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BFH-Beschluß vom 11.6.1986 (II B 49/83) BStBl. 1986 II S. 782

Die bestehende Rechtslage auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes widerspricht zwar dem Gleichheitssatz des GG, gleichwohl kann wegen der Wirkung einer Hauptfeststellung für die Besteuerung nicht aus diesem Grunde die Vollziehung eines Einheitswertbescheides für weiter zurückliegende Feststellungszeitpunkte ausgesetzt werden.

GG Art. 3 Abs. 1; BewG §§ 21, 27, 76, 85, 86, 93; BewÄndG 1965 Art. 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1; BewÄndG 1971 Art. 1; ErbStRG Art. 2; VStRG 1974 Art. 2 Nr. 28.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Die Beschwerdegegner sind Eigentümer eines Wohngrundstücks. Auf dem 1.086 qm großen Grundstück hatte ein Voreigentümer im Jahre 1971 ein Gebäude mit zwei Wohnungen errichtet. Die Hauptwohnung hatte eine Fläche von 449 qm, die zweite Wohnung ist 99 qm groß. Der umbaute Raum des Hauses beträgt 1.967 cbm; einschließlich Schwimmbad und Doppelgarage beläuft sich der umbaute Raum auf 2.950 cbm. Die Herstellungskosten sind vom Voreigentümer auf 360.000 DM beziffert; möglicherweise haben sie sich jedoch auf 489.000 DM belaufen.

Mit Bescheid vom 5. Juli 1974 nahm das Finanzamt (FA) eine Nachfeststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1974 vor und stellte diesen für das Zweifamilienhaus im Ertragswertverfahren auf 262.000 DM fest.

Die Beschwerdegegner erwarben das Grundstück 1980 um 890.000 DM. Am 14. Oktober 1981 besichtigte das FA das Grundstück. Es stellte sich nunmehr auf den Standpunkt, aufgrund Ausstattung und Wohnfläche sei das Wohngrundstück im Sachwertverfahren zu bewerten. Mit Bescheid vom 25. Januar 1982 führte das FA neben der Zurechnungsfortschreibung auf die Beschwerdegegner auch eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung zum 1. Januar 1982 durch und stellte den Einheitswert im Sachwertverfahren nunmehr auf 355.500 DM fest.

Der Einspruch gegen die Wertfortschreibung blieb erfolglos. Über die Klage, mit der die Aufhebung des Wertfortschreibungsbescheides begehrt wird, ist noch nicht entschieden.

Dem Antrag, den Bescheid in bezug auf die Wertfortschreibung von der Vollziehung auszusetzen, hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben. Es hat ausgeführt, die fehlerberichtigende Wertfortschreibung sei als solche zulässig und begründet. Ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestünden aber deshalb, weil der im Sachwertverfahren ermittelte Einheitswert ganz erheblich von dem im Ertragswertverfahren ermittelten Wert abwiche.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde begehrt das FA, den Antrag unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses abzuweisen.

Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Abweisung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Wertfortschreibungsbescheides auf den 1. Januar 1982.

Der Senat ist der Auffassung, daß die bestehende Rechtslage auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) widerspricht. Er sieht sich trotzdem außerstande, im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Vollziehung des angegriffenen Feststellungsbescheides zum 1. Januar 1982 auszusetzen.

1. Entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdegegnerin verstößt es nicht gegen den Gleichheitssatz, daß das Bewertungsgesetz (BewG) 1965/1974 für die Bewertung bebauter Grundstücke zwei unterschiedliche Verfahren vorsieht, nämlich in der Regel das Ertragswertverfahren und ausnahmsweise das Sachwertverfahren (§ 76 BewG). Die Anwendung unterschiedlicher Verfahren auf die Bewertung von Einfamilienhäusern je nach Gestaltung und Ausstattung beruht auf sachgerechten Erwägungen und stellt damit nicht eine das GG verletzende Willkür des Gesetzgebers dar (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 4. Juni 1976 1 BvR 360/74, BStBl II 1976, 637, ergangen auf Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Juni 1974 III R 49/73, BFHE 112, 520, BStBl II 1974, 602, dem sich der erkennende Senat angeschlossen hat; vgl. z. B. BFH-Urteil vom 5. März 1986 II R 146/77, BFHE 146, 178, BStBl II 1986, 386).

