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BFH-Urteil vom 16.10.1986 (VII R 159/83) BStBl. 1987 II S. 405

Eine mit dem Steuerbescheid verbundene Abrechnung von (Umsatzsteuer-) Vorauszahlungen, die Fehler zugunsten des Steuerpflichtigen enthält, kann seit dem Inkrafttreten der AO 1977 nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO 1977 berichtigt werden.

AO 1977 § 130 Abs. 2, § 118; UStG 1973 § 18 Abs. 2 (EStG § 36 Abs. 2 und 4).

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

I.

Der Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte durch Bescheid vom 31. August 1978 die Umsatzsteuer 1974 gegen den Kläger und Revisionskläger (Kläger) auf ./. 7.074,80 DM fest. Das im Steuerbescheid und in der damit verbundenen Abrechnung der Höhe nach unverändert ausgewiesene Umsatzsteuerguthaben 1974 wurde im November 1978 in Höhe von 6.995,40 DM erstattet und in Höhe von 79,40 DM mit Gewerbesteuer 1973 verrechnet. Nachdem später festgestellt worden war, daß mit dem Bescheid vom 31. August 1978 die tatsächlichen Umsatzsteuervorauszahlungen nicht abgerechnet worden waren, kam es zwischen der Finanzverwaltung und dem Kläger zu Meinungsverschiedenheiten über die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis hinsichtlich der Umsatzsteuer 1974. Das FA erließ unter dem Datum vom 16. Juli 1982 gegen den Kläger einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977), mit dem ausgehend von der Umsatzsteuerschuld 1974 (Guthaben), den geleisteten Vorauszahlungen und den ausgezahlten Erstattungen der Umsatzsteuerrückstand 1974 auf 5.995,62 DM festgestellt wurde.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage beantragte der Kläger, den Abrechnungsbescheid aufzuheben. Er machte geltend, der Abrechnungsbescheid habe nicht erlassen werden dürfen. Mit dem Umsatzsteuerbescheid 1974 sei nicht nur die Steuer bestandskräftig festgesetzt worden, sondern auch die Abrechnung selbst. Diese enthalte zwar einen Rechtsfehler, da sie die an die Steuerkasse entrichteten Vorauszahlungen mit "0,00 DM" angebe. Die Abrechnung und die Auszahlungsverfügung stellten aber begünstigende Verwaltungsakte dar, die nicht mehr zurückgenommen oder geändert werden dürften.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit folgender Begründung ab: Der angefochtene Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig. Er sei inhaltlich nicht zu beanstanden, da auch der Kläger nichts vorgetragen habe, das die dargestellten Zahlungs- Umbuchungs- und Erstattungsvorgänge als unrichtig erscheinen lasse. Zu Unrecht gehe der Kläger davon aus, daß der Umsatzsteuerbescheid 1974 über die Verwirklichung des Steueranspruchs bereits unanfechtbar entschieden habe. Die Abrechnung über Steuerschuld und Umsatzsteuervorauszahlungen sei nicht Gegenstand der durch den Umsatzsteuerbescheid vorgenommenen Steuerfestsetzung. Die durch den Steuerbescheid festgesetzte Steuerschuld von ./. 7.074,80 DM sei zur Grundlage des angefochtenen Abrechnungsbescheids gemacht und von diesem nicht verändert worden. Die aus Zweckmäßigkeitserwägungen mit der Steuerfestsetzung in einem Bescheid zusammengefaßte Abrechnung betreffe die Steuererhebung. Da Steuerfestsetzung und Steuererhebung in ihrer rechtlichen Beurteilung voneinander zu trennen seien, finde § 172 AO 1977 auf die Abrechnung keine Anwendung.

