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BFH-Urteil vom 22.10.1986 (I R 128/83) BStBl. 1987 II S. 253

Art. X Abs. 3 DBA-USA wirkt zugunsten der Bezieher von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften i. S. des § 50a Abs. 4 Buchst. a i. V. m. § 49 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 EStG in dem Sinne, daß eine Steuerpflicht i. S. der Vorschriften von Anfang an nicht besteht. Damit entfällt gleichzeitig die Verpflichtung des Vergütungsschuldners, gemäß § 50a Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG den Steuerabzug vorzunehmen und die Steuer an das FA abzuführen.

EStG § 49 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, § 50a Abs. 4 und 5, § 51 Abs. 1 Nr. 1d; EStDV § 73h; DBA-USA 1966 Art. X Abs. 3.

Vorinstanz: FG München (EFG 1983, 453)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland, die sich im Jahre 1975 mit der Herstellung von Filmen befaßte. Sie schloß am 5. Dezember 1975 mit der C. r. a. einen Schauspielergestellungsvertrag, aufgrund dessen sich die C. r. a. verpflichtete, der Klägerin für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 1975 den Schauspieler B für eine näher bestimmte Verfilmung zu stellen. B sollte in einem Film die Hauptrolle übernehmen. Die Aufnahmen wurden ausschließlich im Ausland gedreht. Als Vergütung erhielt die C. r. a. den Betrag von 335.000 DM sowie die Erstattung näher bezeichneter Nebenkosten. Die Vertragschließenden vereinbarten weiter, "den Deutschen Anstellungsvertrag für Filmschaffende dann zu unterzeichnen, wenn der Produzent (die Klägerin) dies von B verlangt". Die Klägerin durfte die mit dem Vertrag erworbenen Rechte auf Dritte weiter übertragen. Alle Steuern für den Vertrag sollten zu Lasten der Klägerin gehen. Über Streitigkeiten sollte das Arbeitsgericht in X entscheiden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm die Klägerin nach einer Betriebsprüfung als Haftungsschuldnerin gemäß § 50a Abs. 5 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1975 für Abzugsteuern gemäß § 50a Abs. 4 Buchst. a EStG 1975 in Höhe von 25 v. H. aus 335.000 DM = 83.750 DM in Anspruch. Dabei ging es zunächst von einer beschränkten Steuerpflicht der C. r. a. gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 EStG 1975 aus. Später nahm es eine beschränkte Steuerpflicht des B gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG an.

Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 453 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 50a EStG 1975, des § 90 der Abgabenordnung (AO 1977) und des § 76 Abs. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Sie beantragt, das angefochtene Urteil, den Haftungsbescheid des Beklagten vom 24. September 1976 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 1979 ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Nach § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG in der Fassung vom 5. September 1974 - EStG 1975 - (BGBl I 1974, 2165, BStBl I 1974, 733) haftet der Schuldner einer Vergütung i. S. des § 50a Abs. 4 EStG 1975 für die Einbehaltung und Abführung der Steuer. Zu den Voraussetzungen des § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG 1975 hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Klägerin einen Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) nicht vorgenommen und eine Steuer auch nicht an das FA abgeführt hat (§ 50a Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG 1975). Da die Klägerin zulässige und begründete Revisionsrügen gegenüber diesen Feststellungen nicht erhoben hat, binden sie den erkennenden Senat (§ 118 Abs. 2 FGO).

2. a) Das FG ist ferner unter Würdigung des Vertrages vom 5. Dezember 1975 zu dem Ergebnis gelangt, daß nicht die C. r. a., sondern der Schauspieler B Gläubiger der Vergütung i. S. des § 50 a Abs. 4 Buchst. a EStG 1975 und damit Steuerschuldner i. S. des § 50a Abs. 5 Satz 1 EStG 1975 war. Die entsprechende Würdigung ist vornehmlich tatsächlicher Natur (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). An sie ist der erkennende Senat insoweit gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), als dem FG weder Denkfehler noch Verstöße gegen Erfahrungssätze unterlaufen sind.

