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BFH-Urteil vom 12.6.1986 (VI R 167/83) BStBl. 1986 II S. 681

1. Auch der Wegebau kann zu den typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten i.S. des § 40a EStG gehören.

2. Ein Arbeitnehmer, der von seinen - auch angelernten - Fähigkeiten her in der Lage ist, eine Fachkraft zu ersetzen, und auch an Stelle einer Fachkraft eingesetzt ist, ist grundsätzlich selbst Fachkraft i.S. des § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG.

3. Aufzeichnungen i.S. des § 7 Abs. 2 Nr. 7 LStDV 1976 - 1979 (jetzt § 7 Abs. 2 Nr. 8 LStDV) sind nicht materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Pauschalierung nach § 40a EStG.

4. In einem Haftungsbescheid kann ein durchschnittlicher Steuersatz zugrunde gelegt werden, wenn der Arbeitgeber keine Einwendungen gegen die Höhe des durchschnittlichen Steuersatzes erhebt und nicht beabsichtigt, bei den Arbeitnehmern Regreß zu nehmen, und wenn das FA bei einer Berechnung der individuell auf jeden einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Lohnsteuer weitere Nachforschungen über die persönlichen Besteuerungsmerkmale der einzelnen Arbeitnehmer anstellen müßte (Fortentwicklung der Urteile vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79, BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164, und VI R 72/82, BFHE 142, 494, BStBl II 1985, 170).

EStG ab 1975 § 40a Abs. 2; LStDV 1976 bis 1979 § 7 Abs. 2 Nr. 7 (jetzt § 7 Abs. 2 Nr. 8).

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Verbandsgemeinde. Sie beschäftigte in den Jahren 1976 bis 1979 in den einzelnen ihr angehörenden Ortsgemeinden Arbeitskräfte, die bei Wegebau- und Holzgewinnungsarbeiten eingesetzt waren. Auf den Lohn dieser Arbeitnehmer erhob sie die pauschale Lohnsteuer des § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2 v.H.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat im Anschluß an eine Lohnsteuer-Außenprüfung die Auffassung, die Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG komme nicht in Betracht, da es sich bei den eingesetzten Arbeitnehmern um Fachkräfte gehandelt habe, bzw. die Arbeiten nicht als typisch forstwirtschaftliche Arbeiten angesehen werden könnten. Das FA erhob auf die Löhne für die Holzgewinnungsarbeiten einen Durchschnittssteuersatz in Höhe von 20 v.H.; dabei berücksichtigte es, daß für einige dieser Arbeitnehmer keine Lohnsteuer angefallen sein würde. Die Löhne für die Wegebauarbeiten unterwarf es einem Steuersatz von 28,2 v.H. In einem zusammengefaßten Lohnsteuerhaftungs- und Lohnsteuernachforderungsbescheid nahm das FA die Klägerin in Höhe von 25.529,43 DM als Haftende und in Höhe von hier nicht streitigen 7.206,34 DM als Schuldnerin einer pauschalen Steuer in Anspruch. Der hier streitige Haftungsbetrag in Höhe von 25.529,43 DM ist in dem Haftungsbescheid auf die einzelnen Jahre aufgeschlüsselt.

Mit ihrer nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst beantragt, den Haftungsbetrag auf 9.489,59 DM herabzusetzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) erweiterte sie ihren Klageantrag und begehrte die Herabsetzung des Haftungsbetrages auf 6.517,79 DM. Die Erweiterung des Klageantrages begründete sie damit, daß das FA sie entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. November 1982 VI R 219/80 (BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91) zu Unrecht unter Anwendung eines Nettosteuersatzes von 28,2 v.H. in Anspruch genommen habe.

Das FG hielt die Klage bezüglich der Klageerweiterung für unzulässig und wies die Klage unter Ermäßigung des Haftungsbetrages auf 23.985,52 DM ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Mit ihrem ursprünglichen Klageantrag habe die Klägerin den Willen bekundet, den nach seinem Inhalt teilbaren Verwaltungsakt nur hinsichtlich des den Betrag von 9.489,59 DM übersteigenden Gesamtbetrages an Lohnsteuer in bezug auf die zugrunde liegenden einzelnen Haftungstatbestände anzufechten. Dies habe der durch § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestätigten Dispositionsbefugnis der Klägerin entsprochen. Wegen seiner nur beschränkten Anfechtung sei der Haftungsbescheid hinsichtlich des Betrages von 9.489,59 DM mit Ablauf der Klagefrist unanfechtbar geworden (BFH-Urteil vom 26. Januar 1982 VII R 85/77, BFHE 135, 154, BStBl II 1982, 358).

Im übrigen sei die Klage betreffend die Nachversteuerung der Löhne für die Wegebauarbeiten und die Holzgewinnungsarbeiten im wesentlichen unbegründet. Entgegen der Auffassung des FA seien hinsichtlich der für die Holzgewinnungsarbeiten gezahlten Löhne zwar die Aufzeichnungspflichten erfüllt. Nach den Angaben des Lohnsteuerprüfers habe die Klägerin die Dauer der Beschäftigung der für die Holzgewinnung eingesetzten Arbeitnehmer nicht aufgezeichnet, weil Stücklohn gezahlt worden sei. Die Klägerin habe aber in der mündlichen Verhandlung Listen vorgelegt, aus denen für die einzelnen Arbeitnehmer unter anderem die Dauer der Beschäftigung, die Zahl der Arbeitsstunden, der Stundenlohn und/oder der Arbeitslohn insgesamt sowie die Art der Beschäftigung hervorgingen. Ob diese Aufzeichnungen bereits im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Außenprüfung vorgelegen hätten, könne dahingestellt bleiben. Da für die Pauschalierung kein Buchnachweis erforderlich sei, könne es nur auf die Richtigkeit der Aufzeichnungen ankommen, woran zu zweifeln im Streitfall aber kein Anlaß bestehe. Die Lohnsteuer, die auf die für die Wegebauarbeiten gezahlten Löhne entfalle, könne aber nicht nach § 40a Abs. 2 EStG mit 2 v.H. pauschal erhoben werden, da der Bau von Wirtschaftswegen aus dem Rahmen der typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten falle, mit denen Aushilfskräfte beschäftigt würden. Diese Tätigkeit setze schon deshalb besondere Fachkenntnisse voraus, weil der Wegebau regelmäßig den Einsatz von bestimmten Maschinen, insbesondere Baggern und Traktoren, voraussetze. Auch die Lohnsteuer, die auf die für die Holzgewinnungsarbeiten gezahlten Löhne entfalle, könne nicht nach § 40a Abs. 2 EStG pauschaliert werden. Schon aus der Art der Tätigkeit ergebe sich, daß diese Arbeiten nur von land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften durchgeführt werden könnten.

Daher sei es nicht zu beanstanden, daß das FA es unterlassen habe, die Ausbildung der einzelnen Arbeitnehmer, die teils Rentner oder Landwirte gewesen sein sollten, zu überprüfen. Nach dem Wortlaut des § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG, der den Begriff der land- und forstwirtschaftlichen Fachkräfte nicht definiere, gehörten zu den Fachkräften zwar in erster Linie Arbeitnehmer, die zur Ausübung der von ihnen verrichteten Tätigkeit einer Berufsausbildung bedürften. Dies seien z.B. in der Landwirtschaft Landwirtschaftsgehilfen, Melker oder Traktorführer. Zu diesen Fachkräften gehöre auch der Waldarbeiter. Darüber hinaus schließe der Wortlaut des § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG nicht aus, auch diejenigen Arbeitnehmer zu den Fachkräften zu rechnen, die dem Ersatz einer Fachkraft dienten. Hierzu gehörten auch solche als Waldarbeiter beschäftigte Aushilfskräfte, die über angelernte Fachkenntnisse verfügten. Diese Auslegung der Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck geboten; denn der niedrige Pauschsteuersatz von nur 2 v.H. rechtfertige sich allein daraus, daß die Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft stärker als eine Aushilfstätigkeit in gewerblichen Betrieben von ansonsten einkommenslosen Hausfrauen, Ferienhelfern, Schülern usw. ausgeübt werde.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Lohnsteuerhaftungssumme auf 9.489,59 DM herabzusetzen. Hierzu trägt sie im wesentlichen vor: Die Nutzung der Wälder im Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebes erfordere angemessene Waldwirtschaftswege. Daher seien Wegebauarbeiten typisch forstwirtschaftliche Arbeiten, die im Rahmen eines ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Betriebes notwendig seien. Daß bei diesen Arbeiten Maschinen wie Bagger oder Traktoren zum Einsatz kämen, könne nicht dazu führen, die Wegebauarbeiten nicht mehr als typisch land- oder forstwirtschaftliche Arbeiten anzusehen. Der Vorentscheidung könne auch nicht gefolgt werden, soweit das FG die bei der Holzgewinnung eingesetzten Arbeitnehmer nicht als Aushilfskräfte, sondern als Fachkräfte angesehen habe. Diese Arbeitnehmer seien Landwirte und Rentner gewesen, die keine Berufsausbildung für die ausgeführten Arbeiten erhalten hätten. Allein der Umstand, daß sie Aufgaben von Fachkräften übernommen hätten, mache sie noch nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften. Das Gesetz formuliere eindeutig, daß nur solche Arbeitnehmer nicht Aushilfskräfte seien, die zu den land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften gehörten. Es könne nicht über seinen Wortlaut hinaus dahingehend ausgelegt werden, land- und forstwirtschaftliche Fachkräfte seien auch solche Arbeitnehmer, die Tätigkeiten ausübten, die üblicherweise nur von land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften erbracht würden. Schließlich habe das FG auch über einen Teil des Klageantrages nicht entschieden. Zwar sei eine Klageerweiterung nach dem Urteil in BFHE 135, 154, BStBl II 1982, 358 unzulässig. Es sei aber zu bedenken, daß das FG die Haftungssumme nicht, wie zunächst beantragt, auf 9.489,59 DM, sondern nur von 25.529,43 DM auf 23.985,52 DM herabgesetzt habe. Das FG hätte das im Zusammenhang mit der Klageerweiterung stehende Vorbringen daher zumindest insoweit berücksichtigen müssen, als es dem ursprünglichen Klageantrag nicht im vollen Umfang habe stattgeben wollen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Hierzu trägt es im wesentlichen vor: Die Wegebauarbeiten gehörten nicht zur typisch land- oder forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Ein privater Forstwirt würde die vorliegend zu beurteilenden Wegebauarbeiten nicht vornehmen, da der Wegebau gerade den Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden obliege. So seien auch durch die von der Klägerin erbrachten Wegebauarbeiten Zufahrtsmöglichkeiten für andere Land- und Forstwirte erschlossen worden. Hinzu komme, daß der Wegebau besondere Fachkenntnisse voraussetze und meist Maschinen eingesetzt würden, die ansonsten in der Land- und Forstwirtschaft keine Verwendung fänden. Die Waldarbeiter seien vom FG zutreffend als Fachkräfte angesehen worden. In der Land- und Forstwirtschaft würden viele Arbeitnehmer als Fachkräfte eingesetzt und auch entsprechend entlohnt, ohne daß diese Arbeitnehmer eine Ausbildung genossen hätten. Eine Fachkraft im Sinne des § 40a Abs. 2 EStG sei auch derjenige Arbeitnehmer, der über angelernte Fachkenntnisse verfüge. Auch ein Waldarbeiter müsse über angelernte Fachkenntnisse verfügen, damit eine fachgerechte Holzgewinnung gewährleistet sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Das FG ist in seinem Urteil stillschweigend davon ausgegangen, daß der angefochtene Haftungsbescheid formell ordnungsgemäß ist. Dem ist zuzustimmen. Das FA hat im Streitfall die auf dem einheitlichen Vordruck gefertigte Verfügung vom 2. April 1981 als Haftungs- und Nachforderungsbescheid gekennzeichnet. Dabei hat es die angeforderten Beträge getrennt ausgewiesen und angegeben, für welchen Teil die Klägerin als Haftungsschuldnerin und für welchen Teil sie als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden sollte. Damit hat das FA zulässigerweise einen Haftungs- und einen Steuerbescheid lediglich äußerlich auf einem Vordruck verbunden (BFH-Urteil vom 16. November 1984 VI R 176/82, BFHE 143, 27, BStBl II 1985, 266).

Da die Klägerin ursprünglich nur den Haftungsbescheid angefochten hatte, erweist sich zugleich im Ergebnis ihr Einwand als unbegründet, das FG habe zu Unrecht einen Teil ihres Klageantrages übergangen. Mit ihrer erst im späteren Verlauf des Klageverfahrens begehrten Ausweitung des Klageantrages wendet sich die Klägerin unter Berufung auf das Urteil des Senats in BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91 gegen den Ansatz eines Nettosteuersatzes (Steuer auf Steuer). Sollte sich die Klägerin mit dieser Klageerweiterung auch gegen die Höhe der Pauschalsteuerschuld, damit also auch gegen den Pauschalierungssteuerbescheid gewandt haben, so wäre dieser Antrag unzulässig, da insoweit mangels Einspruchs kein Vorverfahren stattgefunden hatte (BFHE 143, 27, BStBl II 1985, 266). Soweit diese Klageerweiterung gegen den Haftungsbescheid gerichtet ist, kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das FA zu Recht Steuer auf Steuer erhoben hat. Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung zu Unrecht auf das Urteil in BFHE 137, 46, BStBl II 1983, 91. In dieser Entscheidung hatte der Senat zu § 40 Abs. 1 EStG 1975 entschieden, daß der zu ermittelnde Pauschalsteuersatz nicht auf einen Nettosteuersatz hochgerechnet werden dürfe. Im vorliegenden Streitfall hat das FA die Klägerin als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen. Diese hat im Einspruchsverfahren zum Ausdruck gebracht, daß sie sich ausdrücklich nicht dagegen wende, daß das FA die Lohnsteuerbeträge nicht von den Arbeitnehmern, sondern von ihr als Haftungsschuldnerin anfordere. Damit ist davon auszugehen, daß die Klägerin nicht die Absicht hatte, die Lohnsteuer von den Arbeitnehmern zurückzuverlangen. In dem Verzicht auf einen an sich möglichen Regreß liegt die Zuwendung eines Vorteils, auf den Lohnsteuer zu erheben war (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79, BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164, unter 5. der Entscheidungsgründe).