Die im Umsatzsteuerbescheid 1974 enthaltene Abrechnung sei lediglich eine Kassenmitteilung und noch kein Abrechnungsbescheid i. S. des § 218 Abs. 2 AO 1977. Mit der Kassenmitteilung (Abrechnung), die die Funktion einer Saldenabstimmung habe, treffe die Verwaltung keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, sondern sie teile lediglich den Saldo des Steuerkontos mit. Diese stelle deshalb keinen Verwaltungsakt dar. Ebenso liege in der Erstattung selbst kein Verwaltungsakt, sondern eine tatsächliche Handlung der Behörde. Hier werde aus einer bereits getroffenen Entscheidung (Steuerbescheid) und der darauf aufbauenden Abrechnung nur die tatsächliche Folgerung (Auszahlung) gezogen. Mangels vorausgegangener verbindlicher Entscheidung durch Verwaltungsakt stünden deshalb dem Erlaß des angefochtenen Bescheids die §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 AO 1977 nicht entgegen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das FG habe verkannt, daß § 130 Abs. 2 AO 1977 dem Erlaß des angefochtenen Abrechnungsbescheids entgegengestanden habe. Die Verwirklichung des Steueranspruchs sei unanfechtbar bereits mit der Abrechnung im Umsatzsteuerbescheid vom 31. August 1978 und mit der nachfolgenden Steuererstattung geregelt worden. Beide hätten den Charakter begünstigender Verwaltungsakte und könnten deshalb, auch wenn die Abrechnung im Steuerbescheid fehlerhaft und rechtswidrig gewesen sei, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO 1977, die im Streitfall nicht gegeben seien, zurückgenommen werden. Da für ihn die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht erkennbar gewesen sei, habe er darauf vertrauen dürfen, daß er über den erstatteten Betrag verfügen könnte.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG geht davon aus, daß durch die fehlerhafte Abrechnung der Vorauszahlungen im Zusammenhang mit dem Erlaß des Umsatzsteuerbescheids 1974 mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts keinerlei Bindung für das FA eingetreten sei, die dieses hätte hindern können, den angefochtenen Abrechnungsbescheid, der die Abrechnung der Umsatzsteuervorauszahlungen richtig stellt, zu erlassen. Dieser Rechtsauffassung vermag der Senat nicht zu folgen.

1. Nach den Feststellungen im FG-Urteil, an die der Bundesfinanzhof (BFH) im Revisionsverfahren gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ist mit dem Umsatzsteuerbescheid 1974 vom 31. August 1978 eine Abrechnung über die Steuerschuld und die Umsatzsteuervorauszahlungen verbunden worden, die fehlerhaft war, so daß dem Kläger im November 1978 zu Unrecht der Betrag von 6.995,40 DM erstattet worden ist. Verfügungen des FA über die Abrechnung bzw. Anrechnung von entrichteten Vorauszahlungen oder einbehaltenen Steuerabzugsbeträgen auf die im Wege der Veranlagung festgesetzte Jahressteuerschuld (hier: § 18 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes 1973 - UStG -, ebenso: § 36 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ab 1975, § 47 EStG i. d. F. bis 1974) gehören zum Steuererhebungsverfahren. Sie werden nur aus Zweckmäßigkeitsgründen mit der Steuerfestsetzung in einem Bescheid verbunden. Trotz ihrer technischen Zusammenfassung handelt es sich der Sache nach bei dem Steuerbescheid und der Abrechnungs- (Anrechnungs-)verfügung um zwei Bescheide, die auch in ihrer rechtlichen Beurteilung voneinander zu trennen sind und hinsichtlich der Bestandskraft, Rücknahme und Änderbarkeit unterschiedlichen Vorschriften unterliegen (BFH-Urteile vom 11. November 1966 VI R 68/66, BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214; vom 24. Juni 1977 VI R 175/74, BFHE 122, 510, BStBl II 1977, 805, und vom 14. November 1984 I R 232/80, BFHE 142, 408, BStBl II 1985, 216; Schwarz/Dumke, Kommentar zur Abgabenordnung, § 218 Tz. 3; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 36 Tz. 200). Daraus folgt, daß für die Frage der Rücknahme oder Änderbarkeit der Anrechnungsverfügung die Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden (§§ 172 ff. AO 1977), auf die sich der Kläger u.a. beruft, keine Anwendung finden.

2. Nach der zur Rechtslage nach der Reichsabgabenordnung (AO) ergangenen Rechtsprechung des BFH handelte es sich bei der Anrechnung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen um Verfügungen i. S. von § AO, die auch nach der Unanfechtbarkeit des sie beinhaltenden Steuerbescheides jederzeit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist unbeschränkt zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen berichtigt werden konnten (BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214; BFHE 122, 510, BStBl II 1977, 805). Für den Fall der überhöhten Anrechnung und der darauf beruhenden Steuererstattung wurde die Anwendung der für begünstigende Verwaltungsakte geltenden einschränkenden Berichtigungsregelung des § 96 AO in diesen Entscheidungen mit der Begründung abgelehnt, daß diese Vorschrift nur für konstitutive (rechtsbegründende und rechtsändernde) Verfügungen gelte, nicht aber für deklaratorische Verwaltungsakte. Bei der Anrechnungsverfügung handele es sich aber nicht um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, da sie nur steuerliche Rechtsfolgen feststelle und dem Steuerpflichtigen keine Rechte gewähre, die er nicht auch ohne sie haben würde. Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung vertritt eine im Schrifttum verbreitete Ansicht auch für die Rechtslage nach der seit dem 1. Januar 1977 geltenden AO 1977 weiterhin die Auffassung, Anrechnungsverfügungen seien uneingeschränkt berichtigungsfähig (vgl. v. Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 218 AO 1977 Anm. 12; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 218 Tz. 6; Stuhrmann in Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 12. Aufl., § 36 Rz. 94; Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, a.a.O., § 36 Tz. 200; Nissen, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1977, 438).

