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BFH-Beschluß vom 1.8.1985 (VI R 28/79) BStBl. 1985 II S. 664

1. Der VI. Senat hält § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG (BGBl I 1974, 1769) insoweit für nicht vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, als diese Vorschrift die Steuerfreiheit von Zuschlägen für regelmäßige Nachtarbeit für die Jahre 1975 bis 1977 auf höchstens 15 v.H. des Grundlohns begrenzt. Er holt deshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des BVerfG ein.

2. Ist ein Verwaltungsakt als "Steuer- und Haftungsbescheid" bezeichnet und läßt sich dem Prüfungsbericht, auf den zur Begründung Bezug genommen ist, hinsichtlich des Streitpunktes eindeutig entnehmen, ob und in welcher Höhe gegen den in Anspruch genommenen Arbeitgeber eine eigene Steuer- oder eine Haftungsschuld festgesetzt werden sollte, so ist der Bescheid formell ordnungsmäßig, auch wenn in seinem Tenor der angeforderte Betrag nicht nach Steuer- und Haftungsschuld aufgeteilt ist.

GG Art. 3 Abs. 1; EStG 1975 § 3b Abs. 2 Nrn. 2 und 4; AO 1977 § 119 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Durch § 1 Nr. 13 des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern des Wirtschaftsrats vom 20. April 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949, 69) wurde § 34a in das Einkommensteuergesetz (EStG) eingefügt, der gesetzliche oder tarifliche Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuerfrei beließ. Diese Vorschrift erhielt durch Abschn. I Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl I 1954, 373) folgenden Wortlaut:

§ 34a

Die gesetzlichen oder tariflichen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind steuerfrei, wenn der Arbeitslohn insgesamt 7.200 DM im Kalenderjahr nicht übersteigt.

Die Einkommensgrenze wurde später in mehreren Schritten auf 24.000 DM angehoben.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte § 34a in dieser Fassung durch Beschluß vom 15. Januar 1969 1 BvR 723/65 (BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253) für verfassungswidrig, weil es mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) nicht vereinbar sei, daß die Steuerfreiheit davon abhängig gemacht werde, auf welcher Rechtsgrundlage die Zuschläge gewährt würden.

Um dieser Entscheidung des BVerfG Rechnung zu tragen, wurde § 34a EStG durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes über vordringliche Änderungen auf dem Gebiet des Steuerrechts (Steueränderungsgesetz 1971 - StÄndG -) vom 23. Dezember 1970 (BGBl I 1970, 1856) neu gefaßt. Er lautete:

§ 34a

(1) Gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind steuerfrei, wenn der Arbeitslohn 24.000 Deutsche Mark im Kalenderjahr nicht übersteigt. Die Zuschläge müssen in einem Gesetz oder in einem Tarifvertrag dem Grunde und der Höhe nach festgelegt sein. An den Tarifvertrag müssen der Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber gebunden sein, oder das Arbeitsverhältnis muß dem Tarifvertrag unterstellt worden sein.

(2) Zuschläge, die in anderen Fällen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind, wenn der Arbeitslohn 24.000 Deutsche Mark im Kalenderjahr nicht übersteigt, steuerfrei, soweit sie

1. für Sonntagsarbeit 50 vom Hundert,

2. vorbehaltlich der Ziffer 3 für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, 125 vom Hundert,

3. für Arbeiten an den Weihnachtsfeiertagen und am 1. Mai 150 vom Hundert,

4. für gelegentliche Nachtarbeit 30 vom Hundert und für regelmäßige Nachtarbeit 15 vom Hundert

des Grundlohns nicht übersteigen.

(3) ....

Durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung (Einkommensteuerreformgesetz - EStRG -) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769) wurde § 34a EStG in seiner damaligen Fassung als neuer § 3b in das EStG eingefügt. Dieser hat folgenden Wortlaut:

§ 3b

(1) Gesetzliche oder tarifvertragliche Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind steuerfrei.

Die Zuschläge müssen in einem Gesetz oder in einem Tarifvertrag dem Grunde und der Höhe nach festgelegt sein. An den Tarifvertrag müssen der Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber gebunden sein, oder das Arbeitsverhältnis muß dem Tarifvertrag unterstellt worden sein. Weichen die gezahlten Zuschläge von den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Zuschlägen ab, so sind sie insoweit steuerfrei, als sie sich im Rahmen des Gesetzes oder Tarifvertrages halten.

(2) Zuschläge, die in anderen Fällen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind steuerfrei, soweit sie

1. für Sonntagsarbeit 50 vom Hundert,

2. vorbehaltlich der Ziffer 3 für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, 125 vom Hundert,

3. für Arbeiten an den Weihnachtsfeiertagen und am 1. Mai 150 vom Hundert,

4. für gelegentliche Nachtarbeit 30 vom Hundert und für regelmäßige Nachtarbeit 15 vom Hundert

des Grundlohns nicht übersteigen.

(3) ....

In dieser Fassung besteht § 3b EStG bis heute fort.

II.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie und nicht tarifgebunden. Die zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern bestehenden Arbeitsverhältnisse sind auch keinem Tarifvertrag unterstellt, sondern beruhen auf Einzelarbeitsverträgen und den "Allgemeinen Bedingungen zum Arbeitsvertrag". Die Klägerin zahlt ihren Arbeitnehmern u.a. Zuschläge für Feiertags- und Nachtarbeit, deren Höhe sich an die Manteltarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer der kunststoffverarbeitenden Industrie anlehnt.

