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BFH-Urteil vom 3.10.1985 (IV R 144/84) BStBl. 1986 II S. 142

Von den Anschaffungskosten für die Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind keine AfA zulässig. Dies gilt auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft eine der Art nach freiberufliche Tätigkeit ausübt und sich in den Anschaffungskosten für die Anteile ein Praxiswert der Kapitalgesellschaft niedergeschlagen hat; ein Durchgriff ist unzulässig.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 7, § 18.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Seit 1. Januar 1978 steht der Kläger in einem Dienstverhältnis zu einer GmbH und bezieht hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben ist er in geringem Umfange selbständig als Steuerberater tätig; seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit ermittelt der Kläger nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Gesellschafter der GmbH, die ein Stammkapital von 20.000 DM hat, waren der Wirtschaftsprüfer H und der Kaufmann F mit Geschäftsanteilen von je 10.000 DM. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. Juli 1979 erwarb der Kläger von H Geschäftsanteile der GmbH im Nennwert von 4.000 DM zum Preise von 360.000 DM. Gleichzeitig erwarben der Steuerbevollmächtigte P von H Geschäftsanteile im Nennwert von 4.000 DM und der Steuerberater R von H GmbH-Anteile im Nennwert von 2.000 DM und von F GmbH-Anteile im Nennwert ebenfalls von 2.000 DM. Seitdem sind der Kläger, P, R und F Gesellschafter und - mit Ausnahme des F - auch Geschäftsführer der GmbH.

Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1980 machte der Kläger geltend, die GmbH-Anteile seien notwendiges Betriebsvermögen seiner freiberuflichen Praxis; da in die GmbH-Anteile ein Praxiswert "eingebettet" sei, der bei entgeltlichem Erwerb abgeschrieben werden könne, müsse auch auf die Anschaffungskosten der GmbH-Anteile eine Absetzung für Abnutzung (AfA) zulässig sein, und zwar für das Streitjahr in Höhe von 20 v. H. aus 360.000 DM = 72.000 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat demgegenüber die Auffassung, daß die GmbH-Anteile nicht notwendiges Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers seien, weil dieser seinen Beruf als Steuerberater weitaus überwiegend als Angestellter der GmbH ausübe; die GmbH-Anteile seien vielmehr Privatvermögen und die Gewinnausschüttungen der GmbH Einnahmen aus Kapitalvermögen. Eine AfA gemäß § 7 EStG komme nicht in Betracht, da eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht abnutzbares Wirtschaftsgut sei.

Die Klage, mit der der Kläger eine AfA nur noch in Höhe von 67.200 DM begehrte (360.000 DM abzüglich 4.000 DM Nominalwert der Anteile abzüglich 20.000 DM für materielle Wirtschaftsgüter, daraus 20 v. H.), wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FA habe die Abschreibung auf den Praxiswert zu Recht nicht zugelassen; weder gehörten die GmbH-Anteile zum freiberuflichen Betriebsvermögen des Klägers, noch habe der Kläger mit der Beteiligung ein abnutzbares Wirtschaftsgut erworben.

Mit der Revision beantragt der Kläger, das angefochtene Urteil aufzuheben und das zu versteuernde Einkommen um 67.200 DM zu mindern; insoweit begehre er eine AfA auf den Kaufpreis für GmbH-Anteile. Der Kläger rügt Verletzung des § 7 EStG.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Es kann offenbleiben, ob die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der GmbH-Anteile durch seine freiberufliche oder seine nichtselbständige Tätigkeit veranlaßt waren, oder ob eine bloße private Kapitalanlage vorliegt. In jedem Fall muß der vom Kläger erstrebte Betriebs- oder Werbungskostenabzug daran scheitern, daß der Kläger keinen Praxiswert (oder einen Anteil an einem Praxiswert), sondern Anteile an einer Kapitalgesellschaft erworben hat, und diese nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Übereinstimmung mit den handelsrechtlichen Vorschriften zu den nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern gehören.

Es ist nicht möglich, durch die Kapitalgesellschaft hindurchzugreifen und den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft wie den Erwerb von Anteilen an den zum Gesellschaftsvermögen der Kapitalgesellschaft gehörigen Wirtschaftsgütern zu behandeln. Die gegenteilige Auffassung müßte zu dem gesetzwidrigen Ergebnis führen, daß die Anschaffungskosten für die Geschäftsanteile an einer GmbH, deren Gesellschaftsvermögen lediglich aus einem bebauten Grundstück besteht, nach dem Verhältnis des Werts von Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen sind und, soweit sie dem Gebäudewert entsprechen, einer AfA nach § 7 Abs. 4 EStG unterliegen.

Ein Durchgriff ist unzulässig, unabhängig davon, in welcher Weise die GmbH tätig ist. Auch für eine der Art nach freiberuflich tätige Kapitalgesellschaft kann keine Ausnahme Platz greifen. Im Streitfall besteht um so weniger Anlaß zu einer solchen Ausnahme, als an der GmbH auch ein Gesellschafter beteiligt ist, der nicht über die für eine Steuerberatertätigkeit erforderliche berufsrechtliche Qualifikation verfügt.

2. Zu Unrecht beruft sich die Revision auf den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 30. Juli 1979 (BStBl I 1979, 481) und die zustimmende Kommentierung bei Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm. 870). In der zitierten Verwaltungsanweisung ist lediglich ausgesprochen, daß auch der von einer Kapitalgesellschaft erworbene Praxiswert - ungeachtet dessen, daß die Kapitalgesellschaft kraft der Rechtsform keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat - ein Praxiswert und damit ein abnutzbares Wirtschaftsgut bleibt. Der Streitfall ist damit nicht vergleichbar. Weder der Kläger noch die GmbH haben einen Praxiswert erworben. Der Kläger hat Anschaffungskosten für Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die keiner AfA zugänglich sind.