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BFH-Urteil vom 16.4.1986 (II R 135/83) BStBl. 1986 II S. 622

Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 tritt nur bei einem Rückerwerb von Todes wegen ein.

ErbStG 1974 § 13 Abs. 1 Nr. 10.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Durch Vertrag vom 27. Dezember 1973 trat der Kläger seinen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG sowie die ihm gegen diese GmbH & Co. KG zustehende Darlehensforderung an seinen Sohn ab, außerdem den ihm für 1973 zustehenden Gewinnanteil sowie die entsprechenden Darlehenszinsen, jeweils soweit diese Beträge nicht für Steuerzahlungen für 1973 und frühere Jahre benötigt würden. Der Kläger behielt sich den lebenslänglichen Nießbrauch vor, an dem Kommanditanteil jedoch nur zu einem Teil.

1974 wurden zu Lasten der auf den Sohn übergegangenen Darlehensforderung zugunsten des Klägers Zahlungen geleistet, vor allem Steuerzahlungen für 1974. Nach Verrechnung mit einer Steuererstattung für 1972 betrug der Saldo der entsprechenden Buchungen auf dem Darlehenskonto 112.739,27 DM. Das beklagte Finanzamt (FA) nahm in dieser Höhe eine freigebige Zuwendung des Sohnes an den Kläger an und setzte gegen ihn Schenkungsteuer in Höhe von 15.350 DM fest.

Mit seiner Sprungklage hat der Kläger die Aufhebung des Steuerbescheids mit der Begründung beantragt, die Belastung des Darlehenskontos stehe in einem so engen Zusammenhang mit der Vermögensübertragung vom 27. Dezember 1973 durch ihn an seinen Sohn, daß ein einheitlicher Vorgang angenommen werden müsse. Jedenfalls sei die Zuwendung seines Sohnes an ihn, den Kläger, gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 10 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 von der Schenkungsteuer befreit.

Durch rechtskräftiges Urteil hatte das Finanzgericht (FG) eine steuermindernde Berücksichtigung der Zuwendung des Sohnes an den Kläger durch Belastung des Darlehenskontos bei der Festsetzung der Schenkungsteuer auf die Vermögensübertragung vom 27. Dezember 1973 verneint. Mit dem angefochtenen Urteil vom 9. Juni 1983 hat es darüber hinaus entschieden, daß die freigebige Zuwendung des Sohnes an den Kläger nicht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 von der Schenkungsteuer befreit sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils aus anderen als den geltend gemachten Gründen und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Unbegründet ist die Rüge, das FA habe es zu Unrecht abgelehnt, Steuerfreiheit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 zu gewähren. Nach dieser Vorschrift bleiben Vermögensgegenstände steuerfrei, die Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen durch Schenkung oder Übergabevertrag zugewandt haben und die an diese Personen von Todes wegen zurückfallen. Ihrem Wortlaut nach ist die Vorschrift nicht auf Rückschenkungen unter Lebenden i.S. des § 7 ErbStG 1974 anwendbar.

Auch aus § 1 Abs. 2 ErbStG 1974 ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. Danach gelten zwar Vorschriften über den Erwerb von Todes wegen u.a. auch für Schenkungen. Dies gilt aber nicht, wenn etwas anderes bestimmt ist. Daß etwas anderes bestimmt ist, folgt im vorliegenden Fall aus § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974, dessen Auslegung nach dem maßgebenden objektiven Willen des Gesetzgebers (des Gesetzes) zwingend zu dieser Schlußfolgerung führt.

Der maßgebende objektive Wille des Gesetzgebers tritt bei einem Vergleich des Wortlautes des § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 mit der vorher geltenden Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 13 ErbStG 1959 zutage. In § 18 Abs. 1 Nr. 13 ErbStG 1959 wurde ohne jede Einschränkung Vermögen angesprochen, das an Eltern oder Voreltern zurückfällt. Hieraus hatte die Rechtsprechung gefolgert, daß auch Rückschenkungen steuerfrei seien (vgl. das Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 14. Dezember 1926 Ve A 608/26, RFHE 20, 97). In § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 dagegen wird ausschließlich auf den Rückfall von Vermögen an Eltern oder Voreltern von Todes wegen abgestellt. Der Vergleich des Wortlautes beider Vorschriften läßt unter Berücksichtigung des angeführten RFH-Urteils erkennen, daß die neue Befreiungsvorschrift auf Rückerwerbe von Todes wegen eingeschränkt werden sollte. Daraus ist zu folgern, daß i.S. des § 1 Abs. 2 in § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG 1974 etwas anderes bestimmt ist.

Diese Auslegung wird bestätigt durch die insoweit zulässige Heranziehung der Motive (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60 BVerfGE 11, 126, 131). Denn aus der Regierungsbegründung (BTDrucks VI/3418, zu Art. 2, Abschn. B, zu § 13 S. 68) ergibt sich eindeutig, daß von der Bundesregierung beabsichtigt war, die Befreiungsvorschrift nicht auf Rückschenkungen anzuwenden. Damit wird die durch Vergleich der neuen Vorschrift mit der früheren Vorschrift gewonnene Auslegung bestätigt.

2. Das angefochtene Urteil unterliegt jedoch deshalb der Aufhebung, weil den Feststellungen des FG nicht entnommen werden kann, ob der Wert des Erwerbes richtig berechnet worden ist. Soweit ersichtlich, ist nicht beachtet worden, daß die Zuwendung an den Kläger Teile einer bereits mit einem Nießbrauch zu seinen Gunsten belasteten Darlehensforderung betraf. Dies muß bei der Bewertung der Zuwendung berücksichtigt werden.