Da sich schon aus diesem Grunde der Einwand der Klägerin gegen den Nettosteuersatz als unerheblich erweist, hatte der Senat keine Veranlassung, zu der vom VII. Senat des BFH in BFHE 135, 154, BStBl II 1982, 358 vertretenen Auffassung, die im Schrifttum und in der Rechtsprechung der FG auf erheblichen Widerspruch gestoßen ist (Hessisches FG, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1983, 245; FG München, EFG 1984, 242; FG Berlin, EFG 1985, 28; FG Baden-Württemberg, EFG 1985, 134; Lohse, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Anmerkungen Finanzgerichtsordnung, § 65, Rechtsspruch 33; Weber-Grellet, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1984, 72; Rößler, DStZ 1984, 316; im Sinne des VII. Senats allerdings Dänzer-Vanotti, DStZ 1984, 219), Stellung zu nehmen, wonach die Beschränkung einer Anfechtungsklage auf einen Teil des mit dem Verwaltungsakt geforderten Betrages nach Ablauf der Klagefrist nicht wieder beseitigt werden könne.

2. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben, weil es das FG unterlassen hat, die erforderlichen Tatsachen für die Beantwortung der Frage festzustellen, ob die hier durchgeführten Wegebauarbeiten zu den typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten gehören und ob die eingesetzten Arbeitnehmer als Aushilfskräfte oder als land- und forstwirtschaftliche Fachkräfte im Sinne des § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG zu qualifizieren sind.

Gemäß § 40a Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 2 v.H. des Arbeitslohns solcher Aushilfskräfte erheben, die in seinem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ausschließlich mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden. Aushilfskräfte sind nicht Arbeitnehmer, die zu den land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften gehören.

a) Welche Arbeiten zu den typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten gehören, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Grundsatz gehören solche Arbeiten hierzu, die der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung dienen. Zu einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes kann auch die Schaffung von Zufahrts- und Abtransportmöglichkeiten für die zu erzeugenden oder erzeugten Produkte zu bzw. von dem dem Land- und Forstwirt gehörenden oder gepachteten Gebiet bis zu den öffentlichen Wegen oder Straßen gehören. Daher kann der Bau von Waldwegen, die der Erschließung oder Ausnutzung eines Waldgebietes dienen, grundsätzlich als typisch forstwirtschaftliche Tätigkeit des Forstwirtes zu qualifizieren sein. Voraussetzung ist aber, daß die Wald- oder Wirtschaftswege von dem Forstwirt in seiner Eigenschaft als Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebes angelegt werden. Diese Voraussetzung wäre im Streitfall nicht erfüllt, wenn die Klägerin die Waldwege ausschließlich oder auch in ihrer Eigenschaft als Verbandsgemeinde und in Erfüllung der öffentlichen Daseinsvorsorge zur Erschließung eines Gebietes als Erholungsgebiet oder zur Verbesserung der Zufahrtmöglichkeiten auch für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe erstellt hätte. Denn dann wären die Aushilfskräfte nicht in einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ausschließlich mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt gewesen.

Unerheblich ist hingegen, daß für die zu beurteilenden Arbeiten bestimmten Maschinen, wie z.B. Bagger und Traktoren, eingesetzt werden. Der Einsatz derartiger Maschinen ermöglicht die Erfüllung der zu verrichtenden Arbeiten, ohne daß diese dadurch den Charakter typisch land- oder forstwirtschaftlicher Arbeiten verlören. Daß die Bagger- oder Traktorführer regelmäßig als Fachkräfte und nicht als Aushilfskräfte zu beurteilen sein werden, steht nicht der Annahme einer typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeit entgegen und hindert damit nicht, andere bei diesen Arbeiten eingesetzte Arbeitnehmer als Aushilfskräfte zu beurteilen. Da das FG bei seiner Entscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

b) Das Gesetz enthält keine umfassende Definition des Begriffs Aushilfskraft. Nach § 40a Abs. 2 Satz 2 EStG ist eine Aushilfskraft eine Person, die von Fall zu Fall für eine im voraus bestimmte Arbeit von vorübergehender Dauer in ein Dienstverhältnis tritt. Allein das Merkmal des vorübergehenden Arbeitseinsatzes macht einen Arbeitnehmer aber noch nicht zur Aushilfskraft. Nach § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG darf der Arbeitnehmer, um als Aushilfskraft anerkannt werden zu können, nicht zu den land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften gehören. Ob jemand als Fachkraft zu beurteilen ist, hängt von der Art der Tätigkeit und von den Kenntnissen ab, die er zur Verrichtung dieser Tätigkeit erworben hat. Hat der Arbeitnehmer die Fertigkeiten für die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Berufsausbildung erlernt, so gehört er zu den Fachkräften. Da im Berufsleben auch angelernte Arbeiter im Rahmen ihrer besonderen Tätigkeit den Facharbeitern gleichgestellt werden, zählen auch angelernte Arbeiter zu den Fachkräften im Sinne des § 40a Abs. 2 EStG. Daher ist grundsätzlich der Arbeitnehmer, der von seinen - auch angelernten - Fähigkeiten her in der Lage ist, eine Fachkraft zu ersetzen, und auch an Stelle einer Fachkraft eingesetzt ist, selbst als Fachkraft im Sinne des § 40a Abs. 2 Satz 3 EStG zu qualifizieren (gleicher Ansicht Oeftering/Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, 6. Aufl., Stand Juni 1985, § 40a EStG Rdnr. 11; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 40a Rz. 8). Wird hingegen ein Arbeitnehmer unter Anleitung eines als Fachkraft zu beurteilenden anderen Arbeitnehmers tätig und erbringt er dabei Handlangerdienste oder andere einfache Tätigkeiten, die außer einer kurzen Anleitung kein weiteres Anlernen erfordern, so ist dieser Arbeitnehmer regelmäßig nicht als Fachkraft im Sinne des § 40a Abs. 2 EStG anzusehen.

Das FG hat im Streitfall die in der Holzgewinnung eingesetzten Arbeitnehmer deshalb als land- und forstwirtschaftliche Fachkräfte angesehen, weil Waldarbeiter gewöhnlich zu den Fachkräften gehörten. Es hat dabei aber unterlassen, tatsächliche Feststellungen zu treffen, die es dem Senat ermöglichen, die Auffassung des FG zu überprüfen. Daher war die Vorentscheidung auch aus diesem Grunde aufzuheben.

c) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG Feststellungen dazu zu treffen haben, welche Art von Wegen die Klägerin erstellt hat, insbesondere, ob die Klägerin diese Waldwege in ihrer Eigenschaft als Inhaberin eines forstwirtschaftlichen Betriebes oder in ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft erstellt hat. Gegebenenfalls kann sich die Einholung eines Gutachtens als notwendig erweisen. Zur Beurteilung der Frage, ob die eingesetzten Arbeitnehmer als Fachkräfte oder als Aushilfskräfte tätig geworden sind, sind tatsächliche Feststellungen über die Art des Einsatzes und die Art der verrichteten Arbeiten erforderlich. Dabei kann das FG unter Umständen zu dem Ergebnis gelangen, daß nur ein Teil der eingesetzten Arbeitnehmer als Aushilfskräfte anzusehen ist. Für diesen Fall wird das FG zu beachten haben, daß eine Pauschalierung der Löhne für diese Aushilfskräfte weiter voraussetzt, daß die Aushilfskräfte ausschließlich mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt worden sind. Sollten diese Arbeitnehmer z.B. abwechselnd mit typisch land- oder forstwirtschaftlichen und anderen Arbeiten betraut worden sein, so scheidet eine Pauschalierung nach § 40a Abs. 2 EStG für die Löhne dieser Arbeitnehmer aus.

d) Mit dem FG geht der Senat im übrigen davon aus, daß einer Pauschalierung nicht entgegensteht, wenn die Klägerin die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Aufzeichnungen über die Dauer der Beschäftigung, die Zahl der Arbeitsstunden, den Lohn sowie über die Art der Beschäftigung im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Außenprüfung noch nicht erstellt hatte. Der Senat hält die von der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf in der Verfügung vom 2. August 1984 - S 2372 A - St 121 (Der Betrieb - DB - 1984, 2013) vertretene Auffassung für zutreffend, daß die Aufzeichnungen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 8 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) - früher § 7 Abs. 2 Nr. 7 LStDV - nur den Charakter einer Ordnungsvorschrift besitzen und nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für die Pauschalierung sind. Entscheidend ist, daß der pauschalierende Arbeitgeber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 40a EStG glaubhaft macht. Dabei kann sich der Arbeitgeber aller zulässiger Beweismittel bedienen, wobei verbleibende Unklarheiten zu seinen Lasten gehen.

e) Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß die Voraussetzungen für eine pauschale Versteuerung der Löhne einiger oder sämtlicher Arbeitnehmer nicht gegeben sind, das FA also zu Recht einen Haftungsbescheid - wenn auch mit einer niedrigen Haftungssumme - erlassen konnte, so ist der angefochtene Haftungsbescheid nicht etwa deshalb fehlerhaft, weil das FA die nachzufordernde Lohnsteuer unter Anwendung eines durchschnittlichen Steuersatzes ermittelt hat. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164 und im Urteil vom 7. Dezember 1984 VI R 72/82 (BFHE 142, 494, BStBl II 1985, 170) dargelegt, unter welchen Voraussetzungen der Ansatz eines durchschnittlichen Steuersatzes in einem Haftungsbescheid zulässig ist. In Fortführung dieser Entscheidungen hält der Senat die Ermittlung der individuellen auf jeden einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Lohnsteuer auch dann im Sinne des Urteils in BFHE 142, 494, BStBl II 1985, 170 für "schwierig", wenn das FA von sich aus Nachforschungen über die Besteuerungsmerkmale der einzelnen Arbeitnehmer anstellen müßte. Da dies vorliegend der Fall ist, die Klägerin mit Ausnahme ihres rechtlich unerheblichen Einwandes betreffend den Ansatz des Nettosteuersatzes keine weiteren Einwendungen gegen die Höhe des durchschnittlichen Steuersatzes erhoben hat und vor allem nicht beabsichtigt, bei den Arbeitnehmern Regreß zu nehmen, konnte die nachzufordernde Lohnsteuer unter Ansatz eines Durchschnittssteuersatzes ermittelt werden.

 

BVerfG-Urteil vom 14.7.1986 (2 BvE 2/84, 2 BvR 442/84) BStBl. 1986 II S. 684

I. 1. § 10b Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes und § 9 Nummer 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in den Fassungen von Artikel 4 Nummer 3 und Artikel 5 Nummer 2 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (Bundesgesetzbl. I Seite 1577) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als danach die Abzugsfähigkeit von Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke nach bestimmten Vomhundertsätzen des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens oder der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter bemessen wird.

Die Bestimmungen sind ferner insoweit mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, als die steuerliche Abzugsfähigkeit nicht auf einen für alle Steuerpflichtigen gleichen Höchstbetrag begrenzt ist, der 100.000 Deutsche Mark nicht überschreiten darf.

Die Vorschriften verletzen insoweit den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

2. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sind § 10 b des Einkommensteuergesetzes und § 9 Nummer 3 des Körperschaftsteuergesetzes im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung (§ 165 Abgabenordnung) mit der Maßgabe anzuwenden, daß Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke für jeden Steuerpflichtigen - unter Wegfall der Begrenzungen auf die bisher vorgesehenen Vomhundertsätze - bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Deutsche Mark abzugsfähig sind.

II. Die Anträge im Organstreitverfahren werden zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren ist die Frage, ob die Vorschriften des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983, durch die § 10 b des Einkommensteuergesetzes und § 9 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes dahin gehend geändert worden sind, daß Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien nunmehr bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. des Einkommens oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich abzugsfähig sind, die Zahlung eines "Chancenausgleichs" (§ 22 a PartG) an politische Parteien eingeführt und die Wahlkampfkostenerstattung auf die Hälfte der Gesamteinnahmen einer Partei beschränkt worden ist (§ 18 Abs. 6 PartG), die Antragstellerin und den Beschwerdeführer in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzen.

I.

Am 1. Januar 1984 ist das am 28. Dezember 1983 verkündete Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1577 - im folgenden: Änderungsgesetz) in Kraft getreten.

1. In diesem Gesetz ist - unter anderem - die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an politische Parteien im Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht neu geregelt worden.

a) Art. 4 Nr. 3 Änderungsgesetz hat den § 10 b EStG wie folgt neu gefaßt (Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 1986 - BGBl I S. 441):

§ 10b

Steuerbegünstigte Zwecke

(1) Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und staatspolitischer Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke sind bis zur Höhe von insgesamt 5 vom Hundert des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 2 vom Tausend der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abzugsfähig. Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke können nur insoweit als Sonderausgaben abgezogen werden, als für sie nicht eine Steuerermäßigung nach § 34 g gewährt worden ist. Für wissenschaftliche und als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke erhöht sich der Vomhundertsatz von 5 um weitere 5 vom Hundert. Als Ausgabe im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen. Ist das Wirtschaftsgut unmittelbar vor seiner Zuwendung einem Betriebsvermögen entnommen worden, so darf bei der Ermittlung der Ausgabenhöhe der bei der Entnahme angesetzte Wert nicht überschritten werden. In allen übrigen Fällen bestimmt sich die Höhe der Ausgabe nach dem gemeinen Wert des zugewendeten Wirtschaftsguts.

(2) Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke sind Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes. Spenden an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 20.000 Deutsche Mark übersteigt, können nur abgezogen werden, wenn sie nach § 25 Abs. 2 des Parteiengesetzes im Rechenschaftsbericht verzeichnet worden sind.

b) Art. 4 Nr. 4 Änderungsgesetz hat in das Einkommensteuergesetz den § 34 g eingefügt; er bestimmt:

§ 34 g

Bei Steuerpflichtigen, die Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke leisten, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme des § 35, um 50 vom Hundert der Ausgaben, höchstens um 600 Deutsche Mark, im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens um 1.200 Deutsche Mark.

c) Durch Art. 5 Nr. 2 Änderungsgesetz ist § 9 Nr. 3 KStG, der die Abzugsfähigkeit von Ausgaben für steuerbegünstigte Zwecke betrifft, geändert worden; er lautet nunmehr (Fassung der Bekanntmachung vom 10. Februar 1984 - BGBl I S. 217):

§ 9

Abziehbare Aufwendungen

Abziehbare Aufwendungen sind auch:

1....

2....

3. vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und staatspolitischer Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 5 vom Hundert des Einkommens oder 2 vom Tausend der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Für wissenschaftliche und als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke erhöht sich der Vomhundertsatz von 5 um weitere 5 vom Hundert. Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke sind Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes. Spenden an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 20.000 Deutsche Mark übersteigt, können nur abgezogen werden, wenn sie nach § 25 Abs. 2 des Parteiengesetzes im Rechenschaftsbericht verzeichnet worden sind. Als Einkommen im Sinne dieser Vorschrift gilt das Einkommen vor Abzug der in Satz 1 und in § 10d des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Ausgaben. Als Ausgabe im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen. Der Wert der Ausgabe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln.

2. Art. 1 Änderungsgesetz hat ferner das Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 (BGBl I S. 773) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1979 (BGBl I S. 2358 - im folgenden PartG) geändert.

a)...

b) Art. 1 Nr. 7 Änderungsgesetz hat in den Fünften Abschnitt des Parteiengesetzes den § 22 a eingefügt, der den neu eingeführten Chancenausgleich wie folgt regelt: Chancenausgleich

§ 22a

Errechnung und Zahlung des Chancenausgleiches

(1) Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der letzten vor dem 31. Dezember (Stichtag) liegenden Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben, erhalten jährlich einen Betrag als Chancenausgleich.

(2) Der Chancenausgleich wird wie folgt errechnet: Für jede Partei, die bei der letzten vor dem Stichtag liegenden Bundestagswahl mindestens 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht hat, wird ein Ausgangsbetrag in Höhe von 40 vom Hundert des Gesamtbetrages der in dem Rechenschaftsbericht (§ 24) des vorausgegangenen Kalenderjahres angegebenen Mitgliedsbeiträge und Spenden, geteilt durch die Zahl der auf die Partei entfallenen gültigen Zweitstimmen festgestellt. Der höchste der Ausgangsbeträge wird mit der Zahl der erreichten gültigen Zweitstimmen jeder Partei im Sinne des Absatzes 1 vervielfacht. Der als Chancenausgleich an eine Partei zu zahlende Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Ergebnis nach Satz 2 und 40 vom Hundert des Gesamtbetrages der ihr zugeflossenen Mitgliedsbeiträge und Spenden im Sinne des Satzes 1.

(3) Die Chancenausgleichsbeträge werden vom Präsidium des Deutschen Bundestages festgesetzt und jeweils bis zum 60. Kalendertag des auf den Stichtag folgenden Kalenderjahres ausgezahlt.

(4) Der Präsident des Deutschen Bundestages erteilt den Parteien einen schriftlichen Bescheid über die Höhe der Beträge.

(5) Chancenausgleichsbeträge werden erstmals für das Rechnungsjahr 1984 ausgezahlt.

II.

Die Antragstellerin ... hat beantragt:

Das Bundesverfassungsgericht möge feststellen, daß der Deutsche Bundestag und der Bundesrat durch das Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.1983, BGBl I S. 1577,

a) gegen Art. 3 Abs. 1, 21 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 38 Abs. 1 GG verstoßen haben, indem sie durch Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes § 10 b des Einkommensteuergesetzes und durch Art. 5 des Gesetzes § 9 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes dahin gehend geändert haben, daß Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Einkommens oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich abziehbar sind, und

b) gegen Art. 21 GG verstoßen haben, indem sie durch Art. 1 des Gesetzes § 22 a (Chancenausgleich) und ... in das Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 eingefügt haben.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin im wesentlichen vor:

Der Erlaß der angegriffenen Vorschriften beeinträchtige den ihr durch Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG gewährleisteten verfassungsrechtlichen Status als politische Partei und verletze ihre verfassungsmäßigen Rechte auf Chancengleichheit und Staatsfreiheit.

1. a) Die durch die Neufassung des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG wieder eingeführte prozentuale steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an politische Parteien verletze ihr Recht auf Chancengleichheit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse eine Steuerbegünstigung von Parteispenden strikt den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien wahren. Bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 [65 ff.]) habe das Bundesverfassungsgericht hierzu ausgeführt, daß die Möglichkeit, Spenden an politische Parteien bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens abzuziehen, in erster Linie als Anreiz zum Spenden auf Einkommensteuerpflichtige mit großem Einkommen und auf die Körperschaftsteuerpflichtigen wirke. Das habe zur Folge, daß diejenigen Parteien, deren Programm und Tätigkeit kapitalkräftige Kreise ansprächen, stärker begünstigt würden. Gewiß sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, bestehende faktische, auf der unterschiedlichen soziologischen Struktur der Parteien beruhende Verschiedenheiten in den Wettbewerbschancen auszugleichen. Er dürfe aber nicht ohne zwingenden Grund eine Regelung treffen, die eine schon bestehende faktische Ungleichheit der Wettbewerbschancen der Parteien verschärfe.

Wie sich aus Tätigkeit und Programm der Antragstellerin ergebe, spreche sie die kapitalkräftigen Kreise nicht an. Sie erhalte keinerlei Spenden der Großindustrie und könne daran von ihrem Programm her auch nicht interessiert sein. Sie werde daher durch die angegriffenen steuerlichen Vorschriften gegenüber anderen Parteien erheblich benachteiligt.

Der Chancenausgleich des § 22 a PartG könne den Verfassungsverstoß nicht heilen, weil er zu niedrig bemessen sei. Bei den einkommensteuerpflichtigen Großspendern sei regelmäßig von einem Spitzensteuersatz von 56 % auszugehen. Im Körperschaftsteuerrecht belaufe sich der Steuerbelastungsanteil für thesaurierte Einkommen auf 56 %. Für die Annahme einer Steuersubvention in Höhe von 40 %, die dem Chancenausgleich zugrunde liege, fänden sich keine auch nur einigermaßen ausreichenden Berechnungsgrundlagen. Da der Chancenausgleich hauptsächlich auf Großspenden zu beziehen sei, hätte bei realistischer Betrachtung von einem Steuersubventionsvolumen von 50 %, wahrscheinlich sogar von 56 %, ausgegangen werden müssen. Ein Unterschied von bis zu 16 % sei nicht mehr irrelevant. Eine Chancenausgleichszahlung, die auf der Grundlage einer Steuersubvention von 40 % berechnet werde, vermöge die Chancengleichheit nicht zu wahren.

b) Die Neuregelung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien verletze darüber hinaus den aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 28 und 38 GG herzuleitenden Grundsatz der gleichen Teilhabe der Bürger am politischen Willensbildungsprozeß. Die dafür gegebene Begründung deckt sich mit der des Beschwerdeführers in dem Verfahren 2 BvR 442/84 (s. III).

2...

3...

4. Nach alledem hätten der Deutsche Bundestag und der Bundesrat durch die Einführung der erhöhten steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für Zuwendungen an politische Parteien in § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG gegen die grundgesetzlichen Prinzipien der Chancengleichheit der Parteien, der Staatsfreiheit der Parteien und der Bürgergleichheit verstoßen. Eine Heilung dieser Verfassungsverletzung durch den Chancenausgleich gemäß § 22 a PartG komme nicht in Betracht, da § 22 a PartG seinerseits gegen die Grundsätze der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien verstoße.

...

III.

Mit der am 10. April 1984 erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG in der Fassung von Art. 4 Nr. 3 und Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983. Er rügt die Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 28 und 38 GG.

Aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebe sich das Grundrecht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß. In diesem Recht werde er durch die Erweiterung der Steuerbegünstigung von Spenden nach Maßgabe der neugefaßten § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG verletzt. Da er bei seinen Einkommens- und Familienverhältnissen nur zu Spenden im Rahmen des § 34g EStG in der Lage sei, könne er an der Steuervergünstigung nicht in annähernd gleichem Umfange teilnehmen wie finanzstarke Bürger. Der Staat sei nicht berechtigt, die Einflußnahme des Bürgers auf die politische Willensbildung in derart extrem unterschiedlicher Höhe zu unterstützen, wie dies § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG zuließen. Das verschieden hohe Einkommen der Staatsbürger sei kein hinreichender Grund für eine solche Differenzierung.

Das Änderungsgesetz habe im wesentlichen dieselben Vorschriften wieder eingeführt, die das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51) an den Prinzipien der Chancengleichheit der Parteien und der Bürgergleichheit gemessen und unter beiden Gesichtspunkten für verfassungswidrig erklärt habe. Hierzu habe es ausgeführt: Da bei Spenden an politische Parteien der Bezieher eines großen Einkommens einen absolut und relativ höheren Betrag an Steuern erspare als der Bezieher eines kleinen Einkommens, werde die politische Meinung des ersten sozusagen prämiiert. Eine solche, durch ein Gesetz geschaffene unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einflußnahme auf die politische Willensbildung je nach der Höhe des Einkommens vertrage sich aber nicht mit dem Grundsatz der formalen Gleichheit, der die Ausübung politischer Rechte in der freien Demokratie beherrsche. In der Entscheidung vom 24. Juli 1979 (BVerfGE 52, 63) habe das Bundesverfassungsgericht nochmals hervorgehoben, daß der Gesetzgeber, wenn er Beiträge und Spenden an politische Parteien steuerlich begünstige, das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß sowie die Grundsätze der Chancengleichheit und der Parteienfreiheit beachten müsse.

Das Prinzip der Bürgergleichheit verlange, daß der Staat die aufgrund der finanziellen Lage unterschiedlichen Spendenmöglichkeiten der einzelnen Bürger nicht noch durch Steuervorteile verschärfe. Dies sei nach den neuen Vorschriften jedoch in einem ungeheuren Ausmaß der Fall. So könne ein Großspender, der 1 Mio. DM spende, 560.000 DM an Steuern sparen und müsse selbst tatsächlich nur 440.000 DM aufwenden. Die Mehrzahl der Bürger werde jedoch kaum in der Lage sein, mehr als 1.200 DM jährlich zu spenden, was nach § 34 g EStG eine Steuerersparnis von 600 DM mit sich bringe. Daß der Staat Steuersubventionen für Parteispenden in derart unterschiedlicher Höhe gewähre, sei mit dem Prinzip der Bürgergleichheit nicht vereinbar.

Die steuerliche Berücksichtigung von Spenden bis zur Höhe von 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter begünstige im Körperschaftsteuerrecht Spenden in unglaublicher Höhe. Es sei selbstverständlich, daß einem Großspender, der Geld in Millionenhöhe zur Verfügung stelle, ein erheblicher Einfluß eingeräumt werde. Wenn die Partei, der dieses Geld zufließe, auch noch Regierungspartei sei, so werde dadurch - mittels erheblicher Steuergelder - ein direkter Einfluß auf die Regierungspolitik eröffnet. Daß diese Einflußmöglichkeit gegen das Grundrecht der gleichen Teilhabe des Bürgers am politischen Willensbildungsprozeß verstoße, könne nicht zweifelhaft sein.

Hieran ändere auch der - bereits aus anderen Gründen verfassungswidrige - Chancenausgleich nichts. Zwar löse dieser Ausgleichszahlungen in Höhe von bis zu 40 v. H. der Spende an die gegnerischen Parteien aus. Jedoch könne die Partei, der die Spende zufließe, diese in vollem Umfang behalten; sie werde deshalb entsprechende Rücksicht auf den Großspender nehmen. Dessen Möglichkeit zur Einflußnahme bleibe daher voll erhalten. Das Prinzip der Bürgergleichheit gebiete, auch die Spender, die dieselbe Partei unterstützen wollten, streng formal gleich zu behandeln. Dies werde durch den Chancenausgleich keinesfalls erreicht.

Daß gemäß § 10 b Abs. 2 EStG Spenden über 20.000 DM steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie in den Rechenschaftsberichten verzeichnet sind, hebe die Verfassungswidrigkeit dieser Regelung nicht auf. Diese Publizitätspflicht bestehe ohnehin und folge direkt aus Art. 21 Abs. 1 GG. Sie schränke das Grundrecht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß nicht ein.

Schließlich verstoße die Nichtberücksichtigung von Spenden an Wählergruppen und Rathausparteien sowie an parteilose Mandatsbewerber ebenfalls gegen den Grundsatz der Bürgergleichheit. Aus Art. 21 GG lasse sich ein auf die politischen Parteien beschränktes steuerliches Privileg nicht herleiten.

§ 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1983 seien mithin, soweit sie die Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden regeln, verfassungswidrig und nichtig.

IV.

Gemäß § 65 Abs. 2 und § 94 Abs. 4 i. V. m. § 77 BVerfGG ist dem Bundespräsidenten, dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und den Regierungen der Länder Gelegenheit gegeben worden, sich zu dem Organstreitverfahren und der Verfassungsbeschwerde zu äußern. Von dieser Möglichkeit hat der Deutsche Bundestag im Organstreitverfahren Gebrauch gemacht und ausgeführt:

Die Antragstellerin greife jeweils einzelne Teile der vom Änderungsgesetz getroffenen Regelung heraus und bemühe sich, deren Verfassungswidrigkeit darzulegen. Eine derartige isolierende Betrachtungsweise vernachlässige den inneren Zusammenhang der von der Antragstellerin angegriffenen Teilregelungen mit anderen Regelungen desselben Gesetzes. Nur die stetige Bedachtnahme auf den Gesamtzusammenhang der einzelnen Regelungen, ihre Wechselbezüglichkeit und sich daraus ergebende Relativität vermittelten ein hinreichend vollständiges Bild der verfassungsrechtlichen Beschaffenheit der angegriffenen Neuregelung.

1. Die Antragstellerin behaupte, die Vorschriften über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien benachteiligten sie erheblich gegenüber den anderen Parteien, da ihre Tätigkeit und ihr Programm die kapitalkräftigen Kreise nicht ansprächen, und verletzten sie deshalb in ihrem Recht auf Chancengleichheit. Dabei lasse die Antragstellerin den Gesamtzusammenhang außer acht. Schon bei den gesetzgeberischen Beratungen habe im wesentlichen Übereinstimmung darüber bestanden, daß die erweiterte Sonderausgabenregelung durch Vorkehrungen gegen eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit ergänzt werden müsse. Es frage sich lediglich, ob die im Hinblick darauf getroffenen ergänzenden Regelungen, insbesondere der neu eingeführte Chancenausgleich, die ohne sie eintretende Verfassungswidrigkeit zu beheben geeignet und imstande seien. Das sei zu bejahen.

