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BFH-Urteil vom 3.2.1987 (VII R 116/82) BStBl. 1987 II S. 346

1. Für die Klage einer Steuerberaterkammer gegen die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft durch das Landesfinanzministerium ist der Finanzrechtsweg gegeben.

2. Macht die Steuerberaterkammer geltend, die Firma der Steuerberatungsgesellschaft (1.) enthalte einen Zusatz mit einem unzulässigen Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit, so ist sie wegen eigener Beschwer klagebefugt.

3. Zur Rechtswidrigkeit der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft, deren Firma den Zusatz "Land-" enthält.

StBerG § 43 Abs. 4 Satz 2, §§ 49 ff., § 76 Abs. 1, § 158 Nr. 3, § 164a; DVStB § 40 Abs. 3; AO 1977 § 132 Satz 2, § 349 Abs. 3 Nr. 1; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 3, § 40 Abs. 2, § 44 Abs. 1, § 100 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Nachdem die Beigeladene (Steuerberatungsgesellschaft) ihren Namen "AGRAR-Steuerberatungsgesellschaft mbH" in "Landtreuhand Südl. ....-Steuerberatungsgesellschaft" geändert hatte, erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzministerium - FinMin -) sie mit Bescheid vom 9. November 1978 als Steuerberatungsgesellschaft an. Die dagegen von der Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerberaterkammer) erhobene Klage mit dem Antrag, die Anerkennung wegen unzulässiger Firmenbezeichnung aufzuheben, wies das Finanzgericht (FG) ab.

Entscheidungsgründe

I.

Die Revision der Steuerberaterkammer ist zulässig.

Der Auffassung der Steuerberatungsgesellschaft, es fehle an einer Beschwer der Steuerberaterkammer als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision, kann nicht gefolgt werden. Ihre Beschwer ergibt sich daraus, daß ihre Klage durch die Vorentscheidung abgewiesen worden ist. Die formelle Beschwer, die darin besteht, daß das FG dem Klagebegehren der Steuerberaterkammer nicht entsprochen hat, reicht für die Zulässigkeit der Revision aus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Juni 1976 IV R 236/71, BFHE 120, 348, 352, BStBl II 1977, 62).

II.

Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des Anerkennungsbescheids des FinMin.

1. Das FG ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klage der Steuerberaterkammer zulässig ist.

a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Finanzrechtsweg gegeben ist.

Maßgebend dafür ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) allein, daß Gegenstand des Rechtsstreits eine öffentlich-rechtliche oder berufsrechtliche Streitigkeit über eine Angelegenheit ist, die durch den Ersten Teil, den Zweiten oder Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils oder den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des StBerG geregelt ist. Das trifft im Streitfall zu. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft durch das FinMin. Die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft ist im Zweiten Abschnitt (Dritter Unterabschnitt) des Zweiten Teils des StBerG geregelt.

Der Einwand der Steuerberatungsgesellschaft, der Finanzrechtsweg sei nicht zulässig, weil die Steuerberaterkammer in Verfolgung ihrer Auffassung, sie - die Steuerberatungsgesellschaft - dürfe die gewählte Firmenbezeichnung in der jetzigen Form nicht führen, ein berufsgerichtliches Verfahren hätte anstreben müssen, geht im übrigen auch deshalb fehl, weil das Begehren der Steuerberaterkammer, den Anerkennungsbescheid aufzuheben, nicht zum Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens nach dem Fünften Abschnitt des StBerG gemacht werden kann. Was Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens sein kann, ist in § 90 StBerG bestimmt. Die Aufhebung eines Anerkennungsbescheids gehört nicht dazu.