Nach den Feststellungen einer Lohnsteuer-Außenprüfung zahlte die Klägerin im Prüfungszeitraum (1. September 1975 bis 30. September 1977) ihren Arbeitnehmern

a) Zuschläge für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen in Höhe von 150 v.H. des Grundlohns, die sie in voller Höhe als steuerfrei behandelte und

b) Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit in Höhe von 30 v.H. des Grundlohns, die sie in Höhe von 25 v.H. des Grundlohns steuerfrei ließ.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) forderte mit "Steuer- u. Haftungsbescheid" vom 19. Januar 1978 Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer insoweit nach, als die steuerfreien Zahlungen der Klägerin die in § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG 1975 festgelegten Grenzen von 125 v.H. für Feiertagsarbeit und 15 v.H. für regelmäßige Nachtarbeit überstiegen. Bei einer nach dem Wortlaut des § 3b Abs. 2 EStG zu Unrecht steuerfrei belassenen Lohnsumme von rd. 800.000 DM errechnete das FA unter Anwendung eines Pauschsteuersatzes von 25 v.H. eine Nachforderung an Lohnsteuer in Höhe von 207.035,48 DM und an Kirchenlohnsteuer in Höhe von 14.492,48 DM. Insgesamt forderte das FA Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer in Höhe von 242.655,10 DM nach. Dieser Betrag ist im Tenor des Bescheides nicht in Steuer- und Haftungsbeträge aufgeteilt.

Im Teil "A. Steuerfestsetzung-Haftungsinanspruchnahme" des Bescheides ist angegeben, daß die Klägerin für die Steuerbeträge, die sie zu wenig abgeführt habe, hafte, und daß sie für die mit einem Pauschsteuersatz erhobenen Steuern als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werde. Zur Begründung des Bescheides ist auf den Prüfungsbericht hingewiesen.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung aus:

Die Nachforderung von Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer für den Teil der Zuschläge, der die Höchstgrenzen des § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG übersteige, sei rechtmäßig. Sie entspreche dem Gesetz. Auch eine mögliche Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift könne an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nichts ändern. Zwar habe sich nach dem vorgelegten Zahlenmaterial der Durchschnittssatz der tarifvertraglichen Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit auf 25 v.H. erhöht und weiche damit um 66 v.H. von der starr festgelegten gesetzlichen Höchstgrenze des § 3b Abs. 2 Nr. 4 (15 v.H. des Grundlohns) ab, was als verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu beurteilen sei. Eine Vorlage gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sei jedoch nicht möglich; denn das BVerfG könne - die Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz unterstellt - die Steuerbefreiung der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Zuschläge grundsätzlich nicht auf die anderen Zuschläge i.S. des § 3b Abs. 2 EStG ausdehnen, sondern nur dem Gesetzgeber die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands aufgeben. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn zur Herstellung der von der Verfassung geforderten Gleichheit überhaupt nur eine Regelung möglich und denkbar wäre. Das sei hier aber nicht der Fall. Denn es wäre sowohl eine Regelung denkbar, die für sämtliche von § 3b EStG erfaßten Arten von Lohnzuschlägen eine einheitliche Begrenzung nach oben vorsehe als auch die Beibehaltung der Steuerfreiheit der tariflichen Zuschläge bei gleichzeitiger Verknüpfung der Höchstgrenzen der anderen Zuschläge mit dem jeweils festzustellenden Durchschnittssatz der tarifvertraglichen Zuschläge des gleichen oder des vorhergehenden Jahres. Damit fehle es aber an einer Rechtsgrundlage für die Steuerbefreiung der gezahlten Zuschläge, aufgrund derer das FG der Klage stattgeben könne. Die Frage der Verfassungswidrigkeit spiele deshalb für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle. Die Klägerin könne in einem solchen Falle die behauptete Ungleichbehandlung nur mit einer Verfassungsbeschwerde erfolgreich bekämpfen.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verfassungswidrigkeit des § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG und führt aus:

Die genannte Vorschrift verstoße aus den vom FG angegebenen Gründen gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das FG habe es jedoch zu Unrecht abgelehnt, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Für die Herstellung der von der Verfassung geforderten Gleichheit sei lediglich eine Regelung denkbar, nämlich die, daß das BVerfG den Teil der Vorschrift für nichtig erkläre, der für die nicht tariflich gebundenen Arbeitnehmer eine Begrenzung ausspreche.

Die Klägerin hat während des Revisionsverfahrens ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zur Verfassungswidrigkeit des § 3b Abs. 2 EStG vorgelegt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß § 34a StÄndG (EStG 1971) und damit auch § 3b Abs. 2 EStG von Anfang an verfassungswidrig gewesen seien, weil die Neuregelung nicht den Anforderungen entsprochen habe, die das BVerfG in seinem Beschluß in BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253 aufgestellt habe. Aber selbst wenn diese Vorschriften zunächst verfassungsgemäß gewesen sein sollten, gelte dies für die Jahre 1975 bis 1977 nicht mehr. Die in diesen Jahren im tarifvertraglichen Bereich gewährten Zuschläge überstiegen die festen Grenzen des § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG ohne sachlich einleuchtenden Grund derart, daß ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliege.

Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Bescheid dahin zu ändern, daß die angeforderte Lohnsteuer um 207.035,48 DM und die Kirchenlohnsteuer um 14.492,48 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

2. Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Er hält § 3b Abs. 2 EStG auch für die Jahre 1975 bis 1977 aus folgenden Gründen für verfassungsgemäß:

Der Gesetzgeber und die Tarifvertragsparteien trügen aus ihrer Interessenlage heraus dafür Sorge, daß sich die gesetzlich oder tarifvertraglich geregelten Zuschläge in einem vertretbaren Rahmen hielten. Dieses Regulativ fehle bei Betriebsvereinbarungen weitgehend und bei Regelungen in Einzelarbeitsverträgen meist völlig; vielmehr könnten in Einzelarbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen zur Ausnutzung der Steuervorteile nach § 3b EStG niedrigere Löhne und dafür um so höhere Zuschläge vereinbart werden. Die Steuerfreiheit der Zuschläge i.S. des § 3b Abs. 2 EStG habe daher begrenzt werden müssen, um eine Steuerfreiheit für evtl. unangemessen hohe Zuschläge zu versagen. Der zur Erreichung dieses Ziels sich anbietende Weg, den Finanzbehörden die Überprüfung der Angemessenheit der jeweils vereinbarten Zuschläge zu übertragen, sei aus Gründen der Praktikabilität nicht beschritten worden. Es sei sachgerecht, daß der Gesetzgeber zur Vermeidung von Mißbräuchen die Steuerfreiheit der anderen Zuschläge in Anlehnung an die geltenden Tarifverträge selbst pauschal der Höhe nach beschränkt habe (BVerfG-Beschlüsse vom 14. Mai 1976 1 BvR 380/75 und 1 BvR 381/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1976, 332).