Das vom Gesetzgeber gewählte Modell eines Chancenausgleichs bestehe zum einen aus der Kleinbetragsregelung des § 34 g EStG und zum anderen aus dem in § 22 a PartG normierten Chancenausgleich im engeren Sinne. Schon die Kleinbetragsregelung habe insoweit einen chancenausgleichenden Effekt, als im Rahmen des § 34 g EStG jeder Bürger durch den vorgesehenen Steuerabzug von 50 %, der bereits in der Nähe des Spitzensteuersatzes von 56 % liege, in vergleichbarer Weise an der Steuerermäßigung teilhaben könne. Diese Komponente des Chancenausgleichs sei gerade für eine Partei, die kapitalkräftige Kreise nicht anspreche, von nicht unwesentlicher Bedeutung. Sie werde durch die Argumentation der Antragstellerin, die ihren Blick ausschließlich auf § 22 a PartG richte, zu Unrecht beiseite geschoben.

Die Kritik der Antragstellerin, der in § 22 a PartG vorgesehene Ausgleich in Höhe von 40 % der Zuwendungen reiche angesichts eines Spitzensteuersatzes von 56 % nicht aus, verkenne, daß sich § 22 a PartG nicht nur auf den Spendenertrag, sondern auf den Gesamtbetrag der Mitgliedsbeiträge und Spenden beziehe. Die isolierte Blickrichtung der Antragstellerin allein auf Großspenden sei daher bereits im Ansatz verfehlt. Der Gesetzgeber habe sich auch nicht ausschließlich am Durchschnittssteuersatz von ca. 35 % orientiert, sondern den Anteil des Steuerverzichts an den Zuwendungen entsprechend dem Vorschlag der Sachverständigen-Kommission auf 40 % bemessen. Diese Entscheidung halte sich im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, dem, wie regelmäßig bei Normierungen vergleichbarer Art, zudem eine begrenzte Typisierungsmacht zur Verfügung stehe.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich nicht, wie die Antragstellerin meine, daß der Effekt von Großspenden im Wege des Chancenausgleichsmechanismus vollständig neutralisiert werden müsse. Die vom Bundesverfassungsgericht im Blick auf das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit gewählte Formulierung "ernsthaft ins Gewicht fallend" (BVerfGE 52, 63 [91]) beziehe sich nicht auf jegliche relative Differenz in der finanziellen Position der Parteien, sondern ausschließlich auf die Veränderung der vorgegebenen Wettbewerbslage zwischen ihnen. Diese vorgegebene Wettbewerbslage werde aber dadurch mit charakterisiert, daß das Grundgesetz die Zuwendung von Spenden, also auch von Großspenden, grundsätzlich als eine geläufige Form zulässiger Interessenwahrnehmung hinnehme. Der Gesetzgeber sei daher weder verpflichtet noch berechtigt, etwa vorhandene, auf der unterschiedlichen soziologischen Struktur der politischen Parteien beruhende Verschiedenheiten der Wettbewerbschancen in diesem Bereich auszugleichen. Zudem begegne das Grundgesetz den durch anonyme Großspenden möglicherweise entstehenden Gefahren dadurch, daß die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben hätten, und überlasse es im übrigen ihrer Verantwortung, einem auf sie eindringenden sachwidrigen Druck durch Großspenden zu widerstehen. Unter allen diesen Aspekten könne die vom Gesetzgeber gewählte Regelung der steuerlichen Absetzbarkeit von Zuwendungen an politische Parteien in Verbindung mit dem durch § 34 g EStG und § 22 a PartG herbeigeführten Ausgleich nicht als unzulässige Benachteiligung der Antragstellerin beurteilt werden.

2. Die Rüge eines Verstoßes gegen die Bürgergleichheit sei unzulässig, weil die Antragstellerin im Organstreit nur die Verletzung eigener Rechte geltend machen könne. Sie sei im übrigen auch nicht begründet.

Der These der Antragstellerin, die geänderten steuerrechtlichen Vorschriften ermöglichten und förderten Großspenden, die zu erheblichen Einflüssen führen könnten, sei entgegenzuhalten, daß spendenfördernde Regelungen keineswegs per se verfassungswidrig seien (BVerfGE 8, 51 [65]; 52, 63 [86, 89 f.]). Dies gelte grundsätzlich auch für größere Spenden. Art. 21 GG gewährleiste den Parteien keinen absoluten Schutz vor dem Einfluß finanzkräftiger Einzelpersonen, Unternehmen und Verbände. Den Versuch, mit Großspenden auf die längerfristige Zielsetzung der begünstigten Partei oder innerparteiliche Entscheidungen von Einzelfragen einzuwirken, wehrten Publizitätspflichten ab, die durch die Neufassung des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG sowie der einschlägigen Bestimmungen des Parteiengesetzes noch wesentlich erweitert und verschärft worden seien. Das könne auch im Blick auf die Bürgergleichheit nicht außer Betracht bleiben.

Die Antragstellerin behaupte, § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG verstießen gegen den Grundsatz der Bürgergleichheit, die Kleinbetragsregelung des § 34 g EStG hingegen trage diesem Prinzip Rechnung. Damit vernachlässige sie wiederum die Einheit des Gesetzes und verkenne die offenbare Wechselbezüglichkeit der Gesamtregelung. Zwar schließe die Kleinbetragsregelung für sich genommen noch nicht die Möglichkeit aus, daß im Verein mit der progressiven Besteuerung die politische Meinung von Großspendern sozusagen "prämiiert" werde. Dies verhindere indes der in § 22 a PartG normierte Chancenausgleich. Sinn und Effekt dieser Regelung sei es auch, eine derartige Differenzierung im Bürgereinfluß zu neutralisieren, ohne zugleich den Anreiz für größere Spenden schlechthin zu beseitigen. Ebenso wie bei der Beurteilung der Parteiengleichheit die Kleinbetragsregelung des § 34 g EStG nicht übergangen werden dürfe, müsse bei der Beurteilung der Bürgergleichheit der Chancenausgleich nach § 22 a PartG mit in den Blick genommen werden. Die Gesamtregelung biete nach alledem auch unter dem Aspekt der Bürgergleichheit keine verfassungsrechtlichen Angriffsflächen.

3. Der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien schließe eine Steuervergünstigung für Beiträge und Spenden an politische Parteien nicht aus. Allerdings dürften staatliche Finanzhilfen nur so gewährt werden, daß der politische Prozeß offen und insbesondere der Parteienwettbewerb erhalten bleibe.

Auch in diesem Zusammenhang könnten die steuerrechtlichen Regelungen des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG sowie der Chancenausgleich des § 22 a PartG nur in ihrem übergreifenden Wirkungszusammenhang zutreffend gewürdigt werden. Selbst wenn man die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen und Spenden als mittelbare staatliche Finanzierung der Tätigkeit der politischen Parteien und den Chancenausgleich als direkte Zuwendung staatlicher Leistungen an die Parteien ansehe, wären sie als solche nicht verfassungswidrig. Staatliche Leistungen an die Parteien seien grundsätzlich auch außerhalb der Wahlkampfkostenerstattung zulässig, sofern hierbei die Grundsätze der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der politischen Parteien und das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß gewahrt blieben.

Aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit folge, daß steuerrechtliche Vorschriften die Parteien nicht der staatlichen Vorsorge überantworten und den offenen freiheitlichen demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozeß nicht beeinträchtigen dürften. Die vorliegenden Regelungen entsprächen diesen beiden vom Bundesverfassungsgericht als maßgeblich herausgestellten Gesichtspunkten. Die Sonderausgabenregelung und die ihr zugeordnete Chancenausgleichsregelung eröffneten staatlichen Organen nicht die Möglichkeit, darauf Einfluß zu nehmen, welche Parteien von welchen Personen Spenden erhielten. Der Chancenausgleich könne vom Staat nicht beliebig gewährt oder entzogen werden, sondern sei Bestandteil und verfassungsrechtlich notwendige Folge einer steuerrechtlichen Gesamtregelung. Weder der Parteienwettbewerb noch der offene Willensbildungsprozeß würden beeinträchtigt.

Der Chancenausgleich könne allenfalls einzelne Personen davon abhalten, größere Spenden zu leisten, weil mit dem Chancenausgleich Vorteile für ihnen etwa unerwünschte Parteien verbunden seien. Der Großspender müsse diese Nebenwirkung des Chancenausgleichs indes hinnehmen, weil sonst die von ihm in Anspruch genommene Steuervergünstigung verfassungsrechtlich bedenklich wäre.

4. Durch die Gesamtregelung würden einzelne Personen nicht in die Lage versetzt, auf den politischen Willensbildungsprozeß bestimmend einzuwirken. Selbst wenn man annehme, daß die steuerrechtlichen Vorschriften eine derartige Einwirkungsmöglichkeit eröffneten, werde diese jedenfalls durch den Chancenausgleich neutralisiert.

5...

6...

Die Gesamtregelung solle nach ihrem Ziel und Zweck vor allem durch die steuerliche Förderung von Spenden zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Parteien führen. Dies sei für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber die finanzielle Situation der Parteien als unbefriedigend beurteilt und deshalb ein Instrumentarium zur Verbesserung dieser Situation ins Leben gerufen habe, könne allenfalls rechtspolitisch unterschiedlich beurteilt werden, sei aber verfassungsrechtlich nicht angreifbar.

V.

1. Der Senat hat eine Auskunft des Präsidenten des Deutschen Bundestages über die Höhe der für das Rechnungsjahr 1984 an die Parteien auszuzahlenden Chancenausgleichsbeträge eingeholt und die Schatzmeister der im Deutschen Bundestag vertretenen politischen Parteien als Auskunftspersonen angehört.

2. In der mündlichen Verhandlung ist für die Antragstellerin und den Beschwerdeführer weiter vorgetragen worden: Die Möglichkeit, Kleinspenden gemäß § 34 g EStG zur Hälfte von der Steuerschuld abzuziehen, könne die Verfassungswidrigkeit des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG nicht heilen. Es reiche nicht aus, daß jeder Spender ungefähr 50 v. H. der gespendeten Summe an Steuern spare. Vielmehr sei sowohl in bezug auf die Bürgergleichheit als auch in bezug auf die Chancengleichheit der Parteien ferner die absolute Höhe der jeweiligen Steuerersparnis ins Auge zu fassen. Durch die steuerliche Berücksichtigung von Spenden bis zu 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter würden Spenden in einer Höhe begünstigt, mit denen man ganze Parteien kaufen oder sich gar eigene Parteien halten könne. Die Anknüpfung an 5 % des Einkommens in § 10 b EStG führe dazu, daß ein Großverdiener mit einem Einkommen von 20 Mio. DM im Jahr einen Betrag von 1 Mio. DM steuerwirksam spenden könne, während ein Bürger mit einem Einkommen von 100.000 DM nur 5.000 DM als Spende steuerlich absetzen könne. Selbst wenn dieser Bürger sehr opferbereit wäre und mehr als 5.000 DM jährlich an die von ihm favorisierte Partei spenden wolle, könne er nicht mehr als diese 5.000 DM steuerlich geltend machen. Durch die Begrenzung auf 5 % des Einkommens werde mithin die Spendenfreudigkeit der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen gedrosselt, die Spendenfreudigkeit der Bezieher sehr großer Einkommen hingegen gefördert. Diese Ungleichbehandlung komme vor allem den Parteien zugute, die die Interessen der Großverdiener wahrten.

Durch die Einbeziehung der Mitgliedsbeiträge in den Chancenausgleich würden ohne einen besonderen zwingenden Grund die Parteien begünstigt, die Adressaten von Großspenden seien, Parteien mit relativ vielen Mitgliedern und entsprechend hohem Beitragsaufkommen dagegen benachteiligt. Da § 22 a PartG nach der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers den durch die Steuerprogression bedingten ungerechtfertigten Vorteil der Empfänger von Großspenden ausgleichen solle, sei nicht ersichtlich, weshalb die Mitgliedsbeiträge in den Chancenausgleich einbezogen seien. Darauf, daß sie ebenfalls einen hohen Anteil an den Gesamteinkünften der Parteien ausmachten, komme es nicht an. In diesem Zusammenhang sei vielmehr ausschließlich auf den einzelnen Spender oder Beitragszahler und dessen Steuervorteil sowie auf die Gesamtsumme dieser einzelnen Steuervorteile und die dadurch bedingte Bevorzugung der Parteien, die Großspenden erhielten, abzustellen.

Die Gleichbehandlung von Mitgliedsbeiträgen und Spenden sei auch deshalb verfassungsrechtlich unhaltbar, weil ein Parteimitglied, das seinen Beitrag zahle, durch den Chancenausgleich gezwungen werde, sich zugleich an der finanziellen Unterstützung anderer Parteien zu beteiligen. Dieser Effekt der Einbeziehung der Mitgliedsbeiträge in die Berechnung des Chancenausgleichs sei mit Art. 21 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Er erschwere es einer Partei, Mitglieder zu werben und Mitgliedsbeiträge einzunehmen, weil sich mit der Aufnahme neuer Mitglieder oder der Erhöhung der Mitgliedsbeiträge die Ansprüche der Partei auf einen Chancenausgleich automatisch verminderten; die Partei werde faktisch dafür bestraft, daß sie ihre Mitgliederzahl und ihr Aufkommen an Mitgliedsbeiträgen erhöhe.

...

3. Für den Antragsgegner zu 1) haben dessen Bevollmächtigter und der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages noch vorgetragen:

Sinn und Zweck der in dem Änderungsgesetz getroffenen, aufeinander abgestimmten Regelungen sei es, die Finanzlage der Parteien zu verbessern und aufgetretene Mißbräuche auszuschließen. Die Bereitschaft der Bürger zur finanziellen Unterstützung der Parteien solle durch steuerliche Vergünstigungen angeregt und verstärkt werden. Die angestrebte Verbesserung der Finanzlage sei erforderlich, weil sich Stellung und Funktion der Parteien gewandelt hätten. Die Parteien hätten sich von reinen Wahlkampforganisationen zu Volksparteien mit einer großen Mitgliederzahl entwickelt und einen hohen Organisationsgrad erreicht. Erst dadurch seien die Voraussetzungen für eine verstärkte Mitwirkung der Mitglieder am Prozeß der politischen Willensbildung geschaffen worden.