b) Das FG hat sich bei seiner Würdigung des tatsächlichen Geschehens aller ihm zur Verfügung stehender Erkenntnismittel bedient. Es hat insbesondere den Wortlaut des Vertrages vom 5. Dezember 1975 und den für Fälle dieser Art typischen Geschehensablauf herangezogen und daraus die mögliche Schlußfolgerung abgeleitet, daß die C. r. a. nur eine Durchgangsstelle für das von B verdiente Schauspielerhonorar war. Bei dieser Schlußfolgerung hat das FG auch berücksichtigt, daß der im Jahre 1975 maßgebende § 171 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung (AO) in der Fassung des Art. 5 des Gesetzes zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen vom 8. September 1972 (BGBl I 1972, 1713, BStBl I 1972, 450) eine Regelung über die objektive Beweislast (Feststellungslast) dahin enthält, daß derjenige, der Rechtsbeziehungen zu im Ausland ansässigen Personen knüpft, keine Vorteile daraus ziehen soll, daß die hoheitlichen Befugnisse der deutschen Finanzbehörden und FG zur Sachverhaltsaufklärung an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) in der Regel enden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Mai 1986 I R 265/83, BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732). Sprechen deshalb die objektiv erkennbaren Umstände für einen bestimmten im Inland steuerpflichtigen Geschehensablauf, so kann dieser auch dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn der Steuerpflichtige sich auf einen anderen - allerdings nicht nachgewiesenen und mit den Beweismitteln des FA oder des FG auch nicht nachweisbaren - Geschehensablauf beruft, der die Besteuerung im Inland ausschließt. Bei dieser Sachlage sind Verstöße gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze, die dem FG unterlaufen sein könnten, nicht zu erkennen.

c) Die von der Klägerin im übrigen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es ist rechtlich unerheblich, ob das FA den Sachverhalt ursprünglich zutreffend beurteilt hat bzw. ob die Klägerin den Sachverhalt noch im Jahre 1980 hätte aufklären können. § 171 Abs. 3 AO stellte nicht darauf ab, ob die Klägerin Beweismittel noch hätte beschaffen können, wenn sie vom FA oder vom FG "rechtzeitig" auf das entsprechende Erfordernis hingewiesen worden wäre. Vielmehr bürdete § 171 Abs. 3 AO dem Steuerpflichtigen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht schon im Zeitpunkt der Gestaltung seiner Auslandsbeziehungen auf. Die Klägerin trägt mit anderen Worten die sich aus der objektiven Beweislast ergebenden Nachteile deshalb, weil sie im Dezember 1975 keine Vorsorge getroffen hat, um den streitigen Sachverhalt später aufklären zu können. Die Klägerin hätte z. B. damals vorsorglich die Vorlage von Freistellungsbescheinigungen sowohl von dem Schauspieler B als auch von der C. r. a. verlangen können und sollen. Damit wäre sie jedem Risiko aus dem Weg gegangen.

3. Das FG hat schließlich in tatsächlicher Hinsicht weiter festgestellt, daß die von der Klägerin gezahlte Vergütung das Entgelt für die Verwertung einer Tätigkeit des B im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Künstler (Schauspieler) war. Die daraus steuerrechtlich gezogenen Schlußfolgerungen begegnen keinen Bedenken. Unabhängig von dem Ort des Auftritts findet die Verwertung der Tätigkeit eines Filmschauspielers am Sitz des Filmherstellers statt (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 1971 I R 202/67, BFHE 103, 557, BStBl II 1972, 281). Nach § 89 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) überträgt der Schauspieler dem Hersteller das ausschließliche Recht, das Filmwerk auf alle bekannten Nutzungsarten zu nutzen. Diese Leistung wird regelmäßig am Sitz des Herstellers erbracht. Ob B dabei nichtselbständig oder selbständig tätig wurde, ist für die zu treffende Entscheidung letztlich unerheblich, weil die Steuerrechtsfolgen aus § 50a Abs. 4 Buchst. a i. V. m. § 49 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 EStG 1975 die gleichen sind.