Gegen die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Steuerberaterkammer sei nicht befugt, gegen die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft vorzugehen. Auf diese Befugnis kommt es für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs nicht an. Insoweit ist allein maßgebend, daß das Klagebegehren eine Angelegenheit i.S. des § 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO betrifft. Die Frage, ob die Steuerberaterkammer befugt ist, gegen die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft vorzugehen, erlangt erst bei der Entscheidung über die Klagebefugnis Bedeutung, die davon abhängig ist, ob eine Rechtsverletzung des Klägers in Betracht kommen kann (vgl. § 40 Abs. 2 FGO).

b) Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Steuerberaterkammer zur Klage befugt ist.

aa) Die von der Steuerberaterkammer erhobene Klage ist eine gegen den Bescheid über die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft gerichtete Anfechtungsklage. Gegenstand der Klage ist also die Anfechtung dieses Bescheids und nicht etwa dessen Widerruf. Die Klagebefugnis setzt demgemäß voraus, daß von der Steuerberaterkammer eine Rechtsverletzung als Folge des angefochtenen Anerkennungsbescheids geltend gemacht wird (§ 40 Abs. 2 FGO). Die dazu erforderliche Rechtsschutzbehauptung reicht für die Zulässigkeit einer Klage nur dann nicht aus, wenn sie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht in dem Sinne unschlüssig ist, daß die vom Kläger als verletzt behaupteten Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise bestehen oder zustehen können (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 22. Juni 1979 4 C 40.75, Die Öffentliche Verwaltung - DÖV - 1980, 135, 137; vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Oktober 1970 I R 81,82,92-94/68, BFHE 100, 295, 297, BStBl II 1971, 30). Dabei ist allerdings zu beachten, daß durch § 40 Abs. 2 FGO nicht nur der Ausschluß der Popularklage, sondern auch der Klage von Personen gewährleistet werden soll, die zwar ein gewisses Interesse an den durch den Verwaltungsakt geregelten Rechtsbeziehungen haben, selbst durch den Verwaltungsakt aber nicht in einer Weise betroffen sind, die sich als eine Verletzung eigener Rechte darstellen könnte (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 1982 VII R 45/80, BFHE 136, 449, 451, BStBl II 1983, 51, und vom 4. April 1984 I R 269/81, BFHE 140, 509, BStBl II 1984, 563).

bb) Eine Rechtsverletzung zum Nachteil der Steuerberaterkammer kann sich daraus ergeben, daß die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft unmittelbar deren Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer zur Folge hat, ohne daß dazu noch eine weitere Maßnahme erforderlich ist (§ 74 StBerG; vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 29. Januar 1980 VII B 34/79, BFHE 129, 536, BStBl II 1980, 303). Die Anerkennung bewirkt also unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen der Steuerberaterkammer und der Steuerberatungsgesellschaft. Das bedeutet, daß diese Rechtsbeziehungen unmittelbar auf einem rechtswidrigen Verwaltungsakt beruhen, wenn der Anerkennungsbescheid rechtswidrig ist.

Die Frage, ob das bereits ausreicht, um der Steuerberaterkammer die Klagebefugnis mit dem Ziel zubilligen zu müssen, die Aufhebung des Anerkennungsbescheids zu erreichen (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 13. Dezember 1977 VII R 72/76, BFHE 124, 290, 293, BStBl II 1978, 243) oder ob dazu außerdem erforderlich ist, daß die Steuerberaterkammer ein eigenes - subjektives - Recht geltend macht, das darauf gerichtet ist, die Begründung der Mitgliedschaft einer Steuerberatungsgesellschaft durch einen rechtswidrigen Anerkennungsbescheid abzuwehren, braucht nicht entschieden zu werden. Denn im Streitfall macht die Steuerberaterkammer nicht nur geltend, der Anerkennungsbescheid sei rechtswidrig. Ihrem Vorbringen ist vielmehr auch zu entnehmen, daß sie dadurch - subjektiv - in eigenen Rechten verletzt werde und deshalb die Aufhebung des Anerkennungsbescheids fordern könne.

cc) Die Verletzung eigener Rechte kann sich bereits aus dem Vorbringen der Steuerberaterkammer zur Rechtswidrigkeit der Firmenbezeichnung in der gegenwärtigen Form ergeben. Diese Rechte sind aus der Aufgabe der Steuerberaterkammer nach § 76 Abs. 1 StBerG zu entnehmen. Nach dieser Vorschrift hat die Steuerberaterkammer die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren und die Erfüllung der beruflichen Pflichten zu überwachen. Diese Aufgabe verpflichtet sie u.a., dafür zu sorgen, daß ihre Mitglieder nur die gesetzlich zulässigen Berufsbezeichnungen i.S. des § 43 StBerG führen.