Der Gesetzgeber habe die Höchstsätze für die Zuschläge nach § 3b Abs. 2 EStG durch § 34a EStG 1971 so festgelegt, daß sie auch bei einem Vergleich mit den entsprechenden, nach § 3b Abs. 1 EStG steuerfreien gesetzlichen oder tarifvertraglichen Zuschlägen sachgerecht gewesen seien. Die Grenzen für die Zuschläge seien so bestimmt, daß sie nach den während des Gesetzgebungsverfahrens ermittelten Verhältnissen einem guten Durchschnitt der tarifvertraglich vereinbarten Zuschläge entsprochen hätten. Ausgewertet worden seien rd. 470 Lohn- und Gehaltstarifbereiche, unter die etwa 10,8 Mio. abhängige Erwerbstätige aller privatwirtschaftlichen Branchen, d.h. mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer der Privatwirtschaft, fielen. Durch die Rechtsprechung sei geklärt, daß die "anderen Zuschläge" einschließlich der Methode ihrer Ermittlung im Jahre 1971 mit dem Gleichheitssatz vereinbar gewesen seien. Schon aus Gründen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Verhältnissen des Jahres 1971 und den während des Gesetzgebungsverfahrens ermittelten Verhältnissen stelle die Regelung eine sachgerechte Lösung dar (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Juli 1975 VI R 162/66, BFHE 116, 369, BStBl II 1975, 820, und vom 22. August 1980 VI R 211/77, nicht veröffentlicht - NV -). Das BVerfG habe mit ähnlicher Begründung wie der BFH die vom Gesetzgeber gewählte Regelung für sachgerecht gehalten (Beschlüsse in HFR 1976, 332).

Auch in den Jahren 1975 bis 1977 sei § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG mit dem Gleichheitssatz vereinbar.

Nach der vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gefertigten Auswertung der tarifvertraglichen Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit ergebe sich allerdings, daß die errechneten durchschnittlichen Sätze über den Satz von 15 v.H. nach § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG hinausgingen. Für die einzelnen Jahre ergebe sich folgendes Bild:

1975

Von den erfaßten rd. 18,2 Mio. Arbeitnehmern hätten 15,48 Mio. Arbeitnehmer Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit erhalten. 28 v.H. der betroffenen Arbeitnehmer sei ein Zuschlag gezahlt worden, der der Festsetzung in § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG (15 v.H.) entspreche.

Im einzelnen hätten erhalten:

Mehr als 15 v.H. Zuschlag 72 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 20 v.H. Zuschlag 44 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 25 v.H. Zuschlag 23 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 30 v.H. Zuschlag 17 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 35 v.H. Zuschlag 15 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 40 v.H. Zuschlag 15 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 45 v.H. Zuschlag 15 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 50 v.H. Zuschlag 1 v.H. der Arbeitnehmer.

Im Durchschnitt der betroffenen Arbeitnehmer hätten die Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit 25 v.H. des Grundlohns betragen.

1976

Von den erfaßten rd. 17,7 Mio. Arbeitnehmern hätten 14,76 Mio. Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit erhalten. Bei 29 v.H. der betroffenen Arbeitnehmer habe der Zuschlag der Festsetzung in § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG entsprochen. Im Durchschnitt hätten die Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit 25 v.H. des Grundlohns betragen. 1977

Von den erfaßten rd. 17,6 Mio. Arbeitnehmern hätten 14,77 Mio. Arbeitnehmer Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit erhalten. Bei 28 v.H. der betroffenen Arbeitnehmer habe der Zuschlag der Festsetzung in § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG entsprochen.

Im einzelnen hätten erhalten:

Mehr als 15 v.H. Zuschlag 72 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 20 v.H. Zuschlag 51 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 25 v.H. Zuschlag 24 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 30 v.H. Zuschlag 16 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 35 v.H. Zuschlag 14 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 40 v.H. Zuschlag 14 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 45 v.H. Zuschlag 14 v.H. der Arbeitnehmer

mehr als 50 v.H. Zuschlag 1 v.H. der Arbeitnehmer.

Im Durchschnitt der betroffenen Arbeitnehmer hätten die Zuschläge wiederum 25 v.H. des Grundlohns betragen.

Während im Jahre 1975 über die Hälfte, nämlich 56 v.H. aller erfaßten Arbeitnehmer, einen Zuschlag bis zu 20 v.H. erhalten hätten, sei im Jahre 1977 (für 1976 liege eine entsprechende Staffel nicht vor) eine Verschiebung dahingehend eingetreten, daß nun knapp mehr als die Hälfte (51 v.H.) einen Zuschlag erhalten habe, der sich weiter von der vom Gesetzgeber festgelegten Höchstgrenze entfernt habe.

Gleichwohl genüge die Regelung des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht nur im Jahre 1975, sondern auch 1976 und 1977 den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG. In Anbetracht der zahlreichen unterschiedlichen Tarifverträge und der unterschiedlichen Verhältnisse hinsichtlich der regelmäßigen Nachtarbeit in den einzelnen Tarifbereichen sei es nicht möglich, einen pauschalen Höchstsatz zu wählen, der die gesetzlichen und die tariflichen sowie die anderen Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit völlig gleichstelle. So unterschieden sich u.a. die Bestimmungen über die Zeit der Nachtarbeit; z.T. würden feste Stundensätze in DM und nicht Vomhundertsätze vereinbart. Welcher pauschale Höchstsatz den tatsächlichen, insbesondere tariflichen Verhältnissen angemessen sei, hänge von mehreren Komponenten und deren Gewichtung ab. Der Gesetzgeber sei zwar gehalten, sich an den tatsächlichen gesetzlichen oder tarifvertraglich vereinbarten Zuschläge zu orientieren. Dabei bestehe jedoch eine beträchtliche Bandbreite, innerhalb derer Höchstsätze als sachgerecht anzusehen seien. Der Höchstsatz von 15 v.H. für regelmäßige Nachtarbeit liege in den Streitjahren innerhalb dieser zulässigen Bandbreite.

