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BFH-Urteil vom 10.10.1986 (VI R 208/83) BStBl. 1987 II S. 77

Ein rechtswirksamer Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich setzt nicht nur voraus, daß er beim FA innerhalb der Ausschlußfrist des § 42 Abs. 2 Satz 3 EStG 1980 (bis zum 30. September des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres) auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck eingeht. Er muß auch bis dahin vom Arbeitnehmer nach § 42 Abs. 2 Satz 4 EStG 1980 eigenhändig unterschrieben sein.

EStG 1980 § 42 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Für den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) war ausweislich des Eingangsstempels am 28. September 1982 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) ein Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1981 - Streitjahr - eingegangen. Dieser Antrag war jedoch weder vom Kläger noch von seiner Ehefrau eigenhändig unterzeichnet worden. Er trug vielmehr die Unterschrift seines jetzigen Prozeßbevollmächtigten mit dessen Stempel und dem Hinweis "i.A.". Das FA, das zuvor bei dem Steuerberater die fehlende Unterschrift seines Mandanten angefordert hatte, lehnte am 7. Dezember 1982 den gestellten Antrag mit dem Hinweis ab, daß dieser vom Antragsteller nicht eigenhändig unterschrieben worden sei. Die Unterschrift des Klägers sowie die seiner Ehefrau gingen beim FA erst - auf eine nochmalige Aufforderung hin - nach Einlegung des Einspruchs - am 11. Februar 1983 - ein. Der Einspruch wurde vom FA mangels Erfüllung der Formerfordernisse für den Lohnsteuer-Jahresausgleich als unbegründet zurückgewiesen.

Mit seiner Klage hatte der Kläger dagegen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die Einspruchsentscheidung und die Ablehnung des Antrags auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1981 auf und verpflichtete das FA, nunmehr materiell-rechtlich über den Antrag zu befinden. Es begründete seine Entscheidung wie folgt: Zwar müsse der Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich nach § 42 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes 1980 (EStG) vom Arbeitnehmer - bei Arbeitnehmern, die mit einem Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllten, auch vom Ehegatten - eigenhändig unterschrieben sein. Dies müsse jedoch nicht innerhalb der Antragsfrist geschehen. Vielmehr genüge es, wenn aus dem Antrag zu erkennen sei, daß und von wem eine Erstattung verlangt werde. Dazu gehöre u.a. neben den Angaben zur Person die Bezifferung des Bruttoarbeitslohnes sowie die Angabe der einbehaltenen Lohnsteuer. Diesen Anforderungen habe der auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck gefertigte Antrag des Klägers genügt, selbst wenn er nur von seinem Bevollmächtigten und nicht von ihm selbst und seiner Ehefrau unterschrieben gewesen sei. Dies müsse im übrigen zunächst wohl auch die Auffassung des FA gewesen sein. Denn sonst sei es nicht verständlich, daß das FA nach Ablauf der Antragsfrist einmal am 28. Oktober 1982 und auf den Einspruch des Klägers hin nochmals am 21. Dezember 1982 die Unterschriften beim Kläger angefordert habe.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Es rügt die Verletzung des § 42 Abs. 2 Satz 4 EStG durch die Vorinstanz. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, daß der Arbeitnehmer - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG auch sein Ehegatte - den Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich eigenhändig unterschreiben müsse. Das sei hier unstreitig innerhalb der Antragsfrist nicht geschehen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.

Nach § 42 Abs. 2 EStG bedarf die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch das zuständige FA eines Antrags des Arbeitnehmers. Dieser Antrag ist nach § 42 Abs. 2 Satz 3 EStG spätestens am 30. September des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu stellen. Die Frist kann nicht verlängert werden. Sodann heißt es in Satz 4 der genannten Vorschrift weiter: "Der Antrag muß vom Arbeitnehmer, bei Arbeitnehmern, die mit einem Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen, auch vom Ehegatten eigenhändig unterschrieben sein." Diese eigenhändigen Unterschriften des Klägers und seiner Ehefrau haben im Streitfall unstreitig bis zum Ablauf des 30. September 1982 dem FA nicht vorgelegen. Die vom Gesetzgeber geforderte Eigenhändigkeit der Unterschriftsleistung soll dem Erklärenden sowohl bei Steuererklärungen als auch beim Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich die Bedeutung seiner Erklärungen als Wissenserklärungen bewußt machen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juli 1983 VI R 80/81, BFHE 139, 158, BStBl II 1984, 13, mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung). Denn der Gesetzgeber hat nach § 150 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) dem Steuerpflichtigen persönlich die Verpflichtung auferlegt, Angaben in den Steuererklärungen (und dazu gehört auch der Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich) nach bestem Wissen und Gewissen zu machen und dies unter den im Gesetz bezeichneten Voraussetzungen schriftlich zu versichern. Dementsprechend soll der Steuerpflichtige grundsätzlich erkennbar, d.h. durch seine eigenhändige Unterschrift, die Verantwortung für die tatsächlichen Angaben in der Steuererklärung übernehmen. Darüber hinaus soll durch die unmittelbar auf dem Erklärungsvordruck geleistete Unterschrift sichergestellt werden, daß sich der Steuerpflichtige über die Lückenlosigkeit und Richtigkeit der ggf. von einer dritten Person, insbesondere seinem steuerlichen Berater, vorgenommenen Eintragungen und den Umfang der im Vordruck vorgesehenen Angaben vergewissern kann (vgl. hierzu ferner auch Urteil des erkennenden Senats vom 20. Januar 1984 VI R 16/82, BFHE 140, 149, BStBl II 1984, 436).

Diese formellen Voraussetzungen für einen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich, die bis zum Ablauf der Frist des 30. September 1982 hätten erfüllt sein müssen, hat der Kläger nicht beachtet. Die in § 42 Abs. 2 Satz 3 EStG genannte Ausschlußfrist bis zum 30. September des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres ist als solche nicht verlängerbar und auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für verfassungsgemäß erklärt worden (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 42 Anm. 2, mit Hinweis auf den Beschluß des BVerfG vom 8. Oktober 1985 1 BvL 17, 19/83, BVerfGE 70, 278).

Schließlich hat der Senat noch geprüft, ob der Antrag unter Umständen deshalb hätte Erfolg haben müssen, weil dem Kläger wegen Versäumung der genannten Ausschlußfrist nach § 110 AO 1977 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte bewilligt werden müssen. Das kommt hier indessen nicht in Betracht. Denn der Kläger, dem spätestens durch die Zustellung des seinen Antrag ablehnenden Bescheids des FA vom 7. Dezember 1982 der Mangel der eigenhändigen Unterschrift bekanntgeworden ist, hat diese und die seiner Ehefrau - wie oben erwähnt - trotz mehrfacher vorheriger Aufforderung des FA erst am 11. Februar 1983, somit verspätet (vgl. § 110 Abs. 2 Satz 3 AO 1977), nachgeholt. Er hat damit auch die vierwöchige Frist nicht eingehalten, die das FA ihm mit Schreiben vom 21. Dezember 1982 gesetzt und um deren Verlängerung er bis zum 31. Januar 1983 gebeten hatte. Entschuldigungsgründe hierfür sind nicht ersichtlich.