Mit der Führung einer gesetzlich unzulässigen Berufsbezeichnung verstößt ein Mitglied gegen seine beruflichen Pflichten, zu denen gehört, daß es nur eine nach § 43 StBerG zulässige Berufsbezeichnung führt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 1980 VII R 20/77, BFHE 132, 372, 376, BStBl II 1981, 343). Das ist eine berufliche Pflicht, da sie die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerberaterkammern betrifft. Durch sie soll die Wettbewerbsgleichheit gewahrt und der Gefahr einer Irreführung etwa durch Hinweise auf besondere Sachkompetenzen entgegengewirkt werden (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 16. Januar 1981 I ZR 29/79, BGHZ 79, 390, 395 f., und vom 14. März 1985 I ZR 66/83, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1986, 260). Ein Verstoß gegen diese Pflicht bewirkt gleichzeitig eine Verletzung der Pflicht nach den §§ 57, 72 StBerG, auf eine berufswidrige Werbung zu verzichten.

Das sich daraus ergebende Verbot der berufswidrigen Werbung dient aber, wie das Bundesverfassungsgericht - BVerfG - (Beschluß vom 20. April 1982 1 BvR 522/78, BVerfGE 60, 215, 231 f.) dargelegt hat, auch dazu, die berufliche Betätigung auf dem Gebiet der Steuerberatung in den Bahnen des Anstandes, der Redlichkeit und der von der Überzeugung der Berufsangehörigen getragenen "guten Sitten" zu halten. Daran zeigt sich, daß die genannte Pflicht auch im Interesse der Belange der Gesamtheit der Mitglieder einer Steuerberaterkammer zu erfüllen ist, die die Steuerberaterkammer nach § 76 Abs. 1 StBerG zu wahren hat. Auch der BGH ist in seiner Entscheidung in BGHZ 79, 390 erkennbar davon ausgegangen, daß der Steuerberaterkammer aus der Aufgabe nach § 76 Abs. 1 StBerG subjektive Rechte zur Abwehr des Gebrauchs einer gesetzwidrigen Berufsbezeichnung erwachsen können. Er hat einer Steuerberaterkammer aus diesem Grunde die Klagebefugnis zur Abwehr von Wettbewerbsverstößen durch Unterlassungsklage aufgrund der Aufgabenregelung in § 76 Abs. 1 StBerG zuerkannt.

dd) Für die Richtigkeit der Auffassung, daß der Steuerberaterkammer gegen die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft subjektive Rechte zustehen können, spricht auch, daß sie nach § 40 Abs. 3 Satz 1 DVStB vor der behördlichen Entscheidung über den Anerkennungsantrag zu hören ist. Daraus ist zu folgern, daß die Steuerberaterkammer formell am Verwaltungsverfahren beteiligt werden soll, und nicht nur, daß sie zur gutachtlichen Äußerung herangezogen werden kann. Die Regelung in § 40 Abs. 3 Satz 1 DVStB beruht erkennbar auf der Ermächtigung des § 158 Nr. 3 StBerG, nach der durch Rechtsverordnung Bestimmungen über das Verfahren bei der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft erlassen werden können. Im übrigen wäre eine besondere gesetzliche Bestimmung über die Anhörung nicht erforderlich gewesen, wenn nur eine gutachtliche Äußerung der Steuerberaterkammer angestrebt worden wäre. Eine formelle Beteiligung der Steuerberaterkammer am Anerkennungsverfahren entspricht den Auswirkungen der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft auf die Rechtssphäre der Steuerberaterkammer. Diese gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung am Verfahren spricht somit dafür, daß der Steuerberaterkammer Rechte gegen die Anerkennung zustehen können (vgl. Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 42 Rdnr. 98 a).

