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BFH-Urteil vom 30.1.1986 (IV R 150/85) BStBl. 1986 II S. 488

Im Rahmen des nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG zu führenden Nachweises hat der bewirtende Steuerpflichtige Angaben zu allen Personen zu machen, die an der Bewirtung teilgenommen haben. Das gilt auch für ihn selbst und seine an der Bewirtung teilnehmenden Arbeitnehmer.

EStG ab 1975 § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, unterhält einen Kiesgrubenbetrieb. In den Streitjahren 1977 bis 1979 entstanden der Klägerin Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden. Anläßlich einer Außenprüfung im April 1981 stellte der Prüfer fest, daß in den gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch amtlichen Vordruck zu führenden Aufzeichnungen Angaben zum "bewirtenden Gastgeber" fehlten. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat daraufhin die Auffassung, die Kosten für die Bewirtung von Geschäftsfreunden (1977: 1.383 DM; 1978: 1.266 DM; 1979: 605 DM) seien wegen unzureichender Erfüllung der Aufzeichnungspflichten nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das FA erließ dementsprechend berichtige Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1977 bis 1979. Mit dem Einspruch wurde erfolglos geltend gemacht, die Bewirtungen seien durch den (Gesellschafter-) Geschäftsführer der Klägerin erfolgt. Bei ihm handle es sich nicht um eine "bewirtete Person" im Sinne des amtlichen Vordrucks (Anlage 3a der Einkommensteuer-Richtlinien 1975 - EStR 1975 -), sondern um eine bewirtende Person, so daß eine Aufzeichnungspflicht entfalle.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt und berücksichtigte Bewirtungskosten in Höhe von 1.250 DM für das Jahr 1977, von 1.165 DM für das Jahr 1978 und von 439 DM für 1979 als abzugsfähige Betriebsausgaben. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 438 veröffentlicht.

Das FG vertritt die Auffassung, der gastgebende Steuerpflichtige sei gesetzlich nicht verpflichtet, sich selbst im amtlichen Bewirtungsvordruck unter der Rubrik "bewirtete Person(en)" aufzuführen. Die in Abschn. 20 Abs. 15 EStR 1975 vertretene gegenteilige Auffassung finde im Gesetz keine Stütze. Wer im einzelnen auf seiten des bewirtenden Steuerpflichtigen an der Bewirtung teilgenommen habe, könne im Rahmen der notwendigen Angemessenheitsprüfung auch auf andere Weise nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht mindern, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige gemäß Satz 2 der vorbezeichneten Vorschrift auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlaß der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muß, beizufügen. Das Muster des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks ist als Anlage 3a den EStR 1975 beigefügt.

1. Die Auffassung des FG, daß der Steuerpflichtige als bewirtender Unternehmer nicht zu den "bewirteten Personen" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG gehört, ist zutreffend. Aus dem Wortlaut der Vorschrift sowie aus ihrem systematischen Zusammenhang mit dem in § 4 Abs. 4 definierten Begriff der Betriebsausgaben ergibt sich, daß der Begriff "bewirtete Person" aus der Sicht des bewirtenden Steuerpflichtigen auszulegen ist.

Der gegenteiligen Ansicht des FA, daß bei der Bewirtung in einer Gaststätte auch der Steuerpflichtige zu den bewirteten Personen im Sinne des Gesetzes zu zählen sei, kann nicht beigetreten werden. Folgte man dieser Ansicht, würde je nachdem, ob die Bewirtung in einer Gaststätte oder in einer betriebseigenen Einrichtung des Steuerpflichtigen stattfindet, der Begriff der bewirteten Person nach dem jeweiligen Bewirtungsort, also unterschiedlich definiert. Auch würde die Auffassung des FA zu dem mit dem Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbarenden Ergebnis führen, daß im Falle der Gaststättenbewirtung dem Steuerpflichtigen als "bewirteter Person (im Sinne der Verwaltungsauffassung)" der Inhaber der Gaststätte als Bewirter gegenüberstünde. Der Gesetzeswortlaut geht jedoch vom Steuerpflichtigen als dem Bewirtenden, seinen Gästen als den bewirteten Personen und dem Inhaber der Gaststätte als demjenigen aus, der für den Steuerpflichtigen den Bewirtungsvorgang vollzieht und darüber eine Rechnung zu erteilen hat.

