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BFH-Urteil vom 27.2.1985 (II R 13/83) BStBl. 1985 II S. 377

Der im Falle rechtsgeschäftlichen Erwerbs eines Grundstücks durch einen der Ehegatten bei Gütergemeinschaft kraft Gesetzes eintretende Miterwerb des anderen Ehegatten steht einer sonst gegebenen Grunderwerbsteuerbefreiung nicht entgegen.

GrEStStrukturG BW §§ 1, 2, 3; GrEStG BW § 3; GrEStG 1940/1983 § 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger, der im Güterstand der Gütergemeinschaft lebt, erwarb im Jahre 1974 mehrere Grundstücke. Für den Erwerb beantragte er Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1 des Baden-Württembergischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur vom 10. Juli 1973 (GrEStStrukturG). Das beklagte Finanzamt (FA) stellte den Antrag auf Steuerbefreiung zunächst nach § 2 Satz 2 GrEStStrukturG zurück, weil der Kläger die erforderliche Bescheinigung nicht vorlegen konnte.

Nachdem das FA festgestellt hatte, daß das Investitionsprogramm nicht durchgeführt worden war, setzte es 1980 gegen den Kläger Grunderwerbsteuer zuzüglich eines Aufgelds nach § 3 GrEStStrukturG fest.

Die Klage, mit der die Aufhebung der Aufgeldfestsetzung begehrt wurde, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der Revision begehrt der Kläger, den angefochtenen Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils dahin gehend zu ändern, daß nur die Hälfte des Aufgelds erhoben wird.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Erwerb der Grundstücke, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterlag, war - soweit nicht die Befreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG eingreift - nur dann endgültig von der Besteuerung nach § 1 GrEStStrukturG ausgenommen, wenn das Grundstück innerhalb von fünf Jahren dem begünstigten Zweck zugeführt worden war (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GrEStStrukturG). Lag die Bescheinigung, die vom Gesetz für die Befreiung gefordert wird, nicht vor, so war der Antrag auf Steuerbefreiung bis zur Erteilung zurückzustellen (§ 2 Satz 2 GrEStStrukturG). Soweit objektiv eine (wenn auch nur geringe) Möglichkeit bestand, daß die Voraussetzungen für eine endgültige materielle Befreiung von der Steuer eintraten, war die Steuer (vorläufig) aufgrund des Befreiungsantrages nicht entstanden. War die Steuer aber in dieser Weise vorläufig materiellrechtlich nicht entstanden, das Grundstück aber nicht fristgerecht zum begünstigten Zweck verwendet worden, dann war zu der Steuer nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GrEStStrukturG ein Aufgeld in Höhe von 5 v. H. für jedes angefangene oder volle Jahr vom Erwerb des Grundstücks bis zur Entstehung der Steuer zu entrichten.

Der Umstand, daß der Kläger mit seiner Frau im Güterstand der Gütergemeinschaft lebt, steht der (materiell vorläufigen) Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach dem GrEStStrukturG nicht entgegen. Zufolge des Ehevertrages gehörte das Grundstück ohne rechtsgeschäftliche Übertragung zu dem Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Dieser gesamthänderische Miterwerb der Ehefrau änderte nichts daran, daß Steuerschuldner aus dem Erwerbsvorgang vom 27. Mai 1974 allein der Kläger war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Juli 1962 II 57/61 U, BFHE 75, 351, BStBl III 1962, 394). Zwar hat der Senat stets ausgesprochen, daß der Erwerb nur dann (materiell endgültig) steuerbefreit sein könne, wenn der Erwerber den Zweck in eigener Person verwirkliche (vgl. Urteile vom 22. Januar 1975 II R 62/73, BFHE 115, 67, BStBl II 1975, 391; vom 30. Juli 1980 II R 15/80, BFHE 131, 406, BStBl II 1980, 755, und vom 4. Februar 1981 II R 83-84/78, BFHE 133, 223, BStBl II 1980, 444 - unter II.2. der Gründe -). Deshalb ist grundsätzlich die Weitergabe des Grundstücks bzw. dessen Einbringung in ein Gesamthandsverhältnis als Zweckaufgabe anzusehen; doch unterliegen diese Aussagen bei Erwerben durch Personen, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, notwendigen Einschränkungen. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1965 II 151/62 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 549) ausgeführt hat, ist den sich mit der Gütergemeinschaft beschäftigenden Vorschriften des § 3 Nrn. 4 und 5 GrEStG der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen, daß der im Falle rechtsgeschäftlichen Erwerbs des einen Ehegatten der kraft Gesetzes eintretende Miterwerb des anderen Ehegatten eine sonst gegebene Grunderwerbsteuerbefreiung nicht aufhebt bzw. ihr nicht entgegensteht.