ee) Bedenken dagegen, daß die Steuerberaterkammer wegen einer Rechtsverletzung der aufgezeigten Art zur Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Anerkennungsbescheid befugt ist, ergeben sich auch nicht daraus, daß die Steuerberaterkammer ein Mitgliederverband ist. Es ist unstreitig, daß auch ein Verband zur Erhebung einer Anfechtungsklage befugt ist, wenn er sich gegen einen Verwaltungsakt wendet, durch den nach seinem Vorbringen die Verletzung eigener (subjektiver) Rechte eingetreten sein kann (vgl. Eyermann/Fröhler, a.a.O., Rdnr. 85 a; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Anm. 93), und zwar auch dann, wenn die Rechtsverletzung die Folge einer "Doppelwirkung" des angefochtenen Verwaltungsakts ist (vgl. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl., § 42 Anm. 16), indem ein den Adressaten begünstigender Verwaltungsakt zugleich die Rechte eines anderen verletzt. Die Bedenken, die gegen die Zulässigkeit von Verbandsklagen in Fällen erhoben worden sind, in denen die Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. dazu Naumann in DÖV 1971, 378; Bettermann in Zeitschrift für Zivilprozeß - ZZP - 1972, 133; Stelkens in Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl - 1975, 137) greifen somit in Fällen der vorliegenden Art nicht durch.

c) Die Zulässigkeit der Klage ist nicht von der erfolglosen Durchführung eines - behördlichen - Vorverfahrens i.S. des § 44 Abs. 1 FGO abhängig, da gegen den Anerkennungsbescheid ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben war. Als außergerichtlicher Rechtsbehelf hätte allenfalls die Beschwerde nach den § 164a StBerG, § 349 der Abgabenordnung (AO 1977) in Betracht kommen können, da die Verwaltungsakte, gegen die der Einspruch gegeben ist, im Gesetz besonders genannt sind (§ 348 AO 1977) und der Anerkennungsbescheid nicht dazu gehört. Da der Anerkennungsbescheid aber von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, ist nach den § 164a StBerG, § 349 Abs. 3 Nr. 1 AO 1977 die Beschwerde nicht gegeben (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BFHE 124, 290, BStBl II 1978, 243).

2. Die zulässige Klage ist entgegen der Auffassung des FG auch begründet. Der Anerkennungsbescheid ist nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und die Steuerberaterkammer in ihren Rechten verletzt.

a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. Urteile vom 26. März 1981 VII R 14/78, BFHE 133, 322, 326, BStBl II 1981, 586, und in BFHE 132, 372, 376, BStBl II 1981, 343), ist bei der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft nicht nur zu beachten, ob die Voraussetzungen der §§ 49 ff. StBerG erfüllt sind. Vielmehr ist die Anerkennung auch zu versagen, wenn andere Vorschriften nicht eingehalten sind, die eine anerkannte Steuerberatungsgesellschaft beachten muß. Dazu gehört nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG, daß die Firma der Steuerberatungsgesellschaft keinen "anderen" Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit enthält. Zur Beachtung dieses Verbots zwingen nicht nur Sinn und Zweck des Anerkennungsverfahrens sowie die in § 53 StBerG bestimmte Verpflichtung, die Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" in die Firma aufzunehmen (vgl. dazu BFHE 132, 372, 376). Es ist auch mit Sinn und Zweck des genannten Verbots nicht vereinbar, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft anerkannt wird, obwohl ihre Firma einen unzulässigen Hinweis enthält. Durch das Verbot soll, wie dargelegt, die Wettbewerbsgleichheit gewahrt und die Gefahr einer Irreführung durch Hinweise auf besondere Sachkompetenzen entgegengewirkt und gleichzeitig die berufliche Betätigung in den Bahnen des Anstandes, der Redlichkeit und "guten Sitten" gehalten werden (BGHZ 79, 390, 395; BVerfGE 60, 215, 231 f.). Diese Ziele gestatten es nicht, eine Steuerberatungsgesellschaft, deren Firma einen derartigen Hinweis enthält, anzuerkennen und ihr dadurch zu ermöglichen, unter der Firma mit einem unzulässigen Hinweis aufzutreten.