2. Jedoch kann den Schlußfolgerungen, die das FG aus der zutreffenden Auslegung des Begriffs der "bewirteten Personen" gezogen hat, nicht beigetreten werden. Aus der zutreffenden Gesetzesauslegung, daß der Steuerpflichtige unabhängig von den jeweiligen Bewirtungsformen als die bewirtende Person anzusehen ist, kann nicht gefolgert werden, dem Steuerpflichtigen obliege keine Verpflichtung zur Aufnahme seiner Person in dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck. Vielmehr muß der Steuerpflichtige nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen Personen, die auf seiten des Steuerpflichtigen an dem Bewirtungsvorgang teilgenommen haben, in dem Vordruck namentlich bezeichnen. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen.

a) Das Gesetz verpflichtet den Steuerpflichtigen, zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung im Vordruck Angaben über den Anlaß der Bewirtung zu machen. Diese Aufzeichnungspflicht schließt die namentliche Anführung auch des bewirtenden Steuerpflichtigen selbst (bei Gesellschaften der sie vertretenden Personen) und/oder seiner teilnehmenden Arbeitnehmer zwingend ein. Nur wenn alle am Bewirtungsvorgang teilnehmenden Personen im Vordruck benannt sind, dem FA also durch die Summe aller Angaben ein vollständiges Bild über den Bewirtungsvorgang ermöglicht wird, ist der Zusammenhang der Bewirtung mit einem betrieblichen Vorgang oder einer Geschäftsbeziehung (vgl. Abschn. 20 Abs. 16 EStR 1975) für das FA überprüfbar. Der vom Steuerpflichtigen zu führende Nachweis der betrieblichen Veranlassung kann es möglicherweise im Einzelfall auch erforderlich machen, daß der Steuerpflichtige bezüglich seiner Arbeitnehmer Angaben zu ihrer betrieblichen Funktion macht, die in Verbindung mit den Angaben zum Anlaß der Bewirtung dem FA hinreichend die betriebliche Bedeutung des Bewirtungsvorganges erläutern.

b) Die vollständige Angabe aller Bewirtungsteilnehmer ist ferner notwendige Voraussetzung für die Prüfung, ob die Bewirtungsaufwendungen nach der Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind. Denn die Angemessenheitsprüfung erfaßt nicht diejenigen Betriebsausgaben, die auf Personen entfallen, welche zwar an dem Bewirtungsvorgang teilgenommen haben, aber - wie z.B. die Arbeitnehmer - nicht zum Kreis der bewirteten Personen im Sinne des § 4 Abs. 4 Nr. 2 EStG gehören (vgl. auch die auszuschaltenden Bewirtungskosten im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 3 in Verbindung mit § 12 Nr. 1 EStG).

c) Das Auslegungsergebnis entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie es durch seine Entstehungsgeschichte belegt wird. Der Regierungsentwurf eines dritten Steuerreformgesetzes (BTDrucks. 7/1.470 vom 9. Januar 1974) hatte vorgesehen, den Abzug von Bewirtungskosten als Betriebsausgaben völlig auszuschließen. Ziel dieser ins Auge gefaßten Regelung war, den Mißbrauch des steuerlichen Spesenabzugs einzudämmen. Mit der zum Gesetz gewordenen Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1975 hat man dieses Gesetzesziel zwar nicht aus dem Auge verlieren wollen, sondern angestrebt, es in abgeschwächter Form zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere der verschärften Nachweispflicht eine besondere Bedeutung zu. Wie bereits dargelegt, wären ohne eine Nachweispflicht im festgelegten Umfang die Überprüfungsmöglichkeiten des FA in Frage gestellt.

3. Das Urteil des FG, welches von einem anderen Auslegungsverständnis ausgegangen ist, kann aufgrund der vorstehenden Erwägungen keinen Bestand haben. Es ist daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.

a) Die Klägerin hat in den amtlichen Vordrucken keine Angaben zu denjenigen Personen gemacht, die für sie an dem Bewirtungsvorgang teilgenommen haben. Daß eine Teilnahme solcher Personen in Gestalt ihres Geschäftsführers stattgefunden hat, ist von der Klägerin im Klageverfahren bestätigt worden. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin den notwendigen Aufzeichnungspflichten zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsvorgänge nicht genügt. Bei diesen gesetzlich geforderten Nachweisen über die betriebliche Veranlassung und die Höhe von Bewirtungsaufwendungen handelt es sich um eine materielle Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben. Die unvollständige Ausfüllung der amtlichen Vordrucke durch die Klägerin hat somit zur Folge, daß der gesamte Bewirtungsaufwand nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.

b) Ob von dem Abzugsverbot der auf Arbeitnehmer eines Steuerpflichtigen entfallende und festgestellte Anteil am Verzehr auszunehmen wäre, weil die Bewirtung von Arbeitnehmern in § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 EStG ausdrücklich ausgenommen ist (so Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, Stand Mai 1985, § 4 Rdnr. 265; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 4, Grüne Blätter, § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG 1975 Abschn. 1; ohne Verfasserangabe, Der Betrieb 1975, 1.725), braucht der Senat nicht zu entscheiden, da im Streitfall Arbeitnehmer an den Bewirtungsvorgängen nicht teilgenommen haben.