Eine Gleichheitsverletzung sei auch dann nicht gegeben, wenn es in den Streitjahren zu einer ins Gewicht fallenden Divergenz zwischen dem Höchstbetrag nach § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG und den entsprechenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Zuschlägen nach § 3b Abs. 1 EStG gekommen sei. Nach der Rechtsprechung des BVerfG führten vorhandene Ungleichheiten nicht in jedem Fall zur sofortigen Verfassungswidrigkeit der Regelung. Der Gesetzgeber könne zur Beseitigung solcher Ungleichheiten in bestimmten Fällen Fristen in Anspruch nehmen. Das sei einmal der Fall, wenn er sich bei der Neuregelung eines komplexen Sachverhalts zunächst mit einer grober typisierenden und generalisierenden Regelung begnüge, um sie nach hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich durch eine entsprechend fortschreitende Differenzierung zu verbessern. Das gelte aber auch dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse sich im Rahmen einer langfristigen Entwicklung in einer Weise verändert hätten, daß die Beseitigung der Unstimmigkeiten durch eine einfache und daher schnell zu verwirklichende Anpassung nicht möglich sei. Der Gesetzgeber sei trotz der dargestellten Unsicherheiten bei den errechneten durchschnittlichen tarifvertraglichen Zuschlägen für die Streitjahre nicht gehalten gewesen, den Höchstbetrag nach einer verfeinerten Berechnungsmethode zu bestimmen. Jedenfalls habe ihm die Zeitspanne bis 1977 zur Verfügung gestanden, um hinsichtlich der Veränderung der tarifvertraglichen Zuschläge und ihrer Ermittlung Erfahrungen zu sammeln und evtl. die Grundlage für eine die tatsächlich geleistete regelmäßige Nachtarbeit besser berücksichtigende Berechnungsmethode zu schaffen. Auch zu einer Anpassung des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG an die Entwicklung der tarifvertraglichen Zuschläge nach Maßgabe der statistisch ausgewiesenen Veränderungen sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen. Er habe an der bisherigen Regelung festhalten dürfen, weil eine einfache und schnell zu verwirklichende Anpassung für die Streitjahre nicht möglich gewesen sei. Hierbei falle ins Gewicht, daß das entsprechende Zahlenmaterial über die Entwicklung der Tarifverträge immer erst zum Ende eines Jahres, also frühestens im darauffolgenden Jahr, erstellt werden könne. Der Gesetzgeber könne immer erst im nachhinein tätig werden. Gefestigte tendenzielle Änderungen hätten sich in der verhältnismäßig kurzen Zeit seit der gesetzlichen Bestimmung der Höchstsätze nicht abzeichnen können. Auch wenn sich zeigen würde, daß die durchschnittlichen tarifvertraglichen Zuschläge bereits vor 1975 in dem 1975 gegebenen Umfang erhöht worden wären, müßte dem Gesetzgeber jedenfalls eine Überlegungsfrist zugestanden werden, die einer Anpassung in den Streitjahren entgegenstehe.

Jedenfalls sei § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG insoweit mit dem Gleichheitssatz vereinbar, als er auf die Klägerin angewendet werde. Die Klägerin gehöre zur kunststoffverarbeitenden Industrie. Die in der Gewerbegruppe Chemie einschließlich der kunststoffverarbeitenden Industrie tarifvertraglich in weiten Bereichen des Bundesgebietes vereinbarten Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit deckten sich mit dem Höchstsatz von 15 v.H.

Dafür, daß die Höchstbeträge für steuerfreie Zuschläge für Feiertagsarbeit nach § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG (125 v.H. des Grundlohns) in den Streitjahren dem Gleichheitssatz widersprechen könnten, bestehe kein Anhaltspunkt. Nach der vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gefertigten Auswertung der tarifvertraglichen Zuschläge für Feiertagsarbeit ergebe sich, daß einen Zuschlag bis 125 v.H. erhalten hätten:

1975

An lohnzahlungspflichtigen Tagen 57 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer (im Durchschnitt der jeweils betroffenen Arbeitnehmer betrügen die Zuschläge 124 v.H. des Grundlohns), an nicht lohnzahlungspflichtigen Tagen 79 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer (101 v.H.).

1976

An lohnzahlungspflichtigen Tagen 55 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer (125 v.H.), an nicht lohnzahlungspflichtigen Tagen 78 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer (102 v.H.).

1977

An lohnzahlungspflichtigen Tagen 53 v.H. der betroffenen Arbeitnehmer (127 v.H.), an nicht lohnzahlungspflichtigen Tagen 80 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer (101 v.H.).

Entscheidungsgründe

III.

Die Entscheidung über die Revision hängt davon ab, ob § 3b Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG verfassungsgemäß ist.

1. Die Entscheidungserheblichkeit kann nicht wegen etwaiger formeller Mängel des angefochtenen Bescheids in Frage gestellt werden; denn in formeller Hinsicht ist der Bescheid nicht zu beanstanden.