Andererseits nähmen zunehmend andere - als gemeinnützig anerkannte - Organisationen und Vereinigungen auf die politische Willensbildung Einfluß, denen nach der bisherigen Gesetzeslage die steuerliche Begünstigung von Zuwendungen in einem sehr viel größeren Ausmaß zugute gekommen sei als den politischen Parteien. Auch deshalb sei es geboten, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an die politischen Parteien zu erweitern.

Die Erhöhung der Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Es stehe grundsätzlich im gesetzgeberischen Ermessen, steuerliche Anreize für Zuwendungen an politische Parteien zu schaffen, sofern dabei die Grundsätze der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der politischen Parteien sowie das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung beachtet würden. Das Grundgesetz lasse auch große Spenden zu. Dem befürchteten Einfluß von Großspendern auf die von ihnen begünstigten Parteien stehe entgegen, daß größere Spenden nach § 25 Abs. 2 PartG in den Rechenschaftsberichten der Parteien auszuweisen seien. Ein Verstoß hiergegen habe zur Folge, daß die Spende steuerlich nicht abzugsfähig sei und der betroffenen Partei ein Betrag in doppelter Höhe der nicht ausgewiesenen Spende von der Wahlkampfkostenerstattung abgezogen werde. Damit sei die Publizität großer Spenden geradezu zu einem Element der Willensbildung bei der Wahlentscheidung des Bürgers geworden. Zugleich werde die Transparenz der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien erhöht. Im übrigen machten Großspenden ohnehin nur einen geringen Anteil an den Einnahmen der Parteien aus. Sie seien hinzunehmen, um der Umwegfinanzierung zu begegnen; die Zwischenschaltung von Berufsverbänden werde so entbehrlich.

In die Berechnung des Chancenausgleichs seien Spenden und Mitgliedsbeiträge gleichermaßen einzubeziehen, weil beide steuerlich begünstigt würden; ein überzeugender Grund, die Mitgliedsbeiträge außer Betracht zu lassen, sei nicht ersichtlich. Die Gleichbehandlung von Spenden und Mitgliedsbeiträgen sei auch geboten, um Manipulationen auszuschalten. Die Abgrenzung der Beiträge von den Spenden sei den Parteien weitgehend überlassen und könne von ihnen sehr unterschiedlich geregelt werden.

...

VI.

...

B.

I.

Die Anträge im Organstreitverfahren sind zulässig.

1. Der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht ist gegeben (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 BVerfGG).

2. Die Antragstellerin ist eine politische Partei, die sich seit ihrer Gründung im Januar 1980 regelmäßig an Landtags- und Bundestagswahlen beteiligt. Als solche ist sie im Organstreit parteifähig, wenn und soweit sie um Rechte kämpft, die sich aus ihrem besonderen, in Art. 21 GG umschriebenen verfassungsrechtlichen Status ergeben (BVerfGE 4, 27 [31]; 60, 53 [61]; ständige Rechtsprechung). Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat sind gemäß § 63 BVerfGG mögliche Antragsgegner.

3. Die Antragstellerin macht geltend, durch die im Antrag bezeichneten Bestimmungen des Änderungsgesetzes in ihren ihr durch das Grundgesetz übertragenen Rechten auf Wahrung der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der politischen Parteien verletzt zu sein. Der Erlaß dieses Gesetzes ist eine Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 20, 119 [129]; 24, 300 [329]).

4. Die Antragstellerin ist prozeßführungsbefugt; allerdings sind nicht alle von ihr vorgebrachten Rügen statthaft.

Politische Parteien können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die behauptete Verletzung ihres - in Art. 21 Abs. 1 GG umschriebenen - verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan im Organstreit geltend machen (BVerfGE 4, 27 [30 f.]; 44, 125 [137]; 60, 53 [61 f.]).

a) Zu diesem verfassungsrechtlichen Status gehört das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit, dessen Verletzung die Antragstellerin rügt. Dieses Recht ist zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich gewährleistet, ergibt sich aber aus der Bedeutung, die der in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Freiheit der Parteigründung und dem Mehrparteienprinzip für die freiheitliche Demokratie zukommt (BVerfGE 6, 273, [280]; 47, 198 [225]; 52, 63 [88]). In diesem Recht auf Gleichbehandlung kann die Antragstellerin verletzt sein, wenn die beanstandeten Vorschriften - wie sie behauptet und darlegt - sie gegenüber anderen Parteien benachteiligen. Sie ist daher befugt, die durch das Änderungsgesetz möglicherweise bewirkte Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit im Organstreit zu rügen (vgl. BVerfGE 20, 119 [130]).

b)...

c) Die weiteren von der Antragstellerin erhobenen Rügen sind hingegen nicht statthaft. Soweit sie geltend macht, § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG verletzten das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung, und beanstandet, daß Zuwendungen an parteilose Mandatsbewerber und Wählervereinigungen oder Rathausparteien nicht in die steuerliche Begünstigung einbezogen sind, verteidigt die Antragstellerin nicht eigene, ihr durch das Grundgesetz übertragene Rechte, sondern rügt die angebliche Verletzung der Rechte Dritter. Dazu ist sie nach § 64 Abs. 1 BVerfGG nicht befugt.

5. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat sind als Antragsgegner passiv prozeßführungsbefugt. Der Deutsche Bundestag hat das die beanstandeten Regelungen enthaltende Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze beschlossen. Der Bundesrat hat im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Kompetenzen an dem Erlaß des Änderungsgesetzes mitgewirkt (vgl. BVerfGE 20, 119 [131]; 20, 134 [142]) und die nach Art. 105 Abs. 3 GG erforderliche Zustimmung erteilt. Dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat gegenüber darf mithin zur Sache erkannt werden.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Die rechtzeitig erhobene Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG in der Fassung von Art. 4 Nr. 3 und Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983. Der Erlaß eines Gesetzes ist ein Akt "öffentlicher Gewalt" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG und deshalb grundsätzlich mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar (vgl. BVerfGE 12, 354 [361]; ständige Rechtsprechung).

2. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung eines in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechts. Er macht im wesentlichen geltend, die angegriffenen gesetzlichen Bestimmungen verletzten ihn in seinem durch Art. 3 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung. Eine Verletzung dieses Rechts erscheint - den Sachvortrag des Beschwerdeführers als richtig unterstellt - möglich.

3. Zur Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz gehört, daß der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffene Rechtsnorm in seinen Grundrechten betroffen sein kann.

a) Der Beschwerdeführer ist selbst betroffen. § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG in der Fassung des Änderungsgesetzes regeln unter anderem die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien. Sie gelten für alle Steuerpflichtigen, die solche Zuwendungen erbringen. Zu ihnen gehört der Beschwerdeführer, der durch diese Regelung in seinem Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung beeinträchtigt sein kann.

Soweit der Beschwerdeführer ferner einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 28 und 38 GG darin sieht, daß die Steuervergünstigung weder parteilosen Mandatsbewerbern noch Wählervereinigungen oder Rathausparteien mittelbar zugute kommt, sind seine Rügen hingegen unzulässig. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers läßt sich nicht entnehmen, daß er hierdurch selbst in eigenen Rechten verletzt sein könnte.

b) Der Beschwerdeführer ist durch die angegriffenen steuerrechtlichen Vorschriften - seit deren Inkrafttreten - gegenwärtig und unmittelbar in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung betroffen.

Zwar kann eine Verfassungsbeschwerde, wenn ein Gesetz zu seiner Durchführung rechtsnotwendig oder auch nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis einen besonderen Vollziehungsakt voraussetzt, in aller Regel nur gegen diesen Vollziehungsakt als den unmittelbaren Eingriff in die Rechte des Betroffenen erhoben werden (BVerfGE 1, 97 [102 ff.]). Als derartige Vollziehungsakte kommen hier die Steuerbescheide in Betracht, durch die die jeweils entstandene Einkommen- oder Körperschaftsteuer festgesetzt wird. Indessen fehlt die Befugnis, Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die zugrunde liegende Rechtsnorm zu erheben, nicht schon immer dann, wenn nach einfachem Recht ein ausführender Akt ergehen kann oder muß.

Der Begriff der unmittelbaren Grundrechtsbetroffenheit ist ein Begriff des Verfassungsprozeßrechts und im Lichte der Funktion dieser Verfahrensordnung zu erfassen. Daß nach einfachem Recht ein Vollzugsakt erforderlich ist, um für einzelne Adressaten der Norm individuell bestimmte Rechtsfolgen eintreten zu lassen, ist lediglich Anzeichen für ein denkbares Fehlen der unmittelbaren Grundrechtsbetroffenheit durch die Norm. Ob es ausschlaggebend ist, bedarf in jedem Fall der Überprüfung anhand des Verfassungsprozeßrechts (BVerfGE 70, 35 [51]; Beschluß vom 18. Dezember 1985 - 2 BvR 1167/84 u. a. - Umdruck S. 39 f.).

Im vorliegenden Verfahren ist eine unmittelbare Grundrechtsbetroffenheit des Beschwerdeführers gegeben. Der Beschwerdeführer rügt, daß durch § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften sehr viel größere Einflußmöglichkeiten eröffnet würden als Steuerpflichtigen, die - wie er - nur ein relativ niedriges Einkommen erzielten. Diese Wirkung entfalten die angegriffenen Vorschriften, ohne daß es dazu noch eines weiteren Vollzugsaktes bedürfte.

§ 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG zielen darauf ab, die finanzielle Unterstützung der politischen Parteien durch Beiträge und Spenden zu fördern. Zu diesem Zwecke werden Zuwendungen an die politischen Parteien steuerlich begünstigt. Die in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile sollen das Verhalten der Steuerpflichtigen schon vor der Steuerveranlagung beeinflussen (vgl. BVerfGE 6, 273 [279]). Werden Steuerpflichtige mit hohem Einkommen durch die Erweiterung der Abzugsgrenzen von Ausgaben für staatspolitische Zwecke zu großen Spenden veranlaßt, so erlangen sie den möglicherweise damit verbundenen, ins Gewicht fallenden Einfluß auf die begünstigte Partei bereits mit der Hingabe der Spende; die von dem Beschwerdeführer gerügte Grundrechtsverletzung tritt nicht erst mit der Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörden nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums ein, sondern wird unmittelbar durch die gesetzlichen Bestimmungen bewirkt, gegen die sich die Verfassungsbeschwerde richtet.

4. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegen; der Beschwerdeführer hat keine Möglichkeit, zur Abwehr der behaupteten Grundrechtsverletzung zunächst die Fachgerichte anzurufen.

Im Rahmen der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer oder des Lohnsteuer-Jahresausgleichs ergeht der an ihn gerichtete Steuerbescheid nicht nach Maßgabe von § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG, sondern in Anwendung des § 34 g EStG. Hinsichtlich des § 9 Nr. 3 KStG ergibt sich dies schon daraus, daß der Beschwerdeführer gemäß §§ 1, 2 KStG nicht körperschaftsteuerpflichtig ist. Soweit § 10 b EStG die Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien regelt, ist er nicht anzuwenden, weil der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen lediglich in der Lage ist, Spenden und Beiträge an politische Parteien bis zu den in § 34 g EStG bestimmten Höchstbeträgen zu leisten. § 10 b EStG erfaßt nach seinem Absatz 1 Satz 2 Spenden und Beiträge an politische Parteien erst, wenn sie die nach § 34 g EStG berücksichtigungsfähigen Beträge übersteigen. Auf die Gültigkeit der angegriffenen Vorschriften käme es mithin in einem vom Beschwerdeführer zur Überprüfung eines gegen ihn ergangenen Steuerbescheids betriebenen finanzgerichtlichen Verfahren nicht an.

Die vom Beschwerdeführer als verfassungswidrig beanstandeten Bestimmungen des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG sind gegenüber Steuerpflichtigen anwendbar, die in größerem Umfang als der Beschwerdeführer Beiträge und Spenden an politische Parteien leisten. Eine zumutbare Möglichkeit, diese Steuerbescheide im Finanzrechtswege anzugreifen oder anderweitigen fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen die gerügte Ungleichbehandlung zu erlangen, hat der Beschwerdeführer aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht.

C.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.

§ 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Nr. 3 Satz 1 KStG in den Fassungen von Art. 4 Nr. 3 und Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1577) sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke nach einem bestimmten Vomhundertsatz des Gesamtbetrages der Einkünfte, des Einkommens oder der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter bemessen und nicht auf einen für alle Steuerpflichtigen gleichen Höchstbetrag begrenzen, der 100.000 DM nicht überschreiten darf. Sie verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung.

I.

1. Das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung des Volkes äußert sich in einer lebendigen Demokratie nicht nur in der Stimmabgabe bei den Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den Prozeß der politischen Meinungsbildung. Dieses Gleichheitsrecht ist zu beachten, wenn die finanzielle Unterstützung politischer Parteien steuerlich begünstigt wird. Erläßt der Gesetzgeber solche Bestimmungen und wird dadurch dem Bürger die Einflußnahme auf das politische Geschehen erleichtert, so darf er das Recht des einzelnen auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung grundsätzlich nicht in der Weise beeinträchtigen, daß er bestimmten Bürgern eine größere Einflußnahme auf den Willensbildungsprozeß ermöglicht als anderen. Der Gesetzgeber ist zwar nicht gehalten, die auf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhenden unterschiedlichen Möglichkeiten der Bürger zur finanziellen Unterstützung von politischen Parteien auszugleichen; er darf indes die vorgegebenen Unterschiede auch nicht durch eine steuerliche Regelung verschärfen, die einen Teil der Bürger in gleichheitswidriger Weise bevorzugt (BVerfGE 8, 51 [68 f.]; 24, 300 [360]; 52, 63 [88]).

2. Nach § 10 b EStG in der Fassung des Änderungsgesetzes sind Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher, der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen, aber auch staatspolitischer Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abzugsfähig. Die Höhe des abzugsfähigen Betrages knüpft mithin in der 1. Alternative an die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG an. Auch nach § 9 Nr. 3 KStG sind abziehbare Aufwendungen Ausgaben zur Förderung der gleichen Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Einkommens oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter.

