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BFH-Urteil vom 30.11.1984 (III R 121/83) BStBl. 1985 II S. 451

1. Wirtschaftliches Eigentum kann auch an einem einzelnen Stellplatz einer einer Gemeinschaft gehörenden Doppelstockgarage bestehen, für die Teileigentum nach dem WEG begründet ist.

2. Dieser Stellplatz kann zusammen mit einem Wohnungseigentum zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen sein.

AO 1977 § 39 Abs. 2 Ziff. 1; BewG 1965 §§ 2 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb vom Beigeladenen, der im Unterschied zum Kläger nicht zugleich auch Wohnungseigentümer ist, den hälftigen ideellen Miteigentumsanteil am Teileigentum an einem Doppelstockgaragenplatz in einer Eigentumswohnanlage mit Tiefgarage.

§ 2 Abs. 2 des Kaufvertrages lautet wie folgt:

"Die Beteiligten vereinbaren zur Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses folgendes:

a) Dem Käufer steht das ausschließliche Nutzungs- und Benutzungsrecht hinsichtlich des untenliegenden Garagenplatzes Nr. 17 zu, während das Nutzungsrecht an dem obenliegenden Garagenplatz Nr. 18 dem Verkäufer verbleibt;

b) Das Recht des Verkäufers die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen wird gemäß § 749 Abs. 2 BGB für immer ausgeschlossen, während dieses Aufhebungsrecht dem Käufer verbleibt.

Diese Vereinbarungen gelten auch für und gegen die Rechtsnachfolger und sind im Grundbuch einzutragen."

Die Vereinbarungen wurden im Grundbuch eingetragen. Der Kaufpreis betrug ... DM. Der Kläger hatte zugleich mit dem Garagenanteil eine Eigentumswohnung vom Beigeladenen erworben.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bewertete das streitige Teileigentum am Doppelstockgaragenplatz im Sachwertverfahren als sonstiges bebautes Grundstück und stellte den Einheitswert auf den 1. Januar 1975 auf ... DM fest.

Zum 1. Januar 1977 hob das FA die Feststellung Betriebsgrundstück auf, rechnete das Teileigentum an dem Doppelstockgaragenplatz zu je 1/2 Anteil dem Kläger und dem Beigeladenen zu und gab den Bescheid dem Kläger bekannt.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Zur Begründung führte es aus: Durch den Kaufvertrag sei zwar kein gesondertes Teileigentum des Klägers und des Beigeladenen an den Abstellplätzen in der Doppelstockgarage geschaffen worden. Die Teilung des Teileigentums in zwei gleiche Miteigentumsanteile habe jedoch zusammen mit der mit dinglicher Wirkung vereinbarten Nutzungsregelung zur gesonderten Verkehrsfähigkeit eines jeden Stellplatzes geführt. Jeder Miteigentumsanteil erfülle deshalb für sich die Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 2 Abs. 1 und 93 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das Teileigentum gehört zum Grundvermögen (§ 68 Abs. 1 Nr. 3 BewG). Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG bildet jedes Wohnungs- und Teileigentum eine wirtschaftliche Einheit und damit ein Grundstück i.S. des BewG (§ 70 Abs. 1 BewG). Sinn und Zweck der Fiktion des § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 23. Februar 1979 III R 73/77 (BFHE 128, 83, BStBl II 1979, 547) darin gesehen, daß dadurch den Besonderheiten des Wohnungs- und Teileigentums bewertungsrechtlich Rechnung getragen wird. Zum einen wird das Teileigentum aus der Einheit des bebauten Grundstücks herausgenommen, zum anderen wird klargestellt, daß das Sondereigentum an Räumen und der Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum nicht getrennt, sondern als Einheit zu bewerten sind.

Eine weitere Bedeutung kommt dieser gesetzlichen Regelung, ebenso wie der insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 61 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), nicht zu. Auch für die durch das BewG fingierten, gegenüber dem bebauten Grundstück verselbständigten wirtschaftlichen Einheiten des Wohnungs- und Teileigentums gelten die allgemeinen Abgrenzungsregeln des § 2 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 BewG. Daraus ergibt sich, daß die vom Gesetz fingierten wirtschaftlichen Einheiten zu einer (größeren) wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden können, wenn die Voraussetzungen des § 2 BewG erfüllt sind (vgl. BFHE 128, 83, BStBl II 1979, 547 mit weiteren Nachweisen).

2. In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht angenommen, daß das selbständige Sondereigentum an der Wohnung mit dem zugehörigen Miteigentumsanteil am Grundstück und der ideelle Miteigentumsanteil an dem Teileigentum "Doppelstockgarage" zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen sind.

a) Das FG hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, daß nach der Verkehrsanschauung Stellplätze und Garagen als Zubehör zur Wohnung mit dieser gemeinsam genutzt werden und deshalb wirtschaftlich eine Einheit bilden. Dies gilt auch in bezug auf den einzelnen Stellplatz einer Doppelstockgarage. Dem entspricht im Streitfall auch die Zweckbestimmung durch den Eigentümer.

b) Die gemäß § 2 Abs. 2 BewG erforderliche Eigentümeridentität ist im Streitfall deshalb gegeben, weil der Stellplatz Nr. 17 dem Kläger gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zuzurechnen ist.

Die bürgerlich-rechtliche Gestaltung durch den Kaufvertrag über den ideellen Miteigentumsanteil in Verbindung mit der dinglichen Nutzungsregelung ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz dahin zu würdigen, daß dem Kläger eine unwiderrufliche Alleinnutzungs- und Verfügungsbefugnis eingeräumt wurde, aufgrund der er wie ein Eigentümer über den ihm zugeteilten Stellplatz verfügen konnte.

Der Kläger ist in der Lage, den nach bürgerlichem Recht Berechtigten, die Miteigentümergemeinschaft, auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut auszuschließen, so daß der Herausgabeanspruch der Miteigentümergemeinschaft keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Dezember 1978 III R 20/77, BFHE 127, 423, BStBl II 1979, 466 mit Nachweisen). Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der streitbefangene Stellplatz im Sinne der Vorschriften des WEG sondereigentumsfähig ist. Entscheidend ist vielmehr, daß der Kläger durch die Einräumung der im Grundbuch in Abteilung II eingetragenen Nutzungsmöglichkeit für seinen Miteigentumsanteil am Teileigentum eine Rechtsposition erlangt hat, die wirtschaftlich der eines alleinigen Sonderrechtsinhabers gleichsteht.