Ist Lohnsteuer nachzuerheben, weil sie vom Arbeitgeber nicht vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt worden ist, kommt eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers durch Haftungsbescheid oder durch Pauschalierungsbescheid (Steuerbescheid) in Betracht. Die pauschalierte Lohnsteuer als Unternehmenssteuer eigener Art, die der Arbeitgeber selbst schuldet, weist gegenüber einer vom Arbeitnehmer geschuldeten Lohnsteuer, für die der Arbeitgeber lediglich haftet, wesentliche Unterschiede auf (vgl. zur wesensmäßigen Verschiedenheit von pauschaler Lohnsteuer und Lohnsteuerhaftung BFH-Urteile vom 5. November 1982 VI R 219/80, BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91; vom 2. Dezember 1983 VI R 47/80, BFHE 140, 143, BStBl II 1984, 362, und vom 7* .Dezember 1984 VI R 72/82, BFHE 142, 494, BStBl II 1985, 170). Der Steuerbescheid dient der Festsetzung einer Steuerschuld gegenüber dem Steuerschuldner (§ 155 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Dagegen wird durch einen Haftungsbescheid eine Person für die Steuerschuld eines anderen in Anspruch genommen (§ 191 AO 1977). Diese Unterschiede und das Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes schließen es aus, daß vom Arbeitgeber pauschalierte Lohnsteuer und Lohnsteuer, für die er haftet, mit einheitlichem Bescheid angefordert werden, wenn dieser nur als Haftungsbescheid bezeichnet ist (BFH-Urteil vom 28. Januar 1983 VI R 35/78, BFHE 138, 188, BStBl II 1983, 472) oder wenn nach der Bezeichnung des Bescheides unklar ist, ob das FA eine Lohnsteuerhaftungsschuld oder eine pauschale Lohnsteuer festsetzen wollte (BFHE 140, 143, BStBl II 1984, 362). Auch ein Bescheid, in dessen Tenor der Arbeitgeber als Haftender in Anspruch genommen wird, dessen Begründung aber eindeutig auf die Festsetzung einer pauschalen Lohnsteuer hinweist, ist wegen inhaltlicher Unbestimmtheit unwirksam (BFH-Urteil vom 15. März 1985 VI R 30/81, BFHE 143, 226). Dagegen ist es zulässig, daß das FA auf einem einheitlichen Vordruck - lediglich äußerlich zusammengefaßt - einen Pauschalierungs- und einen Haftungsbescheid erläßt, wenn die zu erhebenden Beträge getrennt ausgewiesen sind und angegeben ist, auf welcher Rechtsgrundlage die Inanspruchnahme jeweils beruht (BFH-Urteil vom 16. November 1984 VI R 176/82, BFHE 143, 27, BStBl II 1985, 266).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Überschrift des Bescheides, daß das FA einen Steuer- und einen Haftungsbescheid erlassen wollte. Das FA hat auf dem Verfügungsteil des Bescheides durch Ankreuzen der entsprechenden Rubrik auch kenntlich gemacht, daß es eine Haftungs- und eine Steuerschuld festsetzen wollte. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides hat es auf den Prüfungsbericht Bezug genommen. Dies ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Prüfungsbericht - wie hier - dem Steuerpflichtigen schon vor der Bekanntgabe des Bescheides zugegangen war oder wenn er gleichzeitig mit dem Bescheid zugeht (vgl. Urteil in BFHE 143, 226). Aus dem Prüfungsbericht ergibt sich, daß das FA die Klägerin für einige der dort erwähnten Sachverhalte als Haftende und für andere als Steuerschuldnerin in Anspruch nehmen wollte. Hinsichtlich der streitigen Zuschläge für Feiertags- und regelmäßige Nachtarbeit ist eindeutig ersichtlich, daß das FA eine Steuerschuld gegen die Klägerin festsetzen wollte. Aus dem Prüfungsbericht läßt sich auch der genaue Betrag, für den die Klägerin insoweit in Anspruch genommen wird, entnehmen. In einem derartigen Fall steht der formellen Ordnungsmäßigkeit des Bescheides nicht entgegen, daß in seinem Tenor der angeforderte Betrag nicht in Haftungs- und Steuerschuld aufgeteilt ist.

2. Der Senat hält § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG für verfassungswidrig (vgl. IV). Von der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ab. Ist die Regelung rechtsgültig, so ist die Revision unbegründet. Das FA hat dann zu Recht die Steuer gegen die Klägerin festgesetzt. Ist § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG verfassungswidrig, so würde zwar aus anderen Gründen ebenfalls die Rechtsgrundlage dafür fehlen, der Klage stattzugeben. Die Revision könnte aber nicht zurückgewiesen werden.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 3b Abs. 1 und 2 Nr. 4 EStG kann der Senat nicht aussprechen, daß die von der Klägerin gezahlten Zuschläge in größerem Umfang als bisher steuerfrei zu belassen seien. Für den Fall der Verfassungswidrigkeit müßte der Gesetzgeber eine dem Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragende Neuregelung treffen. Für eine derartige Neuregelung hätte er mehrere Möglichkeiten. Er könnte die Vomhundertsätze des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG anheben (aber nicht notwendigerweise in dem Umfang, wie ihn die Klägerin für angemessen hält) oder ganz entfallen lassen, um die steuerliche Behandlung dieser Zuschläge derjenigen anzugleichen, die für tarifvertragliche Zuschläge gilt. Der Gesetzgeber könnte zur Herbeiführung einer Gleichbehandlung aber auch für die tarifvertraglichen und gesetzlichen Zuschläge Höchstgrenzen einführen oder die im System der Einkommensbesteuerung als außergewöhnlich anzusehende Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (BVerfG-Beschluß in HFR 1976, 332, 333) gänzlich beseitigen.

Im Fall der Verfassungswidrigkeit des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG müßte der Senat das Revisionsverfahren weiter aussetzen, um den Spruch des Gesetzgebers abzuwarten. Dies wäre aber eine andere Entscheidung als die Zurückweisung der Revision der Klägerin (vgl. BVerfG-Beschluß vom 7. Mai 1974 1 BvL 6/72, BVerfGE 37, 154, 163). Diese Entscheidung würde der Klägerin die Möglichkeit eröffnen, daß der Gesetzgeber bei Herstellung der Gleichheit eine ihr günstige Regelung trifft, aufgrund derer dem Klagebegehren ganz oder teilweise stattgegeben werden könnte (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 28. November 1967 1 BvR 515/63, BVerfGE 22, 349, 359 ff., und in BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253, 256).

IV.

Der Senat hält § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG für die Jahre 1975 bis 1977 wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, soweit die erstgenannte Vorschrift bestimmt, daß Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit nur bis höchstens 15 v.H. des Grundlohns steuerfrei sind.