Eine § 10 b EStG weitgehend ähnliche Regelung war bereits Gegenstand des Urteils vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 [53]). Auch § 10 b EStG 1955 sah die Abzugsfähigkeit von Ausgaben für steuerbegünstigte Zwecke bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben vor; bei Ausgaben für staatspolitische Zwecke erhöhte sich der Vomhundertsatz von 5 um weitere 5 v. H. Diese Vorschrift hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts als mit dem Grundrecht des Bürgers auf Gleichheit nicht vereinbar angesehen und hierzu ausgeführt (BVerfGE 8, 51 [69]):

"Der Grundsatz der progressiven Besteuerung führt nun aber dazu, daß diejenigen Bürger, die durch Parteispenden von ihrem demokratischen Recht auf Teilhabe an der staatlichen Willensbildung Gebrauch machen, als Steuerzahler einen unterschiedlichen materiellen Vorteil erlangen. Da dem Geld bei den Wahlvorbereitungen eine bedeutende Rolle zukommt, und da eine Partei, die über große Geldmittel verfügt, unter Umständen eine wirksamere Propaganda entfalten kann als eine Partei mit geringeren finanziellen Mitteln, kann der Spender mit hohem Einkommen seiner politischen Meinung zu einer größeren Werbekraft verhelfen und damit seinem politischen Einfluß eine größere Wirkung verschaffen als der Spender mit kleinem Einkommen. Da bei Spenden an politische Parteien der Bezieher eines großen Einkommens einen absolut und relativ höheren Betrag an Steuern erspart als der Bezieher eines kleinen Einkommens, wird die politische Meinung des ersten sozusagen prämiiert. Eine solche, durch ein Gesetz geschaffene unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einflußnahme auf die politische Willensbildung je nach der Höhe des Einkommens verträgt sich aber nicht mit dem Grundsatz der formalen Gleichheit, der die Ausübung politischer Rechte in der freien Demokratie beherrscht."

An diesen Erwägungen hat der Senat in den Entscheidungen vom 3. Dezember 1968 (BVerfGE 24, 300 [358 f.]) und vom 24. Juli 1979 (BVerfGE 52, 63 [88 f.]) festgehalten und noch einmal hervorgehoben (BVerfGE 52, 63 [91]):

"Unzulässig wäre es dagegen insbesondere, einen bestimmten Prozentsatz der Einkünfte oder des Umsatzes als steuerlich abzugsfähig zu erklären oder die Grenzbeträge so hoch anzusetzen, daß die Einkommensteuerpflichtigen mit großem Einkommen und die Körperschaftsteuerpflichtigen unverhältnismäßig stärker begünstigt würden als die Einkommensteuerpflichtigen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen mit der Folge, daß zugleich die Parteien bevorzugt würden, die eine größere Anziehungskraft als andere Parteien auf kapitalkräftige Kreise ausüben."

Das Änderungsgesetz hat die Vorschriften über die steuerliche Begünstigung von Parteispenden (§ 10 b EStG, § 9 Nr. 3 KStG) jedoch in einen neuen Regelungszusammenhang eingeordnet, von dem die verfassungsrechtliche Würdigung nicht unbeeinflußt bleibt. Dabei verfolgt das Änderungsgesetz das verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandende Ziel, die Finanzierung der politischen Parteien durch die steuerliche Begünstigung von Beiträgen und Spenden zu stärken. Dem liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, angesichts von Schranken, die die Verfassung einer unmittelbaren staatlichen Parteienfinanzierung vorgibt, die Finanzierung durch Mittel aus privaten Quellen zu erleichtern. Für eine solche Neuregelung sprach auch, daß zunehmend Vereinigungen, denen die steuerliche Begünstigung von finanziellen Zuwendungen durch die Steuerpflichtigen nach dem früher geltenden Recht in sehr viel größerem Ausmaß zugute kam, auf das politische Geschehen einzuwirken suchen und insoweit zu den politischen Parteien in Wettbewerb treten. Dabei hielt es der Gesetzgeber zugleich für geboten, die Parteienfinanzierung für die Zukunft durch eine klare gesetzliche Regelung durchschaubarer zu gestalten und zweifelhafte Umwegfinanzierungen auszuschließen.

Der neue normative Zusammenhang, in den die steuerrechtlichen Vorschriften des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG nunmehr gestellt worden sind, sucht der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die verfassungsrechtlich gebotene Chancengleichheit der politischen Parteien zu gewährleisten und das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung zu wahren. Der Gesetzgeber hat diese Vorschriften um zwei Regelungen ergänzt, die die gewährten steuerlichen Erleichterungen auch verfassungsrechtlich in ein neues Licht zu rücken geeignet sind: Zum einen trifft § 34 g EStG eine Sonderregelung für die steuerliche Begünstigung von verhältnismäßig geringen Zuwendungen an politische Parteien; damit soll erreicht werden, daß jeder Bürger innerhalb eines gewissen Rahmens in vergleichbarer Weise an der für Parteispenden gewährten Steuerermäßigung teilhat (dazu im folgenden II.1. und 2.). Zum anderen findet gemäß § 22 a PartG ein Chancenausgleich statt, der den Vorteil ausgleichen soll, der Parteien mit relativ hohem Spenden- und Beitragsaufkommen aus dem staatlichen Steuerverzicht gegenüber Parteien mit geringerem Spenden- und Beitragsaufkommen erwächst (dazu im folgenden II.3.).

Überdies hat das Änderungsgesetz, um die Parteienfinanzierung durchschaubarer zu machen, die Pflicht der politischen Parteien, über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft zu geben (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG), in den neugefaßten §§ 23 ff. PartG präzisiert und deren Verletzung erschwert. So dürfen Wahlkampfkosten nicht erstattet und Chancenausgleichszahlungen nicht geleistet werden, solange ein den genannten Vorschriften entsprechender Rechenschaftsbericht nicht eingereicht worden ist (§ 23 Abs. 4 PartG). Hat eine Partei Spenden, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 20.000 DM übersteigt, entgegen § 25 Abs. 2 PartG nicht unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht veröffentlicht, so verliert sie gemäß § 23 a Abs. 1 Satz 1 PartG den Anspruch auf Erstattung der Wahlkampfkosten in Höhe des Zweifachen des nicht veröffentlichten Betrages. Auch können Spenden an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert 20.000 DM übersteigt, nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie nach § 25 Abs. 2 PartG im Rechenschaftsbericht verzeichnet worden sind (§ 10 b Abs. 2 Satz 2 EStG, § 9 Nr. 3 Satz 4 KStG).

II.

1. a) Nach § 34 g EStG ermäßigt sich bei Steuerpflichtigen, die Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke leisten, die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme des § 35 EStG, um 50 v. H. der Ausgaben, höchstens um 600 DM, im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens um 1.200 DM. Zuwendungen an politische Parteien führen mithin bei ledigen Steuerpflichtigen bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 DM und bei Verheirateten bis zu einem Betrag von 2.400 DM zu einer Verminderung der Einkommensteuerschuld in Höhe von jeweils der Hälfte der geleisteten Ausgaben. Erst die über diese Höchstbeträge hinausgehenden Zuwendungen an politische Parteien sind als Sonderausgaben abzugsfähig (§ 10 b Abs. 1 Satz 2 EStG). Ein Wahlrecht zwischen dem Abzug der Zuwendungen von der Steuer nach § 34 g EStG und dem Sonderausgabenabzug nach § 10 b Abs. 1 EStG besteht nicht (vgl. Abschnitt 112 Abs. 1 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien).

Durch die Regelung des § 34 g EStG, von der der Großteil der Mitgliedsbeiträge erfaßt wird, werden alle Einkommensteuerpflichtigen in gleichem Maße begünstigt. Der Höchstbetrag von 1.200 DM bzw. 2.400 DM gestattet es der weit überwiegenden Mehrzahl der Bürger mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten in gleicher Weise an der Steuerermäßigung teilzuhaben.

b) Soweit Spenden die nach § 34 g EStG berücksichtigungsfähigen Beträge übersteigen und nach § 10 b EStG als Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke geltend gemacht werden können, führen sie zu einer Verringerung des zu versteuernden Einkommens, nach dessen Höhe sich die zu entrichtende Steuer bemißt. Da der Einkommensteuertarif progressiv ausgestaltet ist und der Sonderausgabenabzug nach § 10 b EStG sich mit dem Grenzsteuersatz auswirkt, kann der staatliche Steuerverzicht je nach der Höhe des zu versteuernden Einkommens bis zu 56 v. H. der steuerbegünstigten Zuwendungen ausmachen (§ 32 a Abs. 1 EStG); bei der Körperschaftsteuer beträgt er 56 v. H. (§ 23 Abs. 1 KStG); weitere Steuervorteile bei der Bemessung anderer einkommensabhängiger Steuern können hinzutreten. Die Steuerpflichtigen ersparen also jeweils den Betrag, den sie mehr an Steuern hätten abführen müssen, wenn sie die Zuwendung nicht geleistet hätten.

c) Die dargestellten Regelungen führen - auch in ihrem Zusammenspiel - zu erheblichen Unterschieden bei den für Zuwendungen an Parteien gewährten Steuervergünstigungen im Einkommensteuerrecht. Dies zeigen die folgenden Berechnungsbeispiele:

Ein lediger Steuerpflichtiger, dessen Gesamtbetrag der Einkünfte sich auf 18.000 DM beläuft, hat zunächst die Möglichkeit, von der Steuerermäßigung des § 34 g EStG Gebrauch zu machen. Um diesen Steuervorteil voll auszuschöpfen, muß er politischen Parteien 1.200 DM zuwenden, wodurch sich seine Einkommensteuerschuld um 600 DM verringert. Darüber hinausgehende Spenden kann er bis zu 900 DM (5 v. H. des Gesamtbetrags seiner Einkünfte) als Sonderausgaben absetzen. Ob und gegebenenfalls wie sich dieser Betrag letztlich auf die Steuerschuld des einzelnen auswirkt, richtet sich nach der Höhe der sonstigen Sonderausgaben und der außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG sowie der vom Einkommen abzuziehenden Beträge im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG. Auf jeden Fall sind vom Gesamtbetrag der Einkünfte der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 270 DM (§ 10 c Abs. 1 EStG) und der Vorsorge-Pauschbetrag von 300 DM (§ 10 c Abs. 2 EStG) abzuziehen. Ein lediger Steuerpflichtiger mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 18.000 DM kann danach höchstens ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 17.430 DM haben. Hierfür beträgt die tarifliche Einkommensteuer nach der Einkommensteuer-Grundtabelle für 1986 und 1987 (Anlage 3 zu Art. 1 Nr. 30 des Steuersenkungsgesetzes 1986/1988 vom 26. Juni 1985 - BGBl I S. 1153 [1203]) 2.827 DM. Die gemäß § 10b EStG abzugsfähige Zuwendung von 900 DM führt zu einem zu versteuernden Einkommen von 16.800 DM und damit zu einer tariflichen Einkommensteuer von 2.696 DM. Die als Sonderausgabe abzugsfähige Spende von 900 DM erbringt somit dem Steuerpflichtigen höchstens einen Steuervorteil in Höhe von 131 DM. Zusammen mit der sich auf 600 DM belaufenden Steuerermäßigung nach § 34 g EStG erlangt der Steuerpflichtige eine Steuervergünstigung in Höhe von 731 DM.

Legt man dieser Berechnung einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 50.000 DM, 100.000 DM oder 1 Mio. DM zugrunde, so ergibt sich folgendes Bild:

 

Zuwendung an poli-

 
 

tische Parteien

 

Gesamtbetrag

steuerlich wirksam

Steuervorteil

der Einkünfte

(§ 34g und

höchstens

 

§ 10b EStG)

 
 

bis zu

 

   

18,000,-- DM

2.100,-- DM

731,-- DM

50.000,-- DM

3.700,-- DM

1.603,-- DM

100.000,-- DM

6.200,-- DM

3.129,-- DM

1 Mio. DM

51.200,-- DM

28.421,-- DM

Diese Beispiele gehen davon aus, daß sich die Höhe der gemäß § 10 b EStG abzugsfähigen Aufwendungen für staatspolitische Zwecke nach der Begrenzung auf 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG) bemißt. Anstelle dieses Vomhundertsatzes des Gesamtbetrags der Einkünfte kann der Steuerpflichtige den Anteil von 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter wählen (vgl. Abschnitt 113 Abs. 2 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien). In welcher Höhe Zuwendungen an politische Parteien hiernach abzugsfähig sind, und welche Steuervorteile sich für einen Steuerpflichtigen ergeben, wenn er von dieser Wahlmöglichkeit Gebrauch macht, richtet sich nach der Höhe der Umsätze, Löhne und Gehälter.

d) Für den thesaurierten Gewinn einer Körperschaft beträgt die Körperschaftsteuer gemäß § 23 Abs. 1 KStG 56 v. H. des zu versteuernden Einkommens. Die gemäß § 9 Nr. 3 KStG bis zur Höhe von insgesamt 5 v. H. des Einkommens oder 2 v.T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter abzugsfähigen Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke führen damit zu einem Steuervorteil in Höhe von 56 v. H. der abzugsfähigen Zuwendung.