2. Der erkennende Senat ist jedoch aus anderen Gründen der Überzeugung, daß die Einheitswerte des Grundbesitzes, insbesondere aber die des Grundvermögens (vgl. § 20 BewG 1965), dem Gleichheitssatz des GG nicht mehr gerecht werden. Denn sie sind im Vergleich zu dem nach Zeitwerten zu bewertenden übrigen Vermögen (Betriebsvermögen - ausgenommen Betriebsgrundstücke - und sonstiges Vermögen) erheblich unterbewertet und stehen auch zueinander nicht in einem ihren tatsächlichen Werten entsprechenden Verhältnis. Diese Ungleichbehandlung der geregelten Sachverhalte ist nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise vereinbar und stellt deshalb mangels einleuchtender Gründe eine objektive Willkür dar (BVerfG-Urteil vom 10. Mai 1972 1 BvR 286, 293, 295/65, BVerfGE 33, 171, 189).

Die letzte Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes wurde auf den Beginn des Kalenderjahres 1964 durchgeführt (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965 - BewÄndG 1965 -, BGBl I 1965, 851, BStBl I 1965, 375). Der Zeitpunkt, von dem an die durch Hauptfeststellung 1964 festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen, wurde der Bestimmung durch besonderes Gesetz vorbehalten (Art. 3 Abs. 1 BewÄndG 1965).

Für den Grundbesitz sind nach § 21 BewG Hauptfeststellungen im Zeitabstand von sechs Jahren vorgesehen. Der Hauptfeststellungszeitraum kann bei wesentlicher Änderung der für die Bewertung maßgebenden Verhältnisse durch Rechtsverordnung verkürzt, dagegen nicht verlängert werden. Deshalb enthielt Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG 1965 die Anordnung, daß die auf die Hauptfeststellung 1964 folgende Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes nicht zum 1. Januar 1970, sondern erst zum 1. Januar 1971 stattfinden soll.

Die Durchführung der Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes 1964 nahm längere Zeit in Anspruch als dies ursprünglich erwartet wurde (vgl. im einzelnen BFH-Urteil vom 22. Januar 1971 III R 108/69, BFHE 101, 277, 284, BStBl II 1971, 295). Deshalb konnte die zum 1. Januar 1971 vorgesehene weitere Hauptfeststellung nicht stattfinden; Art. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom 22. Juli 1970 (BGBl I 1970, 1118, BStBl I 1970, 911) änderte Art. 2 Abs. 1 BewÄndG 1965 dahin, daß der Zeitpunkt der auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden Hauptfeststellung durch besonderes Gesetz bestimmt wird. Damit war die Durchführung einer weiteren auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf unbestimmte Zeit verschoben.

Art. 1 des Bewertungsänderungsgesetzes 1971 vom 27. Juli 1971 - BewÄndG 1971 - (BGBl I 1971, 1157, BStBl I 1971, 360) ordnete an, daß die nach Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 allgemein festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes erstmals zum 1. Januar 1974 der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17. April 1974 - ErbStRG - (BGBl I 1974, 933, BStBl I 1974, 216) einerseits und Art. 2 Nr. 28 des Vermögensteuerreformgesetzes 1974 vom 17. April 1974 - VStRG 1974 - (BGBl I 1974, 949, BStBl I 1974, 233) andererseits wurde angeordnet, daß die für Grundstücke und Betriebsgrundstücke nach Wertverhältnissen 1964 festgestellten Einheitswerte während des Hauptfeststellungszeitraums für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, für die Vermögensteuer, für die Erbschaftsteuer, für die Gewerbesteuer und für die Ermittlung des Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Einfamilienhaus sowie für die Grunderwerbsteuer mit 140 v. H. anzusetzen sind. Diese Maßnahme wurde damit begründet, die Entwicklung der Bodenpreise, der Baukosten und der Mieten zeige, daß sich das allgemeine Wertniveau innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums von 1964 bis 1974 um mindestens 40 v. H. erhöht habe; im Interesse einer gleichmäßigen steuerrechtlichen Erfassung des Grundvermögens sei der Zuschlag geboten. Die Indizierung solle jedoch nur bis zur nächsten Hauptfeststellung gelten, die zum 1. Januar 1975 vorgesehen sei (BT-Drucks. VI/3418 vom 4. Mai 1972, S. 49 ff.). Diese Hauptfeststellung hat indessen bis heute nicht stattgefunden. Die Bundesregierung hat den Versuch einer Teilhauptfeststellung für unbebaute baureife Grundstücke zum 1. Januar 1983 unternommen (BT-Drucks. 9/1648 vom 13. Mai 1982). Er wurde damit begründet, daß die Einheitswerte der baureifen unbebauten Grundstücke nur noch etwa 1/10 der Verkehrswerte betragen; hieraus ergebe sich eine nicht vertretbare steuerliche Privilegierung dieses Grundbesitzes. Eine allgemeine Hauptfeststellung wurde frühestens für den 1. Januar 1985 in Betracht gezogen. Die Teilhauptfeststellung wurde nicht weiterverfolgt. Auf eine Anfrage im Bundestag erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im BMF Dr. Häfele, daß eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes "frühestens in der kommenden Legislaturperiode" in Angriff genommen werden könne (Der Betrieb - DB - 1984, 1554).