Es bestehen aber Zweifel, ob diese Rechtsauffassung seit dem Inkrafttreten der AO 1977 noch mit dem Gesetz in Einklang steht. Denn § 130 Abs. 2 AO 1977 läßt die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte nur noch unter bestimmten eingeschränkten Voraussetzungen zu; ferner ist in dieser Vorschrift nunmehr der begünstigende Verwaltungsakt als ein solcher definiert, "der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat". Der Wortlaut dieser Vorschrift spricht dafür, daß sie im Gegensatz zu dem früher geltenden § 96 AO auch auf deklaratorische Verwaltungsakte, zu denen die überwiegende Meinung auch die lediglich rechtsbestätigenden Anrechnungsverfügungen zählt, Anwendung findet (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 130 AO 1977 Tz. 3, 4; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., Bem. 3a zu § 130 AO 1977; anderer Ansicht Nissen, DStZ/A 1977, 438, und Urteil des FG Bremen vom 21. November 1980 I 78/79, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 296). Daraus leitet eine neuere Meinung das Ergebnis her, daß eine erhöhte Anrechnung von Steuern, die einen zu hohen Erstattungsbetrag "bestätigt", einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt i. S. des § 130 AO 1977 darstellt, der seit dem Inkrafttreten der AO 1977 nur noch unter den Voraussetzungen des Abs. 2 dieser Vorschrift zurückgenommen werden kann (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 130 AO 1977 Tz. 4, und § 157 AO 1977 Tz. 9 - seit Erg. Liefg. 48 November 1985 -; Conradi in Littmann/Bitz/Meincke, das Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 36 Rdnr. 81; Krebs in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 36 EStG, Erläuterungen zu Abs. 2 Nr. 1 - grüne Blätter -, und vor § 36 Anm. H II 2; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 36 Anm. 17; v. Bornhaupt, Betriebs-Berater - BB - 1977, 1.232; FG Düsseldorf, Beschluß vom 18. April 1978 XV 497/77 A, EFG 1978, 436; Oberfinanzdirektion - OFD - Bremen, Verfügung vom 10. August 1977 in Steuererlasse in Karteiform, AO 1977, § 130 Nr. 1).

3. Der erkennende Senat schließt sich der zuletzt dargestellten Auffassung an. Er ist ferner der Ansicht, daß die zur Anrechnung der Vorauszahlungen und der Steuerabzugsbeträge bei der Einkommensteuer (§ 36 Abs. 2 EStG) angenommenen Rechtsfolgen auch für die Abrechnung der Umsatzsteuervorauszahlungen Anwendung finden müssen, wenn diese Abrechnung - wie im Streitfalle - im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerjahresveranlagung vom FA vorgenommen und dem Steuerpflichtigen durch Bescheid bekanntgegeben worden ist. Denn § 18 Abs. 4 UStG sieht auch für die Umsatzsteuer eine Verrechnung der Jahressteuerschuld mit den festgesetzten und geleisteten Vorauszahlungen mit der Folge der Nachzahlung bzw. Erstattung des Unterschiedsbetrages vor (vgl. hierzu: § 36 Abs. 4 EStG für die Einkommensteuer).