2. a) Dieses Ausmaß unterschiedlicher steuerlicher Begünstigung steht mit dem Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung nicht in Einklang. Indem § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG an einen bestimmten Vomhundertsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. des Einkommens anknüpfen, hindern sie Steuerpflichtige auch dann, wenn sie einer Partei einen diesen Vomhundertsatz übersteigenden Betrag zu spenden in der Lage und willens sind, an dessen steuerlicher Geltendmachung. Damit werden - wie die dargestellten Beispiele zeigen - von Gesetzes wegen verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbare Differenzierungen zwischen den Beziehern großer und kleiner Einkünfte geschaffen.

b) Die Ungleichbehandlung wird noch dadurch verstärkt, daß sowohl § 10 b EStG als auch § 9 Nr. 3 KStG die Möglichkeit eröffnen, statt bis zu einer Höhe von 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte oder des Einkommens Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke bis zu insgesamt 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich geltend zu machen. Den unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen wird also eine Wahlmöglichkeit eingeräumt, von der andere Steuerpflichtige, die keine Umsätze erzielen und keine Löhne und Gehälter aufwenden, nicht Gebrauch machen können. Damit werden Einkommensteuerpflichtige, deren Gesamtbetrag der Einkünfte gleich hoch ist, unterschiedlich behandelt; einem Teil von ihnen wird, falls sie sich für die Berechnung nach der Höhe ihres erzielten Umsatzes und der Lohn- und Gehaltssumme entscheiden, ermöglicht, sehr viel höhere Zuwendungen an politische Parteien steuerbegünstigt zu leisten als den übrigen Steuerpflichtigen mit einem der Höhe nach gleichen Gesamtbetrag der Einkünfte. Für ein derartiges, nur einem bestimmten Kreis von Steuerpflichtigen eingeräumtes Wahlrecht ist jedenfalls im Bereich der Bürgerteilhabe an der politischen Willensbildung kein Raum.

c) Die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien auf 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte bzw. des Einkommens oder wahlweise auf 2 v. T. der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter führt mithin zu einer krassen Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen. Bürger mit einem hohen Einkommen werden in die Lage gesetzt, an politische Parteien ungleich höhere Zuwendungen steuerwirksam zu leisten als Bürger mit geringeren Einkünften. Das ist mit dem Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung nicht vereinbar; der Grundsatz der Bürgergleichheit verlangt jedenfalls, daß allen Bürgern in gleicher Weise die Möglichkeit offensteht, die steuerliche Begünstigung der von ihnen erbrachten Zuwendungen und den damit für sie verbundenen Steuervorteil in Anspruch zu nehmen.

d) Die politischen Parteien werden herkömmlich nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von Personenvereinigungen und juristischen Personen finanziell unterstützt, die insoweit für die in ihnen zusammengeschlossenen und durch gemeinsame Interessen verbundenen Bürger handeln. Dies nimmt das Grundgesetz als eine geläufige Form tatsächlicher politischer Interessenwahrnehmung hin (BVerfGE 20, 56 [105]). Im Hinblick darauf bezieht § 9 Nr. 3 KStG - wie bisher - auch die Körperschaften und Personenvereinigungen in die steuerliche Begünstigung von Zuwendungen an politische Parteien ein. Daran war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert. Zwar können Mitglieder einer Partei nur natürliche Personen sein (§ 2 Abs. 1 Satz 2 PartG). Darauf kommt es aber in diesem Zusammenhang ebensowenig an wie darauf, ob der einzelne Steuerpflichtige, der sich zu einer Spende an eine Partei entschließt, Mitglied dieser Partei ist (BVerfGE 24, 300 [360]). Die rechtliche Möglichkeit, eine politische Partei finanziell zu unterstützen, ist auch nicht an das Wahlrecht geknüpft; sie steht auch natürlichen Personen offen, die gemäß §§ 12, 13 Bundeswahlgesetz nicht wahlberechtigt sind.

Für die Einbeziehung der Körperschaftsteuerpflichtigen in die steuerliche Begünstigung von Zuwendungen an politische Parteien sprach auch, daß ein Ausschluß der Körperschaftsteuerpflichtigen von den Steuerabzugsmöglichkeiten einen Anreiz zu Umgehungen und Umwegfinanzierungen gesetzt hätte, denen der Gesetzgeber mit der Neuregelung um der Durchschaubarkeit der Parteienfinanzierung willen gerade entgegenwirken wollte; das Ziel, durch eine größere Transparenz der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien dem Bürger offenzulegen, welche Gruppen, Unternehmen, Verbände oder Einzelpersonen welche Parteien durch größere Zuwendungen unterstützen, würde weitgehend verfehlt.

3. Der durch die unterschiedlichen Abzugsgrenzen für finanzielle Zuwendungen an die politischen Parteien bewirkte Verstoß gegen das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung wird durch den in § 22 a PartG geregelten Chancenausgleich gemildert, aber nicht aufgehoben.

a) Gemäß § 22 a Abs. 1 PartG erhalten Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der letzten vor dem 31. Dezember (Stichtag) liegenden Bundestagswahl mindestens 0,5 v. H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben, jährlich einen Betrag als Chancenausgleich. Der Chancenausgleich wird den Parteien gewährt, deren im Rechenschaftsbericht des vorausgegangenen Kalenderjahres ausgewiesenes Spenden- und Beitragsaufkommen im Verhältnis zu der Zahl der von ihnen gewonnenen Zweitstimmen hinter dem der Partei mit dem höchsten Spenden- und Beitragsaufkommen je Zweitstimme zurückbleibt (§ 22 a Abs. 2 PartG). Auf diese Weise soll der Vorteil, der den Parteien mit relativ hohem Spenden- und Beitragsaufkommen aus der Steuerbegünstigung erwächst, nach dem Verhältnis des Wähleranteils der Parteien bei der letzten Bundestagswahl in Höhe von 40 v. H. der Zuwendungen ausgeglichen werden (vgl. Bericht des Innenausschusses vom 29. November 1983 - BT-Drucks. 10/697, S. 8).

b) Der so ausgestaltete Chancenausgleich hat allerdings zur Folge, daß die von dem Spender oder Beitragszahler erbrachte Zuwendung, soweit sie Chancenausgleichszahlungen auslöst, nicht nur der Partei, der sie zugedacht ist, sondern indirekt auch anderen Parteien zugute kommt, an deren finanzieller Förderung dem Spender oder Beitragszahler möglicherweise gerade nicht gelegen ist. Dadurch wird indes das Recht des Bürgers, im Rahmen seiner Teilhabe an der politischen Willensbildung frei zu entscheiden, welche Partei er finanziell unterstützen will, nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt.

Das Grundgesetz hat in Art. 21 GG die politischen Parteien als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt; es setzt politische Parteien voraus, die dieser Aufgabe, getragen von der Bereitschaft der Bürger, sie auch finanziell zu unterstützen, gerecht werden können. Wenn der Gesetzgeber sich entschließt, Zuwendungen an politische Parteien durch steuerliche Vergünstigungen zu erleichtern, und dabei ergänzend eine Regelung trifft, die eine ins Gewicht fallende Veränderung der vorgefundenen Wettbewerbslage der politischen Parteien vermeiden soll, so ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Freiheit der politischen Betätigung der Bürger, die durch die vom Grundgesetz verfaßte Demokratie konstituiert und gewährleistet wird, erleidet dadurch keine Einschränkung. Diese Freiheit umfaßt nicht einen Anspruch darauf, daß vom Staat gewährte Steuervergünstigungen für Beiträge und Spenden an politische Parteien unter Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit nur der Partei - mittelbar - zugute kommen, die der Bürger unterstützt.

c) Der Chancenausgleich mildert die mit der unterschiedlichen Bemessung der Abzugsgrenzen für Zuwendungen an die politischen Parteien verbundene Beeinträchtigung des Rechts der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung, hebt sie aber nicht auf. Soweit größere Spenden an eine Partei zu Ausgleichszahlungen an andere Parteien führen, kann der Spender nicht mehr mit dem unmittelbar ihm zufließenden Steuervorteil gerade seiner politischen Meinung bei der Willensbildung des Volkes zu einer größeren Werbekraft verhelfen; insoweit wird also die politische Meinung des Beziehers eines großen Einkommens nicht mehr "prämiiert" im Sinne der Entscheidung vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 [69]).

Die mit der Gewährung von großen Spenden verbundene Einflußmöglichkeit auf die politische Willensbildung erschöpft sich jedoch nicht darin, daß ein Spender, der die - gleichsam als vorgegeben gedachten - politischen Auffassungen einer Partei teilt, mit der Spende zugleich seiner persönlichen politischen Meinung zu einer größeren Werbekraft verhilft. Eine solche Spende kann auch dazu führen, daß der Spender einen mehr oder minder großen Einfluß auf politische Entscheidungen der von ihm bedachten Partei erlangt (vgl. BVerfGE 24, 300 [360 f.]).

Die erweiterte Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien erleichtert es Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen, ihre Spende erheblich zu erhöhen. Die Möglichkeit einer Einflußnahme wächst tendenziell mit der Höhe der gewährten Steuervergünstigung. Die die Steuerlast mindernde Spende verbleibt in voller Höhe der Partei, der sie zugedacht ist. Der Staat trägt also durch die von ihm gewährte Steuerermäßigung je nach dem Ausmaß, das sie erreicht, möglicherweise dazu bei, daß einzelne Steuerpflichtige mit Hilfe des in ihrer Zuwendung enthaltenen Steuervorteils die Empfängerpartei in ihrem Sinne beeinflussen können. Zwar gewährleistet Art. 21 GG den Parteien keinen absoluten Schutz vor dem Versuch politischer Einflußnahme durch große Spenden. Das Grundgesetz begegnet den mit solchen Spenden möglicherweise verbundenen Gefahren durch das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben. Damit stellt das Grundgesetz sicher, daß große Spenden an die politischen Parteien nicht anonym bleiben und daß auf diese Weise nicht unerkannt Einfluß auf die politische Willensbildung genommen wird. Im übrigen überläßt es das Grundgesetz der Verantwortung der Parteien, einem auf sie eindringenden sachwidrigen Druck zu widerstehen (vgl. BVerfGE 20, 56 [105]; 52, 63 [86f.]; sowie jetzt § 25 Abs. 1 Nr. 6 PartG). Indessen folgt daraus nicht, daß der Staat durch die steuerliche Begünstigung von Spenden die Entstehung solcher Gefahrenlagen fördern dürfte. Vielmehr ist eine steuerliche Regelung, die Steuerpflichtige durch den ihnen zugute kommenden staatlichen Steuerverzicht in die Lage versetzt, einen bestimmenden Einfluß auf politische Entscheidungen einer Partei auszuüben, mit dem Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung nicht vereinbar.

III.

Zieht man all dies in Betracht, so war der Gesetzgeber im Rahmen der durch das Änderungsgesetz geschaffenen Rechtslage nicht gehindert, die Steuerbegünstigung von Zuwendungen an politische Parteien erheblich auszuweiten. Jedoch genügt - wie sich ergeben hat - die in § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG getroffene Regelung auch im Blick auf die sie abschirmenden Vorschriften des § 34 g EStG und des § 22 a PartG nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen des Rechts des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung. Dieses verlangt vielmehr eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an die politischen Parteien auf einen für alle Steuerpflichtigen gleichen Höchstbetrag, da nur so ausgeschlossen werden kann, daß einzelne Bürger kraft staatlicher Förderung einen bestimmenden Einfluß auf die von ihnen unterstützte Partei erlangen. Dadurch verlieren zugleich im Hinblick auf eine progressionsabhängig unterschiedliche Förderung durch staatlichen Steuerverzicht noch verbleibende Ungleichheiten zwischen den Bürgern ihre verfassungsrechtliche Relevanz.

Der Höchstbetrag ist im Hinblick auf die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zu bestimmen, die durch ihre Repräsentanten in Parlament und Regierung wie als Opposition unmittelbar an der für alle Bürger verbindlichen staatlichen Willensbildung beteiligt sind. Unter diesem Blickpunkt hält der Senat eine steuerliche Begünstigung von Spenden bis zu 100.000 DM noch für verfassungsrechtlich zulässig, eine darüber hinausgehende Förderung jedoch mit dem Grundsatz der gleichen Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung nicht mehr für vereinbar.

D.

Die Anträge im Organstreit sind unbegründet.

Die Antragstellerin wird durch die Erweiterung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke und die Einführung des Chancenausgleichs weder in ihren aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit der politischen Parteien fließenden Rechten und Pflichten noch in ihrem Recht auf Chancengleichheit beeinträchtigt.

I.

Gegen die direkten Zahlungen aus dem Staatshaushalt an die ausgleichsberechtigten Parteien im Rahmen des Chancenausgleichs lassen sich aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit der politischen Parteien durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht herleiten.

1...

2...

II.

Die Antragstellerin rügt ferner eine Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit. Sie spreche die kapitalkräftigen Kreise nicht an und werde daher durch die in § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG getroffenen Regelungen gegenüber anderen Parteien, die von Großspendern unterstützt würden, erheblich benachteiligt. Der in § 22 a PartG vorgesehene Chancenausgleich auf der Grundlage einer angenommenen Steuersubvention von 40 v. H. vermöge die Chancengleichheit der Parteien nicht zu wahren.

1. Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit ist zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich statuiert, ergibt sich aber aus der Bedeutung, die der Freiheit der Parteigründung und dem Mehrparteienprinzip für die freiheitliche Demokratie zukommt (BVerfGE 47, 198 [225]; ständige Rechtsprechung). Wenn die öffentliche Gewalt in den Bereich der politischen Willensbildung in einer Weise eingreift, daß dadurch die Chancengleichheit der politischen Parteien betroffen wird, sind ihrem Ermessen besonders enge Grenzen gezogen (BVerfGE 8, 51 [64 f.]; 24, 300 [341]; 44, 125 [146]). Insbesondere darf der Gesetzgeber die vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt einerseits nicht, vorgegebene Unterschiede auszugleichen mit dem Ziel, eine Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Er verwehrt es dem Gesetzgeber andererseits, durch finanzielle Zuwendungen bestehende faktische Ungleichheiten der Wettbewerbschancen zu verschärfen (BVerfGE 52, 63 [89]).

Der Grundsatz der Chancengleichheit beherrscht nicht nur den Wahlvorgang selbst; er gilt auch für den Wettbewerb der politischen Parteien um die Erlangung von Spenden (BVerfGE 52, 63 [89]). Wenn der Gesetzgeber sich dazu entschließt, Beiträge und Spenden an politische Parteien als steuermindernd anzuerkennen, so darf diese Regelung weder zu einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Begünstigung oder Benachteiligung einer bestimmten Partei oder Parteiengruppe noch zu einer Verschärfung bestehender faktischer Ungleichheiten der Wettbewerbschancen bei der Erlangung von Zuwendungen führen. Beides ist hier nicht der Fall.

2. a) Stünde sie isoliert, würde die in § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG enthaltene Regelung der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien bevorzugt Parteien zugute kommen, die eine größere Anziehungskraft auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften ausüben als andere Parteien; sie verstieße dann gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien (vgl. BVerfGE 8, 51 [65 ff.]; 24, 300 [358]; 52, 63 [91]). Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (vgl. Bericht des Innenausschusses vom 29. November 1983 - BT-Drucks. 10/697, S. 8). Durch den in § 22 a PartG geregelten Chancenausgleich wird ein solcher Verfassungsverstoß vermieden. Bei der Berechnung des Chancenausgleichs werden zunächst die Mitgliedsbeiträge und Spenden jeder Partei anhand ihrer jährlichen Rechenschaftsberichte zusammengezählt und aus den Gesamtsummen mit einem angenommenen Anteil von 40 v. H. die jeweils unterschiedlich hohen Beträge errechnet, die ihren Beitragszahlern und Spendern als staatliche Steuervergünstigung gewährt worden sind. Die Partei, der im Verhältnis zu ihren Wählerstimmen bei der letzten Bundestagswahl die relativ höchste Steuerbegünstigung durch die ihr zugeflossenen Beiträge und Spenden mittelbar zugute gekommen ist, wird zur sogenannten Maßstabspartei. Der für sie ermittelte Begünstigungsquotient wird sodann auf die anderen Parteien übertragen. Sie erhalten den Differenzbetrag aus öffentlichen Mitteln.

