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BFH-Urteil vom 22.10.1984 (III R 2/82) BStBl. 1985 II S. 318

Sind in einem eingeschossigen Wohngrundstück zwei Wohneinheiten mit jeweils eigenem Zugang von außen miteinander durch eine Tür verbunden, die sich zwischen zwei unmittelbar angrenzenden Wohnräumen der beiden Wohneinheiten befindet, fehlt es an der für die Annahme eines Zweifamilienhauses erforderlichen baulichen Abgeschlossenheit der beiden Wohnbereiche.

BewG 1965 § 75 Abs. 5.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines Wohngrundstücks. Das im Jahre 1975 errichtete Gebäude enthält im Erdgeschoß zwei Wohnbereiche mit je einem eigenen Zugang von außen. Der kleinere Bereich umfaßt ca. 35 qm und wird von der Klägerin selbst bewohnt. Er besteht aus einem Wohn-/Eßzimmer mit einer Kochnische, in der lediglich die Anschlüsse für eine Küchenausstattung verlegt sind. Hinzu kommen ein Schlafzimmer, eine Diele und ein Badezimmer mit WC. Den größeren Wohnbereich, bestehend aus drei Zimmern, einer komplett eingerichteten Küche und einem Bad mit WC, bewohnen die Eltern der Klägerin. Zwischen dem Wohn-/Eßzimmer der Klägerin und der Küche der Eltern befindet sich eine Tür.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bewertete das Grundstück zum 1. Januar 1976, dem hier streitigen Stichtag, als Einfamilienhaus. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, daß die von der Klägerin genutzten Räumlichkeiten nicht als Wohnung zu betrachten seien. Nach der baulichen Gestaltung seien diese Räume wegen der Verbindung durch die Zwischentür nicht abgeschlossen und könnten deshalb nicht als selbständige Wohnung beurteilt werden.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Zwischentür könne jederzeit abgeschlossen oder zugestellt werden und stünde deshalb der Annahme eines baulichen Abschlusses der beiden Wohnbereiche nicht entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 75 Abs. 5 und 6 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG) ist für die Abgrenzung der Grundstücksarten Ein- und Zweifamilienhaus entscheidend, ob das Grundstück eine oder zwei Wohnungen enthält. Zum Wohnungsbegriff i. S. von § 75 Abs. 5 und 6 BewG hat der Senat in seiner Entscheidung vom 5. Oktober 1984 III R 192/83 (BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151) Stellung genommen. Nach diesem Urteil ist - jedenfalls für Stichtage ab 1. Januar 1974 - für die Annahme einer Wohnung unter anderem wesentlich, daß die Zusammenfassung von mehreren Räumen eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bildet und daß ein eigener Zugang vorhanden ist (wegen weiterer Einzelheiten vgl. das Urteil III R 192/83). Die Grundstücksart Zweifamilienhaus setzt voraus, daß beide Wohnungen diese Voraussetzungen erfüllen.

2. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt, daß das Wohngrundstück der Klägerin zu dem hier streitigen Fortschreibungszeitpunkt nur eine Wohnung enthält. Es fehlt an dem gegenseitigen baulichen Abschluß der beiden Wohnbereiche. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Merkmal der baulichen Abgeschlossenheit als erfüllt anzusehen ist, kann nicht allgemein beantwortet werden. Dazu sind die gestalterischen Möglichkeiten zu vielfältig. Der Senat geht jedoch davon aus, daß die Aussparung einer Türöffnung in einer zwei Wohnbereiche trennenden Wand objektiv eine Verbindung zwischen diesen beiden Bereichen schafft. Der Einbau einer Tür in diesen Mauerdurchbruch bewirkt jedenfalls keine dauerhafte bauliche Trennung der beiden Wohnbereiche. Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht es auch nicht aus, daß die Tür verschlossen oder durch Möbel zugestellt werden kann. Die Artfeststellung des Wohngrundstücks kann durch solche Maßnahmen nicht beeinflußt werden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. Juni 1979 III R 17/77, BFHE 129, 65, BStBl II 1980, 175).

An das Erfordernis der baulichen Abgeschlossenheit können nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen im Streitfall auch nicht deswegen mindere Anforderungen gestellt werden, weil es sich bei den Mitbewohnern des Hauses um die Eltern der Klägerin handelt. Denn bei der Artfeststellung gemäß § 75 Abs. 5 und 6 BewG ist auf objektive bauliche Merkmale abzustellen. Dem entspricht es, subjektive Umstände und persönliche Verhältnisse der Bewohner unbeachtet zu lassen.