a) Nach § 27 BewG sind bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen während des Hauptfeststellungszeitraums die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen. Für die Bewertung bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren ist dies in § 79 Abs. 5 BewG dahin konkretisiert, daß für die Höhe der Miete die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt maßgebend sind. Diese Vorschriften sind sachgerecht, wenn der Hauptfeststellungszeitraum die gesetzlich vorgesehene Dauer nicht überschreitet. Durch sie soll bewirkt werden, daß für die Erhebung der Grundsteuer während des ganzen Hauptfeststellungszeitraums ein einheitliches Wertniveau erhalten bleibt. Die Erfassung von Wertänderungen (in den letzten beiden Jahrzehnten überwiegend Wertsteigerungen) während des Hauptfeststellungszeitraums soll nicht von der Zufälligkeit abhängen, ob wegen Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse eines Grundstücks (z. B. Abtrennung oder Zukauf von Grundstücksflächen, Bebauung von Grundstücken, Erweiterungsbauten auf bebauten Grundstücken) eine Nachfeststellung oder Fortschreibung geboten ist. Der Gesetzgeber nimmt damit aus sachgerechten Gründen für eine kürzere Zeit in Kauf, daß sich die Werte des Grundbesitzes einerseits und die Werte des Betriebsvermögens und des sonstigen Vermögens, insbesondere des Geldvermögens andererseits auseinander entwickeln. Seit 1964 haben sich die Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt jedoch dahin entwickelt, daß die Einheitswerte des Grundvermögens nach Wertverhältnissen 1964 im Verhältnis zu den Verkehrswerten des Jahres 1980 nur zwischen 10 und 20 v. H. betragen; lediglich im Sachwertverfahren ermittelte Einheitswerte liegen etwas höher, höchstens aber bei 30 v. H. der Verkehrswerte von 1980 (vgl. Troll, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1981, 123 ff.; Uelner, Werte und Wertermittlung im Steuerrecht - Herausgeber Raupach - 1984, S. 275, 284).

Diese Entwicklung auf dem Grundstücks- und Mietenmarkt führte zu einer verfassungswidrigen Privilegierung des Grundbesitzes gegenüber dem Betriebsvermögen und dem Geldvermögen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei der Erhebung der Erbschaftsteuer. Hinterläßt der Erblasser ein unbebautes Grundstück im Verkehrswert von 1 Mio. DM mit einem Einheitswert von nur 100.000 DM und setzt er einen Abkömmling zum Erben ein, seiner Schwester dagegen ein Vermächtnis in Höhe eines Viertels des Verkehrswerts des Grundstücks aus, so erhält die Vermächtnisnehmerin einen Geldbetrag von 250.000 DM und der Erbe einen Sachwert von 750.000 DM. Während aber die Vermächtnisnehmerin für ihren Erwerb unter Berücksichtigung des Freibetrags 48.000 DM Erbschaftsteuer zahlen muß, ist der Erbe von jeglicher Erbschaftsteuer frei, weil er vom steuerlichen Wert seines Erwerbs von 140.000 DM (§ 121 a BewG) eine Schuld von 250.000 DM abziehen kann und damit steuerrechtlich eine Zuwendung mit einem negativen Wert von % 110.000 DM erhalten hat. Dieser negative Wert kann zudem steuerfrei mit weiteren Zuwendungen (z. B. Geldzuwendungen) aufgefüllt werden.

