| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Beschluß vom 29.10.1985 (VII B 69/85) BStBl. 1986 II S. 236

1. Die Zulässigkeit des Antrags an das Gericht auf Aussetzung der Vollziehung ist auch dann nicht von der Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Finanzbehörde abhängig, wenn die Vollstreckung bereits begonnen hat.

2. Die Verfügung der Vollstreckungsbehörde (FA), mit der die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt wird, ist zumindest dann ein aussetzungsfähiger Verwaltungsakt, wenn sie die Feststellung enthält, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen.

FGO § 69 Abs. 3; VGFG-EntlG Art. 3 § 7; AO 1977 § 322 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) beantragte mit Verfügungen vom 30. Mai 1984 und vom 6. Juni 1984 beim Amtsgericht die Eintragung zweier Sicherungshypotheken an den in den Verfügungen jeweils näher bezeichneten Grundstücken der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Beschwerdegegnerin) wegen Einkommensteuer 1981 in Höhe von 40.000 DM und 141.500 DM mit dem Bemerken, die Steueransprüche seien vollstreckbar. Die Verfügungen wurden der Beschwerdegegnerin nicht bekanntgegeben. Die Beschwerdegegnerin hat gegen die Anträge Beschwerde eingelegt, die der Oberfinanzdirektion (OFD) zur Entscheidung vorliegt. Außerdem hat sie beim Finanzgericht (FG) Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Die Beschwerdegegnerin beantragte beim FG vorläufigen Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das FG entschied, die Vollziehung der Grundbucheintragungsanträge an das Amtsgericht vom 30. Mai 1984 und vom 6. Juni 1984 werde bis einen Monat nach Bekanntgabe der das Hauptverfahren abschließenden Entscheidung ausgesetzt. Gegen diese Entscheidung ließ das FG die Beschwerde zu.

In den Entscheidungsgründen führte das FG folgendes aus:

Die nach § 322 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) von der Vollstreckungsbehörde zu stellenden Anträge seien Verwaltungsakte. Da nach erfolglosem Beschwerdeverfahren gegen die Anträge die Anfechtungsklage gegeben sei, werde vorläufiger Rechtsschutz in der Form der Aussetzung der Vollziehung gewährt. Gegen die Rechtmäßigkeit der Anträge bestünden ernstliche Zweifel, die sich daraus ergäben, daß die Anträge der Beschwerdegegnerin nicht bekanntgegeben worden seien. Das FG werde im Hauptverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu dem Ergebnis gelangen, daß die Anträge der Beschwerdegegnerin gegenüber nicht wirksam oder nicht existent geworden seien und daß sie zur Beseitigung des Rechtsscheins ihrer Wirksamkeit aufgehoben werden müßten.

Das FA legte mit folgender Begründung Beschwerde ein:

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei unzulässig, da die Anträge auf Grundbucheintragung keine Verwaltungsakte seien. Sollten diese Anträge aber als Verwaltungsakte anzusehen sein, so seien sie nicht (mehr) aussetzungsfähig, da sie vollzogen seien und ihre Rücknahme deshalb ohne Folgen bleibe. Eine Aufhebung der Eintragungen im Grundbuch könne die Beschwerdegegnerin nur erreichen, wenn sie die Löschungsbewilligungen des FA erhalte. Dieses Ziel sei aber in einem auf Rückgängigmachung der Eintragungsanträge gerichteten Verfahren nicht zu erreichen. Schließlich seien die Anträge wirksam bekanntgegeben worden.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des FG ist mit der Maßgabe nicht zu beanstanden, daß sie als Aufhebung der Vollziehung i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO anzusehen ist. Denn die angefochtenen Verfügungen haben bereits zur Eintragung der Sicherungshypotheken geführt. Darin ist eine Vollziehung i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO zu erblicken.

1. Für die Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung ist ohne Bedeutung, ob die Beschwerdegegnerin die Aussetzung der Vollziehung der streitbefangenen Verfügungen beim FA beantragt hat und diese Anträge erfolglos geblieben sind. Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFG-EntlG) ist nicht anwendbar. Das folgt aus der Regelung in Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift. Danach ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht auch ohne Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung durch die Finanzbehörde zulässig, wenn eine Vollstreckung droht. Dieser Regelung ist zu entnehmen, daß auch in Fällen, in denen die Vollstreckung bereits begonnen hat, die Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung an das Gericht nicht von der Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung durch die Finanzbehörde abhängig ist. Entsprechendes muß gelten, wenn der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gegen einen Verwaltungsakt gerichtet ist, der als Vollstreckungsmaßnahme anzusehen ist. Denn in diesen Fällen wird die Rechtsstellung des Antragstellers durch die Vollstreckung sogar wesentlich stärker beeinträchtigt als in den Fällen, in denen eine Vollstreckung nur droht.

2. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß das Begehren der Beschwerdegegnerin auf vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Verwaltungsakt gerichtet ist.

Die Auffassung, daß der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek an das Amtsgericht ein Verwaltungsakt ist, entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 18. Oktober 1961 VII 158/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1962, 87; Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Reichsabgabenordnung, § 372, Rechtsspruch 3; vom 16. November 1965 VII 176/60 U, BFHE 83, 646, BStBl III 1965, 735, und vom 12. Juli 1983 VII R 31/82, BFHE 139, 12, BStBl II 1983, 653).

Im Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, die für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen erforderlichen Anträge an das Gericht nach § 322 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 seien keine Verwaltungsakte (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., Stand: Januar 1985, § 322 AO 1977 Tz. 17, mit weiteren Hinweisen; Traulsen, Die Rechtsbehelfe im Verwaltungsvollstreckungsverfahren, 1971, 100 f., mit weiteren Nachweisen in der Fußnote 127). Zur Begründung wird ausgeführt, bei den genannten Anträgen handle es sich um Amtshilfeersuchen und um zwischenbehördliche Akte, die nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet seien (vgl. insoweit auch Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., Stand: Juni 1979, § 322 AO 1977 Anm. 59). Ähnlich hat das Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - (Urteil vom 18. November 1960 VII C 184/57, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1961, 332) das Ersuchen um Abnahme des Offenbarungseids nach § 325 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 - AO a. F. - (RGBl I 1931, 161) nicht als Verwaltungsakt angesehen.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die streitbefangenen Verfügungen als Verwaltungsakte anzusehen wären, wenn sie nur den Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek enthielten. Denn bei der Prüfung der Frage, ob die Verfügungen Verwaltungsakte sind, muß auch berücksichtigt werden, daß sie die Bemerkung enthalten, die jeweils bezeichneten Steueransprüche seien vollstreckbar. Diese Feststellung ist als die nach § 322 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 erforderliche Bestätigung anzusehen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Zumindest wegen dieser Bestätigung im Zusammenhang mit dem Ersuchen auf Eintragung der Sicherungshypothek sind die streitbefangenen Verfügungen als Verwaltungsakte zu werten. In ihnen ist jeweils eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung eines Einzelfalles i. S. des § 118 AO 1977 zu erblicken.

Durch die Bestätigung wird verbindlich festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung i. S. des § 322 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 vorliegen. Die Bestätigung unterliegt nach § 322 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 nicht der Beurteilung des Vollstreckungsgerichts oder Grundbuchamts, darf von diesen also nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit geprüft werden. Die Wirkung dieser verbindlichen Feststellung besteht somit darin, daß ein Einzelfall geregelt wird. Durch sie wird, wie es zur Regelung eines Einzelfalles erforderlich ist (vgl. Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 35 Rdnrn. 75 ff., mit weiteren Hinweisen), ein Lebenssachverhalt in der Weise gestaltet, daß das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung und damit das Recht des FA zur Vollstreckung durch jene Bestätigung des FA verbindlich festgestellt werden.

Schon daraus ist auch zu entnehmen, daß die Verfügungen auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen i. S. von § 118 AO 1977 gerichtet sind. Es braucht deshalb nicht auf die Frage eingegangen zu werden, ob bereits die Verbindlichkeit der Bestätigung nach § 322 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 gegenüber dem Vollstreckungsgericht oder dem Grundbuchamt eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen begründet, oder ob die Bestätigung trotz der Regelung der Verbindlichkeit in § 322 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 im Verhältnis zwischen der Vollstreckungsbehörde einerseits und dem Vollstreckungsgericht oder Grundbuchamt andererseits noch als zwischenbehördliche Maßnahme angesehen werden muß, die nicht als Verwaltungsakt anzusehen wäre, wie in dem angeführten Schrifttum angenommen wird.

