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BFH-Urteil vom 18.3.1986 (II R 2/84) BStBl. 1986 II S. 524

Will ein FA einen Erbschaftsteuerbescheid einem Testamentsvollstrecker gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 mit Wirkung für und gegen den Steuerschuldner bekanntgeben, so muß der Bescheid so formuliert werden, daß sich eine Auslegung ausschließen läßt, der Testamentsvollstrecker werde in Anspruch genommen, weil er gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 für die Zahlung der Steuer zu sorgen habe. Ein in diesem Sinne nicht eindeutiger Steuerbescheid ist ggf. auf Anfechtung durch den Testamentsvollstrecker aufzuheben.

ErbStG 1974 § 32 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Kläger ist einer der Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Nachlasses des am 21. Juli 1977 verstorbenen K. Durch Steuerbescheid vom 8. Dezember 1981 setzte das beklagte Finanzamt (FA) wegen des Erwerbs eines Vermächtnisses durch M K Erbschaftsteuer in Höhe von 3.553 DM fest. Diesen Bescheid übersandte es dem Kläger.

Der Steuerbescheid enthält im Anschriftenfeld den Namen und die Anschrift des Klägers. Er ist mit der Überschrift versehen: "Erbschaftsteuerbescheid über den Erwerb des M K von Todes wegen nach Herrn H K in T." Unter den Erläuterungen heißt es: "Der Bescheid ergeht an Sie als Testamentsvollstrecker gemäß § 32 ErbStG."

Der Kläger hat Einspruch eingelegt und geltend gemacht, der Bescheid sei rechtswidrig erteilt worden, weil er an ihn gerichtet worden sei. Ein Steuerbescheid, durch den die Erbschaftsteuer wegen des Erwerbs eines Vermächtnisses festgesetzt werde, dürfe nicht einem Testamentsvollstrecker zugestellt werden.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit seiner Klage beantragte der Kläger, den Erbschaftsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. In der Begründung ließ es dahingestellt, ob die Auffassung des Klägers zutreffe, der angefochtene Bescheid habe ihm deshalb nicht bekanntgegeben werden dürfen, weil es sich um eine Angelegenheit eines Vermächtnisnehmers gehandelt habe. Der Erbschaftsteuerbescheid sei deshalb aufzuheben, weil das FA den Kläger nicht als Steuerschuldner in Anspruch nehmen durfte, wie es dies getan habe. Es habe den Steuerbescheid nicht nur dem Kläger bekanntgegeben, sondern ihn auch an ihn gerichtet, ihn also in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker in Anspruch genommen.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 122 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und des § 32 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974. Die Bezeichnung des Bescheids als "Erbschaftsteuerbescheid über den Erwerb des Herrn M K von Todes wegen nach Herrn H K in T" mache deutlich, daß Steuerschuldner der Erwerber sei. Mit dem in den Erläuterungen enthaltenen Vermerk sei hinreichend das Vertretungsverhältnis des Testamentsvollstreckers gekennzeichnet.

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

Entgegen der Auffassung des FA läßt der dem Kläger bekanntgegebene Steuerbescheid nicht eindeutig erkennen, daß er ihm lediglich als Zugangsvertreter des Vermächtnisnehmers bekanntgegeben worden ist. Denn der Hinweis, daß der Bescheid an ihn als Testamentsvollstrecker gemäß § 32 ErbStG 1974 ergehe, läßt auch die Deutung zu, daß der Bescheid an den Kläger als denjenigen gerichtet worden sei, der gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 für die Zahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen habe. Mag dies auch vom FA nicht beabsichtigt gewesen sein, wie sein Vortrag ergibt, so mußte der Kläger jedoch angesichts des § 124 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 damit rechnen, daß der Bescheid möglicherweise in diesem Sinne ausgelegt werden könnte. Er hatte unter diesen Umständen ein berechtigtes Interesse daran, dieser Auslegungsmöglichkeit durch Anfechtung des Bescheides vorzubeugen und die Aufhebung des unklaren Bescheides zu beantragen.

Sache des FA wäre es gewesen, von vornherein für die Eindeutigkeit des Bescheides Sorge zu tragen, etwa durch den Vermerk, der Bescheid werde dem Kläger als Zugangsvertreter mit Wirkung für und gegen den Vermächtnisnehmer bekanntgegeben.

Der nicht eindeutige Bescheid ist unter diesen Umständen aufzuheben. Es bedarf gegenwärtig keiner Entscheidung, ob überhaupt ein gegen einen Vermächtnisnehmer gerichteter Bescheid gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 31 Abs. 5 ErbStG 1974 einem Testamentsvollstrecker bekanntgegeben werden darf.