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BFH-Urteil vom 20.8.1986 (I R 29/85) BStBl. 1987 II S. 108

1. Werden Goldstücke als Geschenke an Geschäftsfreunde verwendet, so sind die Anschaffungskosten auch dann keine abziehbaren Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG 1975/77, wenn sie in einem Etui mit aufgedrucktem Werbehinweis verschenkt werden.

2. Nur die AfA und nicht die Anschaffungskosten sind unter den Begriff "Aufwendungen" i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG 1975/77 zu fassen, wenn aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erworben werden.

3. Zum Inhalt der Angemessenheitsprüfung i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG 1975/77.

EStG 1975/77 § 4 Abs. 5 Nrn. 1 und 7.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1976 bis 1978 Industrievertretungen. Er beschäftigte 10 Arbeitnehmer. Sein Gewinn betrug jährlich zwischen 213.000 DM und 306.000 DM; der Jahresumsatz lag bei rd. 800.000 DM jährlich.

Der Kläger verschenkte in den Streitjahren Goldmünzen an Kunden und behandelte die Aufwendungen hierfür als Betriebsausgaben. Zu den Goldstücken gehörte jeweils ein Etui, auf dem ein Werbehinweis angebracht war. Die Aufwendungen beliefen sich in 1976 auf 946 DM, in 1977 auf 221 DM und in 1978 auf 686 DM. Der Kläger erwarb ferner am 31. Dezember 1977 für sein Büro einen Perserteppich zum Preis von 22.301 DM. Er aktivierte die Anschaffungskosten und schrieb sie unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von 15 Jahren ab.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Aufwendungen für die verschenkten Goldstücke seien gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Betriebsausgaben nicht absetzbar, weil auf ihnen kein Werbeträger angebracht sei. Die Anschaffungskosten für den Perserteppich seien i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG unangemessen hoch. Das FA berücksichtigte deshalb die Aufwendungen für die Goldmünzen bei der Gewinnermittlung der Jahre 1976 bis 1978 überhaupt nicht. Für den Perserteppich berechnete das FA für die Jahre 1977 und 1978 eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von Anschaffungskosten in Höhe von nur 10.000 DM. Die entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1976 bis 1978 datierten vom 20. Januar 1982. Gegen sie erhob der Kläger Einspruch und Klage, die jeweils erfolglos blieben.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 4 Abs. 5 Nrn. 1 und 7 EStG.

Er beantragt, unter Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 1976 bis 1978 vom 20. Januar 1982 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. August 1982 und unter Aufhebung des Urteils des FG Nürnberg vom 18. Oktober 1984 den Gewinn 1976 um 946 DM, den Gewinn 1977 um 631 DM und den Gewinn 1978 um 1.506 DM niedriger festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt, soweit sie begründet ist, zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im übrigen war die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Aufwendungen für Goldstücke

a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Unter den Begriff "Aufwendungen" fallen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und bei dem Steuerpflichtigen abfließen. Dies folgt im Umkehrschluß aus § 8 Abs. 1 EStG, der im Bereich der sog. Gewinneinkünfte entsprechend anzuwenden ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1973 I R 136/72, BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210, und vom 16. Januar 1975 IV R 180/71, BFHE 115, 202, BStBl II 1975, 526). Betrieblich veranlaßt sind Aufwendungen dann, wenn der Betrieb des Steuerpflichtigen das sie auslösende Moment ist (vgl. Offerhaus, Betriebs-Berater - BB - 1979, 617, 620). Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang zu der Absicht des Steuerpflichtigen stehen, durch die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen. Bei Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde ist eine betriebliche Veranlassung i. S. des § 4 Abs. 4 EStG zu bejahen, wenn sie durch die Absicht des Steuerpflichtigen ausgelöst sind, Geschäftsbeziehungen zu der beschenkten Person anzuknüpfen, zu sichern oder zu verbessern. In diesem Sinne sind die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb von Goldstücken Betriebsausgaben, weil sie nach den tatsächlichen Feststellungen des FG durch die Absicht des Klägers ausgelöst wurden, die Goldstücke an Kunden zu verschenken und dadurch die bestehenden Geschäftsbeziehungen zu pflegen.