Gegen die letzte Auffassung spricht allerdings die Bedeutung, die der Bestätigung gegenüber dem Vollstreckungsgericht und dem Grundbuchamt auch im Verhältnis zwischen diesem und der Finanzbehörde beizumessen ist. Der Regelung, daß die Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Vollstreckung nicht der Beurteilung des Vollstreckungsgerichts oder des Grundbuchamts unterliegt (§ 322 Abs. 3 Satz 3 AO 1977), ist zu entnehmen, daß allein die Vollstreckungsbehörde - hier das FA - die Verantwortung für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt (vgl. Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 14. Juli 1951 V ZB 4/51, BGHZ 3, 140, 145). Die Bestätigung, daß die Voraussetzungen der Vollstreckung vorliegen, begründet die Befugnis der Vollstreckungsbehörde, vom Grundbuchamt die Eintragung der Sicherungshypothek fordern zu können (vgl. BGHZ 3, 140, 147). Schon hieran zeigt sich, daß die Bestätigung eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfaltet.

Die Frage braucht indes im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden. Denn die sich aus § 322 Abs. 3 Satz 3 AO 1977 ergebende Verbindlichkeit der Bestätigung wirkt sich nicht nur unmittelbar im Verhältnis zwischen der Vollstreckungsbehörde und dem Vollstreckungsgericht oder dem Grundbuchamt, sondern auch gegenüber dem Vollstreckungsschuldner aus. Denn daraus, daß das Vollstreckungsgericht und das Grundbuchamt nicht befugt sind, die inhaltliche Richtigkeit der Bestätigung zu prüfen, folgt, daß der Vollstreckungsschuldner sich gegenüber dem Vollstreckungsgericht oder dem Grundbuchamt nicht darauf berufen kann, die Bestätigung sei inhaltlich unrichtig.

Es kann weiter dahingestellt bleiben, ob schon ein Antrag i. S. des § 322 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 eine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner entfaltet. Immerhin beeinträchtigt dieser Antrag, wie im Schrifttum (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O.) ausgeführt wird, den Vollstreckungsschuldner in seinen Rechten, wenn nämlich die gesetzlichen Voraussetzungen der Vollstreckung i. S. des § 322 Abs. 3 Satz 2 AO 1977 nicht vorliegen. Die Frage kann hier aber auf sich beruhen, da, wie dargelegt, eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen jedenfalls von der in den streitbefangenen Verfügungen enthaltenen Bestätigung ausgeht, die gesetzlichen Voraussetzungen der Vollstreckung lägen vor.

Mit der Entscheidung, daß die Verfügungen Verwaltungsakte sind, weicht der erkennende Senat nicht von dem genannten Urteil des BVerwG ab, nach welchem das Ersuchen um Abnahme des Offenbarungseids nach § 325 Abs. 3 AO a. F. kein Verwaltungsakt ist. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, daß jenes Ersuchen eine (förmliche) Bestätigung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung enthielt. In § 325 Abs. 3 AO a. F. war eine solche Bestätigung nicht vorgesehen.

3. Die Verfügungen sind als Verwaltungsakte auch aussetzungsfähig.

Die Aussetzung der Vollziehung als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes hat zum Ziel, die Verwirklichung des materiellen Regelungsinhalts vorläufig zu unterbinden; denn die Vollziehung eines Verwaltungsakts ist auf die Durchführung seines materiellen Regelungsinhalts gerichtet (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juli 1977 III B 34/74, BFHE 123, 112, 114, BStBl II 1977, 838, und vom 10. Juli 1979 VIII B 84/78, BFHE 128, 164, 168, BStBl II 1979, 567). Ist der Regelungsinhalt bereits vollzogen, so ist die Vollziehung aufzuheben (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO) mit der Folge, daß die durch den Vollzug bewirkten Maßnahmen rückgängig zu machen sind (vgl. BFH-Beschluß vom 22. September 1967 VI B 44/67, BFHE 90, 250, BStBl II 1968, 36).

