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BFH-Urteil vom 4.11.1986 (VIII R 82/85) BStBl. 1987 II S. 336

Ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis ist auch dann tatsächlich durchgeführt, wenn die Arbeitslöhne laufend auf ein Sparbuch des Arbeitnehmer-Ehegatten überwiesen werden, dieser aber von dem Sparbuch - ohne zeitlichen Zusammenhang mit den Lohnzahlungen - größere Beträge abhebt und dem Arbeitgeber-Ehegatten schenkt.

EStG § 4 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Ehemann (Kläger) betreibt eine Metzgerei (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Ehefrau (Klägerin) arbeitet im Betrieb des Klägers mit. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, daß das Arbeitsverhältnis in den Streitjahren 1978 bis 1980 nicht durchgeführt worden sei. Der Betriebsprüfer hatte festgestellt, daß die Löhne zwar laufend auf ein Sparbuch der Klägerin überwiesen worden waren (im Streitzeitraum insgesamt 41.598,44 DM). Von dem Sparbuch waren jedoch mehrmals größere Beträge abgehoben (insgesamt 39.500 DM) und größtenteils auf das Geschäftskonto des Klägers eingezahlt worden. Der Kläger verwandte diese Gelder zur Bezahlung von Handwerkerrechnungen für Reparaturarbeiten an einem ihm gehörigen, im Privatvermögen befindlichen Gebäude.

Das FA erließ vorbehaltlose Einkommensteuerbescheide für 1978 bis 1980, in denen die Lohnaufwendungen für die Klägerin (1978 19.323,94 DM, 1979 21.026,44 DM und 1980 21.026,44 DM) nicht als Betriebsausgaben des Klägers berücksichtigt wurden; andererseits wurden für die Klägerin nicht mehr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es legte dar: Die Lohnzahlungen seien entgegen der Auffassung des FA in das Vermögen der Klägerin übergegangen. Unerheblich sei, daß das Geld teilweise wieder an die Kläger zurückgeflossen sei. Es sei ohne Belang, wie der Arbeitnehmer-Ehegatte die ihm zugeflossenen Lohnbeträge verwende. Die Mittel müßten nicht auch künftig im Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten - getrennt von dem Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten - verbleiben. Der Arbeitnehmer-Ehegatte könne die Mittel vielmehr dem Arbeitgeber-Ehegatten überlassen oder gar - wie hier geschehen - schenken. Der Sachverhalt sei nicht anders zu beurteilen als der Fall, daß die Ehefrau den bei einem fremden Arbeitgeber verdienten Lohn ihrem Ehemann schenke. Allerdings seien Mißbräuche derart denkbar, daß die Rückzahlung auf eine Zahlung der Bezüge nur "zum Schein" schließen lasse. Ein solcher Schluß sei indessen regelmäßig nur zulässig, wenn die Zahlungen und Rückzahlungen einander "in gleichem Umfang in engem zeitlichen Zusammenhang" folgten. Hier sei unregelmäßig "zurückgezahlt" worden. Dem FA könne auch nicht in der Hilfserwägung gefolgt werden, der Kläger dürfe bei der Anerkennung des Arbeitsverhältnisses die Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen. Der Kläger habe die Reparaturaufwendungen für das Gebäude selbst getragen, nachdem ihm die Klägerin die Beträge zuvor geschenkt habe.

Das FA macht mit der Revision geltend: Das Arbeitsverhältnis sei nicht wie unter Fremden vollzogen worden. Denn ein fremder Arbeitnehmer hätte sein Gehalt nicht seinem Arbeitgeber zurückgeschenkt. Eine Rückgewährung von Gehaltszahlungen zeige entweder, daß sich der Arbeitgeber-Ehegatte eine entgeltliche Mitarbeit seines Ehegatten finanziell nicht leisten könne und einen fremden Arbeitnehmer nicht angestellt haben würde, oder aber, daß das Gehalt nur der Form halber gezahlt würde. Dieser Beurteilung stehe nicht das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84 (BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48) entgegen, das die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses angenommen habe, bei dem der Arbeitnehmer-Ehegatte dem Arbeitgeber-Ehegatten Darlehen gewährt und sich daher nicht vollends der Verfügungsmacht an den Lohnbeträgen begeben habe. Im Streitfall habe die Klägerin praktisch nichts erhalten. Hilfsweise seien Werbungskosten des Klägers zu verneinen, soweit die Reparaturaufwendungen mit Geldern der Klägerin bezahlt worden seien. Der Kläger habe insoweit keine Aufwendungen gehabt.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten sind steuerrechtlich unter der Voraussetzung anzuerkennen, daß sie ernstlich vereinbart und der Vereinbarung entsprechend tatsächlich durchgeführt werden (Urteil des Senats in BFHE 142, 215, 217, BStBl II 1986, 48 m.w.N.). Eine ernstliche Vereinbarung und eine der Vereinbarung entsprechende tatsächliche Mitarbeit der Klägerin im Betrieb des Klägers sind vom FG nicht in Zweifel gezogen worden. Auch die Revision erhebt insoweit keine Beanstandungen.