4. a) Die Vorentscheidung beruht jedoch insoweit auf einem Rechtsfehler, als das FG aufgrund eines Irrtums über die materielle Rechtslage seine Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung darüber verneint hat, ob die Haftung der Klägerin wegen einer Steuerbefreiung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entfällt. Nach der Verfügung des Berichterstatters des FG vom 28. September 1982, auf die das FG in den Entscheidungsgründen Bezug genommen hat, war der Schauspieler B nach den dem FG vorliegenden Unterlagen Amerikaner mit Wohnsitz in den USA. Dies mußte dem FG Anlaß genug sein, den Sachverhalt hinsichtlich einer Steuerbefreiung gemäß Art. X Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern in der Fassung des Protokolls vom 17. September 1965 - DBA-USA 1966 - (BGBl I 1966, 745) in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären.

b) In Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 hat die Bundesrepublik auf ihr Besteuerungsrecht für Vergütungen verzichtet, die von Personen mit Wohnsitz in den USA für Arbeit oder persönliche Dienste (einschließlich der Vergütungen für die Ausübung eines freien Berufs) außerhalb der Bundesrepublik erzielt werden. Der Verzicht ist vorbehaltlos und endgültig. Er ist von keinem Antrag abhängig. Dies folgt aus der Rechtstatsache, daß im Steuerrecht grundsätzlich das Amtsermittlungsprinzip und nur ausnahmsweise das Antragsprinzip gilt. Ein Antragstatbestand kann deshalb nur dann angenommen werden, wenn das Gesetz ausdrücklich eine bestimmte Steuerrechtsfolge von einer Willenserklärung (Antrag) des Steuerpflichtigen abhängig macht (vgl. Schick, Antragstatbestände, Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen und Amtsermittlungsgrundsatz im Besteuerungsverfahren, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1969, 361 ff.; Klemp, Die steuerrechtliche Willenserklärung, StuW 1972, 217). Im Fall des Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 sind diese Voraussetzungen nicht schon deshalb erfüllt, weil nach § 73h der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1975 der Schuldner von Vergütungen den Steuerabzug nur dann unterlassen darf, wenn das Bundesamt für Finanzen (BfF) bescheinigt, daß die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Abzugsteuer im Falle einer Steuerbefreiung nach dem DBA gegeben sind. § 73h EStDV 1975 beruht auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 d EStG 1975. Danach darf die Bundesregierung zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen und zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens Rechtsverordnungen über die Besteuerung der beschränkt Steuerpflichtigen einschließlich eines Steuerabzugs erlassen. Eine Ermächtigung zur Schaffung eines nach dem Wortlaut des DBA-USA 1966 nicht vorgesehenen Antragsverfahrens für die Gewährung der Steuerbefreiung ergibt sich hieraus nicht. § 51 Abs. 1 Nr. 1 d EStG 1975 räumt dem Verordnungsgeber keine Befugnis zur Änderung des materiellen Rechts oder gar zur Erweiterung des Umfangs der Steuerpflicht ein. Inwieweit der Gesetzgeber überhaupt die vorbehaltlose Steuerbefreiung nach dem DBA-USA 1966 einschränken könnte, kann somit offenbleiben (vgl. zu dieser Frage: Urteil des Supreme Court of Canada vom 28. September 1982, Her Majesty The Queen (Appellant) v. Melford Developments Inc. (Respondent), Dominian Tax Cases 1982, 6281). Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 wirkt sich damit auch zugunsten der Bezieher von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften i. S. des § 50a Abs. 4 Buchst. a i. V. m. § 49 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 EStG 1975 in dem Sinne aus, daß eine Steuerpflicht i. S. der Vorschriften von Anfang an nicht entsteht. Bestand aber keine Steuerpflicht im Inland, so oblag auch dem inländischen Vergütungsschuldner nicht die Verpflichtung gemäß § 50a Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG, den Steuerabzug vorzunehmen und die Steuer an das FA abzuführen.

c) Die hier vertretene Auffassung steht nicht im Widerspruch zu den zur Kapitalertragsteuer ergangenen Entscheidungen, wonach infolge der ungeschmälerten Weitergeltung der nationalen Verfahrenshoheit die nach einem DBA vorgesehenen Entlastungen von der deutschen Kapitalertragsteuer in einem zweistufigen Verfahren vorzunehmen sind (vgl. BFH-Urteile vom 18. September 1968 I R 56/67, BFHE 93, 438, BStBl II 1968, 797; vom 29. Oktober 1981 I R 142/78, BFHE 134, 242, BStBl II 1982, 104; vom 29. Oktober 1981 I R 89/80, BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150, 155). So spricht auch Art. VI Abs. 6 DBA-USA 1966 von Erstattungen der im Abzugsweg erhobenen Steuer von Dividenden und geht damit mittelbar von einem zweistufigen Verfahren aus. Für die Steuerbefreiung nach Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 fehlt es jedoch an einer gleichlautenden Formulierung.