b) Das FG hat verkannt, daß der Bestandteil "Land-" der Firma der Steuerberatungsgesellschaft ein unzulässiger Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit i.S. des § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG ist.

aa) Nach § 53 StBerG besteht für eine Steuerberatungsgesellschaft die Pflicht, die Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" in der Firma zu führen. Andere Zusätze als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit sind nicht erlaubt (BFHE 132, 372, 376). Das folgt für Steuerberatungsgesellschaften aus dem Zusammenhang der Regelungen in den §§ 43, 53 StBerG (vgl. dazu BGHZ 79, 390, 395 ff.; HFR 1986, 260). Danach ist die Verpflichtung der Steuerberatungsgesellschaft nach § 53 StBerG, die Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" in die Firma aufzunehmen, im Zusammenhang mit dem Verbot der Verwendung anderer Bezeichnungen zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG, und unter Beachtung der Regelungen in § 43 Abs. 1 und 2 StBerG, nach denen Steuerberater Zusätze zu ihren Berufsbezeichnungen grundsätzlich nicht führen dürfen, dahin auszulegen, daß eine Steuerberatungsgesellschaft andere - also auch weitere - Firmenzusätze, die auf eine steuerberatende Tätigkeit hinweisen, nicht führen darf.

bb) Der Zusatz "Land-" in der Firma der Steuerberatungsgesellschaft ist als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit i.S. des § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG anzusehen.

Ein solcher Hinweis kommt stets dann in Betracht, wenn ein Firmenzusatz im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" wegen deren Bedeutung als allgemeiner Hinweis auf die steuerberatende Tätigkeit der Gesellschaft geeignet ist, bei denjenigen, die Hilfe in Steuersachen in Anspruch nehmen wollen, den Eindruck zu vermitteln, die Steuerberatungsgesellschaft habe ihre Steuerberatungstätigkeit spezialisiert und sei deshalb zu einer besonders qualifizierten Hilfeleistung in Steuersachen etwa für bestimmte Kreise von Hilfesuchenden in der Lage. Denn unter diesen Voraussetzungen geht von dem Zusatz eine Werbewirkung durch Hervorhebung von Spezialkenntnissen aus, was - wie dargelegt - vermieden werden muß.

Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Steuerberatungsgesellschaft, die einen solchen Firmenzusatz führt, die Werbewirkung bewußt geworden ist oder ob sie mit der Werbewirkung des Zusatzes Erfolg gehabt hat. Maßgebend ist allein, daß der Zusatz geeignet ist, auf eine spezialisierte oder qualifizierte Steuerberatungstätigkeit hinzuweisen. Zur Wahrung der Belange der Gesamtheit der Mitglieder sowie zur Durchsetzung der Erfüllung beruflicher Pflichten ist erforderlich, die Verletzung von Pflichten zu verhindern, durch die Wettbewerbsgleichheit und das Werbeverbot gefährdet werden. Eine "Wahrung" der Belange der Gesamtheit der Mitglieder und eine "Überwachung" der Pflichterfüllung kann nur umfassend und wirksam vorgenommen werden, wenn die Steuerberaterkammer auch darauf bedacht ist, Beeinträchtigungen von vornherein zu verhindern, und nicht erst darauf, bereits eingetretene zu beseitigen. Das ist aber nur zu verwirklichen, wenn darauf abgestellt wird, ob ein Firmenzusatz geeignet ist, bei Hilfesuchenden eine Werbewirkung zu erzeugen.