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG verletzt, wenn sich für eine gesetzliche Differenzierung ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund nicht finden läßt und deshalb die Gesetzesbestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß (BVerfG-Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325, 354, und in BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253 mit Rechtsprechungshinweisen). Als willkürlich in diesem Sinne ist anzusehen, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 90, und in BVerfGE 65, 325, 354) oder wenn keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, daß sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (Beschluß in BVerfGE 55, 72). Im Steuerrecht, das Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betrifft, darf der Gesetzgeber allerdings aus Gründen der Praktikabilität (Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung, Einfachheit, Klarheit und Berechenbarkeit der Regelung) typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten nicht nur des einzelnen Falles, sondern auch ganzer Gruppen vernachlässigen (z.B. BVerfG-Urteil vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12; BVerfG-Beschluß vom 9. Februar 1982 2 BvL 6/78, 8/79, BVerfGE 60, 16, 48). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist aber auch insoweit nicht unbeschränkt. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung einer Regelung auf die Steuerzahler darf ein gewisses Maß nicht übersteigen. Die steuerlichen Vorteile der Typisierung müssen im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Nur geringfügige oder nur in besonderen Fällen auftretende Ungleichheiten sind unbeachtlich (Beschluß in BVerfGE 21, 12, 27). Ist die Mißbrauchsgefahr bei einem Kreis tatsächlicher Gestaltungsformen erfahrungsgemäß größer als bei einem anderen Kreis, so verbietet Art. 3 Abs. 1 GG nicht, zwischen diesen Sachverhalten zu differenzieren. Daher ist es nicht willkürlich, in einem dem Mißbrauch stärker ausgesetzten Bereich schärfere rechtliche Forderungen zu stellen, wenn diese an die tatsächlichen Verschiedenheiten anknüpfen und geeignet sind, der Mißbrauchsgefahr vorzubeugen (BVerfG-Beschluß vom 11. Juli 1967 1 BvR 495/63, 325/66, BVerfGE 22, 156, 161 mit Rechtsprechungshinweisen).

1. a) Die Höchstbeträge des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG bzw. des § 34a EStG 1971 waren nach Auffassung des Senats nicht von Anfang an verfassungswidrig. Das BVerfG hat es in seinem Beschluß in BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253 dem Gesetzgeber überlassen, wie er die Gleichheitswidrigkeit des § 34a EStG a.F. beseitigen wolle. Es hat ausgeführt, daß sich dem Gesetzgeber für eine Neuregelung "mindestens" zwei Möglichkeiten böten, nämlich entweder, die Steuerfreiheit für derartige Zuschläge gänzlich zu beseitigen oder die anderen Zuschläge ebenso zu begünstigen wie die gesetzlichen und tarifvertraglichen. Der Gesetzgeber war also frei, auf welche Weise er die Ungleichheit beseitigen wollte. Er hat nach Auswertung der Vereinbarungen von rd. 470 Lohn- und Gehaltstarifbereichen für die anderen Zuschläge gesetzliche Höchstgrenzen eingeführt, die einem guten Durchschnitt der damals tarifvertraglich vereinbarten Zuschläge entsprachen. Daß der Gesetzgeber sich hierzu aus Praktikabilitätserwägungen - um Mißbräuchen vorzubeugen und eine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall zu ersparen - entschlossen hat, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Von derartigen Erwägungen kann sich der Gesetzgeber - wie sich aus der oben erwähnten Rechtsprechung der BVerfG ergibt - gerade im Steuerrecht leiten lassen, sofern diese Regelungen nicht zu einer nicht mehr vertretbaren willkürlichen Ungleichbehandlung führen. Die Berücksichtigung derartiger Praktikabilitätserwägungen im Rahmen einer neuen gesetzlichen Regelung hat das BVerfG in seinem Beschluß in BVerfGE 25, 101, BStBl II 1969, 253 nicht ausgeschlossen. Es hat vielmehr nur darauf hingewiesen, daß der ursprünglich völlige Ausschluß der nicht auf gesetzlicher oder tariflicher Grundlage gezahlten Zuschläge von der Steuerfreiheit mit derartigen Erwägungen nicht zu rechtfertigen sei.

b) Der Senat hat in seinen Urteilen vom 28. Juli 1975 VI R 217/72 (BFHE 116, 376, BStBl II 1975, 824) und in BFHE 116, 369, BStBl II 1975, 820 die Einführung der Höchstbeträge in § 34a Abs. 2 EStG 1971 als verfassungsgemäß angesehen. Die Verfassungsbeschwerden gegen diese Urteile wurden mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen, weil das BVerfG die gesetzliche Neuregelung mit Art. 3 Abs. 1 GG für vereinbar gehalten hat (Beschlüsse in HFR 1976, 332). Wenn derartige Nichtannahmebeschlüsse auch keine Bindungswirkung nach § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) haben, so ist es doch kaum vorstellbar, daß das BVerfG so entschieden hätte, wenn aus seiner Sicht von Anfang an Bedenken gegen die Festsetzung von Höchstbeträgen für die anderen Zuschläge bestanden hätten.

Den Entscheidungen des BVerfG und des Senats läßt sich auch entnehmen, daß es nicht zu beanstanden ist, wenn der Gesetzgeber die Höchstbeträge des § 34a Abs. 2 EStG 1971 (§ 3b Abs. 2 EStG) den damaligen durchschnittlichen tarifvertraglichen Zuschlägen angepaßt hat. Ein Gleichheitsverstoß liegt also nicht deshalb vor, weil schon bei Einführung der Vorschrift im tarifvertraglichen Bereich zum Teil offensichtlich Zuschläge gezahlt wurden, die die Höchstbeträge des Absatzes 2 überstiegen.

2. Für die Jahre 1975 bis 1977 ist der Höchstbetrag des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG für regelmäßige Nachtarbeit nach Auffassung des Senats jedoch nicht mehr mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Auch eine ursprünglich verfassungsgemäße Regelung kann durch eine unterlassene Anpassung des Gesetzgebers an die veränderten Verhältnisse verfassungswidrig werden (vgl. zuletzt BVerfG-Beschluß vom 22. Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 224).