d) Die volle Einbehaltung der Quellensteuer mit nachfolgender Erstattung bzw. Zustimmung zur Freistellung kann auch nicht deshalb als abkommensrechtlich zulässig angesehen werden, weil dieses Verfahren in der Verwaltungspraxis nicht beanstandet worden ist (so jedoch: Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, Vorb. 31 vor Art. 10 bis 12; ähnlich Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Bd. I, Systematik III Rdnr. 54, IV Rdnr. 243). Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 kann eine entsprechende Praxis nicht dazu führen, daß das gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ergangene Zustimmungsgesetz zum DBA-USA 1966 vom 20. Dezember 1965 (BGBl II 1965, 1609, BStBl I 1966, 219) zu Lasten der Steuerpflichtigen und abweichend von seinem Wortlaut anders auszulegen ist als beim Nichtbestehen einer derartigen Verwaltungsübung.

e) Die Berufung auf die sich aus Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 ergebende Steuerfreiheit der Einkünfte kann der Klägerin auch nicht mit dem Hinweis auf die gesetzlich geregelte Kompetenzverteilung zwischen dem FA, das für die Überwachung des Steuerabzugsverfahrens verantwortlich ist, und dem BfF, das für die Entscheidung über die Abkommensberechtigung zuständig ist (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG), abgeschnitten werden (so jedoch: Blümich/Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 50a Anm. 78). Einer Entscheidung des BfF betreffend die Entlastung von deutschen Abzugsteuern aufgrund des DBA-USA 1966 bei den in § 50a Abs. 4 Buchst. a EStG 1975 aufgeführten Einkünften bedarf es grundsätzlich nicht. Ob das FA in einem Haftungsverfahren nach § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG 1975 an eine negative Entscheidung des BfF im Rahmen eines dort anhängig gewordenen Freistellungsverfahrens gebunden wäre, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, weil gegenüber B kein negativer Freistellungsbescheid ergangen ist.

5. Hängt demnach die Steuerfreiheit i. S. des Art. X Abs. 3 DBA-USA 1966 der von der Klägerin gezahlten Vergütungen davon ab, ob B im Dezember 1975 seinen Wohnsitz in den Vereinigten Staaten hatte, so war das FG nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO gehalten, den Sachverhalt in dieser Hinsicht von Amts wegen aufzuklären. Dem steht § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i. V. m. § 90 Abs. 2 AO 1977 nicht entgegen, weil die Vorschrift die Amtsermittlungspflicht des FG nicht einschränkt. Sie gestattet es dem FG lediglich, seiner eigenen Amtsermittlungspflicht dadurch nachzukommen, daß es - soweit dies zweckmäßig erscheint - einem Beteiligten aufgibt, den Sachverhalt in einer bestimmten Richtung aufzuklären oder Beweismittel zu beschaffen. Da es sich jedoch bei dem Wohnsitz It. DBA um ein steuerrechtliches Merkmal handelt, über dessen Vorliegen allein der Wohnsitzstaat verläßliche Auskunft geben kann (so Blümich/Falk, a. a. O., § 50a Anm. 75; Ebermann, Recht der internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters - RIW/AWD - 1984, 284), hätte das FG ein Auskunftsersuchen gemäß Art. XVI Abs. 1 DBA-USA 1966 an die zuständige amerikanische Behörde richten und dort anfragen müssen, ob B unter der dem FG bekannten Adresse oder anderswo in den Vereinigten Staaten im Dezember 1975 einen Wohnsitz i. S. des Art. II Abs. 2 Satz 1 DBA-USA 1966 hatte. Das FG hätte auch das FA gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO heranziehen können, seinerseits ein entsprechendes Auskunftsersuchen an die zuständige amerikanische Behörde auf dem Dienstweg zu richten.

6. Die Vorentscheidung beruht auf dem erwähnten Irrtum über die materielle Rechtslage, weil das FG der Klage hätte stattgeben müssen, wenn mit Hilfe des Auskunftsersuchens ein Wohnsitz des B im Dezember 1975 in den Vereinigten Staaten nachgewiesen worden wäre. Die Vorentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Sie war aufzuheben. Es ist Sache des FG, die erforderliche Sachverhaltsaufklärung nachzuholen. Zu diesem Zweck wird die Sache an das FG zurückverwiesen.