a) Die im Steuererhebungsverfahren ergehende Anrechnungs- oder Abrechnungsverfügung des FA stellt im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz (ebenso auch: Scholtz in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, a.a.O., § 36 Tz. 200) nicht lediglich eine formlose Kassenmitteilung ohne jede Bindungswirkung dar. Da das Gesetz §§ 36 Abs. 2 und 4 EStG, 18 Abs. 4 UStG) die Anrechnung (Abrechnung) im Zusammenhang mit der Festsetzung der Jahressteuerschuld ausdrücklich vorsieht, muß ihr eine weitergehende Rechtswirkung mit einem gewissen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen beigemessen werden. Der Senat folgt der im neueren Schrifttum überwiegenden Ansicht, daß die Steueranrechnung (-abrechnung) im Rahmen eines von der Steuerfestsetzung gesonderten Verwaltungsakts ergeht. Dieser stellt zwar keinen Abrechnungsbescheid i. S. des § 218 Abs. 2 AO 1977 dar, da durch ihn nicht bereits entstandene Streitigkeiten über das Erlöschen von Zahlungsansprüchen entschieden werden (vgl. BFHE 142, 408, BStBl II 1985, 216, 218). Er wirkt auch nicht rechtsbegründend (konstitutiv), da er keine Rechte und Pflichten zur Entstehung bringt, die der Steuerpflichtige nicht auch ohne ihn hätte (vgl. BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214 und BFHE 122, 510, BStBl II 1977, 805). Vielmehr handelt es sich um einen deklaratorischen (bestätigenden) Verwaltungsakt, dessen Außenwirkung (§ 118 AO 1977) sich je nach dem Ergebnis der Anrechnung in einem Leistungsgebot oder in einer Erstattungsverfügung äußert (vgl. BFHE 142, 408, BStBl II 1985, 216, 217, und FG Düsseldorf, EFG 1978, 436).

Der BFH ist bereits in seiner früheren Rechtsprechung zur Anrechnungsverfügung, die diese nach der AO a. F. für uneingeschränkt berichtigungsfähig erklärt hat, von deren Verwaltungsaktsqualität ausgegangen. Denn er hat diese stets als gesonderten "Bescheid" und als "Verfügung" i. S. des § 93 AO bezeichnet (BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214, und BFHE 122, 510, BStBl II 1977, 805). Auch seine Ausführungen darüber, daß § 96 AO nicht anwendbar sei, weil die Vorschrift nur auf konstitutive Verwaltungsakte Anwendung finde, wären überflüssig gewesen, wenn er die Anrechnungsverfügung überhaupt nicht als Verwaltungsakt angesehen hätte.

b) Aus der rechtlichen Einordnung der Anrechnungsverfügung als deklaratorischer Verwaltungsakt folgt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 130 Abs. 2 AO 1977, daß diese, wenn sie einen Fehler zugunsten des Steuerpflichtigen enthält, nur zurückgenommen bzw. geändert werden kann, wenn eine der hierfür im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen gegeben ist. Denn die Definition des begünstigenden Verwaltungsakts im Sinne dieser Vorschrift umfaßt ausdrücklich auch Verwaltungsakte, die ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil nur bestätigen. Sind auf die festgesetzte Steuerschuld zuviel Steuern angerechnet oder - wie im Streitfall - von einer negativen Steuerschuld (Erstattungsanspruch) die bereits ausgezahlten Erstattungsbeträge nicht abgesetzt (abgerechnet) worden, so wird dadurch ein rechtlich erheblicher Vorteil - zu geringe Abschlußzahlung, im Streitfall überhöhter Erstattungsanspruch - zu Unrecht bestätigt. Der dadurch beim Steuerpflichtigen - möglicherweise - begründete Vertrauenstatbestand wird im Rahmen des § 130 Abs. 2 AO 1977 geschützt; denn unter einer Begünstigung im Sinne dieser Vorschrift ist jede Rechtswirkung zu verstehen, an deren Aufrechterhaltung der von dem Verwaltungsakt Betroffene ein schutzwürdiges Interesse hat (vgl. Urteil des Senats vom 22. Januar 1985 VII R 122/81, BFHE 143, 203, BStBl II 1985, 562). Enthält dagegen die Steuerabrechnung Fehler, die sich zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirken - zu geringe Anrechnung -, so kann sie gemäß § 130 Abs. 1 AO 1977 innerhalb der Zahlungsverjährung ohne Einschränkung zurückgenommen werden (vgl. Conradi in Littmann/Bitz/Meinche, a.a.O., § 36 Rdnr. 81; Tipke/Kruse, a.a.O., § 157 AO 1977 Tz. 9).

c) Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben. Die Rücknahme der mit dem Umsatzsteuerbescheid 1974 verbundenen Steuerabrechnung und damit der Erlaß des von dieser abweichenden Abrechnungsbescheides (§ 218 Abs. 2 AO 1977) war demnach nur zulässig, wenn eine der in § 130 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AO 1977 aufgeführten Voraussetzungen vorlag. Dies hat das FG - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht geprüft. Da es sich hierbei um tatsächliche Voraussetzungen handelt, die der Feststellung durch das Revisionsgericht entzogen sind, kann der Senat nicht selbst entscheiden. Die Sache war deshalb zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG wird insbesondere zu prüfen haben, ob dem Kläger die Fehlerhaftigkeit der ihm mit dem Umsatzsteuerbescheid 1974 bekanntgegebenen Steuerabrechnung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war (Fall des § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO 1977).