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BFH-Urteil vom 6.6.1986 (III R 260/83) BStBl. 1986 II S. 840

Zu den anrechenbaren, zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten eigenen Bezügen eines in Berufsausbildung stehenden, verheirateten Kindes gehören Leistungen des Ehegatten nur insoweit, als sie aufgrund der ehelichen Unterhaltsverpflichtung gewährt worden sind. Einkünfte des Ehegatten, die in dem Zeitraum vor der Eheschließung erzielt worden sind, scheiden für eine Anrechnung aus.

EStG 1979 (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18. August 1980, BGBl I 1980, 1537, BStBl I 1980, 581) § 33a Abs. 2 Satz 2.

Vorinstanz: FG des Saarlandes

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beantragte im Verfahren auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1980 unter anderem, ihm gemäß § 33 a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes 1979 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18. August 1980 (BGBl I 1980, 1537, BStBl I 1980, 581) - EStG - einen Ausbildungsfreibetrag für seinen im Streitjahr 27 Jahre alten Sohn zu gewähren. Dieser war im Streitjahr 1980 zum Zweck des Studiums an der Universität X außerhalb des elterlichen Haushalts untergebracht und ist seit dem 21. Juli 1980 mit einer Beamtin verheiratet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte den Ausbildungsfreibetrag. Nach dem insoweit erfolglosen Einspruchsverfahren begehrte der Kläger mit seiner Klage, ihm den Ausbildungsfreibetrag bis einschließlich Juli 1980 zeitanteilig in Höhe von 2.450 DM (7/12 von 4.200 DM) zu gewähren.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verminderten sich die Ausbildungsfreibeträge gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG auch um solche Einkünfte des Kindes eines Steuerpflichtigen, die in Zeiträumen außerhalb der Ausbildung des Kindes erzielt worden seien und während der Ausbildungszeit nicht zur Verfügung gestanden hätten (Urteil vom 23. September 1980 VI R 53/79, BFHE 131, 486, BStBl II 1981, 92). Entsprechendes müsse für eigene Bezüge des Kindes gelten. Es komme lediglich darauf an, ob der Sohn des Klägers durch seine Heirat im Streitjahr einen Unterhaltsanspruch gegen seine Ehefrau erlangt habe, der von dieser mit mehr als 6.600 DM erfüllt worden sei. Dies sei im Streitfall zu bejahen. Von den Jahreseinkünften der Ehefrau des Sohnes im Betrag von insgesamt 27.996 DM sei die Hälfte, also ein Betrag von 13.998 DM auf den Sohn des Klägers entfallen. Würden hiervon der vom Sohn des Klägers im Streitjahr erlittene Verlust von 3.089 DM sowie ein Pauschbetrag von 360 DM (Abschn. 67 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1978 - LStR -) abgezogen, verbleibe ein gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG anrechnungspflichtiger Betrag aus eigenen Jahresbezügen des Sohnes in Höhe von 10.549 DM. Da der Grenzbetrag von 6.600 DM überschritten sei, komme die Gewährung eines Ausbildungsfreibetrags im Streitfall nicht in Betracht.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Kläger einen Verstoß der Vorentscheidung gegen § 33 a Abs. 2 EStG. Er macht geltend, das FG habe nicht berücksichtigt, daß es sich bei den Einkünften der Ehefrau des Sohnes - jedenfalls zum Teil - um voreheliche Einnahmen gehandelt habe, die nicht als zum Unterhalt oder zur Ausbildung des Sohnes des Klägers bestimmt oder geeignet anzusehen seien.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1980 dahin zu ändern, daß bei der Festsetzung des Erstattungsbetrags ein Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2.450 DM berücksichtigt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

1. Nach § 33 a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG wird bei einem Steuerpflichtigen, dem Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes erwachsen, für das er Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) hat, auf Antrag ein Betrag von 4.200 DM im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und auswärtig untergebracht ist. Nach § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG vermindert sich der Ausbildungsfreibetrag u. a. "... jeweils um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, soweit diese 2.400 DM im Kalenderjahr übersteigen ...".

2. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 7. März 1986 III R 177/80, BFHE 146, 386, BStBl II 1986, 554) ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, daß Unterhaltsleistungen, die einem in Berufsausbildung stehenden Kind des Steuerpflichtigen von seinem Ehegatten gewährt werden, zu den anrechenbaren eigenen Bezügen des Kindes gehören, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung i. S. von § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmt oder geeignet sind. Auch soweit das FG entschieden hat, daß solche Unterhaltsleistungen des Ehegatten an das in Berufsausbildung stehende Kind den Ausbildungsfreibetrag des Steuerpflichtigen unabhängig davon mindern, zu welchem Zeitpunkt sie dem Kind im Kalenderjahr der Ausbildung zugeflossen sind, entspricht die Vorentscheidung dem Senats-Urteil in BFHE 146, 386, BStBl II 1986, 554. Allerdings war streitbefangen in der Entscheidung III R 177/80 nur die Anrechnung von solchen Bezügen, die das in Berufsausbildung befindliche Kind des Steuerpflichtigen für den Zeitraum nach der Eheschließung von seinem Ehegatten tatsächlich erhalten hatte. Nur hinsichtlich der aufgrund der ehelichen Unterhaltspflicht gewährten Leistungen hat der Senat die Möglichkeit einer teilweisen Anrechnung als eigene Bezüge des Kindes nach dem sog. Jahresprinzip bejaht. Für die Zeit vor der Eheschließung wird hingegen im allgemeinen davon auszugehen sein, daß ein in Berufsausbildung befindliches Kind von seinen Eltern unterhalten wird. Dies hat zur Folge, daß Einkünfte, die der Ehegatte des in Berufsausbildung befindlichen Kindes vor der Eheschließung erzielt hat, regelmäßig auch nicht anteilig als eigene Bezüge des Kindes gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG angerechnet werden dürfen. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn - wie im Streitfall - der Lebensunterhalt des in Berufsausbildung stehenden Kindes vor der Eheschließung nicht von seinem Ehegatten bestritten worden ist.

3. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da sie auf einer anderen Rechtsauffassung beruht. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und wird deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG wird nunmehr Feststellungen zur Höhe der Unterhaltsbezüge treffen müssen, die dem Sohn des Klägers von seiner Ehefrau während des Bestehens der Ehe tatsächlich geleistet worden sind. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß in einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehegatte allein verdient und ein in etwa durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, dem nicht verdienenden Ehegatten in der Regel ungefähr die Hälfte dieses Nettoeinkommens (hier Nettolohnes) - nicht, wie das FG irrtümlich meint, der Einkünfte - zufließen wird.