Diese Regelung ist unter dem Blickwinkel der Chancengleichheit der politischen Parteien nicht zu beanstanden. Der so ausgestaltete Chancenausgleich verfälscht die vorgefundene Wettbewerbslage nicht, da er das unterschiedlich hohe Beitrags- und Spendenaufkommen der Parteien nicht antastet. § 22 a PartG begünstigt oder benachteiligt weder eine bestimmte Partei oder Parteiengruppe noch verschärft er die vorgegebenen Ungleichheiten der Wettbewerbschancen; er gleicht lediglich zwischen den Parteien die unterschiedliche Auswirkung der steuerlichen Begünstigung der Mitgliedsbeiträge und Spenden aus, die beide in gleicher Weise steuerlich berücksichtigt werden.

b) § 22 a Abs. 2 PartG geht davon aus, daß ein Anteil von 40 v. H. der den Parteien zufließenden Beiträge und Spenden dem Betrag entspricht, der infolge der Steuerbegünstigung den Parteien mittelbar zugute kommt. Die Antragstellerin hält diese Annahme für unzutreffend. Bei den Großspendern, die der Chancenausgleich in erster Linie im Auge habe, sei regelmäßig von einem Spitzensteuersatz von 56 v. H. auszugehen; im Körperschaftsteuerrecht müsse ebenfalls ein Steuerbelastungsanteil von 56 v. H. für thesaurierte Einkommen zugrunde gelegt werden. Ferner seien die Auswirkungen auf die Kirchensteuer zu berücksichtigen. In Anbetracht dessen sei der Anteil des Steuerverzichts an dem Beitrags- und Spendenaufkommen mit 40 v. H. viel zu niedrig bemessen und schon deshalb nicht geeignet, die Wettbewerbsgleichheit wieder herzustellen. Diese Argumentation verkennt die Wirkungsweise des Chancenausgleichs.

Zwar trifft es zu, daß die Steuervergünstigung, die ein Einkommensteuerpflichtiger für eine gemäß § 10 b EStG abzugsfähige Zuwendung an eine politische Partei erhält, sich wegen der progressiven Gestaltung des Einkommensteuertarifs nach seinem Grenz- oder Spitzensteuersatz bemißt, und daß sie im Körperschaftsteuerrecht 56 v. H. beträgt (§ 23 Abs. 1 KStG). § 22 a PartG knüpft jedoch nicht unmittelbar an diese steuerrechtlichen Tatbestände an. Berechnungsgrundlage ist vielmehr die Summe der den politischen Parteien in einem Kalenderjahr tatsächlich zugeflossenen Beiträge und Spenden. § 22 a Abs. 2 PartG geht bei der Berechnung der Chancenausgleichszahlungen nicht von dem von den steuerpflichtigen Spendern jeweils erzielten Steuervorteil, sondern von dem Gesamtaufkommen an Beiträgen und Spenden aus und läßt dabei außer Betracht, ob und in welcher Weise sich diese Zuwendungen bei den einzelnen Spendern und Beitragszahlern steuermindernd ausgewirkt haben. Diese ließe sich den Rechenschaftsberichten der Parteien auch gar nicht entnehmen.

In welchem Ausmaß die §§ 10 b, 34 g EStG, § 9 Nr. 3 KStG künftig zu einer mittelbaren Förderung der politischen Parteien führen würden und welchen Anteil der Steuerverzicht am gesamten Beitrags- und Spendenaufkommen der Parteien ausmachen werde, ließ sich bei Erlaß des Änderungsgesetzes nicht exakt voraussehen. Wie sich das Verhältnis des Steuerverzichts zum gesamten Beitrags- und Spendenaufkommen der politischen Parteien entwickeln werde, war ungewiß und ließ sich nur abschätzen. Das hinderte den Gesetzgeber indes nicht, die beanstandete Regelung zu treffen.

Die Ungewißheit über die Auswirkungen eines Gesetzes schließt die Befugnis des Gesetzgebers, ein Gesetz zu erlassen, nicht aus, auch wenn dieses von großer Tragweite ist. Andererseits begründet eine solche Ungewißheit nicht schon als solche einen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nicht zugänglichen Prognosespielraum des Gesetzgebers (BVerfGE 50, 290 [332 f.]). Prognosen enthalten ein Wahrscheinlichkeitsurteil, dessen Grundlagen ausgewiesen werden können und müssen; diese sind einer Beurteilung nicht entzogen. Im einzelnen hängt die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers von Faktoren verschiedener Art ab, im besonderen von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Rechtsgüter. Im vorliegenden Zusammenhang hat der Gesetzgeber angenommen, daß die steuerrechtlichen Regelungen der §§ 10 b, 34 g EStG, § 9 Nr. 3 KStG bei den begünstigten Parteien zu einer mittelbaren staatlichen Förderung durch Steuerverzicht in Höhe von etwa 40 v. H. aller Zuwendungen führen würden. Dies wäre nur dann verfassungsrechtlich zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber mit dieser Annahme den von Verfassungs wegen an seine Prognose zu stellenden Anforderungen nicht gerecht geworden wäre. Das ist zu verneinen.

Der Anteil des den politischen Parteien mittelbar zugute kommenden Steuerverzichts an dem Beitrags- und Spendenaufkommen insgesamt hängt davon ab, inwieweit die Beiträge und Spenden überhaupt und in welchem Ausmaß sie steuerlich wirksam geworden sind. Zwar sind Beiträge und Spenden als Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke steuerlich berücksichtigungsfähig. Steuerlich auswirken können sich diese Zuwendungen jedoch nur bei Personen, die zur Einkommen- oder Lohnsteuer herangezogen werden. Das ist nicht oder nur sehr beschränkt der Fall bei denjenigen, die ganz oder überwiegend steuerfreie Einnahmen im Sinne des § 3 EStG erzielen. Ähnliches gilt für Rentenbezieher der gesetzlichen Rentenversicherung, die diese Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG nur mit dem sogenannten Ertragsanteil versteuern. Inwieweit Mitgliedsbeiträge und Kleinspenden von diesem Personenkreis stammen, ist offen. Nicht zur Einkommensteuer zu veranlagende Lohnsteuerpflichtige (§ 46 EStG) erhalten eine Steuervergünstigung gemäß § 34 g EStG nur dann, wenn sie einen Lohnsteuer-Jahresausgleich beantragen. Dies geschieht erfahrungsgemäß nicht in allen in Betracht kommenden Fällen.

Aber auch bei zur Einkommensteuer zu veranlagenden Steuerpflichtigen mag sich eine gemäß § 10 b EStG abzugsfähige Spende nicht oder nur mit einem geringen Steuervorteil auswirken. So wird eine über die Grenzen des § 34 g EStG hinausgehende und deshalb nach § 10 b EStG abzugsfähige Zuwendung steuerlich nur dann wirksam, wenn sie - zumindest mit anderen Sonderausgaben - den Sonderausgaben-Pauschbetrag von 270 DM (§ 10 c Abs. 1 EStG) übersteigt. Steuerpflichtigen, deren Gesamtbetrag der Einkünfte in hohem Maße um Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen (vgl. § 2 Abs. 4 EStG) oder um abzugsfähige Beträge im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG zu mindern ist, und deren zu versteuerndes Einkommen dadurch in den Bereich oder in die Nähe der unteren Proportionalzone (§ 32 a Abs. 1 Nr. 2 EStG) gerät, kommt die durch § 10 b EStG gewährte Steuervergünstigung nur auf der Grundlage eines niedrigen Grenzsteuersatzes zugute, so daß sie auch unter Einbeziehung der Steuerermäßigung nach § 34 g EStG - bezogen auf die Gesamtaufwendungen - nur einen geringen Steuervorteil erlangen.

Soweit Zuwendungen die Abzugsgrenze für Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke übersteigen, werden sie ebenfalls steuerlich nicht wirksam, so daß auch hierdurch der Anteil des Steuerverzichts an dem Spenden- und Beitragsaufkommen sinkt. Es war auch ungewiß, in welchem Ausmaß Einkommensteuerpflichtige aus den verschiedenen Einkommensgruppen von der Möglichkeit des § 10 b EStG Gebrauch machen und inwieweit hierzu Steuerpflichtige mit hohen Einkünften zählen würden.

Im Körperschaftsteuerrecht gilt nicht für alle Körperschaftsteuerpflichtigen ein Steuersatz von 56 v. H. (§ 23 Abs. 1 KStG). Gemäß § 23 Abs. 2 KStG ermäßigt sich bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 KStG die Körperschaftsteuer auf 50 v. H. Im übrigen hat sich auch den Rechenschaftsberichten der politischen Parteien nicht entnehmen lassen, ob Körperschaftsteuerpflichtige mit einem beachtenswerten Anteil am Spendenaufkommen der politischen Parteien beteiligt waren.

Nach alledem war nicht genau abzuschätzen, welchen Anteil der staatliche Steuerverzicht an dem gesamten Beitrags- und Spendenaufkommen ausmachen werde. Dies hing von einer Reihe schwer übersehbarer Umstände und dem nicht mit Gewißheit vorhersehbaren Verhalten der Spender ab. Der Gesetzgeber hat angenommen, daß der Anteil des Steuerverzichts an dem Beitrags- und Spendenaufkommen sich auf 40 v. H. belaufen werde. Dabei ist er dem Vorschlag der vom Bundespräsidenten eingesetzten Sachverständigenkommission gefolgt (vgl. Bericht des Innenausschusses vom 29. November 1983 - BT-Drucks. 10/697, S. 8), die der Auffassung war, daß ein fiktiver Steuersatz von 40 v. H. der Realität nahekomme (s. hierzu den Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung - Beilage Nr. 25 zum Bundesanzeiger Nr. 97 vom 26. Mai 1983, S. 204). Für diese Annahme sprachen gute Gründe, die durch den Vortrag der Antragstellerin nicht entkräftet werden. Dafür, daß die getroffene Regelung zu einer ins Gewicht fallenden Verzerrung der Wettbewerbschancen der politischen Parteien führen werde, bestand kein Anhalt. Eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Chancengleichheit ist auch unter diesem Blickpunkt nicht ersichtlich.

Diese Feststellung enthebt den Gesetzgeber allerdings nicht der Pflicht, die Richtigkeit seiner Prognose an den tatsächlichen Auswirkungen des Änderungsgesetzes zu messen, sich die dafür notwendigen statistischen Daten zu verschaffen und den in § 22 a Abs. 2 PartG festgelegten Prozentsatz, falls erforderlich, zu korrigieren (vgl. BVerfGE 49, 89 [130 ff.]; 56, 54 [79]; 57, 139 [162]). Dabei wird er zu beachten haben, daß sein Gestaltungsspielraum in diesem Bereich besonders eng bemessen ist.

c) ...

III.

...

E.

1. § 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG und § 9 Nr. 3 Satz 1 KStG in den Fassungen von Art. 4 Nr. 3 und Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 sind, soweit sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte, des Einkommens oder der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter bemessen und nicht auf einen für alle Steuerpflichtigen gleichen Höchstbetrag von 100.000 DM begrenzen, mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar; sie verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Eine (Teil-)Nichtigerklärung scheidet mit Rücksicht auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers aus, weil mehrere Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes bestehen (vgl. BVerfGE 61, 43 [68], mit weiteren Nachweisen). Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben, in welcher Weise der Verstoß gegen den Grundsatz der gleichen Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung geheilt werden soll. Innerhalb der ihm vorgegebenen Grenzen wird der Gesetzgeber zu bestimmen haben, in welcher Höhe Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke abzugsfähig sein sollen. Ob dieser für jeden Steuerpflichtigen gleiche Höchstbeträge künftighin gesondert neben Ausgaben zur Förderung der anderen durch § 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG steuerbegünstigten Zwecke abzugsfähig sein soll, steht im Ermessen des Gesetzgebers. Im Hinblick auf diesen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers scheidet hier eine Nichtigerklärung der angegriffenen Normen aus (vgl. BVerfGE 28, 227 [242 f.]; 61, 43 [68]; 62, 374 [391]; ständige Rechtsprechung). Die Entscheidung ist daher auf die Feststellung der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu beschränken.

Werden Normen mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt, hat dies grundsätzlich zur Folge, daß sie in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden dürfen (BVerfGE 37, 217 [261]; 55, 100 [110]; 61, 319 [356]). Im vorliegenden Fall ist es geboten, für die Zeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung eine Übergangsregelung zu treffen. Dadurch wird verhindert, daß ein rechtliches Vakuum entsteht und bei den betroffenen Steuerpflichtigen wie bei den Behörden Unsicherheit über die Rechtslage herrscht (vgl. BVerfGE 37, 217 [261]).

§ 10 b EStG und § 9 Nr. 3 KStG sind im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung (§ 165 AO; BVerfGE 61, 319 [357]) mit der Maßgabe anzuwenden, daß Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke für jeden Steuerpflichtigen - unter Wegfall der Begrenzungen auf die bisher vorgesehenen Vomhundertsätze - bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 DM abzugsfähig sind.

Hiermit wird zum einen der Gefahr vorgebeugt, daß Steuerpflichtige, die politischen Parteien mehr als 100.000 DM spenden, hierfür bereits endgültig und in voller Höhe eine Steuervergünstigung erhalten. Zum anderen wird vermieden, daß Steuerpflichtigen, die Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke von mehr als 5 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte leisten und denen in Anwendung des § 10 b EStG die steuerliche Berücksichtigung ihrer Zuwendungen teilweise zu versagen wäre, später die Bestandskraft von Veranlagungsbescheiden entgegengehalten werden kann.

2. Die Finanzverwaltung wird - sofern nicht § 176 Abs. 1 AO eingreift - zu prüfen haben, ob den Steuerpflichtigen, die bis zur Verkündung dieses Urteils im Vertrauen auf die uneingeschränkte Gültigkeit des § 10 b EStG und des § 9 Nr. 3 KStG in der Fassung des Änderungsgesetzes Spenden an politische Parteien geleistet haben, der in diesen Vorschriften vorgesehene Steuervorteil gewährt werden kann (vgl. BVerfGE 8, 51 [71]).