Feststellungsbescheide sind nach der Rechtsprechung des BFH zumindest dann aussetzungsfähig, wenn der Regelungsinhalt so gestaltet ist, daß die bloße Aussetzung einen wirksamen Rechtsschutz bietet (vgl. BFHE 128, 164, 168, BStBl II 1979, 567). Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Feststellungsbescheid Grundlage einer Leistungspflicht sein kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. November 1974 V B 44/74, BFHE 114, 171, 173, BStBl II 1975, 240, und vom 5. November 1971 IV R 242/70, BFHE 103, 546, 548, BStBl II 1972, 218). Das folgt aus den Regelungen in § 361 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 und in § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO. In ihnen sind zwar nur die Grundlagenbescheide genannt, die zu Folgebescheiden geführt haben. Die Aussetzung der Vollziehung ist aber nicht nur in diesen Fällen möglich. Ihr Ziel ist, daß von dem betroffenen Bescheid kein Gebrauch gemacht werden darf (vgl. BFHE 128, 164, 168, BStBl II 1979, 567). Dieses Ziel ist auch bei Feststellungsbescheiden zu erreichen, die nicht Grundlagenbescheide sind, zumindest dann, wenn sie einen positiven Regelungsinhalt haben, der darauf gerichtet ist, weitere Vollziehungsmaßnahmen zu rechtfertigen. Das trifft bei den streitbefangenen Verfügungen zu. Ihr Ziel erschöpft sich nicht in der Feststellung, daß die gesetzlichen Voraussetzungen der Vollstreckung vorliegen. Diese Feststellung ist vielmehr darauf gerichtet, die weiteren Maßnahmen zu rechtfertigen, die zur Eintragung der Sicherungshypotheken erforderlich sind.

Die Aussetzungsfähigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil, wie das FA einwendet, die Verfügungen schon zur Eintragung von Sicherungshypotheken geführt haben und insoweit bereits vollzogen sind. Wie bereits dargelegt, sieht § 69 Abs. 3 FGO auch die Aufhebung der Vollziehung mit der Folge vor, daß die durch den Vollzug bewirkten Maßnahmen rückgängig zu machen sind.

Gegen die Aussetzungsfähigkeit kann schließlich nicht eingewendet werden, die Rücknahme der Eintragungsanträge allein bleibe ohne Folgen. Auch wenn das zutrifft, so folgt daraus nicht, daß die Aussetzung der Vollziehung der Verfügungen wirkungslos bleibe. Die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung dieser Verfügungen bewirkt, daß die Verfügungen die zu deren Durchführung vorgenommenen Maßnahmen vorläufig nicht mehr zu stützen vermögen. Das FA muß infolgedessen auch ohne besondere gerichtliche Entscheidung die Maßnahmen und deren Folgen beseitigen, deren Grundlage die Verfügungen sind. Wenn nämlich die Verfügungen infolge einer Aussetzung der Vollziehung nicht mehr geeignet sind, die durch sie veranlaßten Folgemaßnahmen zu rechtfertigen, so sind diese Folgemaßnahmen rechtswidrig.

4. Dem FG ist darin zuzustimmen, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügungen i. S. des § 69 Abs. 2 FGO bestehen. Diese Zweifel ergeben sich daraus, daß die Verfügungen nach den Ausführungen des FG, denen das FA nicht widersprochen hat, der Beschwerdegegnerin nicht bekanntgegeben worden sind. Die Regelungen in § 122 Abs. 1 und § 124 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sprechen dafür, daß die Verfügungen der Beschwerdegegnerin als Betroffener hätten bekanntgegeben werden müssen und daß dieser Mangel die Unwirksamkeit der Verfügungen gegenüber der Beschwerdegegnerin zur Folge hat.

Der Senat hat nicht zu beurteilen, ob dieser Mangel noch während des Klageverfahrens beseitigt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15). Denn er kann bei seiner Entscheidung nur die gegenwärtige Sachlage berücksichtigen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Bekanntgabe der Verfügungen inzwischen nachgeholt worden ist. Das FA hat das nicht vorgetragen. Daher erübrigt es sich auch, auf die Frage einzugehen, welche Rechtsfolgen sich für die Aufhebung der Vollziehung ergeben, wenn die Bekanntgabe noch während des Klageverfahrens nachgeholt wird.

Zutreffend hat das FG ausgeführt, daß ernstliche Zweifel an der Wirksamkeit eines Verwaltungsakts die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Mai 1968 II B 41/67, BFHE 92, 179, 185, BStBl II 1968, 503). Denn auch ein unwirksamer Verwaltungsakt ist als rechtswidrig i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO anzusehen (vgl. Ziemer/Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 100 Rdnr. 18).