b) Bei der Bewertung bebauter Grundstücke ist der Gebäudenormalherstellungswert wegen des Alters des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt zu mindern, um den Gebäudesachwert zu erhalten (§§ 85, 86 BewG). Derselbe Rechtsgedanke liegt der Altersklasseneinteilung der Vervielfältiger der Anlagen 3 bis 8 des BewG für die Bewertung bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren zugrunde. Rechnerische Wertminderungen für die Zeit nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt werden dagegen wegen des Erstarrens der Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum (§ 27 BewG) nicht vorgenommen. Diese bei einem Hauptfeststellungszeitraum von sechs Jahren auch im Interesse der praktikablen Durchführung der Bewertung sachgerechte Regelung führt bei einem überlangen Hauptfeststellungszeitraum von mehr als 20 Jahren dazu, daß Gebäude, die 1963 erbaut wurden, denselben Einheitswert erhalten wie Gebäude, die z. B. im Jahre 1985 bezugsfertig errichtet worden sind. Der Wertunterschied zwischen einem neu erbauten Gebäude und einem solchen, das bereits eine technische Abnutzung während eines Zeitraums von 20 Jahren erfahren hat, ist aber offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung.

c) Die Einheitswerte des Grundvermögens stehen auch zueinander nicht in einem Verhältnis, das den tatsächlichen Wertverhältnissen nur einigermaßen gerecht würde. Dies zeigt der Streitfall, der der Vorlage des III. Senats des BFH vom 12. Mai 1978 III R 18/76 (BFHE 125, 188, BStBl II 1978, 446) an das BVerfG zugrunde lag. Weiter ist zu berücksichtigen, daß den Wertverhältnissen 1964 preisgestoppte Mieten zugrunde liegen, diese preisrechtlichen Bindungen aber längst nicht mehr bestehen.

d) Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von der Masse der im Ertragswertverfahren zu bewertenden Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser unterscheiden, sind im Sachwertverfahren zu bewerten (§ 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG). Diese Regelung ist darin begründet, daß für die unter Verwendung von wertvollem Material erbauten oder außergewöhnlich gestalteten oder ausgestatteten Häuser dieser Art eine übliche Miete nicht geschätzt werden kann, weil sie nur in Ausnahmefällen und vereinzelt vermietet sind (vgl. BT-Drucks. IV/1488 vom 1. Oktober 1963, S. 55); sie sind dazu bestimmt, vom Eigentümer selbst bewohnt zu werden, weil nur er bereit ist, den besonderen Aufwand für die Annehmlichkeit des Wohnens nach seiner Vorstellung zu tragen.

Eigentumswohnungen werden regelmäßig in die Grundstücksart der Einfamilienhäuser eingeordnet (§ 93 Abs. 1 Satz 2 BewG). Ihre Bewertung wird aber ausnahmslos im Ertragswertverfahren durchgeführt (§ 93 Abs. 2 BewG). Wird ein besonders ausgestattetes oder gestaltetes Zweifamilienhaus, das nach der Vorschrift des § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG im Sachwertverfahren zu bewerten wäre, in zwei Eigentumswohnungen aufgeteilt (§ 8 des Wohnungseigentumsgesetzes - WEG -), so ist die Bewertung im Ertragswertverfahren durchzuführen, obwohl geeignete Mieten nicht zur Verfügung stehen. Aber auch besonders gestaltete Eigentumswohnungen in mehrstöckigen Gebäuden (z. B. sog. Penthäuser) sind ausnahmslos im Ertragswertverfahren zu bewerten. Daß auch für solche Wohnungen möglicherweise nur das Sachwertverfahren zu angemessenen Werten führt, mag in den Gesichtskreis des Gesetzgebers von 1965 nicht getreten sein, weil die bautechnische Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten war. Doch zeigt auch diese Entwicklung, daß eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes unter entsprechender Anpassung des BewG an die heutigen Marktverhältnisse nicht weiter aufgeschoben werden darf, wenn der Gleichheitssatz des GG beachtet wird.

e) Die nach Wertverhältnissen 1964 festgestellten Einheitswerte des Grundvermögens wurden zur Anpassung an die veränderte Marktlage und die dadurch veränderten Wertverhältnisse für die Besteuerung ab 1. Januar 1974 um den Zuschlag von 40 v. H. erhöht (siehe oben). Nach Auffassung des erkennenden Senats konnte damit beginnend ab 1974 längstens eine dem Hauptfeststellungszeitraum entsprechende Zeitspanne von sechs Jahren überbrückt werden, so daß spätestens zum 1. Januar 1980 eine weitere Hauptfeststellung hätte stattfinden müssen.

3. Trotz der nach Auffassung des Senats eindeutigen Verfassungsrechtslage, die durch die derzeitige Besteuerung auf der Grundlage der Einheitswerte des Grundbesitzes nach Wertverhältnissen 1964 entstanden ist, sieht sich der Senat außerstande, die Vollziehung der angefochtenen Feststellungsbescheide auszusetzen.

