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BFH-Urteil vom 4.12.1985 (II R 142/84) BStBl. 1986 II S. 190

Die Übertragung sämtlicher Anteile an einer (nur) Grundbesitz haltenden GbR unterliegt auch dann als Steuerumgehung der Grunderwerbsteuer, wenn der Grundbesitz nach wie vor demselben Unternehmen dient (Anschluß an das BFH-Urteil vom 19. März 1980 II R 23/77, BFHE 130, 422, BStBl II 1980, 598).

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 7. Dezember 1979 erwarben die Kläger für insgesamt X DM sämtliche Anteile an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), indem jeder der Kläger einen Anteil der beiden bisherigen Gesellschafter übernahm und diese damit aus der Gesellschaft ausschieden. Einziges Vermögen der Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt ein Grundstück mit Gebäude, in welchem eine Autoreparaturwerkstatt und der Handel mit Kfz einer bestimmten Marke betrieben wurden. (Ein Mehrfamilienhausgrundstück hatten die Veräußerer der Anteile unmittelbar vor deren Veräußerung aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen und zurückbehalten.) Das Grundstück war an eine GmbH & Co. KG verpachtet, welche den vorgenannten Betrieb (Autoreparaturwerkstatt und Kfz-Handel) unterhielt. Diesen Betrieb erwarb der Kläger zu 1 mit Vertrag vom selben Tag, so daß er nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nunmehr Alleininhaber war.

Das beklagte Finanzamt (FA) sah den notariell beurkundeten Vertrag als Grundstücksübertragung von einer (aus den bisherigen Gesellschaftern bestehenden) Gesamthand auf eine andere (aus den Klägern gebildete) Gesamthand an. Es setzte gegen die Kläger in GbR Grunderwerbsteuer fest, berechnet nach der Gegenleistung von X DM.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG setzte die Steuer herab, indem es die Gegenleistung gemäß § 3 Abs. 1 GrEStVertrG NW ermäßigte. Die Kläger hatten nachträglich diese Vergünstigung beantragt.

Im übrigen wies das FG die Klage ab.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Zwar ist nicht ersichtlich, daß der notariell beurkundete Vertrag vom 7. Dezember 1979 ein Scheingeschäft ist. Es gibt keinen Anhalt dafür, daß die Kläger nicht den Willen hatten, das Grundstück in Form einer GbR zu halten und zu verwalten (vgl. dazu das Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 24. Mai 1976 II ZR 16/75, Der Betrieb - DB - 1976, 2057). Die Anwendung des § 41 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) scheidet daher aus.

Der Vertrag ist aber - wie das FG zu Recht entschieden hat - gemäß § 42 AO 1977 so zu besteuern, als hätten die Kläger das Grundstück in GbR gekauft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG -).

Zum Gesamthandsvermögen der GbR gehörte nur das vorgenannte Grundstück ohne den auf diesem Grundstück unterhaltenen Gewerbebetrieb, so daß sich der wirtschaftliche Erfolg des Gesellschafterwechsels in der Übertragung des Grundstückseigentums erschöpfte. Unerheblich ist, daß gleichzeitig der Kläger zu 1 den auf dem Grundstück vorhandenen Betrieb (Autoreparaturwerkstatt und Kfz-Handel) erwarb und diesen fortführte. Für derartige Fälle mußte der Senat eine Entscheidung in dem Urteil vom 19. März 1980 II R 23/77 (BFHE 130, 422, BStBl II 1980, 598, unter 1. c) der Gründe) offenlassen. Er ist der Ansicht, daß es grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung ist, welchem nicht der Grundstücksgesellschaft gehörenden Betrieb das Grundstück dient. Das Grunderwerbsteuerrecht kennt mit Ausnahme des § 1 Abs. 3 GrEStG keine über den einzelnen Rechtsträger hinausgehende steuerrechtlich erhebliche Einheit in Form der Organschaft oder sogar der wirtschaftlichen Einheit von Besitz- und Betriebsunternehmen (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Oktober 1982 II R 164/80, BFHE 137, 90, BStBl II 1983, 139). Maßgebend ist daher auch im vorliegenden Fall lediglich, daß die GbR nur Grundbesitz hatte, nicht aber, welchen Zwecken dieser Grundbesitz diente.

Diese eingeschränkte, lediglich der Grundstücksübertragung gleichkommende Bedeutung des Gesellschafterwechsels rechtfertigt die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO 1977. Die erstgenannte Vorschrift besteuert die vertragliche Begründung eines Anspruchs auf Grundstücksübereignung. Zwar ist diese Vereinbarung hier in die Form des Gesellschafterwechsels gekleidet. Aber dieser Gesellschafterwechsel wurde i. S. des § 42 AO 1977 mißbraucht. Diese Vorschrift erlaubt und gebietet auch hier die Besteuerung, wo der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG lediglich deshalb nicht zutrifft, weil er nur an die Verpflichtung zur Grundstücksübereignung als der typischen bürgerlich-rechtlichen Gestaltungsform anknüpft (vgl. dazu die BFH-Urteile vom 13. Februar 1980 II R 18/75, BFHE 130, 188, BStBl II 1980, 364, und vom 19. März 1980 II R 23/77, BFHE 130, 422, BStBl II 1980, 598). Irgendeine moralische Wertung ist damit nicht verbunden.