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BVerwG-Urteil vom 24.1.1985 (7 C 78. 82) BStBl. 1986 II S. 106

Leitsatz vom BMF gebildet.

Ein Freizeitpark ist nicht volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig, weil er weder eine Betriebsstätte des Fremdenverkehrs im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1979 ist, noch überwiegend Leistungen erbringt, die ihrer Art nach regelmäßig überregional abgesetzt werden (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1979).

InvZulG 1979 § 2 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3.

Vorinstanz: VGH Hessen

Gründe:

I.

Der Kläger errichtete im Jahre 1978 in ... einen sogenannten Freizeit- und Familienpark, zu dessen Attraktionen eine Western-Eisenbahn, eine Abenteuer-Floßfahrt, eine Einschienen-Hochbahn, eine Delphin-Show, eine Rennwagenanlage, eine Wildwasserbahn und ein Wildpark gehören. Für die Investitionen in Höhe von ... DM beantragte er im Dezember 1978 eine Investitionszulagenbescheinigung. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der vom Kläger errichtete Freizeitpark sei als Betriebsstätte des Fremdenverkehrs nicht förderungsfähig, weil er nicht der Beherbergung diene.

Die vom Kläger erhobene Verpflichtungsklage war in den Vorinstanzen erfolglos. In der Berufungsentscheidung wird ausgeführt: Auf die Investitionsmaßnahme finde das Investitionszulagengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 1979 - InvZulG 1979 - Anwendung. Gegen die in § 8 Abs. 3 InvZulG 1979 vorgesehene Anwendung des § 2 des Gesetzes auf Investitionsvorhaben, mit denen nach dem 31. Dezember 1976 begonnen worden sei, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vom Kläger errichtete Betriebsstätte des Fremdenverkehrs sei nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1979 nicht förderungsfähig, weil der Freizeitpark des Klägers über keine Beherbergungsmöglichkeiten verfüge. Eine Förderung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1979 komme nicht in Betracht. Im Hinblick auf die spezielle Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1979 sei es unzulässig, einen Fremdenverkehrsbetrieb als allgemeine Betriebsstätte der gewerblichen Wirtschaft zu fördern, was zu einer nicht zu billigenden Umgehung des Gesetzes führen würde. Im übrigen spreche viel dafür, daß von dem Freizeitpark kein Primäreffekt im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1979 ausgehe, weil Leistungen von Freizeitparks überwiegend ihrer Art nach regelmäßig nur regional und nicht überregional erbracht würden.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt die Verletzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 InvZulG 1979 und meint, die Förderungswürdigkeit seines Freizeitparks sei auch nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a InvZulG 1979 zu bejahen, da dieser nicht nur in einem Fremdenverkehrsgebiet, sondern auch in einem im Rahmenplan ausgewiesenen Schwerpunktort eines förderungsbedürftigen Gebietes errichtet worden sei.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

Gesetzliche Grundlage für die vom Kläger begehrte Bescheinigung ist § 2 des Investitionszulagengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 1979 (BGBl I S. 24) - InvZulG 1979 -. Diese Fassung des Gesetzes ist nach § 8 Abs. 3 InvZulG 1979 anzuwenden, weil mit dem Investitionsvorhaben nach dem 31. Dezember 1976 begonnen worden ist.

Die Investitionsmaßnahme des Klägers ist nicht förderungsfähig nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1979. Nach dieser Vorschrift ist ein Investitionsvorhaben volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig, wenn es in einer Betriebsstätte des Fremdenverkehrs durchgeführt wird, die nicht geringfügig der Beherbergung dient und die sich in einem durch Rechtsverordnung gemäß § 3 Abs. 2 InvZulG 1979 bestimmten Fremdenverkehrsgebiet befindet. Der vom Kläger errichtete Freizeitpark befindet sich zwar in einem Fremdenverkehrsgebiet. Er ist jedoch keine Betriebsstätte des Fremdenverkehrs im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1979. Eine solche liegt nur dann vor, wenn eine Betriebsstätte durch ihr Angebot Fremde veranlaßt bzw. ihnen ermöglicht, ihren Aufenthalt - und zwar in der Regel auf längere Dauer - in einem Fremdenverkehrsgebiet zu nehmen. Dies trifft regelmäßig für Beherbergungsbetriebe in Fremdenverkehrsgebieten zu. Demgemäß hat der Senat schon in seinem Urteil vom 23. Juli 1982 BVerwG 7 C 21. 81 (Buchholz 451. 56 InvZulG Nr. 17 = NJW 1983, 1010) zur früheren Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 letzter Satzteil des Investitionszulagengesetzes in der Fassung vom 3. Mai 1977 (BGBl I S. 669) ausgeführt, eine Betriebsstätte diene dann dem Fremdenverkehr, wenn sie in einer den Betriebsstätten des Beherbergungsgewerbes vergleichbaren Weise Voraussetzung für den Aufenthalt von Fremden in einem Fremdenverkehrsgebiet sei. Freizeitparkbetriebe, wie derjenige des Klägers, sind aber nicht darauf angelegt, Fremde in diesem Sinne zum Aufenthalt in einem Fremdenverkehrsgebiet zu veranlassen. Sie dienen - wie schon ihr Name sagt - den Freizeitbedürfnissen der Bevölkerung; deshalb werden sie auch nicht aufgesucht, um Aufenthalt in einer anderen Gegend zu nehmen, sondern allein zum Zweck der Entgegennahme der von ihnen angebotenen Freizeitleistungen.