Der Zusatz "Land-" ist dazu geeignet, und zwar schon deshalb, weil er dahin verstanden werden kann, die Steuerberatungsgesellschaft habe ihre berufliche Tätigkeit besonders auf Hilfesuchende aus den Bereichen der Landwirtschaft ausgerichtet. Ohne Bedeutung ist dabei, daß der Begriff "Land-" mehrdeutig ist. Maßgebend ist allein, daß er von Hilfesuchenden im vorgenannten Sinne verstanden werden kann, da die Frage nach der Zulässigkeit des Zusatzes danach zu beurteilen ist, ob der Zusatz geeignet ist, als Hinweis auf eine spezialisierte oder qualifizierte Steuerberatungstätigkeit verstanden zu werden. Eine andere Betrachtungsweise wäre mit dem Ziel des Verbots von Zusätzen, die auf eine steuerberatende Tätigkeit hinweisen, die Wettbewerbsgleichheit zu wahren und die Gefahr von Irreführungen zu vermeiden, nicht zu vereinbaren.

Ob eine völlig fernliegende Bedeutung eines Zusatzes unschädlich wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Denn die Auslegung des Zusatzes "Land-" im vorgenannten Sinne ist nicht fernliegend, drängt sich auch bei Beachtung der anderen Bedeutungen bei unbefangener Betrachtungsweise vielmehr auf.

Für die Frage, ob der Zusatz "Land-" als Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit anzusehen ist, kommt es nicht darauf an, daß er Wortteil des in der Firma der Steuerberatungsgesellschaft enthaltenen Ausdrucks "Landtreuhand" ist und nach der Folge der Begriffe, die die Firma bilden, nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bezeichnung "Steuerberatungsgesellschaft" steht. Ob ein Zusatz auf eine steuerberatende Tätigkeit hinweist, ist unter Beachtung der Firmenbezeichnung insgesamt zu entscheiden. Maßgebend ist dabei, wie dargelegt, der Eindruck, der bei interessierten Betrachtern erweckt werden kann.

Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß auch das FG nach seinen Ausführungen zu dem Ergebnis gelangt ist, von dem Zusatz "Land-" gehe eine Werbewirkung aus. Seiner Auffassung, daß sich das nach der bestehenden Rechtslage nicht verhindern lasse, kann nicht gefolgt werden.

c) Die Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft trotz des unzulässigen Firmenzusatzes verletzt die Steuerberaterkammer in ihren Rechten.

Wie bereits dargelegt, hat die Steuerberaterkammer ein subjektives Recht darauf, daß eine Steuerberatungsgesellschaft nur anerkannt wird, wenn ihre Firma den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Mit Rücksicht darauf braucht nicht entschieden zu werden, ob der Anerkennungsbescheid auch dann aufzuheben wäre, wenn er zwar objektiv rechtswidrig wäre, die Rechte der Steuerberaterkammer durch ihn aber nicht beeinträchtigt würden.

d) Für die Entscheidung über die Revision ist ohne Bedeutung, ob Steuerberatungsgesellschaften mit gleichen oder vergleichbaren Zusätzen bereits anerkannt sind. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann daraus nicht hergeleitet werden. Der aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abzuleitende Anspruch auf Rechtsanwendungsgleichheit begründet keinen Anspruch auf Fortführung einer gesetzwidrigen Verwaltungspraxis (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 7. August 1985 1 BvR 707/85, HFR 1987, 34).