Der Senat hat für die Verhältnisse im Jahr 1971, insbesondere wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der vom Gesetzgeber vorgenommenen Angemessenheitsprüfung, die Verfassungsmäßigkeit der Höchstbeträge noch bejaht. Er hat dies jedoch für 1976 offengelassen (Urteil vom 22. August 1980 VI R 211/77, NV).

a) Bei der Prüfung, ob die Höchstbeträge des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG auch für die Jahre 1975 bis 1977 verfassungsgemäß sind, ist - ebenso wie bei der Beurteilung der Frage, ob diese Vorschrift bei ihrer Einführung dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend Rechnung trug - darauf abzustellen, wie sich die vom BMF bzw. vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ermittelten durchschnittlichen tarifvertraglichen Zuschläge entwickelt haben. Entgegen der Auffassung des BMF ist nicht auf die Entwicklung in einzelnen Tarifbereichen oder Branchen abzustellen.

Wenn der Gesetzgeber bei Einführung der Vorschrift - zulässigerweise - die Höchstbeträge für die anderen Zuschläge in Anlehnung an die damals im tariflichen Bereich im Durchschnitt gezahlten Zuschläge festgesetzt hat, muß die Entwicklung dieser durchschnittlichen Zuschläge auch für den Vergleich, ob die Höchstbeträge für die anderen Zuschläge noch verfassungsgemäß sind, herangezogen werden. Würde man bei dieser Prüfung auf das für den jeweiligen Steuerpflichtigen maßgebliche Tarifgebiet bzw. die Branche abstellen, könnte das dazu führen, daß § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG in bezug auf einen Steuerpflichtigen, der sich in einer Branche oder einem Tarifgebiet mit niedrigen tarifvertraglichen Zuschlägen betätigt, noch verfassungsgemäß wäre, gegenüber einem anderen, in dessen Branche oder Tarifgebiet höhere Zuschläge gezahlt werden, dagegen verfassungswidrig. Eine gesetzliche Regelung, die nicht selbst nach Regionen oder Branchen differenziert, kann nur einheitlich allen von ihr Betroffenen gegenüber verfassungsgemäß oder verfassungswidrig sein.

b) Während die Zuschläge des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG für regelmäßige Nachtarbeit auf 15 v.H. des Grundlohns begrenzt sind, erhielten in den Jahren 1975 bis 1977 die erfaßten Arbeitnehmer des tarifvertraglichen Bereichs im Durchschnitt 25 v.H. des Grundlohns als Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit. Damit liegt der durchschnittliche Zuschlag um 66,66 v.H. über dem gesetzlichen Höchstbetrag. 1975 und 1977 erhielten 72 v.H. und 1976 71 v.H. der im tarifvertraglichen Bereich erfaßten Arbeitnehmer einen höheren Zuschlag als 15 v.H. Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß die tarifvertraglichen Zuschläge beträchtlich über denjenigen des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG liegen und daß sich eine erhebliche Ungleichbehandlung eingestellt hat. Nach Auffassung des Senats lassen sich keine einleuchtenden Gründe mehr dafür finden, daß der Gesetzgeber trotz der beachtlichen Erhöhung der Zuschläge im tarifvertraglichen Bereich die Höchstbeträge des § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG für die Streitjahre nicht angepaßt hat. Die vom Gesetzgeber für die Jahre 1975 bis 1977 unterlassene Anpassung des Höchstbetrages für regelmäßige Nachtarbeit und die Schlechterstellung der auf dieser Grundlage gewährten Zuschläge im Vergleich zu den tarifvertraglichen Zuschlägen läßt sich wegen der gravierenden Ungleichbehandlung nicht mehr durch die Vorteile einer typisierenden Regelung rechtfertigen.

Zwar durfte der Gesetzgeber aus Praktikabilitätserwägungen in § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG bzw. § 34a EStG 1971 prozentuale Höchstgrenzen einführen und, ohne gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen, dabei in Kauf nehmen, daß in Einzelfällen schon bei Schaffung der Vorschrift diese Höchstbeträge zu einer Schlechterstellung der von ihr Betroffenen gegenüber Steuerpflichtigen führte, denen Zuschläge auf gesetzlicher oder tarifvertraglicher Grundlage gewährt wurden (vgl. IV 1. a und b). Jedoch hat der Gesetzgeber auch hinsichtlich der Gewährung von Steuervergünstigungen zu prüfen, ob diese noch den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen. Gegebenenfalls muß er einen durch die tatsächliche Entwicklung dem Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr entsprechenden Höchstbetrag den tatsächlichen Verhältnissen anpassen (vgl. Beschluß in BVerfGE 66, 214). Die Notwendigkeit der Kontrolle und Anpassung ergibt sich insbesondere in Fällen, in denen der Gesetzgeber sich bei Einführung einer gesetzlichen Regelung, die - wie hier - für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen im Gegensatz zu anderen Gruppen Höchstbeträge für eine Steuervergünstigung festlegt, an statistischen Daten des Wirtschaftslebens orientiert, die sich in verhältnismäßig kurzer Zeit erheblich ändern können. Die Möglichkeit, daß § 3b Abs. 2 EStG durch die Entwicklung der Verhältnisse zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes im Verhältnis zu § 3b Abs. 1 EStG führen könnte, ist hier systemimmanent. Denn der Gesetzgeber mußte nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen, daß die Tarifvertragsparteien bei den ständig steigenden Einkommensteuer- und Lohnsteuerbelastungen (durch Erhöhung der tarifvertraglich vereinbarten Löhne und damit durch eine stetig ansteigende Progression) nach Mitteln suchen würden, den Umfang der steuerfreien Zuschläge durch eine höhere Bemessung des Vomhundertsatzes vom Grundlohn auszuweiten. Dies wurde auch vom Finanzausschuß des Deutschen Bundestages bei der Neufassung des § 34a EStG durch das StÄndG gesehen. Er erkannte die "zeitliche Bedingtheit der gefundenen Lösung" und war "sich darüber im klaren, daß eine Anpassung der Prozentsätze nach § 34a Abs. 2 EStG erfolgen müßte, wenn die künftige Entwicklung bei den Tarifverträgen wesentlich geänderte Prozentsätze für die Zuschläge ergäbe" (Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BTDrucks VI/1477 S. 3).

