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BFH-Urteil vom 2.10.1985 (II R 214/82) BStBl. 1986 II S. 47

Bei der Berücksichtigung der Ertragsaussichten im Rahmen der Bewertung von Anteilen an einer Organgesellschaft mit Ergebnisabführungsverpflichtung ist keine fiktive Körperschaftsteuer abzuziehen (Änderung der Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1974 III R 128/73, BFHE 113, 531, BStBl II 1975, 83).

BewG § 11 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin, einer GmbH, und der Beigeladenen, der alle Anteile an der Klägerin gehörten, bestand am 31. Dezember 1976 ein steuerlich anerkanntes Organschaftsverhältnis mit Ergebnisabführungsvereinbarung.

Das beklagte Finanzamt (FA) stellte den gemeinen Wert der Anteile an der Klägerin auf den 31. Dezember 1976 im Anschluß an eine Betriebsprüfung auf 9.896 DM je 100 DM Stammkapital fest. Diesem Bescheid lag ausweislich der Einspruchsentscheidung ein Vermögenswert von 2.286 v.H. und ein Ertragshundertsatz von 2.588 v.H. zugrunde. Der gemeine Wert der Anteile wurde hiernach wie folgt berechnet:

Vermögenswert

2.286 v.H.

Ertragshundertsatz x 5 =

12.940 v.H.

 

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zusammen

15.226 v.H.

davon 65 v.H. =

9.896 v.H.

Bei der Errechnung des Ertragshundertsatzes ging das FA von den Betriebsergebnissen der Jahre 1974 bis 1976 aus. Die einzelnen Betriebsergebnisse hatte es jeweils aus dem steuerlichen Einkommen errechnet, wobei es u.a. eine fiktive Körperschaftsteuer von 56 v.H. abzog, dann jedoch gemäß Abschn. 78 Abs. 3 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1977 die dort genannten 127 v.H. des verbleibenden Nettobetrages wieder hinzurechnete.

Den Durchschnittsertrag hatte das FA schließlich gemäß Abschn. 78 Abs. 5 VStR 1977 um 30 v.H. gekürzt und war so zu dem sog. ausschüttungsfähigen Ertrag gelangt, aus dem es den Ertragshundertsatz von 2.588 v.H. errechnete.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben und die Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile auf 5.190 v.H. beantragt. Mit ihrer Klage hat sie sich vor allem gegen die Hinzurechnung von 127 v.H. gemäß Abschn. 78 Abs. 3 VStR 1977 gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, daß hierdurch eine unzulässige Verdoppelung des Anteilswertes gegenüber dem Stichtag vom 31. Dezember 1975 eingetreten sei. Das sei auch bei Beachtung des Gesichtspunktes nicht richtig, daß die Körperschaftsteuer, die auf die Ausschüttungen entfalle, nach dem neuen Recht auf 36 v.H. ermäßigt werde und insoweit zu einer Anrechnung auf die Einkommensteuer der Gesellschafter führe.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat Revision eingelegt und ihren Klageantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe

Ihre Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist bei der Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Klägerin keine fiktive Körperschaftsteuer abzuziehen. Der erkennende Senat geht mit der ständigen Rechtsprechung des III. Senats davon aus, daß die abzuführenden Gewinne einer Organgesellschaft als eigene Gewinne bei der Bewertung der Anteile an der Organgesellschaft zu behandeln sind (Urteil vom 25. Oktober 1974 III R 128/73, BFHE 113, 531, BStBl II 1975, 83). Er folgt dem III.Senat jedoch nicht in der zum alten Körperschaftsteuerrecht vertretenen Auffassung, daß die dem Organträger zuzurechnenden Gewinne der Organgesellschaft um eine fiktive Körperschaftsteuer zu kürzen seien. Denn die Organgesellschaft hat keine Körperschaftsteuer zu zahlen (vgl. §§ 14, 17 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - 1977). Für die Zeit ab dem 31. Dezember 1977 gilt nichts anderes.

Unter diesen Umständen stellt sich für Organgesellschaften, die ihre Gewinne an den Organträger abzuführen haben, nicht die strittige Frage, ob die zunächst abgezogene Körperschaftsteuer insoweit dem Gewinn wieder hinzuzurechnen ist, als sie nicht auf die nicht abzugsfähigen Ausgaben entfällt (vgl. Abschn. 78 Abs. 3 VStR 1977, sowie das Urteil des früher für die Anteilsbewertung zuständigen III. Senats vom 4. Mai 1984 III R 61/83, BFHE 141, 284, BStBl II 1984, 657).

Der Auffassung des erkennenden Senats, daß der Abzug einer fiktiven Körperschaftsteuer bei der Bewertung von Anteilen an Organgesellschaften nicht in Betracht kommt, einerlei, wie Abschn. 78 Abs. 3 VStR 1977 beurteilt wird, liegt folgende Überlegung zugrunde:

Der Abschluß eines Ergebnisabführungsvertrages führt nicht zur Ertragslosigkeit der Anteile an der Organgesellschaft. Das Ergebnis dieses Vertrages ist vielmehr die Verpflichtung der Organgesellschaft, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen. Die Abführungsverpflichtung ist bei der Bewertung der Anteile an der Organgesellschaft ebensowenig gewinnmindernd zu berücksichtigen wie eine Gewinnausschüttung. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Organgesellschaft wegen der §§ 14, 17 KStG 1977 ihr Einkommen nicht selbst zu versteuern hat, ihr Einkommen vielmehr dem Organträger hinzuzurechnen ist. Das bedeutet, daß für die Bewertung von dem Fortbestehen des Organschaftsverhältnisses mit Ergebnisabführung auszugehen ist; es sei denn, daß ausnahmsweise Anhaltspunkte für eine baldige Beendigung des Organschaftsverhältnisses vorliegen sollten. Daraus folgt, daß i.S. des § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) davon auszugehen ist, der gedachte Käufer der Anteile werde das Organschaftsverhältnis fortführen. Das Organschaftsverhältnis gehört auch nicht zu den ungewöhnlichen Verhältnissen i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG. Diese Auffassung steht im Einklang mit neueren Urteilen des III. Senats und des erkennenden Senats zu vergleichbaren Problemen (vgl. die Urteile vom 16. April 1984 III R 82/81, BFHE 141, 172, BStBl II 1984, 547, und vom 8. Mai 1985 II R 184/80, BFHE 144, 268, BStBl II 1985, 608).

Daß sich der Anteilswert gegenüber dem Vorjahr außerordentlich stark erhöht hat, beruht vor allem darauf, daß der erkennende Senat bei Organgesellschaften mit Ergebnisabführung keinen Abzug einer fiktiven Körperschaftsteuer mehr zuläßt, weil er nicht mehr von fiktiven Verhältnissen, sondern von den tatsächlich bestehenden Verhältnissen ausgeht.

Irgendwelche Anhaltspunkte, daß der Anteilswert aus anderen Gründen zu hoch festgestellt sein könnte, sind nicht erkennbar. Die Klägerin hat im übrigen, abgesehen von der bekämpften Wiederhinzurechnung der abgezogenen fiktiven Körperschaftsteuer, auch keine Einwendungen gegen die vom FA verwendeten Zahlen erhoben.