Demgemäß ist zu prüfen, ob die Investitionsmaßnahme des Klägers förderungsfähig nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvZulG 1979 ist. Die von dem Kläger errichtete Betriebsstätte liegt nicht nur in einem Fremdenverkehrsgebiet, sondern auch in einem im Rahmenplan nach dem Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969 (BGBl I S. 1861) - Rahmenplan - ausgewiesenen Schwerpunktort eines förderungsbedürftigen Gebiets. Der Investitionsort ... ist in dem am 1. Januar 1977 in Kraft getretenen Sechsten Rahmenplan (BT-Drucks. 8/759 S. 40; BAnz Nr. 129 vom 15. Juli 1977) - ebenso in dem ab 1. Januar 1978 wirksamen Siebten Rahmenplan (BT-Drucks. 8/2014 S. 41; BAnz Nr. 179 vom 22. September 1978) - als gewerblicher Schwerpunktort innerhalb des Förderungsgebietes H-E ausgewiesen.

Mithin unterfällt die Betriebsstätte des Klägers der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a InvZulG 1979. Gleichwohl ist die volkswirtschaftlich besondere Förderungswürdigkeit der Investitionsmaßnahme des Klägers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1979 zu verneinen. In der von ihm errichteten Betriebsstätte werden nicht überwiegend Leistungen (durch Exportsubstitution) erbracht, die ihrer Art nach regelmäßig überregional abgesetzt werden. Bei der Beurteilung des Merkmals "ihrer Art nach regelmäßig überregional abgesetzt" ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 24. Februar 1982 BVerwG 7 C 2.80, BVerwGE 65, 95) von einer typisierenden Betrachtungsweise auszugehen, die keinen Raum läßt für einen Einzelfallnachweis tatsächlich überregionalen Absatzes. Es kommt deswegen nicht darauf an, daß der Kläger behauptet, sein Freizeitpark werde fast ausschließlich von Gästen aus Bereichen außerhalb der Förderregion besucht. Freizeitparks werden überwiegend typischerweise von den im jeweiligen Fördergebiet ansässigen Personen besucht; sie erbringen daher überwiegend Leistungen, die ihrer Art nach regelmäßig regional abgesetzt werden. Hierbei ist entsprechend der typisierenden Betrachtungsweise bei dem überregionalen Absatzweg auf einen allgemeinen, aus der mittleren (durchschnittlichen) Größe aller förderungsbedürftigen Gebiete abgeleiteten Entfernungsmaßstab von mehr als 50 km abzustellen (vgl. BVerwGE 65, 95 <101>).

Eine andere Beurteilung käme dann in Betracht, wenn man bei der Größe der Art des Unternehmens des Klägers eine Artendifferenzierung nach Spezialbetrieben zuließe, wie der Senat dies bei Spezialbetrieben für Schwer- und Großraumtransporte im Urteil vom 24. Februar 1982 BVerwG 7 C 32.81 (BVerwGE 65, 102) bejaht hat. Für eine derartige Artendifferenzierung vergleichbarer Spezialbetriebe, die im Wirtschaftsverkehr anerkannt sind und bei denen sich die Frage der Regelmäßigkeit überregionalen oder regionalen Absatzes einheitlich beantworten läßt, so daß nach der Verkehrsauffassung die Annahme einer eigenständigen Leistungsart gerechtfertigt ist (BVerwGE 65, 102 <105>), bestehen jedoch hier keinerlei Anhaltspunkte.

Auf die Frage der verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung der Regelung des § 8 Abs. 3 InvZulG 1979 kommt es nicht an, da § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 3 InvZulG 1979 gegenüber der Gesetzesfassung von 1977 keine inhaltliche Änderung erfahren hat.