b) Der Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben ist jedoch durch § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift dürfen Aufwendungen für Geschenke (Betriebsausgaben) an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern. Geschenke i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG sind unentgeltliche Zuwendungen, die nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht sind und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung stehen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1982 IV R 46/78, BFHE 135, 206, BStBl II 1982, 394). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), sind für den Streitfall Geschenke in dem o. g. Sinne anzunehmen, weil der Kläger die Goldstücke seinen Kunden ohne konkrete Gegenleistung zuwendete.

c) Von dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG besteht jedoch nach Satz 2 der Vorschrift eine Ausnahme für Aufwendungen für Gegenstände, an denen der Name oder die Firmenbezeichnung des Gebers oder ein sonstiger Werbehinweis dauerhaft und leicht erkennbar angebracht ist (Werbeträger) und wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 50 DM nicht übersteigen. Jedoch greift im Streitfall die Ausnahmevorschrift schon deshalb nicht ein, weil nach den tatsächlichen Feststellungen des FG auf den Goldstücken kein sog. Werbeträger angebracht war. Zu Unrecht beruft der Kläger sich in diesem Zusammenhang auf Abschn. 20 Abs. 5 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1975/1978. Zwar soll nach der Verwaltungsanweisung eine Kennzeichnung als Werbeträger (nur) auf der Verpackung oder Umhüllung die Rechtsfolge des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht auslösen, wenn es nach Art des Geschenkes unmöglich oder aus wirtschaftlichen Gründen unvertretbar ist, das Geschenk selbst zu kennzeichnen. Jedoch ist Abschn. 20 Abs. 5 Satz 2 EStR 1975/1978 bei der Schenkung von Geld, Postwertzeichen und Geschenkgutscheinen nicht anzuwenden (Abschn. 20 Abs. 4 EStR 1975/1978). Die Ausnahme rechtfertigt sich aus der besonderen Marktgängigkeit von Geld und Postwertzeichen. Sie gilt für Goldstücke in gleicher Weise, weshalb der Senat dahinstehen lassen kann, ob das Gesetz für die Verwaltungsanweisung in Abschn. 20 Abs. 5 Satz 2 EStR 1975/1978 eine ausreichende Rechtsgrundlage enthält. Selbst wenn eine solche bestünde, ist es nicht zu beanstanden, daß das FA im Streitfall Abschn. 20 Abs. 4 EStR 1975/1978 entsprechend angewendet hat.

2. Aufwendungen für einen Perserteppich

a) Die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung des Perserteppichs sind durch den Betrieb veranlaßt, weil der Kläger den Teppich zur Nutzung innerhalb seines Betriebes bestimmt hatte. Die Aufwendungen fallen jedoch als solche nicht unmittelbar unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG. Nach dieser Vorschrift dürfen Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt, daß das dort verankerte Abzugsverbot nur dann eingreift, wenn ohne Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG ein Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben möglich wäre. Dies ist jedoch bezüglich der Aufwendungen des Klägers für den Perserteppich nicht der Fall. Der Teppich ist für den Kläger ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Ein bilanzierender Steuerpflichtiger muß die Anschaffungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, soweit sie 800 DM übersteigen (§ 6 Abs. 2 EStG) und sich die Nutzung des Wirtschaftsguts über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG), aktivieren. Das Aktivierungsgebot beinhaltet gleichzeitig ein Abzugsverbot der Anschaffungskosten als Betriebsausgaben. Die Anschaffungskosten für den Perserteppich können deshalb schon aufgrund des Aktivierungsgebots den Gewinn des Jahres 1977 nicht mindern, ohne daß es insoweit auf die Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG ankommen könnte.

