1977). Für den Streitfall folgt daraus, daß das FG nunmehr zu prüfen hat, wie sich das an Frau H gezahlte Entgelt für die stille Beteiligung auf die Besteuerung der OHG und ihrer Gesellschafter in den Streitjahren ausgewirkt hätte, wenn die OHG die stille Beteiligung abgelöst hätte oder wenn A und B diese entgeltlich erworben hätten, insbesondere, ob die Aufwendungen ganz oder teilweise als Betriebsausgaben bzw. Sonderbetriebsausgaben abzugsfähig gewesen wären (vgl. auch BFH-Urteil vom 23. Juni 1981 VIII R 43/79, BFHE 134, 255, BStBl II 1982, 56) oder ob die Aufwendungen zu aktivieren und ggf. in Form von Absetzungen für Abnutzung gewinnmindernd zu berücksichtigen gewesen wären. Zu diesem Zwecke wird das FG A und B beizuladen haben.