e) Gegen die Aufhebung des Anerkennungsbescheids kann schließlich nicht mit Erfolg eingewandt werden, dadurch werde die Existenz der Steuerberatungsgesellschaft vernichtet oder zumindest in deren ausgeübten und eingerichteten Praxisbetrieb eingegriffen. Dieser Einwand der Steuerberatungsgesellschaft beruht auf der Auffassung, sie müsse mit Rücksicht auf die erteilte Anerkennung und deren Fortbestand so behandelt werden, als sei nun der Widerruf der Anerkennung Gegenstand des Rechtsstreits, und ihr Vertrauen in den Fortbestand der Anerkennung müsse so geschützt werden, als sei die Anerkennung widerrufen worden. Diese Auffassung geht jedoch fehl. Die Steuerberatungsgesellschaft verkennt insoweit die Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben, daß ein wirksam angefochtener Anerkennungsbescheid Gegenstand des Rechtsstreits ist.

Es ist zu berücksichtigen, daß in den Fällen, in denen ein angefochtener begünstigender Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen wird, der sich aus § 130 Abs. 2 und 3 und aus § 131 Abs. 2 und 3 AO 1977 ergebende Vertrauensschutz in den Fortbestand des Verwaltungsakts nach der bestehenden Rechtslage nicht zu gewähren ist, wenn ein Dritter den Verwaltungsakt wirksam angefochten hat. Das folgt aus § 132 Satz 2 AO 1977. Dadurch soll erreicht werden, daß dem Rechtsbehelf des Dritten ohne Rücksicht auf die Beschränkungen nach den Regelungen in § 130 Abs. 2 und 3 und in § 131 Abs. 2 und 3 AO 1977 abgeholfen werden kann (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 132 AO 1977 Tz. 2) und daß der Bestandsschutz des Begünstigten sich nicht als Verminderung des Rechtsschutzes anderer auswirkt (vgl. Spanner in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 132 AO 1977 Anm. 4).

Daraus ergibt sich, daß den durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt Begünstigten die Berufung auf einen Bestandsschutz nach dem geltenden Recht versagt ist, wenn ein Dritter den Verwaltungsakt mit Erfolg angefochten hat. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn der Steuerberatungsgesellschaft im Streitfall Vergünstigungen zuerkannt würden, die sie auf ihr Vertrauen in den Fortbestand der Anerkennung gründet. Die Steuerberatungsgesellschaft hat danach mit Rücksicht auf die nachteiligen Auswirkungen für die Steuerberaterkammer kein Recht darauf, in der Stellung geschützt zu werden, die sie durch die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft erlangt hat.

f) Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann darin nicht erblickt werden. Die Aufhebung des Anerkennungsbescheids aufgrund der Anfechtungsklage ist die nach dem Gesetz (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) gebotene Maßnahme. Diese Maßnahme erscheint auch zur Erreichung des angestrebten Zwecks (Beseitigung der Rechtsverletzung durch den Verwaltungsakt) geeignet und erforderlich.

Unter diesen Umständen könnte ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Aufhebung der Anerkennung außer Verhältnis zu dem Gewicht der Rechtsverletzung stünde (vgl. BVerfG-Beschluß vom 8. Oktober 1985 1 BvL 17,19/83, BVerfGE 70, 278, 286). Das trifft im Streitfall jedoch nicht zu. Mit der Aufhebung des Anerkennungsbescheids wird eine berufswidrige Werbung verhindert, die nach § 57 Abs. 1, § 72 Abs. 1 StBerG auch Steuerberatungsgesellschaften untersagt ist (vgl. BGHZ 79, 396 f.). Dieses Verbot ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfGE 60, 215, 231 f.). Das mit dem Werbeverbot verfolgte Ziel rechtfertigt es, der Sache (Verletzung von Rechten der Steuerberaterkammer durch Firmenführung mit unzulässigem Zusatz) im Streitfall keine untergeordnete Bedeutung beizumessen.

Im übrigen kann die Steuerberatungsgesellschaft nach zügiger Änderung ihrer Firma alsbald erneut die Anerkennung erwirken. Sie ist deshalb selbst in der Lage, die nachteiligen Folgen der Aufhebung der Anerkennung in möglichst engen Grenzen zu halten.