Allerdings führen vorhandene Ungleichheiten nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht in jedem Fall zur sofortigen Verfassungswidrigkeit einer Regelung. Der Gesetzgeber kann zur Beseitigung solcher Ungleichheiten in bestimmten Fällen Fristen in Anspruch nehmen. Das ist einmal dann der Fall, wenn er sich bei der Neuregelung eines komplexen Sachverhalts zunächst mit einer gröber typisierenden und generalisierenden Regelung begnügt, um diese nach hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich durch eine entsprechend fortschreitende Differenzierung zu verbessern. Das gilt aber auch dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse sich im Rahmen einer langfristigen Entwicklung in einer Weise verändert haben, daß die Beseitigung der Unstimmigkeit durch eine einfache und daher schnell zu verwirklichende Anpassung nicht möglich ist (BVerfG-Beschluß vom 26. März 1980 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, 37, mit Rechtsprechungshinweisen).

Im vorliegenden Fall standen dem Gesetzgeber nach Auffassung des Senats derartige Gründe, die ihn für die Jahre 1975 bis 1977 von einer Beseitigung der Ungleichheit hätten absehen lassen dürfen, nicht zur Seite. Der hier zu regelnde Sachverhalt ist zum einen nicht sonderlich komplex. Es waren lediglich statistische Erhebungen durchzuführen und die Entwicklung auf dem tarifvertraglichen Gebiet zu beobachten. Zum anderen brauchte der Gesetzgeber auch keine Erfahrungen zu sammeln, um eine typisierende Regelung später differenzieren zu können. Schließlich stand einer zügigen Beseitigung der Ungleichheit - nach einer gewissen Zeit der Beobachtung der Entwicklung - auch nicht entgegen, daß eine einfache und schnell zu verwirklichende Anpassung durch Anhebung des Höchstbetrages nicht möglich gewesen wäre.

Der BMF hat zwar die Entwicklung der tarifvertraglichen Zuschläge nur für die Jahre 1975 bis 1977 mitgeteilt. Es ist jedoch davon auszugehen, daß entsprechende Zahlen auch für die Vorjahre vorliegen. Damit hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit - und nach Auffassung des Senats die Pflicht -, die Entwicklung im tarifvertraglichen Bereich zu beobachten und dementsprechend den Höchstbetrag für regelmäßige Nachtarbeit anzupassen. Der Senat läßt offen, von welchem Zeitpunkt an der Gesetzgeber verpflichtet gewesen war, diesen Höchstbetrag den Verhältnissen im tarifvertraglichen Bereich anzugleichen. Er ist aber der Auffassung, daß jedenfalls für die Jahre 1975 bis 1977 eine Anpassung hätte erfolgen müssen, um einen Gleichheitsverstoß i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden. Eine dem Gesetzgeber grundsätzlich zuzubilligende Frist für die Beobachtung der Entwicklung der Verhältnisse im tarifvertraglichen Bereich und für eine ggf. rückwirkende Anpassung des Höchstbetrages für regelmäßige Nachtarbeit ist für die Streitjahre jedenfalls heute, nach zehn Jahren, abgelaufen.

3. Da der Senat § 3b Abs. 2 Nr. 4 EStG hinsichtlich der Höchstbeträge für regelmäßige Nachtarbeit schon wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig hält, braucht er nicht zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung der tarifvertraglichen und der anderen Zuschläge mit Art. 9 GG vereinbar ist.

V.

Hinsichtlich der Zuschläge für Feiertagsarbeit ist § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG auch für die Jahre 1975 bis 1977 verfassungsgemäß.

1. Nach den allerdings nicht näher aufgeschlüsselten Zahlen des BMF erhielten an lohnzahlungspflichtigen Tagen einen dieser Vorschrift entsprechenden Zuschlag bis zu 125 v.H. im Jahre 1975 57 v.H., im Jahr 1976 55 v.H. und im Jahr 1977 53 v.H. der erfaßten betroffenen Arbeitnehmer. Dabei betrugen die Zuschläge im Durchschnitt der jeweils erfaßten Arbeitnehmer 1975 124 v.H., 1976 125 v.H. und 1977 127 v.H. Die Zuschläge an nicht lohnzahlungspflichtigen Tagen betrugen im Durchschnitt 101 v.H. (1975 und 1977) bzw. 102 v.H. (1976). Geht man von diesen Zahlen aus, deren Ermittlungsgrundlagen allerdings nicht offengelegt sind, die aber auch die Klägerin nicht ernsthaft in Zweifel zieht, so haben die höchsten im Durchschnitt gezahlten tarifvertraglichen Zuschläge den Höchstbetrag des § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG nur im Jahre 1977 um 2 v.H. überstiegen. Eine derart geringe Abweichung von dem gesetzlichen Höchstbetrag - und das auch nur im Jahr 1977 - läßt keine verfassungswidrige Ungleichheit erkennen.

2. Eine Gleichheitswidrigkeit könnte allerdings darin gesehen werden, daß nach § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG nur Zuschläge an gesetzlichen Feiertagen begünstigt sind, während diese Einschränkung für Zuschläge nach Absatz 1 nicht gilt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 3. August 1984 VI R 129/79, BFHE 142, 125, BStBl II 1984, 809, sowie BMF-Schreiben vom 6. Mai 1985 IV B 6 - S 2343 - 8/85, BStBl I 1985, 215). Diese Frage kann jedoch im vorliegenden Fall auf sich beruhen, weil die Klägerin keine Zuschläge an nicht gesetzlichen Feiertagen begünstigt haben möchte und eine möglicherweise gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung hinsichtlich der begünstigten Feiertage nicht zur Folge hätte, daß deshalb auch der Höchstbetrag des § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG verfassungswidrig wäre.

3. Da § 3b Abs. 2 Nr. 2 EStG für die Jahre 1975 bis 1977 die Klägerin gegenüber auf tarifvertraglicher Grundlage gewährten Zuschlägen nicht schlechterstellt, braucht der Senat nicht zu prüfen, ob die unterschiedliche Regelung für tarifvertragliche und andere Zuschläge mit Art. 9 GG vereinbar ist.