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BFH-Beschluß vom 23.10.1985 (VII B 28/84) BStBl. 1986 II S. 26

Der Grundsatz, daß der Finanzrechtsweg nur für jemanden geöffnet ist, der eigene Rechte gegenüber der Verwaltung verfolgt, gilt auch für den Antrag auf einstweilige Anordnung.

FGO § 40 Abs. 2, § 114.

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) betreibt ein Bedarfsflugunternehmen. Bis zum 30. September 1981 konnte sie ihre Luftfahrzeuge uneingeschränkt mit abgabenfreien Luftfahrtbetriebsstoffen betanken. Sie ist der Auffassung, daß die Änderung des § 8 Abs. 3 durch Art. 4 Nr. 1 des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 - SubvAbG - (BGBl I 1981, 537) sowie die Änderung des § 73 der Allgemeinen Zollordnung (AZO) durch Art. 1 der 2. Verordnung zur Änderung der AZO und der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) vom 8. September 1981 (BGBl I 1981, 938) für sie zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung gegenüber ihrer früheren Rechtslage geführt habe. Sie stellte deshalb beim Finanzgericht (FG) - sinngemäß - den Antrag, durch einstweilige Anordnung die Erhebung von Mineralölsteuer und Zoll durch den Antragsgegner und Beschwerdegegner (Hauptzollamt - HZA -) auf von ihr bezogenes Flugbenzin zu unterbinden.

Das FG lehnte den Antrag ab.

Ihre Beschwerde begründet die Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt:

Anlaß ihres Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sei ihre Belastung mit der Mineralölsteuer insgesamt. Der Antrag richte sich somit gegen die grundsätzliche Belastung aufgrund der Mineralölsteuer. In der Hauptsache werde die Verpflichtung der Verwaltung begehrt, für im Inland getanktes Flugbenzin weder für Inlandsflüge noch für Auslandsflüge Mineralölsteuer oder Eingangsabgaben zu erheben. Außerdem werde die Feststellung begehrt, daß das Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) verfassungswidrig sei. Es gehe darum, einen Rechtszustand zu erhalten, wie er vor der Änderung des MinöStG zum 30. September 1981 gegeben gewesen sei, bzw. darum, einen vorläufigen Zustand in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu regeln. Antragsziel sei, bis zum Entscheid über die Hauptsache vorläufig Flugbenzin unversteuert beziehen zu können. Sie begehre also nicht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in einem Normenkontrollverfahren. Ohne einstweilige Anordnung werde ihre Existenzgrundlage zerstört.

Das HZA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Zur Begründung führt es u. a. aus, zwischen der Beschwerdeführerin und dem HZA bestehe kein Steuerschuldverhältnis.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Sie kann keinen Erfolg haben, weil der Antrag auf einstweilige Anordnung nicht zulässig ist.

Nach § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese Vorschrift ist dahin auszulegen, daß nur derjenige Klage erheben darf, der durch ein Verwaltungshandeln, wie es in § 40 Abs. 2 FGO bezeichnet ist, unmittelbar in seiner Rechtsstellung verletzt worden ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juli 1983 II R 21/83, BFHE 138, 531, 533, BStBl II 1983, 645).

In dieser Auslegung enthält § 40 Abs. 2 FGO einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsprozeßrechts, der bewirken soll, daß der Finanzrechtsweg nur für jemanden geöffnet ist, der eigene Rechte gegenüber der Verwaltung verfolgt (vgl. BFHE 138, 531, 533).

Dieser Grundsatz ist wegen seiner Allgemeingültigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahrensrecht auch bei der Geltendmachung eines Antrags auf einstweilige Anordnung zu beachten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß eine einstweilige Anordnung auch schon gewährt werden kann, wenn eine Rechtsposition des Antragstellers durch ein Verhalten der Verwaltung gefährdet erscheint (vgl. BFH-Beschluß vom 12. November 1975 I B 73/75, BFHE 117, 220, BStBl II 1976, 118). Daraus folgt, daß eine einstweilige Anordnung im Finanzrechtsweg auch erreicht werden kann, wenn der Antragsteller geltend macht, daß eine ihm unmittelbar zukommende Rechtsstellung (Recht oder Rechtsverhältnis) durch das Verhalten der Verwaltung gefährdet sei.

Die Beschwerdeführerin hat weder eine Rechtsverletzung noch eine vom HZA ihr gegenüber bewirkte Rechtsgefährdung geltend gemacht. Zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung oder Rechtsgefährdung ist erforderlich, daß Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich bei Unterstellung ihrer Richtigkeit die Rechtsverletzung oder Rechtsgefährdung ergibt (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 40 Anm. 8). Dem tatsächlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht entnommen werden, daß eine der Beschwerdeführerin unmittelbar zukommende Rechtsstellung durch ein Verhalten des HZA verletzt oder gefährdet sein könnte. Diesem Vorbringen ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin eine Verpflichtung des HZA anstrebt, vorläufig von der Erhebung der Mineralölsteuer für Mineralöl abzusehen, das die Beschwerdeführerin von ihrem Lieferanten für den Betrieb ihrer Luftfahrzeuge bezieht. Die Darlegungen der Beschwerdeführerin lassen erkennen, daß das Mineralöl, das sie bezieht, bereits versteuert ist. Die Mineralölsteuerschuld ist also in der Person eines anderen, nicht jedoch in der Person der Beschwerdeführerin entstanden. Demgemäß besteht auch das Ziel der Beschwerdeführerin darin, daß derjenige von der Verpflichtung zur Entrichtung der Mineralölsteuer befreit wird, der nach den Vorschriften des MinöStG als Steuerschuldner zur Zahlung der Mineralölsteuer für das Mineralöl, das der Beschwerdeführerin geliefert wird, verpflichtet ist.

Das reicht zur Begründung einer Rechtsstellung, wie sie nach dem aus § 40 Abs. 2 FGO zu entnehmenden Grundsatz erforderlich ist, jedoch nicht aus. Da die Verpflichtung zur Zahlung der Mineralölsteuer nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht unmittelbar sie trifft, hat die Beschwerdeführerin lediglich ein wirtschaftliches, nicht aber ein steuerrechtliches Interesse daran, daß die Mineralölsteuer für das ihr gelieferte oder zu liefernde Mineralöl nicht erhoben wird. Dieses wirtschaftliche Interesse, das darin besteht, Mineralöl ohne Belastung mit der Mineralölsteuer beziehen zu können, ist jedoch nicht eine im finanzgerichtlichen Verfahren zu schützende Rechtsposition (vgl. BFHE 138, 531, 533). Es fehlt an der Verfolgung eines eigenen Rechts, also an einem Steuerschuldverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Verwaltung.