b) Allerdings können bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der (hier:) Anschaffungskosten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG abgesetzt werden, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (AfA in gleichen Jahresbeträgen). Die AfA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG sind ebenfalls unter den Begriff der Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG zu fassen (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 4 Anm. 102 c; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 4 Anm. 1702). Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß das EStG den Begriff "Aufwendungen" als Oberbegriff für "Ausgaben" und "Aufwand" verwendet und ihn im Sinne aller Wertabflüsse versteht, die nicht Entnahmen sind (vgl. Tipke, Steuerrecht, 10. Aufl., S. 211). Deshalb dürfen AfA, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.

c) Aufwendungen berühren die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, wenn sie durch dessen persönliche Motive mitveranlaßt sind, ohne daß deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 1975 VIII R 225/72, BFHE 117, 195, BStBl II 1976, 97). Da § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG dem Ziel dient, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht gewinnmindernd bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen, ist eine Berührung mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen insbesondere für Aufwendungen in dessen repräsentativem Bereich anzunehmen. Dazu gehören nicht nur Aufwendungen für PKW (vgl. BFH-Urteile vom 2. Februar 1979 III R 50-51/78, BFHE 127, 297, BStBl II 1979, 387, und III R 89/78, BFHE 130, 100, BStBl II 1980, 340) und Reiseaufwendungen schlechthin (vgl. BFH-Urteile vom 4. August 1977 IV R 157/74, BFHE 123, 158, BStBl II 1978, 93, und vom 27. Februar 1985 I R 20/82, BFHE 143, 440, BStBl II 1985, 458), sondern grundsätzlich auch Aufwendungen für eine Büroeinrichtung des Steuerpflichtigen.

d) In seinem Urteil in BFHE 143, 440, BStBl II 1985, 458 hat der erkennende Senat entschieden, daß bei der Prüfung der Angemessenheit von Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG darauf abzustellen ist, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde. Der Senat hält an dieser Auffassung fest. Nach ihr sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Neben der Größe des Unternehmens, der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwandes für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen. Es kann auch entscheidungserheblich sein, ob es einen objektiven Grund für den angeblichen Mehraufwand gibt. Unter dem Gesichtspunkt kann von Bedeutung sein, ob der Aufwand durch ein günstiges "Gegengeschäft ausgelöst wurde, das ohne entsprechende Koppelung nicht zustande gekommen wäre". Schließlich ist auch der Grad der Berührung der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zu beachten, weil betrieblich veranlaßte Aufwendungen, die nicht die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder einer anderen Person berühren, in voller Höhe als Betriebsausgaben absetzbar sind. Daraus folgt, daß, je mehr der Steuerpflichtige die durch die Aufwendungen geschaffene Nutzungsmöglichkeit anderen Personen überläßt, deren Lebensführung dadurch nicht berührt wird, desto weniger von einem unangemessenen Repräsentationsaufwand gesprochen werden kann, der nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht abziehbar ist.

Das FG hat zwar bei seiner Angemessenheitsprüfung den Gegenstand, die Umsätze und die Gewinne des klägerischen Betriebs, das Repräsentationsbedürfnis des Klägers und den Verwendungszweck des Perserteppichs berücksichtigt. Es hat jedoch ausdrücklich auch die Mitbenutzung des maßgeblichen Büroraumes durch zwei Mitarbeiter und die Tatsache, daß der Teppich im Rahmen eines Gegengeschäfts erworben worden sein soll, als unerheblich erklärt. Beide Umstände können jedoch nach Auffassung des Senats für die Angemessenheitsprüfung Bedeutung haben. Deshalb kann die Vorentscheidung in diesem Punkt keinen Bestand haben. Das FG wird die Angemessenheitsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats wiederholen und die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen müssen.

3. Der Kläger hat AfA auf den von ihm erworbenen Perserteppich nur für die Jahre 1977 und 1978 begehrt. Der Abzug der Aufwendungen für Goldmünzen als Betriebsausgaben betrifft dagegen alle Streitjahre. Entsprechend war die Revision insoweit als unbegründet zurückzuweisen, als das FG die Klage wegen Gewinnfeststellung 1976 abgewiesen hat. Das FG-Urteil war dagegen insoweit aufzuheben, als es auch die Klage wegen Gewinnfeststellung 1977 und 1978 abgewiesen hat. Insoweit war die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).