Entgegen der Auffassung des FA ist das Arbeitsverhältnis auch hinsichtlich der Auszahlung der vereinbarten Löhne tatsächlich durchgeführt worden. Die Löhne wurden laufend auf das Sparbuch der Klägerin überwiesen. Die Lohnbeträge hatten mit der Gutschrift auf dem Sparbuch der Klägerin den Vermögensbereich des Klägers verlassen. Sie befanden sich in der alleinigen Verfügungsbefugnis der Klägerin. Mit dem FG ist es als unerheblich anzusehen, daß die Klägerin dem Kläger einen großen Teil der erhaltenen Lohnbeträge wieder schenkte und auf das Geschäftskonto des Klägers einzahlte.

Dem FA ist zuzugeben, daß die Durchführung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses daran zu messen ist, ob es auch unter Fremden so durchgeführt worden wäre. Es ist auch richtig, daß ein fremder Arbeitnehmer mit Sicherheit dem Kläger nicht innerhalb des Streitzeitraums mehrmals Beträge zwischen 4.000 DM bis 8.000 DM geschenkt hätte. Der Fremdvergleich ist jedoch auf Inhalt und Durchführung des Vertrags beschränkt. Ist ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis wie unter Fremden vereinbart und vollzogen worden, ist kein Raum dafür, den Fremdvergleich auch auf die Verwendung des Vermögens zu erstrecken, das der Arbeitnehmer-Ehegatte mit den erhaltenen Löhnen gebildet hat. Ein solches Vorgehen müßte zu einer Separierung des Arbeitnehmer-Ehegatten-Vermögens führen; die betroffenen Vermögensteile müßten steuerlich überwacht werden. Der Arbeitnehmer-Ehegatte ist indessen frei in der Verwendung der erhaltenen Löhne. Er kann sie auch ehegemäß verbrauchen, also für gemeinsame Haushaltszwecke, zur Finanzierung einer gemeinsamen Vermögensanlage oder - wie hier geschehen - ohne erkennbare Gegenleistung zur finanziellen Unterstützung des anderen Ehegatten. Im letzten Fall ist der Arbeitgeber-Ehegatte aus der Sicht des Arbeitnehmer-Ehegatten nicht mehr Arbeitgeber, sondern ein unterstützungsbedürftiger Ehepartner.

Diese Rechtsauffassung liegt bereits dem Urteil des Senats in BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48 zugrunde. Dort wurde es als unschädlich angesehen, daß das in die Verfügungsmacht des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangte Arbeitsentgelt dem Arbeitgeber-Ehegatten aus freien Stücken als Darlehen zur Verfügung gestellt wurde. Die Darlehenshingabe an den Arbeitgeber-Ehegatten ist eine der Möglichkeiten, die der Arbeitnehmer-Ehegatte hat, um das in sein Vermögen gelangte Arbeitsentgelt zu verwenden (siehe auch BFH-Urteil vom 30. Juni 1971 I R 30/69, BFHE 103, 328, 331 f., BStBl II 1972, 112). Vorauszusetzen ist lediglich, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte freie Verfügungsgewalt an den Geldbeträgen hat, also nicht schon vorweg auf eine Verwendung zugunsten des Arbeitgeber-Ehegatten festgelegt ist.

Denkbar ist allerdings, wie in dem Urteil des Senats in BFHE 142, 215, 220, BStBl II 1986, 48 für die Darlehenshingabe dargelegt, daß aus der Art und Weise der Geldhingabe auf einen Verzicht auf Entlohnung geschlossen werden kann. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, ist im Streitfall eine solche Gestaltung auszuschließen. Das FG hat seine Würdigung vor allem auf die Erwägung gestützt, daß die Zahlungen der Klägerin an den Kläger im Umfang nicht den Lohnzahlungen entsprachen und nicht in zeitlichem Zusammenhang mit den Lohnzahlungen geleistet wurden. Eine solche Würdigung erscheint möglich.

Danach stellen die Lohnzahlungen Betriebsausgaben des Klägers (§ 4 Abs. 4 EStG) und Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin dar (§ 19 EStG).

Dem FA kann auch nicht in der Hilfserwägung zugestimmt werden, daß die Reparaturkosten, soweit sie der Kläger mit geschenkten Geldern der Klägerin bestritten hat, keine Werbungskosten im Sinne der §§ 21, 9 EStG seien. Das FG hat zu Recht Aufwendungen des Klägers bejaht. Der Kläger hatte die Handwerker beauftragt. Die Rechnungen waren ihm gegenüber ausgestellt worden. Er hatte die Rechnungen mit eigenen Geldern bezahlt; denn auch geschenkte Gelder sind eigene Gelder. Die vom FA angeführten Urteile des erkennenden Senats behandeln Sachverhalte, die mit dem Streitfall nicht vergleichbar sind. In dem Urteil vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77 (BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401) versagte der Senat einem Steuerpflichtigen den Werbungskostenabzug von Absetzungen für Abnutzung für den Miteigentumsanteil seiner Ehefrau an einer Eigentumswohnung; im Streitfall steht das Gebäude im Alleineigentum des Klägers. Der Senat lehnte in dem Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78 (BFHE 131, 216, BStBl II 1981, 299) einen Werbungskostenabzug von Grundstücksaufwendungen durch den Bruttonießbraucher ab, weil der Nießbrauchsbesteller - anders als hier die Klägerin - verpflichtet war, die Aufwendungen zu tragen. Schließlich wurden in dem Urteil vom 28. Juli 1981 VIII R 141/77 (BFHE 134, 409, BStBl II 1982, 454) den Nießbrauchern eines Miteigentumsanteils an einem Einfamilienhaus erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG versagt, weil sie - anders als der Kläger - nicht Eigentümer waren.