Nach § 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht die Vollziehung des angefochtenen Bescheides aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Dies gilt auch, wenn ernstliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit eines Gesetzes selbst bestehen, auf dem der Bescheid beruht (BVerfG-Urteil vom 21. Februar 1961 1 BvR 314/60, BVerfGE 12, 180, 186, BStBl I 1961, 63). Der Senat muß jedoch die Entscheidungsmöglichkeiten des BVerfG beachten und berücksichtigen, daß er im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keine weitergehende Entscheidung treffen kann als sie vom BVerfG zu erwarten ist. Das BVerfG wird laut seiner Pressemitteilung vom 14. November 1985 Nr. 28/85 am 21. Oktober 1986 über die Verfassungsmäßigkeit der Feststellung von Einheitswerten zum 1. Januar 1979 und zum 1. Januar 1980 verhandeln.

Die Feststellung der Besteuerungsgrundlage ist regelmäßig ein Teil des Steuerbescheides, der nicht selbständig angefochten werden kann (§ 157 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Eine Ausnahme bilden die Einheitswerte (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 AO 1977); durch sie wird die Besteuerungsgrundlage gesondert festgestellt. Wenngleich diese Grundlagenbescheide auch schon vor Eintritt ihrer Bestandskraft für Folgebescheide bindend sind (§ 182 AO 1977), so können die allgemein durch Hauptfeststellung festgestellten Einheitswerte aus Rechtsgründen und aus praktischen Gründen erst zu einem Zeitpunkt als Besteuerungsgrundlage dienen, zu dem sich das durch die Hauptfeststellung ergebende Einheitswert-Volumen überschauen läßt (vgl. Art. 10 § 3 ErbStRG 1974 und Art. 10 § 3 VStRG 1974, sowie BFH-Urteil vom 22. Januar 1971 III R 108/69, BFHE 101, 277, 281 f., BStBl II 1971, 295). Die praktische Durchführung einer Hauptfeststellung wird selbst unter Berücksichtigung der Erfahrungen, die bei der Hauptfeststellung 1964 gewonnen worden sind, wenigstens zwei Jahre dauern. Damit wird frühestens zwei Jahre nach der Anordnung einer neuen Hauptfeststellung ein Überblick über das durch diese Hauptfeststellung sich ergebende Einheitswert-Volumen erreicht werden, der es ermöglicht, die Steuertarife für die auf den neuen Einheitswerten beruhenden Steuern festzulegen. Würde das BVerfG infolge der verfassungswidrigen Besteuerung auf der Grundlage der Einheitswerte 1964/1974 die Besteuerung nach neu festzustellenden Einheitswerten nach Wertverhältnissen 1980 anordnen, so könnte frühestens im Jahre 1989 über die Steuertarife mit Rückwirkung zum Jahr 1980 entschieden werden. Abgesehen von Verjährungsfragen, die nicht weiter verfolgt werden sollen, würde die Nacherhebung dieser Steuern zu einem derart schwerwiegenden Eingriff in das Wirtschaftsgefüge führen (z. B. ist die Grundsteuer ein Kostenfaktor der Mieten), daß der danach sich ergebende Zustand der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stände als der bestehende (vgl. auch BVerfG-Urteil vom 18. Juli 1972 1 BvL 32/70 und 25/71, BVerfGE 33, 303, 347, 348). Der erkennende Senat muß deshalb in seine Überlegung einbeziehen, daß das BVerfG unter Berücksichtigung überwiegender Gemeinschaftsinteressen Art. 2 Abs. 1 BewÄndG 1965, durch den eine weitere Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wurde, zum 1. Januar 1979 oder zum 1. Januar 1980 nicht für nichtig erklären, sondern dem Gesetzgeber eine angemessene Frist für die Durchführung einer neuen Hauptfeststellung setzen wird (vgl. auch BVerfG-Urteile vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, 39, und in BVerfGE 33, 303, 348). Denn eine Hauptfeststellung rückwirkend auf den Beginn des Kalenderjahres 1980 wäre heute aus den oben dargelegten Gründen nicht mehr durchführbar. Unter diesen Umständen muß aber bei summarischer Prüfung trotz der dargelegten Auffassung des Senats zur Verfassungsrechtslage das Gesetz zunächst weiterhin beachtet und die Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheides abgelehnt werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 22. Juli 1969 V B 11/69, BFHE 95, 467, BStBl II 1969, 564).